TE Lvwg Beschluss 2022/1/3 LVwG-M-66/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.01.2022
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Entscheidungsdatum

03.01.2022

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §8
VwGVG 2014 §9
VwGVG 2014 §17

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde des Herrn A im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe der Polizeiinspektion *** (zurechenbar der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen) am 8. Oktober 2021 in ***, den

BESCHLUSS

1.   Die Beschwerde wird als mangelhaft zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Begründung:

1.   Sachverhalt und Verfahrensgang:

1.1 Am 22. November 2021 übermittelte der Beschwerdeführer einen als Maßnahmenbeschwerde gewerteten Schriftsatz an das Bundesverwaltungsgericht. Inhaltlich richtet sich dieser Schriftsatz gegen eine Amtshandlung der Polizeiinspektion *** am 8. Oktober 2021. Es wird die Abnahme von Jagdwaffen, das Niedertreten des Beschwerdeführers, das Anlegen von Handschellen und die Verbringung in eine Psychiatrie gerügt.

1.2 Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.November 2021 wurde der Schriftsatz des Beschwerdeführers zuständigkeitshalber unter Verweis auf das Waffengesetz 1996 an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelt. Dieses Schreiben ist am 29. November 2021 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangt.

1.3 Mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Beschwerde offenbar verspätet eingebracht worden ist bzw. Angaben fehlen, die erforderlich sind um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden ist. Es wurde ausgeführt, dass die Frist zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde am 19. November 2021 endete, sofern der Beschwerdeführer nicht durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt daran gehindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, zu diesem Umstand binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen und allfällige Beweismittel, aus welchen die rechtzeitige Erhebung der Beschwerde hervorgeht, vorzulegen. Für die Erfüllung dieses Verbesserungsauftrages wurde eine Frist von zwei Wochen gesetzt und darauf hingewiesen, dass die Beschwerde andernfalls gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wird.

Der Beschwerdeführer hat dieses Schreiben am 9. Dezember 2021 entgegengenommen und den Rückschein unterschrieben.

1.4 Bis zum heutigen Tag ist keine Verbesserung der Beschwerde eingelangt.

1.5. Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem Gerichtsakt und den hierin befindlichen, jeweils genannten Dokumenten.

2.   Rechtslage:

2.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 109/2021, lauten auszugsweise:

„[…]

Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7.

(…)

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

1.

in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

2.

in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,

3.

in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung, und

4.

in den Fällen des Art. 132 Abs. 4 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

Inhalt der Beschwerde
§ 9.

(1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1.

die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

2.

die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.

das Begehren und

5.

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

(2) Belangte Behörde ist

1.

in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat,

2.

in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG jene Behörde, der die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuzurechnen ist,

3.

in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG jene Behörde, die den Bescheid nicht erlassen hat, und

4.

in den Fällen des Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG jene Behörde, die das Verhalten gesetzt hat.

(3) Soweit bei Beschwerden gegen Bescheide gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG eine Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten nicht in Betracht kommt, tritt an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung.

(4) Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

(5) Bei Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG entfallen die Angaben nach Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5. Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist.

[…]

Anzuwendendes Recht
§ 17.

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

[…]“

2.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51 idF BGBl. I 58/2018, lauten auszugsweise:

„[…]

Anbringen
§ 13.

(..)

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

[…]“

3.   Erwägungen:

3.1 Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht weitergeleiteten und von diesem als Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gewerteten Schreiben ergab sich nicht eindeutig der Wille des Beschwerdeführers, eine Maßnahmenbeschwerde zu erheben.

Aus der im Schriftsatz verwendeten Formulierung „Wer ersetzt mir meinen Schaden“ ist zu schließen, dass der Beschwerdeführer eventuell einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen will. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des Verbesserungsauftrages darauf hingewiesen, dass in einem Maßnahmenbeschwerdeverfahren kein Anspruch auf Schadenersatz geprüft oder zugesprochen wird. Diesbezüglich wurde er an die Finanzprokuratur verwiesen.

3.2 Zumal der Schriftsatz jedoch auch Elemente einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG enthielt (insb. Bezeichnung konkreter Befehls- oder Zwangsakte) wurde der Beschwerdeführer gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung aufgefordert, weil mehrere gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG obligatorische Beschwerdeinhalte fehlten.

Insbesondere wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Beschwerde offenbar verspätet eingebracht worden ist bzw. Angaben fehlen, die erforderlich sind um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden ist.

Die Frist zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde endete gemäß § 7 Abs. 4 zweiter Satz VwGVG am 19. November 2021. Der Schriftsatz ist jedoch erst am 29. November beim zuständigen Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangt. Die Weiterleitung durch das Bundesverwaltungsgericht erfolgte gemäß § 6 Abs. 1 AVG auf Gefahr des Einschreiters.

In Hinblick auf das Beschwerdevorbringen (Verbringung in eine Psychiatrie) konnte jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des § 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG daran gehindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen.

Er wurde daher gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Verbesserungsauftrages die gemäß § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG obligatorischen Angaben zu tätigen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Der Verbesserungsauftrag wurde dem Beschwerdeführer am 9. Dezember 2021 zugestellt. Der Beschwerdeführer ist diesem Auftrag bis zum heutigen Tag nicht nachgekommen ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG mit Beschluss zurückzuweisen.

3.3 Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3.4 Dem Beschwerdeführer waren keine Kosten gemäß § 35 VwGVG aufzuerlegen, zumal noch keine ersatzfähigen Aufwände im Sinne dieser Bestimmungen entstanden sind.

4.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Lösung der Rechtsfrage ergibt sich vielmehr aus dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG sowie des § 13 Abs. 3 AVG (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutigem Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen etwa VwGH 23.05.2017, Ra 2017/05/0086)

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Verfahrensrecht; Mangel; Verbesserung; Frist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.M.66.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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