TE Bvwg Beschluss 2021/8/30 L519 2245673-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch


L519 2245673-1/4Z

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.7.2021, Zl. 226092305-200778489, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.Der Beschwerdeführer (BF) ehelichte im Jahr 2014 eine türkischstämmige Österreicherin. 2015 wurde ihm deshalb erstmals ein Aufenthaltstitel als Familienangehöriger erteilt. Dieser Ehe entstammt ein gemeinsames Kind.

2. Die Ehe wurde in der Folge geschieden und wurde dem BF am 16.5.2017 eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus ausgestellt, welche zuletzt bis 16.5.2021 verlängert wurde. Am 16.4.2021 hat der BF rechtzeitig einen Verlängerungsantrag gestellt, über welchen zum Zeitpunkt der ggst. Bescheiderlassung noch nicht entschieden war.

3. Der BF wurde in Österreich zwischen 2005 und 2020 insgesamt 6 mal strafgerichtlich verurteilt, überwiegend wegen Körperverletzung, aber auch wegen Diebstahls, gefährlicher Drohung, Sachbeschädigung und nach dem SMG.

4. Mit Schreiben des BFA vom 22.10.2020 teilte dieses dem BF mit, dass beabsichtigt ist, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und ein Einreiseverbot zu verhängen. Gleichzeitig wurden dem BF 9 Fragen zu seinem Privat- und Familienleben gestellt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

4.1. Der BF gab dazu keine schriftliche Stellungnahme ab.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z.1 FPG wurde ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Gem. § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Der BF kümmere sich weder um die Rechtsgüter anderer noch um deren Gesundheit und stelle seinen eigenen unrechtmäßigen finanziellen Vorteil über das Gesamtwohl. Seine Missachtung der gesetzlichen Regelungen habe somit die öffentliche Ordnung empfindlich und nachhaltig gestört. Dies begründe ein Interesse der Allgemeinheit an seiner sofortigen Ausreise aus dem Bundesgebiet.

6. Gegen den Bescheid des BFA wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Geltend gemacht wurden die Durchführung eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, mangelhafte Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Gewährung von Verfahrenshilfe.

7. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Es kann derzeit ohne weitere Ermittlungsergebnisse abzuwarten nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Aufschiebende Wirkung

Eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung des BF kann daher derzeit ohne weiterführende Ermittlungen zum Familienleben des BF, zeugenschaftliche Einvernahmen, Beischaffung sämtlicher Gerichtsurteile und eine detaillierte Befragung des BF selbst abzuwarten, nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung EMRK reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L519.2245673.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten