TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/27 G307 2227535-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.09.2021
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Entscheidungsdatum

27.09.2021

Norm

AVG §51a
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch


G307 2227535-1/31Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Litauen, vertreten durch Rae Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER in 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2019, Zahl XXXX , nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

II.      Der Antrag der Beschwerde führenden Partei auf Einvernahme per Videokonferenz wird gemäß § 51a AVG abgewiesen .

B)       
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 18.10.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol (im Folgenden: BFA) zur in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, seinen persönlichen wie finanziellen Verhältnissen einvernommen.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 29.11.2019, dem BF persönlich zugestellt am 02.12.2019, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 5 ½ Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Mit Schreiben vom 20.12.2019, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch genannte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid. Darin wurde beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben, das Aufenthaltsverbot aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 27.12.2019 vorgelegt und langten dort am 20.01.2020 ein.

5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 11.02.2020, Zahl G307 2227535-1/5E, wurde die Beschwerde als unbegründet ab- und der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die ordentliche Revision nicht zugelassen.

6. Dagegen erhob der BF durch seine RV außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

7. Mit Erkenntnis des VwGH vom 26.11.2020, Zahl Ra 2020/21/0104-12 hob dieser das Ausgangserkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften auf.

8. Am 02.06.2021 erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme zum gegenständlichen Sachverhalt.

9. Am 19.07.2021 beantragte die RV des BF dessen Einvernahme per Videokonferenz von Litauen aus. Näheres über eine allfällige Örtlichkeit oder Behörde, von welcher aus eine solche Übertragung vorgenommen werden solle, wurde nicht ausgeführt.

10. Am 02.09.2021 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher der BF und seine RV geladen wurden, jedoch nicht erschienen. Lediglich der Zeuge XXXX erschien zu dieser Verhandlung und wurde einvernommen. Das Verhandlungsprotokoll wurde der RV des BF samt einem abschließenden Parteiengehör am 03.09.2021 übermittelt.

11. Am 17.09.2021 langte die Stellungnahme zu dem soeben erwähnten Parteiengehör ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist litauischer Staatsbürger, geschieden und Vater einer erwachsenen Tochter, zu welcher er keinen Kontakt hat. Wo sich seine Tochter aktuell aufhält, ist dem BF nicht bekannt. Er ist ledig, beziehungslos und frei von Obsorgepflichten. Ob der BF noch weitere Kinder hat, konnte nicht festgestellt werden.

1.2. Der BF verfügt über einen Pflichtschulabschluss. In seiner Heimat arbeitete er vor seiner Einreise nach Österreich in einer Ziegelfabrik. Im Jahr 2012 verließ er Litauen und begab sich nach Deutschland, wo er keiner Erwerbstätigkeit nachging und sich dort für rund 20 Monate aufhielt, ehe er nach Verbüßung einer – in dieser Zeitspanne enthaltenen – 1 ½jährigen Haftstrafe Mitte 2014 nach Österreich reiste. Vom 11.07.2014 bis zum 27.12.2019 war der BF in Österreich (zunächst obdachlos) gemeldet und hier durchgehend aufhältig. Vom 01.02.2018 bis 22.05.2019 gewährte ihm der XXXX in XXXX Unterkunft, wobei er auch im dortigen Klostergarten mitgeholfen hat, was mitunter ein Grund für seine Unterkunftgewährung war.

Wegen des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes verließ er Österreich im Dezember 2019 in Richtung Litauen, wo er derzeit wieder lebt und seinen Unterhalt durch die Ausübung von Gelegenheitsarbeiten sichert.

Der BF hat keine nennenswerten Beziehungen zu Litauen. Seine Eltern sind bereits verstorben. In Österreich leben keine Verwandte des BF.

1.3. Der BF ist mit HIV infiziert, leidet jedoch nicht an AIDS. Seine Krankheit wurde in Österreich medikamentös behandelt.

1.4. Der BF war in Österreich bis dato vom 01.04.2015 bis zum 18.01.2019 bei der XXXX in XXXX im Arbeiterdienstverhältnis geringfügig beschäftigt. Dort war er als Hausmeister im Ausmaß von 10 Monatsstundentätig und erhielt zuletzt (für 18 Kalendertage) einen Bruttolohn von € 73,83. Die Anstellung in einem erhöhten Arbeitsausmaß bestand in Ermangelung der finanziell begrenzten Möglichkeiten der XXXX nicht. Der BF besaß bis dato keine Anmeldebescheinigung. Er erledigte seine Arbeiten zuverlässig und zur Zufriedenheit seines Arbeitgebers. Während dieser Beschäftigungsphase gelang es ihm vermittelt durch seinen Arbeitgeber, vor allem durch XXXX , seine Alkoholsucht vermehrt unter Kontrolle zu bekommen.

1.5. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2018 wegen schwerer Körperverletzung, zweifacher Nötigung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269, 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4, 107 Abs. 1, 107 Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Diese Tat verübte er am XXXX .2015.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe versucht, einen Polizeibeamten, der im Begriffe gestanden sei, die Identität des BF festzustellen und diesen festzunehmen, mit Gewalt an dieser Amtshandlung zu hindern, indem er diesen einen Stoß mit beide Händen gegen die Brust, einen Faustschlag und einen Fußtritt gegen den Kopf und gegen das linke Knie versetzt habe.

Ferner habe der BF im Rahmen der soeben geschilderten Tathandlungen durch das gezielte Versetzen eines Fußtrittes gegen das linke Knie dieses Beamten ihn während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben und Erfüllung seiner Pflichten vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung, nämlich einen Einriss des Meniskus sowie des Seitenbandes im linken Knie zur Folge gehabt habe.

Schließlich wurde er darin für schuldig befunden, er habe durch den gegenüber dem erwähnten Beamten geäußerten Wortlaut: „Ich bringe Dich um, ich komme zu Dir und schneide Dir Deinen Kopf ab“ diesen in Furcht und Unruhe versetzt und dadurch eine gefährliche Drohung begangen.

Als mildernd wurden hiebei der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist und die verminderte Zurechnungsfähigkeit durch die Alkoholisierung, als Erschwerungsgrund das Zusammentreffen von 3 Vergehen sowie die massive Vorstrafenbelastung des BF gewertet.

Der an das Oberlandesgericht XXXX (OLG XXXX ) gerichteten Berufung wurde mit dortigem Urteil vom XXXX .2018, Zahl XXXX keine Folge gegeben.

Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die genannten Straftaten begangen hat.

Der BF wurde am XXXX .2018 festgenommen und XXXX .2019 aus der Haft entlassen.

Dem BF liegen ferner 5 weitere Verurteilungen in seiner Heimat zur Last, wobei das jeweilige Datum immer jenes der Rechtskraft wiedergibt, und zwar

1.       vom XXXX .1994 wegen Diebstahls unter Gewaltanwendung oder unter Einsatz von Waffen oder unter Gewaltdrohung oder Androhung des Einsatzes von Waffen gegen Personen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren,

2.       vom XXXX .1998 wegen Diebstahls unter Gewaltanwendung oder unter Einsatz von Waffen oder unter Gewaltdrohung oder Androhung des Einsatzes von Waffen gegen Personen zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren,

3.       vom XXXX .2005 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung in besonders schweren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 6 ½ Jahren,

4.       vom XXXX .2006 wegen einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, 11 Monaten und 10 Tagen sowie

5.       vom XXXX .2011 wegen Störung der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Friedens zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Des Weiteren wurde der BF vom Amtsgericht XXXX am XXXX .2012, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2013, wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, wobei er am XXXX .2014 aus der Strafhaft entlassen wurde.

All seine Verurteilungen standen im Zusammenhang mit seiner (damaligen) Alkoholsucht.

1.6. Der BF war vom 11.07.2014 bis zum 01.02.2018 wegen seiner Obdachlosigkeit für die Behörden nicht greifbar, weshalb er im Auftrag der Staatsanwaltschaft XXXX durch die Polizeiinspektion XXXX am XXXX .2014 schengenweit zur Aufenthaltsermittlung wegen eines Vergehens ausgeschrieben wurde. Deshalb kam es auch erst rund 3 Jahre und 4 Monate nach der Tatbegehung zur Verurteilung.

1.7. Es konnte zwar nicht festgestellt werden, dass der BF seine Alkoholsucht mittlerweile überwunden hat, jedoch hat der BF seinen Alkoholkonsum mit zunehmenden Aufenthalt in Österreich stark reduziert.

1.8. Der BF pflegt keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Er verfügt zwar über soziale Kontakte im Umfeld der Aids-Hilfe Innsbruck. Abgesehen von seiner Freundschaft mit XXXX konnte keine konkreten weieren freundschaftliche Beziehungen zu in Österreich wohnhaften Personen festgestellt werden.

1.9. Der BF verfügt über keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse.

1.10. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über ein regelmäßiges Einkommen oder Vermögen verfügt und, ob er Außenstände hat.

2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einvernahme vor dem BFA am 19.10.20219 sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung, insbesondere der dort getätigten Zeugenaussage des XXXX .

Der BF legte zum Nachweis seiner Identität einen auf seinen Namen ausgestellten litauischen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Der Zeitpunkt des Verlassens seiner Heimat, die dort ausgeübte Erwerbstätigkeit, der Aufenthalt in Deutschland, die dortige Aufenthaltsdauer wie die Einreise nach Österreich im Jahr 2014 ergeben sich aus dem widerspruchsfrei gebliebenen Vorbringen des BF in seiner Stellungnahme, Einvernahme und Beschwerde und ist mit dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden ZMR-Auszugs wie jenem des internationalen Strafregisterauszugs in Einklang zu bringen. Dass der BF das Bundesgebiet im Dezember 2019 verlassen hat, folgt den Angaben in der letzten Stellungnahme, deckt sich mit dem ZMR und ist auch mit der Zeugenaussage des XXXX in Einklang zu bringen.

Ebenso ergeben sich Familienstand, Existenz einer erwachsenen Tochter, mangelnder Kontakt zu dieser, Obsorgefreiheit sowie die fehlenden familiären Beziehungen zu in Österreich wohnhaften Personen aus dem Inhalt der Niederschrift vor dem BFA. Den Bestand weiterer (erwachsener) Kinder stellte der BF (zuletzt in seiner abschließenden Stellungnahme) zwar in den Raum, konnte dies aber nicht belegen. Zudem erwähnte der BF in seiner eigenen Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.10.2019 nur seine Tochter, sprach aber nicht von weiteren Kindern. In seiner Einvernahme bestätigte er ferner den fehlenden Kontakt zu Tochter (und der Exfrau).

Dass der BF keine Anmeldebescheinigung besitzt, folgt dem Inhalt des auf den BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister (ZFR).

Die Verurteilungen des BF im In- und Ausland sind aus dem internationalen wie österreichischen Strafregister ersichtlich, wobei sich eine Ausfertigung des jüngsten Urteils (LG und OLG) im Akt befindet. Zeitpunkt der Festnahme und Entlassung aus der Haft ergeben sich aus der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom XXXX .2018 wie dem ZMR. Dass all diese Verurteilungen mit der (vormaligen) Alkoholsucht des BF in Zusammenhang standen, ergibt sich aus der Stellungnahme der XXXX (AS 183), den Ausführungen in der jüngsten Stellungnahme des BF, den Ausführungen des BF in der Einvernahme vom 19.10.2019 und kann auch den Angaben des in der Verhandlung vernommenen Zeugen entnommen werden.

Die bisher bei der XXXX ausgeübte Tätigkeit ist dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszug entnehmen. Daraus folgt auch der hiefür erhaltene Lohn. Die Stundenanzahl wurde von XXXX in der Verhandlung vor dem BVwG glaubhaft geschildert, ebenso wie der Umstand, dass wegen der begrenzten finanziellen Möglichkeiten der XXXX keine Option zur Anstellung in einem höheren Stundenausmaß bestand. Der Zeuge bestätigte ferner das gute Verhältnis des BF zu ihm selbst, die regelmäßigen Besuche in der Justizanstalt XXXX , die weitgehende Loslösung von der Alkoholsucht, jedoch Nichtwahrnehmung einer Therapie, die Unterkunftsgewährung durch den XXXX , die Mithilfe des BF bei Gartenarbeiten innerhalb des Klosters sowie die positive Wandlung des BF. Diese wiederum wurde auch in der Stellungnahme der XXXX bestätigt.

Aus der Einvernahme des BF vor dem BFA ergibt sich zwar, dass dieser die an ihn gestellten Fragen teilweise auf Deutsch beantwortet hat, ein Bescheinigungsmittel über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus liefert er jedoch nicht. Ferner bestätigte der BF in seiner abschließenden Stellungnahme, Deutsch gelernt, jedoch keine dahingehende Prüfung abgelegt zu haben.

Die HIV-Infektion steht aufgrund der Angaben des BF in Stellungnahme, Einvernahme und Beschwerde fest und wurde auch von der belangten Behörde in deren Bescheid nicht in Zweifel gezogen. Auch die medikamentöse Behandlung der Infektion wurde vom BF bestätigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde als stattzugeben, dies aus folgenden Gründen:

Für den BF, der aufgrund seiner litauischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 5. Satz für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich weniger als 5 Jahre durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Die vom BF im Rahmen seiner letzten Verurteilung erwähnten Taten stellen zwar unzweifelhaft ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043).

Der VwGH hat jedoch in seinem – gegenständlich ergangenen – Erkenntnis unter anderem erwogen:

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. etwa VwGH 28.5.2020, Ra 2019/21/0325, Rn. 12, mwN).

Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Gefährdungsprognose tragend auf die jüngste strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers, wobei auch die übrigen Verurteilungen in Litauen und in Deutschland in die Bewertung miteinbezogen wurden. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht nicht darauf Bedacht genommen, dass - worauf die Revision zutreffend hinweist - der letzten strafgerichtlichen Verurteilung des Revisionswerbers eine Tat vom 18. April 2015 zugrunde lag und er seither nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Dieser Umstand hätte bei der Beurteilung der vom Revisionswerber aktuell ausgehenden Gefährdung berücksichtigt werden müssen, zumal die Verurteilungen in seiner Heimat zwar schwerwiegend waren, aber lange zurückliegen und der Revisionswerber seither nicht wegen vergleichbarer Delikte, sondern wegen - offenbar mit seiner Alkoholsucht zusammenhängenden - Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt wurde.

Demgegenüber begründete das Bundesverwaltungsgericht die „Gegenwärtigkeit“ der vom Revisionswerber ausgehenden Gefahr damit, dass „die letzte Verurteilung des [Revisionswerbers] erst vom 6.6.2019 herrührt“ und „angesichts des Gewichts der zahlreichen Straftaten (Raub, Urkundenunterdrückung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Einbruchsdiebstahl uam)“ auch von einer erheblichen und tatsächlichen Gefahr auszugehen sei. Diese Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts stehen jedoch - ebenso wie die weiteren oben wörtlich wiedergegebenen Passagen betreffend die Dauer des Aufenthaltsverbots - nicht im Einklang mit den Feststellungen und der Aktenlage. Überhaupt findet sich auf den knapp zweieinhalb Seiten der rechtlichen Beurteilung, die sich inhaltlich auf das Aufenthaltsverbot beziehen, nur ein einziger Absatz, der konkret auf den vorliegenden Fall eingeht; die übrigen Ausführungen erschöpfen sich in Rechtssätzen und offenbar aus anderen Verfahren stammenden Textbausteinen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich auch nicht ausreichend mit dem bereits in der Beschwerde erstattetem Vorbringen auseinandergesetzt, wonach der Revisionswerber seine Alkoholsucht, welche (jedenfalls) der letzten Straftat maßgeblich zugrunde lag und schon deshalb für die Prognose der vom Revisionswerber weiterhin ausgehenden Gefährdung von Bedeutung war, mittlerweile überwunden habe. Wenn das Bundesverwaltungsgericht dazu im Wesentlichen ausführt, das Überwinden der Alkoholsucht habe „nicht festgestellt“ werden können, da der Revisionswerber dies zwar behauptet, aber nicht entsprechend bescheinigt habe, verkennt es, dass das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen - wenn auch unter Mitwirkung des Revisionswerbers - den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen hatte (vgl. in diesem Sinn etwa auch VwGH 19.1.2017, Ra 2016/08/0173, Rn. 14, sowie allgemein zum im Grunde des § 17 VwGVG auch für die Verwaltungsgerichte maßgebliche Prinzip der Amtswegigkeit VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, VwSlg. 18886 A, Punkt II. B 2.5.2. der Entscheidungsgründe).

Aber auch die tatsächlich bestehenden sozialen Bindungen des Revisionswerbers in Österreich wären - sowohl zur Beurteilung der vom Revisionswerber noch ausgehenden Gefährlichkeit als auch im Hinblick auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG - näher abzuklären gewesen. In diesem Zusammenhang hatte der Revisionswerber schon in der Beschwerde vorgebracht, dass er nicht nur einer Erwerbstätigkeit bei der Aidshilfe Tirol nachgehe, sondern auch - gegen die Verrichtung von Arbeit - eine Wohnung im Franziskanerstift erhalte. Damit hat sich das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht auseinandergesetzt.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich somit vorliegend nicht als verhältnismäßig, dies aus folgenden Gründen:

Wie in der Beschwerde moniert und vom VwGH, liegt die letzte Verurteilung (nunmehr) mehr als 6 Jahren zurück und war sämtlichen Verurteilungen gemeinsam, dass sie unter starkem Alkoholeinfluss begangen wurden. Den Alkoholkonsum scheint der BF aber nunmehr derart in den Griff bekommen zu haben, dass er seit rund 6 ½ Jahren keine strafbare Handlung mehr begangen hat. Er zeigt sich – in Übereinstimmung mit der Ansicht verantwortlicher Personen der Aids-Hilfe Tirol – immer mehr bemüht, sich in seinem gesamten Verhalten nach und nach zu bessern.

Auch wenn das in der Vergangenheit gesetzte Fehlverhalten des BF als durchaus gravierend angesehen werden muss, mangelt es somit am Vorliegen der in § 67 Abs. 1 FPG normierten Voraussetzung der Gegenwärtigkeit, weswegen das vom BFA verhängte Aufenthaltsverbot nicht aufrechtzuerhalten ist.

Auch im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung vor allem der privaten mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen des BF kommt das Gericht zum Schluss, dass der BF in den mehr als 6 Jahren seines Aufenthaltes in Österreich (und darüber hinaus) enge Verbindungen zur XXXX und hier vor allem XXXX sowie den XXXX geknüpft hat. Diese privaten Interessen sind daher bei der Prüfung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in nicht unwesentlichem Ausmaß in die Betrachtung miteinzubeziehen. Es kann daher von einer Beeinträchtigung der in Art 8 EMRK genannten Interessen gesprochen werden.

Im Ergebnis war das Aufenthaltsverbot aufzuheben.

3.3. Zum (ursprünglich gestellten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Da der Beschwerde nunmehr vollinhaltlich stattgegeben wurde, war der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr zu behandeln bzw. obsolet.

3.4. Zu Spruchteil A II.

Der mit „audivisuelle Vernehmungen“ betitelte § 51a AVG lautet:

§ 51a. Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten kann eine Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt werden, es sei denn, das persönliche Erscheinen vor der Behörde ist unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie zweckmäßiger oder aus besonderen Gründen erforderlich.

Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 07.09.2020, Zahl Ro 2020/01/0007 unter anderem erwogen, dass sowohl die Schaffung des ?§ 51a AVG als auch der Umstand, dass ?§ 3 COVID-19-VwBG zur Verwendung von „technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung“ ermächtige, wohl dafür sprächen, dass der Gesetzgeber derartige technische Mittel im Verwaltungsverfahren nur punktuell bzw nur in jenen Fällen gestattet, für die es eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gibt (siehe auch: ?Bescheiderlassung im Rahmen einer Videokonferenz; Aufsatz Mag. Michael Denk ZVG 2021, 298 Heft 4 v. 3.9.2021).

Vorliegend war zu berücksichtigen, dass ein persönliches Erscheinen des BF zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG als nötig angesehen und ihm – vermittelt über seine RV – auch eine diesbezügliche Ladung zugestellt wurde. Dieser leistete der BF jedoch im Wesentlichen mit der Begründung nicht Folge, sein gesundheitlicher Zustand und die aktuelle Corona-Situation ließen eine Anreise nach Österreich nicht zu. Aus diesem Grund beantragte die RV des BF die Einvernahme des BF über Videokonferenz in Litauen. Nähere Angaben dazu wurden nicht gemacht.

Abgesehen davon, dass eine solche Vorgangsweise nur in österreichischen Justizanstalten, nicht jedoch für Einvernahmen von Parteien im Ausland vorgesehen ist, es hierfür keine gesetzlichen Grundlage gibt und nicht festgestellt hätte werden können, ob die allfällige Befragung des BF den österreichischen Rechtsvorschriften entsprechend über die Bühne gegangen wäre, schließlich, nicht hätte überprüft werden können, ob es sich beim Gegenüber tatsächlich um die Person des BF handelt, musste dieser Antrag – auch vor dem Hintergrund der obzitierten VwGH-Judikatur – abgelehnt werden. Dem Parteiengehör wurde im Übrigen – vermittelt durch die Aufforderung zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme – Rechnung getragen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung EU-Bürger Gefährdungsprognose Interessenabwägung Privat- und Familienleben Rechtsanschauung des VwGH strafrechtliche Verurteilung Unionsrecht Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2227535.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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