TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/11 L502 2246804-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2021
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Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z2

Spruch


L502 2246804-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Israel, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2021, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird abgewiesen mit der Maßgabe, dass dieser zu lauten hat:

„Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z. 1 und Z. 2 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen“.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Im Gefolge der Anhaltung des Beschwerdeführers (BF) in Untersuchungshaft seit 24.03.2021 wurde ihm mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.04.2021 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf die Absicht der Behörde, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu erlassen, übermittelt und wurde er unter einem zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen anhand eines Fragenkatalogs aufgefordert. Zugleich wurden ihm auch die Länderberichte der Behörde zur aktuellen Lage in seinem Herkunftsstaat übermittelt. Dieses Schreiben wurde ihm am 30.04.2021 zugestellt.

2. Am 04.05.2021 wurde das BFA durch die Staatsanwaltschaft XXXX von der Anklageerhebung gegen ihn verständigt.

3. Mit Schreiben vom 12.05.2021 gab die Vertreterin des BF ihre Bevollmächtigung gegenüber dem BFA bekannt.

4. Das Landesgericht (LG) XXXX übermittelte dem BFA am 14.06.2021 eine gekürzte Urteilsausfertigung vom XXXX .

5. Am 17.06.2021 verständigte die Justizanstalt XXXX das BFA vom Strafantritt des BF.

6. Am 23.06.2021 informierte das BFA die Justizanstalt XXXX über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot.

7. Das BFA wurde mit Schreiben der BBU GmbH vom 30.06.2021 über ein mit dem BF durchgeführtes Rückkehrberatungsgespräch in Kenntnis gesetzt.

8. Am 01.07.2021 forderte das BFA ihn neuerlich zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme anhand eines Fragenkatalogs binnen zwei Wochen auf.

9. Dieser Aufforderung kam er mit Schreiben seiner Vertreterin vom 14.07.2021, bei der Behörde eingelangt am 15.07.2021, nach und legte mehrere Beweismittel vor.

10. Die Justizanstalt XXXX setzte am 03.08.2021 das BFA über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug mit 01.09.2021 in Kenntnis.

11. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 25.08.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Israel gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde ihm keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

12. Mit Information des BFA vom 25.08.2021 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

13. Der Bescheid wurde seiner anwaltlichen Vertretung am 27.08.2021 zugestellt.

14. Am 01.09.2021 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen.

15. Mit Aktenvermerk vom 01.09.2021 wurde vom BFA festgehalten, dass einer telefonischen Rücksprache mit seiner anwaltlichen Vertreterin zufolge nur die Höhe des Einreiseverbotes bekämpft und hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. ein Rechtsmittelverzicht abgegeben werde. Der BF beabsichtige freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. Eine freiwillige Rückkehr werde über die BBU GmbH gemeldet werden. Bis zur Ausreise werde er an der angegebenen Meldeadresse wohnhaft bleiben.

16. Am 01.09.2021 langte beim BFA ein schriftlicher Rechtsmittelverzicht durch seine Vertreterin hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. ein.

17. Am selben Tag wurde das BFA seitens der BBU GmbH über ein neuerlich stattgefundenes Rückkehrberatungsgespräch informiert, bei welchem sich der BF rückkehrwillig zeigte. Zugleich wurde ein Antrag auf Genehmigung von Unterstützungsleistungen im Rahmen der freiwilligen Rückkehr beim BFA eingereicht.

18. Am 02.09.2021 teilte das BFA der BBU GmbH mit, dass keine Bedenken gegen die beantragte organisatorische Unterstützung bei der freiwilligen Ausreise bestehen.

19. Am 06.09.2021 übermittelte die BBU GmbH eine Flugbestätigung für den 09.09.2021 an das BFA. Am selben Tag überreichte die Behörde der zur Entgegennahme bevollmächtigten BBU GmbH seinen sichergestellten Reisepass.

20. Das BFA wurde mit Schreiben der BBU GmbH vom 13.09.2021 über seine erfolgte Ausreise am 09.09.2021 informiert. Unter einem wurde eine Ausreisebestätigung übermittelt.

21. Mit Schriftsatz der anwaltlichen Vertreterin des BF vom 23.09.2021 wurde gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 25.08.2021 binnen offener Frist Beschwerde erhoben.

22. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 29.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der Gerichtsabteilung L502 zugewiesen.

23. Am 29.09.2021 reichte das BFA eine Ausreisebestätigung den BF betreffend nach.

24. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem, dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister (ZMR).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der og. Verfahrensgang steht fest.

1.2. Die Identität des BF steht fest. Er ist israelischer Staatsangehöriger. Er war von März 2021 bis zu seiner Rückkehr nach Israel am 09.09.2021 in Österreich aufhältig. Er verfügt über keinen Aufenthaltstitel für das österr. Bundesgebiet.

Er hat in Israel eine zweijährige Schule zur Vorbereitung auf ein Hochschulstudium besucht.

Er spricht Hebräisch als Muttersprache. Er verfügt in Österreich weder über familiäre Beziehungen noch hat er sich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht integriert.

Er ist gesund und leidet an keinen gravierenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.

1.3. Mit in der Hauptverhandlung vom XXXX verkündetem Urteil des LG XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB, der versuchten Urkundenunterdrückung nach §§ 15 iVm 229 Abs. 1 StGB und des versuchten Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15 iVm 127, 128 Abs. 1 Z. 5, 129 Abs. 1 Z. 2 und 130 Abs. 2 StGB zu einer XXXX verurteilt, davon wurde ein Teil der Strafe im Ausmaß von XXXX unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der sichergestellte verfälschte Reisepass des BF wurde eingezogen. Dem Privatbeteiligten wurde ein Schadenersatzbetrag in Höhe von € XXXX zugesprochen. Das Strafurteil erwuchs nach ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist am XXXX in Rechtskraft.

Er hat dem Urteil zufolge im März 2020 (gemeint wohl: 2021) und am 22.03.2021 in XXXX eine verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, zur Verschleierung seiner Identität im Rechtsverkehr gebraucht, indem er den auf XXXX lautenden, durch Austausch des Lichtbildes verfälschten israelischen Reisepass Angestellten der XXXX und der XXXX XXXX im Rahmen der Eröffnung eines Kontos und der Anmietung eines Schließfaches vorwies; am 22.03.2021 in XXXX Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich sieben Sparbücher mit dem Vorsatz zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten und Tatsachen gebraucht werden, zu unterdrücken versucht, indem er sie einem gewaltsam geöffneten Schließfach entnahm und in seinem Reisekoffer verstaute; Berechtigten der im Saferaum der XXXX befindlichen Bankschließfächer fremde bewegliche Sachen in einem € 5.000,00, nicht jedoch € 300.000,00 übersteigenden Wert, nämlich Gold, Münzen, Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände im Gesamtwert von XXXX durch Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Bankschließfächer unter Verwendung von zwei Schlitzschraubenziehern – einer davon wurde durch Anschleifen der Spitze eigens für die Tatbegehung präpariert – aufbrach, die darin befindlichen Wertgegenstände an sich nahm und in seinem Koffer verstaute, wobei es beim Versuch blieb, weil er auf frischer Tat betreten werden konnte, und er die Tat in der Absicht ausführte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel, nämlich einer sich über Monate hindurch angeeigneten Technik zum sekundenschnellen Aufbrechen von Bankschließfächern unter Verwendung eines eigens präparierten Schlitzschraubenziehers, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, handelte.

Das bei der Tatbegehung erlangte Diebesgut wurde zur Gänze den jeweiligen Opfern ausgefolgt.

Bei der Strafbemessung wurde sein reumütiges Geständnis, dass er sich bislang wohlverhalten hat und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch standen, dass es teilweise beim Versuch geblieben war und die teilweise bereits veranlasste Schadensgutmachung mildernd berücksichtigt. Demgegenüber wurden das Zusammentreffen von Vergehen mit einem Verbrechen, der mehrfache die Qualifikationsgrenze übersteigende Schaden und die reifliche Vorbereitung der Taten erschwerend berücksichtigt.

Er befand sich ab 24.03.2021 in Untersuchungs- und in der Folge in Strafhaft. Nachdem er zwei Drittel der Strafzeit verbüßt hatte, wurde er am 01.09.2021 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Der Rest der Freiheitsstrafe von XXXX wurde ihm unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des BFA unter zentraler Berücksichtigung des Abschlussberichtes der Polizei, der gekürzten Urteilsausfertigung des LG, der schriftlichen Stellungnahme seiner anwaltlichen Vertreterin, der vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes und der Mitteilungen über dir freiwillige Ausreise in den Herkunftsstaat sowie durch die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters, des IZR und des Grundversorgungsdatensystems den BF betreffend.

2.2. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF, zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, zu seinem Gesundheitszustand und seiner strafgerichtlichen Verurteilung waren im Lichte des vorliegenden Akteninhalts unstrittig und wurden die ebenso von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen im Beschwerdeschriftsatz nicht bekämpft.

Die Feststellung zu seinem Bildungsweg in Israel konnte der schriftlichen Stellungnahme seiner anwaltlichen Vertreterin (AS 191) sowie der Beschwerde (AS 329) entnommen werden.

Sofern in der Beschwerde behauptet wurde, dass der BF entgegen der Ausführungen im bekämpften Bescheid eine familiäre Anbindung in Österreich habe, wurde ein näheres Vorbringen dazu nicht erstattet (AS 327). Insbesondere wurde nicht dargetan, welche Familienangehörige in Österreich wohnhaft seien und wie sich seine Beziehung zu ihnen gestalte. Auch der schriftlichen Stellungnahme im Zuge des von der belangten Behörde übermittelten Fragenkataloges war kein Vorbringen zu allfälligen Familienangehörigen in Österreich zu entnehmen (AS 190ff). Anhaltspunkte, dass er in Österreich über Familienangehörige verfügt, zu denen ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht, sind im gegenständlichen Verfahren daher nicht hervorgekommen, sodass die belangte Behörde zurecht die entsprechende Feststellung traf.

Bereits unter Berücksichtigung der kurzen Dauer seines Aufenthalts in Österreich – die Feststellung der Behörde, dass er im März 2021 in das Bundesgebiet eingereist ist, wurde nicht bestritten – war auch festzustellen, dass er über keine Bindungen von maßgeblicher Intensität zu anderen Personen in Österreich verfügt. In der Beschwerde wurde zwar vorgebracht, dass er in der jüdischen Glaubensgemeinschaft in XXXX „etabliert“ sei und ein persönliches Verhältnis zum Rabbiner bestehe. Er würde zudem in XXXX eine Wohn- und Erwerbsmöglichkeit haben (AS 327f). Eine maßgebliche soziale, berufliche oder gesellschaftliche Integration war aus diesem Vorbringen jedoch nicht zu gewinnen.

Die Feststellung seiner Muttersprache ging schlüssig aus dem Protokollsvermerk des LG (AS 151) hervor.

2.3. Von einer persönlichen Befragung des BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich aus Sicht des erkennenden Gerichts keine konkreten Anhaltspunkte für eine Ergänzungsbedürftigkeit des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens und des von ihr erhobenen Sachverhaltes ergaben. Zudem hat weder der BF noch die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung beantragt. Der BF befindet sich aktuell wieder im Herkunftsland. Die Beschwerde richtete sich ausdrücklich nur gegen den Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides (Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von acht Jahren).

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1.1. Eingangs war zum Gegenstand der Beschwerde festzuhalten, dass sich diese nur gegen den Spruchpunkt IV. richtete. Mit Schriftsatz seiner anwaltlichen Vertreterin vom 01.09.2021 wurde ausdrücklich auf die Erhebung einer Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. verzichtet, sodass diese in Rechtskraft erwuchsen. Die in weiterer Folge am 23.09.2021 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde richtete sich ausdrücklich nur gegen den Spruchpunkt IV., mit welchem ein achtjähriges Einreiseverbot verhängt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und einem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandteile handelt und die alleinige Anfechtung der Erlassung eines Einreiseverbotes zulässig ist (vgl. VwGH 22.05.2013, 2011/18/0259 mwN). Dabei ist aber wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes um einen vom Ausspruch des Einreiseverbotes nicht trennbaren Inhalt handelt (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0029).

1.2. § 53 FPG lautet:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

1.3. Mit Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides verhängte die belangte Behörde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde Bezug nehmend auf § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG lediglich aus, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen aufgrund des Verhaltens des BF und der daraus resultierenden rechtskräftigen Verurteilung erfüllt seien (AS 262). In der Beweiswürdigung führte sie aus, dass durch das Vorliegen einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung eindeutig feststehe, dass aufgrund des Gesamtfehlverhaltens sein weiterer Aufenthalt im österr. Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gefährde bzw. öffentlichen Interessen grob zuwiderlaufe. Daher erscheine die Erlassung eines achtjährigen Einreiseverbotes angemessen (AS 214).

Dem Grunde nach wurde der Verhängung des Einreiseverbotes in der Beschwerde nichts entgegengehalten, jedoch ausgeführt, dass die belangte Behörde keine nachvollziehbare individuelle Gefährdungsprognose und Interessensabwägung angestellt habe, die eine Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von acht Jahren rechtfertigen würde. Gegenständlich sei wohl mit einem dreijährigen Einreiseverbot das Auslangen zu finden.

1.4. Die Erlassung eines Einreiseverbotes setzt gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Als bestimmte Tatsache hat nach der Z. 1 des § 53 Abs. 3 FPG insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist. § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG sieht als bestimmte Tatsache insbesondere auch eine rechtskräftige Verurteilung von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat vor.

In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z. 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht (VwGH 2012/21/0080, 16.11.2012).

Der BF wurde – unstrittiger Weise – mit rechtskräftigen Urteil des LG für XXXX vom XXXX zu XXXX verurteilt, davon wurde ein Teil der Strafe im Ausmaß von XXXX unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die belangte Behörde konnte somit zurecht von der Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG durch das Fehlverhalten des BF ausgehen, was das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den weiteren Aufenthalt des BF im Bundesgebiet indizierte. Da er im März 2021 eingereist ist und die vorsätzlichen Tathandlungen bereits im selben Monat stattfanden, ist auch der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG gg. erfüllt.

1.5. Das bloße Vorliegen eines Tatbestandes des § 53 Abs. 3 FPG entbindet die Behörde jedoch nicht von der Pflicht, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen eine Prognose über die Möglichkeit der schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Verbleib des Beschwerdeführers zu treffen ist. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/21/0026). In Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen ist aber nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrundeliegende Verhalten (arg.: Einzelfallprüfung) abzustellen. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes an (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).

Wie die Beschwerde zu Recht bemängelte, reichte gegenständlich die „Kurzdarstellung“ der belangten Behörde nach der ständigen Rechtsprechung für eine nachvollziehbare Gefährdungsprognose nicht aus. Über die bloße Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung waren darüber hinaus auch die konkreten Tatumstände zu berücksichtigen.

Das LG XXXX sah es als erwiesen an, dass er im März 2020 (gemeint wohl: 2021) und am 22.03.2021 eine verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, zur Verschleierung seiner Identität im Rechtsverkehr gebraucht hat, indem er den auf einen anderen Namen lautenden, durch Austausch des Lichtbildes verfälschten israelischen Reisepass Bankangestellten im Rahmen der Eröffnung eines Kontos und der Anmietung eines Schließfaches vorwies; am 22.03.2021 Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich sieben Sparbücher mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten und Tatsachen gebraucht werden, zu unterdrücken versucht hat, indem er sie einem gewaltsam geöffneten Schließfach entnahm und in seinem Reisekoffer verstaute; Berechtigten der im Saferaum befindlichen Bankschließfächer fremde bewegliche Sachen in einem € 5.000,00, nicht jedoch € 300.000,00 übersteigenden Wert, nämlich Gold, Münzen, Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände im Gesamtwert von XXXX durch Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hat, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Bankschließfächer unter Verwendung von zwei Schlitzschraubenziehern – einer davon wurde durch Anschleifen der Spitze eigens für die Tatbegehung präpariert – aufbrach, die darin befindlichen Wertgegenstände an sich nahm und in seinem Koffer verstaute, wobei es beim Versuch blieb, weil er auf frischer Tat betreten werden konnte, und er die Tat in der Absicht ausführte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel, nämlich einer sich über Monate hindurch angeeigneten Technik zum sekundenschnellen Aufbrechen von Bankschließfächern unter Verwendung eines eigens präparierten Schlitzschraubenziehers, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, handelte.

Er wurde daher wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB, der versuchten Urkundenunterdrückung nach §§ 15 iVm 229 Abs. 1 StGB und wegen des versuchten Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15 iVm 127, 128 Abs. 1 Z. 5, 129 Abs. 1 Z. 2 und 130 Abs. 2 StGB verurteilt.

Die zur Tatbegehung verwendeten Schraubenzieher wurden konfisziert. Der sichergestellte verfälschte Reisepass wurde vom LG eingezogen. Dem Privatbeteiligten wurde ein Schadenersatzbetrag in Höhe von XXXX zugesprochen. Das bei der Tatbegehung erlangte Diebesgut wurde zur Gänze den jeweiligen Opfern ausgefolgt.

Bei der Strafbemessung wurde sein reumütiges Geständnis, dass er sich bislang wohlverhalten hat und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch standen, dass es teilweise beim Versuch geblieben war und die teilweise bereits veranlasste Schadensgutmachung mildernd berücksichtigt. Demgegenüber wurden das Zusammentreffen von Vergehen mit einem Verbrechen, der mehrfache die Qualifikationsgrenze übersteigende Schaden und die reifliche Vorbereitung der Taten erschwerend berücksichtigt.

Der BF wurde nach Verbüßung von zwei Drittel der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit am 01.09.2021 bedingt aus der Haft entlassen. Unmittelbar nach seiner Haftentlassung kehrte er in sein Heimatland zurück.

1.6. Der Aufenthalt des BF stellt auch aus Sicht des erkennenden Gerichtes eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Einreiseverbot erforderlich macht, obwohl er hierorts erstmals strafgerichtlich verurteilt wurde und erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt hat. Aufgrund der schwerwiegenden gewerbsmäßigen Vermögensdelinquenz war in Verbindung mit der aufgrund seiner Arbeitslosigkeit anzunehmenden prekären finanziellen Situation im Hinblick auf den Privatbeteiligtenzuspruch in der Höhe von XXXX Wiederholungsgefahr anzunehmen.

Da der BF auf frischer Tat ertappt und sogleich festgenommen wurde und sich erst seit 01.09.2021 nicht mehr in Haft befindet, kann auch noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgegangen werden. Dazu bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094).

Die Feststellung der belangten Behörde, dass die Einreise des BF bereits mit dem Vorsatz der Begehung einer Straftat erfolgt sei (AS 213), wurde nicht bestritten. Auch die tatsächliche Begehung der geplanten Straftaten so kurz nach der Einreise, die Verwendung von einem verfälschten ausländischen Reisepass und die über Monate hindurch angeeignete Technik zum sekundenschnellen Aufbrechen von Bankschließfächern unter Verwendung eines eigens präparierten Schlitzschraubenziehers waren für das BVwG als besonders verwerflich anzusehen und zeugten von einer erheblichen kriminellen Energie. Es steht außer Zweifel, dass ein massives öffentliches Interesse an der Eindämmung von „Kriminaltourismus“ besteht.

In einer Zusammenschau dieser Erwägungen war der belangten Behörde im Ergebnis daher beizupflichten, dass von ihm nach wie vor eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht.

1.6. Bei einer Abwägung der im gg. Fall betroffenen Interessen bedurfte es auch einer Gesamtbeurteilung des bisherigen Verhaltens des BF und seiner privaten und familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Er verfügt in Österreich über keine familiären Beziehungen. Auch eine maßgebliche Integration war nicht erkennbar. Dies war letztlich auch seinem kurzen Aufenthalt in Österreich geschuldet. Er reiste im März 2021 in das österr. Bundesgebiet ein, wurde bereits am 22.03.2021 bei einer Straftat auf frischer Tat ertappt und befand sich bis 01.09.2021 in Strafhaft. Er kehrte schließlich unmittelbar nach seiner Haftentlassung in sein Heimatland zurück.

Der aus dem dargestellten Sachverhalt abzuleitenden Gefährdungsprognose kam zu Lasten des BF ein höheres Gewicht zu, weshalb sich das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot schon dem Grunde nach als rechtskonform erwies. Angesichts der rechtskräftigen Verurteilung, der oben beschriebenen Begleitumstände und des öffentlichen Interesses an der Eindämmung von „Kriminaltourismus“ haben seine privaten Interessen zurückzutreten.

1.7. In seinem Erkenntnis vom 04.04.2019, Ra 2019/21/0009, hat der VwGH festgehalten, dass bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Dabei ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen, aber auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. Diese Rechtsprechung ist auch für die Rechtslage nach dem FrÄG 2018 aufrechtzuerhalten.

Im Zusammenhang mit der Frage nach einer allfälligen Herabsetzung der Dauer ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichthof bezüglich eines Einreiseverbotes betonte, dass das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen selbst beim Einreiseverbot nicht regelmäßig schon dann erfolgen darf, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar (VwGH, 22.05.2013, 2011/18/0259 sowie VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).

In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht (VwGH 2012/21/0080, 16.11.2012).

Betrachtet man die vom BF begangenen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch, für die er verurteilt wurde, so sieht der für die Bestimmung des Strafrahmens maßgebliche § 130 Abs. 2 StGB einen Strafrahmen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Dieser Strafrahmen wurde vom Strafgericht allerdings nicht ausgeschöpft, sondern wurde der BF zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Für das BVwG war die Dauer des gegen ihn zu verhängenden Einreiseverbots betreffend zwar zu berücksichtigen, dass er bis dato unbescholten war, jedoch war dieser Umstand dadurch maßgeblich relativiert, dass er bereits kurz nach der Einreise gravierend straffällig wurde und sein Aufenthalt im Bundesgebiet per se nur wenige Monate andauerte.

Als diesbezüglich erschwerend trat die Anhäufung mehrerer strafbarer Handlungen im Rahmen des strafgerichtlich festgestellten Sachverhalts hinzu, wobei der konkreten Tatausführung auch eine erkennbar hohe kriminelle Energie des BF innewohnte.

Dem vor dem Strafgericht abgelegten Geständnis und der Schadensgutmachung durch Rückgabe der gesamten Diebesbeute standen wiederum der ursprünglich vom BF beabsichtigte hohe Vermögensschaden zu Lasten der Geschädigten sowie die Tatsache gegenüber, dass beim Privatbeteiligten ein Restschaden in Höhe von XXXX verblieb.

Lediglich im Hinblick auf die unmittelbar nach der Haftentlassung erfolgte freiwillige Ausreise des BF unter Rechtsmittelverzicht die gegen ihn verhängte Rückkehrentscheidung betreffend war die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes anzupassen und auf sechs Jahre herabzusetzen.

Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist notwendig, aber auch ausreichend um der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.

Der in der Beschwerde geforderten Herabsetzung auf maximal drei Jahre konnte angesichts der Qualifikation der gewerbsmäßigen Tatbegehung, der reiflichen Vorbereitung und noch im selben Monat seiner Einreise verübten Straftaten und der vom BF ausgehenden kriminellen Energie nicht gefolgt werden.

1.8. Im Lichte dessen war daher die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 und Z. 2 FPG auf die Dauer von sechs Jahren festzusetzen war.

2. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L502.2246804.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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