TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 L502 2222089-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


L502 2222089-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 06.06.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 07.07.2015 erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde er am 26.02.2018 und 26.03.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.

4. Mit Bescheid des BFA vom 27.03.2018 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Zugleich wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 27.03.2019 erteilt (Spruchpunkt III.). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

5. Am 21.03.2019 beantragte er die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung um weitere zwei Jahre.

6. Nach Einleitung eines Aberkennungsverfahrens wurde er vom BFA am 04.06.2019 zur beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten niederschriftlich einvernommen.

7. Mit Bescheid des BFA vom 15.07.2019 wurde ihm der mit Bescheid vom 27.03.2018 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Den von ihm gestellten Verlängerungsantrag vom 21.03.2019 wies das BFA gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

8. Seine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 22.08.2019 als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs am 23.08.2019 in Rechtskraft.

9. Am 15.09.2020 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. Nachdem von Seiten Österreichs einem Wiederaufnahmegesuch zugestimmt worden war, wurde er am 12.05.2021 nach den Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

10. Am 12.05.2021 stellte er den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er wurde dazu am gleichen Tag einer Erstbefragung unterzogen.

11. Mit Aktenvermerk vom 17.05.2021 hielt das BFA unter Verweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0025, wonach ein in einem Mitgliedstaat gestellter Antrag auf internationalen Schutz, für den Österreich gemäß des Bestimmungen der Dublin III-VO zuständig wird, als in Österreich gestellt gilt, fest, dass der von ihm am 15.09.2020 in Deutschland gestellte Antrag mit 12.05.2021 eingebracht wurde.

12. Am 01.06.2021 wurde er beim BFA zu seinem Folgeantrag niederschriftlich einvernommen.

Im Zuge dessen zeigte er ein Video auf seinem Mobiltelefon und legte medizinische Unterlagen vor, die in Kopie zum Akt genommen wurden. Ihm wurde auch Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den vorab übermittelten länderkundlichen Informationen des BFA zur Lage im Herkunftsstaat gegeben, worauf er verzichtete.

13. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 15.09.2021 wurde der Folgeantrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Gegen ihn wurde zudem gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

14. Mit Information des BFA vom 15.09.2021 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

15. Gegen den ihm am 15.09.2021 persönlich zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner zugleich bevollmächtigten Vertretung vom 29.09.2021 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

16. Die Beschwerdevorlage langte am 30.09.2021 beim BVwG ein und wurde das Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung L502 zugewiesen.

17. Am 07.10.2021 reichte das BFA fehlende Aktenbestandteile nach.

18. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem, dem Strafregister sowie dem Zentralen Melderegister (ZMR).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang steht fest.

1.2. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger und gehört der kurdischen Volksgruppe an. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist ledig und kinderlos. Er wurde in XXXX geboren und wuchs dort auf. Im Jahr 2006 zog er mit seiner Familie nach Bagdad. Dort lebte er bis zu seiner Ausreise in die Türkei im Jahr 2011.

Er hat in XXXX fünf Jahre lang die Schule besucht, diese jedoch nicht abgeschlossen. Er war im Herkunftsland als Hilfsarbeiter, insbesondere als Reinigungskraft für die Gemeinde, erwerbstätig.

Seine Mutter und seine Geschwister leben nach wie vor in Bagdad im Stadtteil XXXX . Diese leben von der Pension des Vaters. Zudem ist ein Bruder als Apotheker, ein anderer Bruder als Kellner erwerbstätig. Eine Schwester ist behindert und lebt bei der Mutter. Dass der noch im Aberkennungsverfahren bei der Mutter wohnhafte Bruder zwischenzeitlich an seiner Behinderung mangels medizinischer Versorgung verstorben ist, war nicht feststellbar. Der BF steht mit seiner Familie nach wie vor regelmäßig in Kontakt.

Er verließ den Irak im Jahr 2011 und reiste zunächst in die Türkei. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am 06.06.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Ihm kam ab 06.06.2015 bis zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein vorläufiges Aufenthaltsrecht als Asylwerber zu. Von 27.03.2018 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVwG über seine Beschwerde gegen den Aberkennungsbescheid (Rechtskraft 23.08.2019) kam ihm ein befristetes Aufenthaltsrecht als subsidiär Schutzberechtigter zu. Nach rechtskräftigen Abschluss seines Aberkennungsverfahrens reiste er nach Deutschland weiter und stellte dort am 15.09.2020 einen Asylantrag. Nach Zustimmung Österreichs zum Wiederaufnahmegesuch Deutschlands wurde er am 12.05.2021 gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Österreich rücküberstellt, wo er am 12.05.2021 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seither hält er sich im Bundesgebiet auf.

1.3. Er bezog von 06.06.2015 bis 31.08.2020 – mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 23.08.2018 bis 03.09.2018 – Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Als subsidiär Schutzberechtigter bezog er in XXXX zusätzlich Mindestsicherung und erhielt Wohnbeihilfe. Aktuell bezieht er seit seiner Überstellung nach Österreich am 12.05.2021 wieder Leistungen der staatlichen Grundversorgung und lebt in einer Bundesbetreuungseinrichtung.

Er war im Bundesgebiet bislang nicht sozialversicherungspflichtig erwerbstätig.

Er spricht Arabisch als Muttersprache. Er verfügt in Österreich und im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte.

Er spielte Fußball in einem Verein und nahm an einem Werte- und Orientierungskurs sowie an einem Seminar zum Thema „Abfalltrennung und Abfallvermeidung“ teil. Maßgebliche Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.

Er leidet an einer XXXX . Er leidet an einer XXXX , welche seit seiner Kindheit besteht und nicht therapiert werden kann. Darüber hinaus leidet er an XXXX . Am 06.10.2016 und am 20.12.2017 wurde er aufgrund eines XXXX erfolgreich operiert und konnte am Folgetag in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden. Zuletzt wurde mit Arztbrief eines Allgemeinmediziners vom 09.08.2019 erstmals darauf hingewiesen, dass er zusätzlich an psychische Beeinträchtigungen in Form von XXXX leide.

Er leidet aktuell an keiner gravierenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Er leidet an keinen derartigen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückkehr entgegenstehen. Er ist arbeitsfähig.

Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.4. Der BF bezog sich im gg. Folgeantragsverfahren auf seinen bereits im ersten Verfahrensgang als nicht asylrelevant erwogenen Fluchtgrund, über den das BFA mit Bescheid vom 27.03.2018 rechtskräftig entschieden hat.

Sein darüber hinausgehendes neues Vorbringen, dass er nunmehr aufgrund von Stammesproblemen im Herkunftsland verfolgt und bei einer Rückkehr in den Irak in Untersuchungshaft genommen werde, war für das erkennende Gericht nicht glaubhaft.

Mit seinem Vorbringen zur Begründung seines Folgeantrages auf internationalen Schutz wurde keine maßgebliche Änderung im Hinblick auf die individuellen Antragsgründe seit der Erlassung des Bescheides des BFA vom 27.03.2018 bzw. des Erkenntnisses des BVwG vom 22.08.2019 aufgezeigt.

1.5. Zur aktuellen Lage im Irak werden die bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen länderkundlichen Feststellungen auch der gegenständlichen Entscheidung des BVwG zugrunde gelegt.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage im Irak ist seit der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 22.08.2019 nicht eingetreten.

Der BF unterliegt weder im Hinblick auf die aktuelle allgemeine Lage im Herkunftsstaat noch im Hinblick auf die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie einer maßgeblichen individuellen Gefährdung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gg. Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, der von ihm vorgelegten Unterlagen, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes, durch Einsichtnahme in die Entscheidung des BVwG im Aberkennungsverfahren sowie durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister, dem Betreuungsinformationssystem und dem Strafregister.

2.2. Der gg. Verfahrensgang stellte sich im Lichte des vorliegenden Akteninhaltes als unstrittig dar.

2.3. Die Feststellungen unter 1.2. bis 1.3. stützen sich auf die rechtskräftigen Feststellungen des BVwG im Aberkennungsverfahren und auf das persönliche Vorbringen des BF im nunmehrigen Verfahrensgang sowie das Ergebnis der amtswegigen Beschaffung von Informationen aus den og. Datenbanken.

Zur Negativfeststellung hinsichtlich des Verbleibes seines noch im Aberkennungsverfahrens bei der Mutter wohnhaften behinderten Bruders ist auszuführen, dass er die Gründe seines behaupteten Todes nicht nachvollziehbar darlegen konnte. In der Einvernahme am 01.06.2021 brachte er vor, dass einer seiner Brüder vor einem Jahr an seiner Behinderung verstorben sei. Es würde im Irak keine medizinische Versorgung geben (AS 79). Genauere Hintergründe zu dessen körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen und dazu, welche medizinische Versorgung er benötigt hätte, brachte er nicht vor. Es war auch auffällig, dass er entgegen seinen Angaben im Rahmen der behördlichen Einvernahme im Aberkennungsverfahren am 04.06.2019 (Seite 5 des Bescheides vom 15.07.2019) nunmehr behauptete, alle seine Brüder würden eine Behinderung haben (AS 79). Seine vagen und widersprüchlichen Angaben waren daher nicht überzeugend. Vielmehr erweckten sie den Eindruck, dass er den nunmehrigen Folgeantrag durch Schutzbehauptungen zu begründen versuchte.

Die Feststellung, dass er nach wie vor mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt steht, folgt seinen Angaben in der Einvernahme am 01.06.2021 (AS 77). Er hat im nunmehrigen Folgeverfahren keinen neuen Sachverhalt im Hinblick auf die wirtschaftlichen und beruflichen Verhältnisse seiner im Irak wohnhaften Herkunftsfamilie geschildert, sodass mangels Änderung des Sachverhaltes die Feststellungen des BVwG im Aberkennungsverfahren auch der gg. Entscheidung zugrunde gelegt werden konnten.

Die festgestellte Reisebewegung des BF nach rechtskräftigen Abschluss des Aberkennungsverfahrens mit Erkenntnis des BVwG vom 22.08.2019 ging schlüssig aus dem behördlichen Verwaltungsakt und seinen Angaben hervor.

Anhand der eingeholten Datenbankabfrage des Betreuungsinformationssystems waren unstrittig seine Leistungsbezüge aus der Grundversorgung festzustellen. In der Einvernahme am 01.06.2021 gab er an, während seines Aufenthaltes in XXXX als subsidiär Schutzberechtigter auch Mindestsicherung und Wohnbeihilfe bezogen zu haben (AS 79), sodass die entsprechenden Feststellungen auf seine glaubhaften Angaben gestützt werden konnten.

Die Feststellung, dass er in Österreich und im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, geht aus seiner zuletzt stattgefundenen behördlichen Befragung hervor (AS 79). Es war daher davon auszugehen, dass der im Aberkennungsverfahren noch in Italien aufhältige Bruder (Bescheid vom 15.07.2019, Seite 7) sowie die im Erstverfahren in Belgien wohnhaften Verwandten (Onkel und Cousin väterlicherseits, Bescheid vom 27.03.2018, Seite 8f) sich nicht mehr in der Europäischen Union befinden. Darüber hinaus wurde auch kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis vorgebracht.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand stützen sich auf die rechtskräftigen Feststellungen des BVwG im Aberkennungsverfahren. Im nunmehrigen Verfahren legte er einen Auszug aus dem XXXX des XXXX vor, welcher Ambulanzbesuche vom 11.02.2019 und 04.02.2019 festhielt. Dieses Dokument wurde gemeinsam mit der Beschwerde gegen den Aberkennungsbescheid des BFA vom 15.07.2019 vorgelegt, sodass dieses Beweismittel bereits als Grundlage entsprechender Feststellungen im Aberkennungsverfahren diente. Der BF konnte durch die nochmalige Vorlage dieses Dokumentes keine maßgebliche Änderung seines Gesundheitszustandes seit der letzten Entscheidung des BVwG vom 22.08.2019 aufzeigen. Auch der Beschwerde war kein entsprechendes Vorbringen zu entnehmen. Darin wurde lediglich vorgebracht, dass er gesundheitliche Probleme mit der Stimme habe und laut Angaben eines Arztes operiert werden müsse (AS 170). Ein konkretes und substantiiertes Vorbringen wurde dazu jedoch nicht erstattet. Laut Angaben des BF in der behördlichen Einvernahme am 01.06.2021 gäbe es bis jetzt keinen Termin für eine Operation (AS 77).

2.4. „Werden […] neue (für den internationalen Schutz relevante) Geschehnisse geltend gemacht, die sich nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens ereignet haben sollen, ist es nicht rechtens, die Prüfung dieses geänderten Vorbringens bloß unter Hinweis darauf abzulehnen, dass es auf dem nicht geglaubten Fluchtvorbringen des ersten Asylverfahrens fuße. Das neue Vorbringen muss vielmehr daraufhin geprüft werden, ob es einen ‚glaubhaften Kern‘ […] aufweist. Könnten die behaupteten neuen Tatsachen zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubhaftigkeit“ (VwGH 21.08.2020, Ra 2020/18/0157 mwN).

Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz einen "glaubhaften Kern" aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. z.B. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/18/0516).

2.5. Im Rahmen der Erstbefragung am 07.07.2015 legte der BF zu den Gründen seiner Ausreise befragt dar, familiäre Probleme und keine Arbeit gehabt zu haben. Seine Situation im Herkunftsland sei schwierig gewesen. Er sei mehrmals in einem Café von unbekannten Leuten mit dem Umbringen bedroht worden. Er habe diese Drohung zunächst nicht ernst genommen, ehe diese Leute 2013 Freunde vor seinen Augen getötet hätten. Außerdem habe es in letzter Zeit viele Explosionen gegeben. Bei einer Rückkehr würde er sich vor den Drohungen fürchten.

Am 26.02.2018 wurde er vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, im Rahmen der Erstbefragung alle Fluchtgründe genannt zu haben. Er habe auch Probleme aufgrund seiner Religion gehabt. Von staatlicher Seite sei er nicht verfolgt worden. Das Verhältnis zu seiner Familie sei nicht gut gewesen. Er sei von seinen Brüdern geschlagen worden, da er behindert sei. Er habe mit seinem Schwager, einer seiner Schwestern und seiner Mutter regelmäßig Kontakt. Die Einvernahme wurde aufgrund seiner krankheitsbedingten Artikulationsschwierigkeit abgebrochen und am 26.03.2018 fortgesetzt. In der fortgesetzten Einvernahme gab er an, bei einer Bombenexplosion im Irak verletzt worden zu sein und legte einen Arztbrief über eine erfolgte Operation in Österreich vor. Zum Ausreisegrund führte er aus, dass sein Onkel gesagt habe, dass er mit ihm nach Belgien oder Amerika gehen solle. Er sei nie bedroht worden, er benötige jedoch menschliche Hilfe in Europa aufgrund seiner Verletzungen durch die Bombensplitter. Sein Onkel habe außerdem gesagt, dass er seine Stimme bzw. Sprache verbessern könne. Er habe nach Europa kommen wollen um eine medizinische Behandlung zu erhalten. Er könne nicht in den Irak zurück, da dort Krieg herrsche und er dort keine medizinische Behandlung erhalten würde (Bescheid vom 27.03.2018, Seite 10f).

2.6. Im Zuge des eingeleiteten Aberkennungsverfahrens gab er am 04.06.2019 vor der Behörde an, dass er aus humanitären Gründen den Irak verlassen habe. Er habe gesehen, dass seine psychisch erkrankte Schwester und sein körperlich beeinträchtigter Bruder keine adäquate medizinische Versorgung bekommen hätten. Im Hinblick auf eine bessere Gesundheitsversorgung habe er den Irak verlassen. Er habe in den Irak zurückkehren wollen, jedoch habe er über seine Familie erfahren, dass seine Sippe seine Rückkehr nicht akzeptieren werde. Seine Sippe habe ihn verstoßen, den Grund dafür könne er nicht nennen. Später führte er aus, dass die Sippe ihn umbringen habe wollen, da er mit jemandem gestritten habe. Er habe bei einem Streit im Jahr 2006 oder 2008 einen Kontrahenten geschlagen. Daher sei von der Sippe sein Tod gefordert worden. Die Sippe heiße XXXX . Diese würde noch immer existieren und bei einer Rückkehr würde er umgebracht werden (Bescheid des BFA vom 15.07.2019, Seite 4ff).

2.7. Am 12.05.2021 stellte er den gg. Folgeantrag auf internationalen Schutz. Er wurde dazu am gleichen Tag einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Antragsgründen befragt legte er dabei dar, dass seine damals angegebenen Fluchtgründe aufrecht bleiben würden. Seine Mutter habe ihm vor zwei Tagen telefonisch mitgeteilt, dass sein Leben in Gefahr sei (AS 34).

Am 01.06.2021 wurde er beim BFA niederschriftlich einvernommen. Zu den Gründen seines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz führte er aus, dass Sunniten im Bezirk XXXX stark gefährdet seien. Vor Kurzem sei „ihr“ Haus aufgrund von Stammesproblemen angegriffen worden. Jemand aus seinem Stamm namens „ XXXX “ habe ein Mitglied eines anderen Stammes ermordet. Dies sei der Grund für den Angriff auf das Haus seiner Familie gewesen, obwohl seine Familie nicht für die Ermordung verantwortlich gewesen sei. Im Zuge der Einvernahme zeigte er ein auf seinem Mobiltelefon befindliches Video eines beschädigten Hauses und gab – nach anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten bezüglich der Jahresangabe – an, dass dieser Angriff im Jahr 2019 stattgefunden habe. Der Stammeskonflikt sei erst im Jahr 2019 entstanden, als jemand aus seinem Stamm ein Mitglied eines anderen Stammes getötet habe. Seine beiden Brüder seien daraufhin ein Jahr in Untersuchungshaft gewesen. Nach Zahlung von „Lösegeld“ seien sie wieder freigelassen worden (AS 75f). Er werde nun auch vom Staat gesucht. Er hätte – so wie seine beiden Brüder – auch „in Untersuchungshaft gehen sollen“. „Sie“ würden ihn einvernehmen wollen (AS 77). Bei der „Lösegeldzahlung“ sei vereinbart worden, dass die Familie auf dem Land bleiben müsse und nicht mehr in die Stadt XXXX zurückkehren könne (AS 77).

In der Beschwerde wurde sein von ihm in der behördlichen Einvernahme am 01.06.2021 angegebenes Fluchtvorbringen wiederholt und ausgeführt, dass sich der gesamte Stammeskonfliktvorfall im Jahr 2019, und zwar nach der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG mit 23.08.2019, ereignet habe (AS 169). Bei einer Rückkehr würde er inhaftiert werden, da hohe Beamte Mitglieder des verfeindeten Stammes seien. Der BF habe erst nach und nach von seiner Familie über die Stammesprobleme erfahren, da die Familie ihn nicht beunruhigen wollte (AS 170).

2.8. Soweit er seinen nunmehrigen Folgeantrag zunächst auf das Weiterbestehen seiner bisher geltend gemachten Fluchtgründe stützte (AS 34), war darauf abzustellen, dass über dieses Fluchtvorbringen bereits mit Bescheid des BFA vom 27.03.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten rechtskräftig negativ entschieden wurde. Das BFA erachtete seinen damals angegebenen Antragsgrund, dass er in das Gebiet der europäischen Union eingereist sei um eine bessere medizinische Behandlung zu erhalten, als glaubwürdig, erblickte darin jedoch kein asylrelevantes Vorbringen. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) erhob er kein Rechtsmittel, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs. Indem er im gg. Folgeantragsverfahren seinen bisher geltend gemachten Antragsgrund aufrecht hielt, zeigte er damit keinen wesentlich geänderten Sachverhalt auf, der zu einer anderen rechtlichen Würdigung führen würde.

2.9. Zum nunmehrigen neuen Vorbringen hinsichtlich des nach rechtskräftiger Entscheidung des BVwG vom 22.08.2019 entstandenen Stammeskonflikts verwies die belangte Behörde zurecht darauf, dass dieses Vorbringen keinen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen vermochte. Die belangte Behörde führte aus Sicht des Gerichtes zutreffend aus, dass es unverständlich sei, warum er bei einer Rückkehr aufgrund eines Vorfalles im Jahr 2019 in Untersuchungshaft genommen werden solle, reiste er doch bereits im Jahr 2011 aus seinem Herkunftsstaat aus und war seitdem dort nicht mehr aufhältig (AS 116).

Der belangten Behörde war auch beizupflichten, wenn sie in der Schilderung des Fluchtvorbringens Widersprüchlichkeiten erblickte (AS 116). Dabei führte sie zunächst in ihren beweiswürdigenden Überlegungen Widersprüchlichkeiten im Zusammenhang mit dem Erhalt des bei der Einvernahme am 01.06.2021 gezeigten Videos und der tatsächlichen Kenntniserlangung über die neuen Antragsgründe ins Treffen. Der BF gab an, dass sein Bruder ihm das Video des beschädigten Hauses gesendet habe, nachdem er gesagt habe, dass er Beweismittel für seine morgige Einvernahme benötigen würde (AS 77). Auf die Frage des Vertreters der belangten Behörde, wann er von den neuen Problemen erfahren habe, gab er an, erst mit diesem Video davon erfahren zu haben (AS 77). Damit zeigte die Behörde zutreffend einen offensichtlichen Widerspruch auf.

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der BF erst nach und nach von seiner Familie über die Stammesprobleme erfahren habe, da die Familie ihm keine Sorgen bereiten wollte (AS 170). Unter Bedachtnahme auf das Alter des BF erschien dieses Vorbringen jedoch als nicht glaubhaft. Der BF steht seit jeher mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt. Es lässt sich nicht mit vernünftigen Gründen erklären, warum die Familie den über 30-jährigen BF nicht bereits früher und umfassender über Geschehnisse, von denen er direkt betroffen sei, informieren konnte. Dabei war es für das BVwG auch besonders auffällig, dass er erst in der Nacht vor der behördlichen Einvernahme am 01.06.2021 über den vermeintlichen Angriff auf das Familienhaus von seinem Bruder informiert worden sei. Wäre es der Familie tatsächlich ein besonderes Anliegen gewesen, ihn schonend über die Vorfälle zu informieren, damit er sich keine Sorgen machen müsse, so würde diese Vorgehensweise das genaue Gegenteil dessen darstellen. Schließlich wäre anzunehmen, dass sich der BF nach dieser nächtlichen Übermittlung des Videos knapp vor der behördlichen Einvernahme erst recht über sein Schicksal und das Schicksal seiner Familie Sorgen machen müsste.

Darüber hinaus war damit aber auch seine Aussage in der Erstbefragung, dass er vor zwei Tagen von seiner Mutter erfahren habe, dass sein Leben bei einer Rückkehr in Gefahr sei (AS 34), nicht in Einklang zu bringen, wäre doch bereits zu diesem Zeitpunkt zu erwarten gewesen, dass seine Mutter ihn über die näheren Umstände dieser Gefahr informiert hätte.

Ferner zeigte die belangte Behörde zutreffend Widersprüche zu seinen im Aberkennungsverfahren gemachten Angaben auf (AS 117). So gab er im Zuge seiner behördlichen Einvernahme im Aberkennungsverfahren am 04.06.2019 ausdrücklich an, dass seine Mutter, seine drei Brüder und seine zwei Schwestern in Bagdad in XXXX leben würden (Aberkennungsbescheid des BFA vom 15.07.2019, Seite 5). Dazu in Widerspruch stand das Vorbringen im gg. Folgeantragsverfahren, dass seine Familie auf dem Land leben würde („Wir Sunniten im Bezirk XXXX sind stark gefährdet. Vor kurzer Zeit haben sie unser Haus angegriffen.“ AS 75; „Ich gehöre diesem Stamm an und darf deswegen den Bezirk nicht verlassen. So wurde das mit der Übergabe des Lösegeldes vereinbart. Wir müssen auf dem Land bleiben und dürfen nicht mehr in die Stadt XXXX zurück.“ AS 77). Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde wurde im Beschwerdeschriftsatz auch nicht substantiiert bestritten.

Die belangte Behörde würdigte auch nachvollziehbar und schlüssig das in der behördlichen Einvernahme am 01.06.2021 vorgezeigte Video, welches ein beschädigtes Haus zeigte. Anhand dieses Videos war für die Behörde weder als erwiesen anzusehen, dass das Haus seiner Familie von einem anderen Stamm angegriffen worden sei, noch, dass er vom irakischen Staat gesucht werde (AS 117).

Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass sein im Aberkennungsverfahren ergänzend vorgetragenes Vorbringen, er habe mit seiner Sippe Probleme, da er jemanden im Jahr 2006 oder 2008 geschlagen habe, von ihm im nunmehrigen Folgeantragsverfahren nicht mehr vorgebracht wurde. Bereits das BVwG erachtete dieses Vorbringen als nicht glaubhaft und wies auch darauf hin, dass ein zeitlicher Zusammenhang zur Ausreise aus dem Heimatstaat fehlte (Erkenntnis des BVwG vom 22.08.2019, Seite 10).

Auch aus Sicht des Gerichtes konnten aus dem nunmehrigen Vorbringen keine Anhaltspunkte für eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die ihn betreffende Lage im Irak entnommen werden. In einer Gesamtsicht dessen war zum Ergebnis zu gelangen, dass die von ihm im Folgeantragsverfahren behaupteten neuen Geschehnisse nicht glaubhaft waren bzw. keinen glaubhaften Kern aufzuweisen vermochten.

Zu den festgestellten Erkrankungen ist auszuführen, dass auch diese bereits Gegenstand des Erstverfahrens und des Aberkennungsverfahrens waren. Wie bereits unter 2.3. aufgezeigt wurde, war von keiner maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen.

2.10. Zu den länderkundlichen Informationen des BFA zur aktuelle Lage im Irak wollte der BF im Rahmen seiner Einvernahme keine Stellungnahme abgeben. Die Feststellungen unter 1.5. stützen sich daher auf die Feststellungen des BFA im angefochtenen Bescheid, denen weder ein gegenteiliges erstinstanzliches Vorbringen des BF noch ein solches in der Beschwerde entgegenstand.

Dass sich die allgemeine Lage im Irak seit dem rechtskräftigen Abschluss des Aberkennungsverfahrens nicht wesentlich geändert hat, ergibt sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zu den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat mit Erkenntnis des BVwG vom 22.08.2019. Eine maßgebliche Verschlechterung der Lage ließ sich nicht erkennen.

Konkrete medizinische Indikationen für die Zuordnung zu einer COVID-19-Risikogruppe wurden gg. nicht dargelegt. Der BF unterliegt weder im Hinblick auf die aktuelle allgemeine Lage im Herkunftsstaat noch im Hinblick auf die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie einer maßgeblichen individuellen Gefährdung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Entschiedene Sache liegt immer dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

2.1. Der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.06.2015 wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid des BFA vom 27.03.2018 als unbegründet abgewiesen. Gegen Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) erhob der BF keine Beschwerde, sodass dieser Spruchpunkt in Rechtskraft erwuchs.

Maßstab für die Frage der Erfüllung des Tatbestands der "entschiedenen Sache" ist somit der im mit diesem Bescheid abgeschlossenen Verfahrensgang behauptete Sachverhalt, dieser in Relation gesetzt zum im nunmehrigen erstinstanzlichen Verfahrensgang hervorgekommenen Sachverhalt.

2.2. Der BF gab zur Begründung des gg. Folgeantrages auf internationalen Schutz zunächst an, dass er seine bisherigen Fluchtgründe aufrechterhalte. Er machte damit dasselbe Verfolgungsvorbringen wie in dem vorangegangenen (inhaltlichen) Asylverfahren geltend, das mit Bescheid des BFA vom 27.03.2018 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Damit legte er keine neue Sache im Sinne der angeführten Judikatur dar.

Einen neuen Sachverhalt im Vergleich zum Vorbringen im ersten Verfahrensgang stellten zwar die Behauptungen des BF im gg. Verfahrensgang dar, dass er nunmehr von Stammesproblemen betroffen wäre, das Haus seiner Familie von einer Sippe angegriffen worden sei, seine Brüder daraufhin in Untersuchungshaft genommen worden seien und ihm bei einer Rückkehr dasselbe Schicksal wie seine Brüder ereilen würde. All diesen neuen Fluchtgründen war jedoch kein glaubhafter Kern zuzubilligen, wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt wurde.

In Ansehung dessen gelangte die belangte Behörde daher zu Recht zum Ergebnis, dass keine neue inhaltliche Entscheidung über sein nunmehriges Schutzbegehren im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu treffen war.

3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

4.1. Ein Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrags nach dem Asylgesetz 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

4.2. Im vorangegangenen Aberkennungsverfahren wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 22.08.2019 die letzte rechtskräftige inhaltliche Entscheidung zum subsidiären Schutz des BF (im Sinne einer Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) getroffen und stellt diese sohin die maßgebliche „Vergleichsentscheidung“ dar, in Bezug auf welche eine seither eingetretene Sachverhaltsänderung zu prüfen ist, die sich im Sinne der aufgezeigten Judikatur als relevant erweisen muss.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren keine relevanten Neuerungen hinsichtlich der rechtskräftig getroffenen Feststellungen des BVwG im Aberkennungsverfahren eingetreten. Es haben sich weder die allgemeine Sicherheitslage im Herkunftsland noch die individuellen Umstände des BF in maßgeblicher Weise verschlechtert. Der BF verfügt nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte im Irak. Sein Gesundheitszustand hat sich nicht verschlechtert.

In Ansehung dessen gelangte die belangte Behörde daher zu Recht auch zum Ergebnis, dass keine neue inhaltliche Entscheidung über sein nunmehriges Schutzbegehren auch im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzes zu treffen war.

Die belangte Behörde wies den gg. Folgeantrag daher auch diesbezüglich zu Recht wegen entschiedener Sache zurück.

5. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher ebenso als unbegründet abzuweisen.

6.1. § 10 AsylG lautet:

(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.       der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005 lautet:

(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.       bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.       gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1.       das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2.       der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1.       ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2.       die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

§ 52 FPG lautet:

(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.       dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.       ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel “Daueraufenthalt – EU” verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaats, in den der Drittstaatsangehörigen abge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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