TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/15 W233 2247204-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2021
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Entscheidungsdatum

15.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W233 2247203-1/5E

W233 2247204-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Georgien und 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 08.09.2021, Zl. 1277043106 – 210508632 (ad 1,) und Zl.: 1277042501 – 210508645 (ad 2), zu Recht:

A)

Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte II., III., IV. V., VI. und VII. der jeweils angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Georgien und 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 08.09.2021, Zl. 1277043106 – 210508632 (ad 1,) und Zl.: 1277042501 – 210508645 (ad 2):

A) Der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die von ihnen angefochtenen Bescheide, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, Staatsangehörige von Georgien, stellten am 16.04.2021 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge seiner Erstbefragung gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen als Fluchtgrund an, dass er nach Österreich gekommen sei, da er sich in Georgien eine medizinische Behandlung nicht leisten könne. Sein Bruder, der Zweitbeschwerdeführer, habe ihn nach Österreich begleitet, da er ohne dessen Hilfe den Alltag nicht bewältigen könne. Der Zweitbeschwerdeführer betätigte im Zuge seiner Befragung die Angaben des Erstbeschwerdeführers.

2. Am 08.06.2021 gab der Erstbeschwerdeführer zu den Gründen für seine Antragstellung auf internationalen Schutz vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) befragt an, dass er Georgien verlassen habe, da er hoffe, dass ihm in Österreich geholfen werde. Die Ärzte in Georgien seien ratlos und würden ihm als einzige Therapie das Stercken seines Fußes anraten. Er hoffe, dass man in Österreich etwas mit seinen Zellen machen könne und sei deshalb nach Österreich gekommen, um dies mit den Ärzten in Österreich abzuklären. Zu den ihm zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen merkte der Erstbeschwerdeführer an, dass man in Georgien viele medizinische Behandlungen bezahlen müsste.

Der Zweitbeschwerdeführer schilderte den Grund seines Aufenthalts in Österreich damit, dass er nur in Österreich sei, um seinen Bruder zu unterstützen. In Georgien habe er keine Probleme.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 08.09.2021 wurden die Anträge des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG wurde ihnen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde ihnen nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass beide Beschwerdeführer in Georgien keiner Gefahr einer individuellen, konkret gegen sie gerichteten Verfolgung durch den Staat oder durch Dritte ausgesetzt seien und auch sonst keine Umstände haben feststellt werden können, dass die beiden Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung einer Verfolgung ausgesetzt wären.

Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Georgien sei für beide Beschwerdeführer nicht gegeben. Die beiden Beschwerdeführer erfüllten auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe ihr Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. In Anbetracht der abweisenden Entscheidung über ihre Anträge auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung der beiden Beschwerdeführer nach Georgien. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde – beide Beschwerdeführer stammen aus einem sicheren Herkunftsstaat – nicht.

Mit Schriftsatz vom 30.09.2021 erhoben beide Beschwerdeführer binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Spruchpunkte II., III., IV., V., VI. und VII. der oben angeführten Bescheide. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass BFA habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt. Der Erstbeschwerdeführer habe massive gesundheitliche Probleme (Rückenschmerzen, Nerven, Rollstuhl, Inkontinenz). Seine Versorgung in Georgien sei nicht gesichert. Obwohl der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder, der Zweitbeschwerdeführer, in Georgien alles verkauft hätten, könne es sich der Erstbeschwerdeführer nicht leisten in Georgien einen Arzt aufzusuchen bzw. eine Finanzierung seiner medizinischen Versorgung sicherzustellen. Sein Bruder, der Zweitbeschwerdeführer könne seinen Bruder, den Erstbeschwerdeführer, nicht alleine lassen, da er diesen immer betreuen müsse. Der Erstbeschwerdeführer könne nicht selbständig die Toilette aufsuchen und müsse Windeln benützen.

Darüber hinaus wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden beantragt.

Am 11.10.2021 wurden die gegenständlichen Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Erstbeschwerdeführers:

Die Identität des Erstbeschwerdeführer steht fest.

Der Erstbeschwerdeführer ist ein georgischer Staatsangehöriger. Er ist in Georgien geboren und hat zuletzt in der Stadt XXXX gelebt. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über Schulbildung in Georgien und war bis zu seinem Unfall als Holzarbeiter beschäftigt.

Der Erstbeschwerdeführer erlitt nach einem Unfall eine Querschnittslähmung Th7 bis Th9 und an seinem rechte Unterschenkel zeigt sich eine deutliche Spastik mit einem Subklonus rechts. Diesbezüglich ist der Erstbeschwerdeführer austherapiert. Der Erstbeschwerdeführer leidet zudem an Dekubitus in der Trochanterregion beidseits, jedoch ohne entzündliche Affektion des Markraums des Femurs beidseits. Dieses Krankheitsbild des Dekubitus des Erstbeschwerdeführers wird in Österreich durch Wundreinigung und Verbandwechsel behandelt. Darüber hinaus ist der Erstbeschwerdeführer stuhl- und harninkontinent und trägt einen Harnkatheter. Trotz dieses Krankheitsbildes kann beim Erstbeschwerdeführer nicht festgestellt werden, dass er an einer schwerwiegenden oder in Georgien nicht behandelbaren Krankheit leidet oder dass ihm der Zugang zur damit einhergehenden notwendigen medizinischen Behandlung in Georgien verwehrt werden würde. Was die pandemiebedingte Situation betreffend das Virus Sars-CoV-2 bzw. die Krankheit COVID-19 anbelangt, wird festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer keiner Risikogruppe angehört, bei der im Falle einer Ansteckung ein schwererer Krankheitsverlauf zu befürchten ist.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Georgien über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner dort aufhältigen Eltern, welche in einem Eigenheim leben. Darüber hinaus hält sich der 6-jährige Sohn des Erstbeschwerdeführers bei seinen Eltern auf. Zusätzlich verfügt der Erstbeschwerdeführer über weitere Verwandte in Georgien.

In Österreich ist der Erstbeschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstbeschwerdeführer hält sich seit spätestens 16.04.2021 und somit zum Entscheidungszeitpunkt rund sechs Monate im österreichischen Bundesgebiet auf. Der Erstbeschwerdeführer erhält Leistungen aus der Grundversorgung. In Österreich verfügt der Erstbeschwerdeführer, mit Ausnahme seines ihn begleitenden Bruders, über keine Familienmitglieder oder Verwandten.

1.2. Zur Person des Zweitbeschwerdeführers:

Die Identität des Zweitbeschwerdeführer steht fest.

Der Zweitbeschwerdeführer ist ein georgischer Staatsangehöriger. Er ist in Georgien geboren und hat zuletzt in der Stadt XXXX gelebt. Der Zweitbeschwerdeführer verfügt über Schul- und Arbeitserfahrung in Georgien.

Der Zweitbeschwerdeführer ist gesund. Was die pandemiebedingte Situation betreffend das Virus Sars-CoV-2 bzw. die Krankheit COVID-19 anbelangt, wird festgestellt, dass der Zweitbeschwerdeführer keiner Risikogruppe angehört, bei der im Falle einer Ansteckung ein schwererer Krankheitsverlauf zu befürchten ist.

Der Zweitbeschwerdeführer verfügt in Georgien über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner dort aufhältigen Eltern, welche in einem Eigenheim leben, und weiterer Verwandten.

In Österreich ist der Zweitbeschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten.

Der Zweitbeschwerdeführer hält sich seit spätestens 16.04.2021 und somit zum Entscheidungszeitpunkt rund sechs Monate im österreichischen Bundesgebiet auf. Der Zweitbeschwerdeführer erhält Leistungen aus der Grundversorgung. In Österreich verfügt der Zweitbeschwerdeführer, mit Ausnahme des von ihn begleitenden Bruders, über keine Familienmitglieder oder Verwandten.

1.3. Zum Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführer:

Beide Beschwerdeführer stützen ihr Beschwerdevorbringen im Wesentlichen darauf, dass der querschnittgelähmte Erstbeschwerdeführer in Georgien keinen adäquaten Zugang zu medizinischer Behandlung habe, die Ärzte in Georgien ratlos wären und dass man für viele medizinische Behandlungen in Georgien selbst bezahlen müsste, weshalb ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei. Mit diesem Vorbringen zeigen die beiden Beschwerdeführer allerdings keine exzeptionellen Umstände auf, dass der Erstbeschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht.

Dem Erstbeschwerdeführer steht der tatsächliche Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung in seinem Herkunftsstaat Georgien offen. Dem Erstbeschwerdeführer ist dieser Zugang zu seiner notwendigen medizinischen Versorgung weder durch exorbitante Behandlungskosten noch durch das Fehlen der Verfügbarkeit von dazu notwendigen Medikamenten oder das Fehlen eines sozialen und familiären Netzwerks verwehrt.

Ebenso zeigt das Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers, dass ihm aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Georgien sowie der Erkrankung seines Bruders der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zugesprochen werden müsste, keine exzeptionellen Umstände auf, dass er im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt wäre.

1.4. Zur Rückkehrsituation beider Beschwerdeführer:

Beiden Beschwerdeführern ist somit eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Georgien zumutbar.

Im Falle einer Rückkehr würden die beiden Beschwerdeführer in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihnen nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden. Sie laufen nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.

Im Falle ihrer Abschiebung in den Herkunftsstaat sind beide Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten weder im Fall des Erstbeschwerdeführers noch des Zweitbeschwerdeführers festgestellt werden.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Georgien

a) Auszug aus dem bereits vom BFA in das Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Georgien mit Stand vom 29.03.2021)

1.5.1. COVID-19

Letzte Änderung: 01.12.2020

Georgien hat die Verbreitung von COVID-19 im Frühling 2020 durch strenge Maßnahmen weitgehend eingedämmt. Nachdem im Sommer 2020 die strengen Regeln aufgehoben, die Einreisebestimmungen an den Grenzen gelockert und Inlandstourismus beworben wurde, kam es ab Ende August 2020 zu einem exponentiellen Anstieg der positiven Tests. Bis Mitte September 2020 stieg die Zahl der täglichen positiven Testergebnisse von niedrigen zweistelligen Zahlen auf etwa 150 (Eurasianet 18.9.2020) und um Mitte Oktober auf ungefähr 1000 (Jam 16.10.2020). Gegen Ende November 2020 lag die tägliche Zahl positiver Tests um die 4.000 und die der Verstorbenen an oder mit SARS-CoV-2 bei 35-50 Personen (Agenda 26.11.2020; vgl. WOM 30.11.2020). COVID-19-Infektionen kommen in allen Regionen des Landes vor; und es kommt landesweit zu unkontrollierter Übertragung von COVID-19 (USEMB 30.11.2020a).

Tagesaktuelle Zahlen zu bestätigten Infektionen, Genesungen, Todesfällen und Hospitalisierungen werden von der Regierung auf der Webseite https://stopcov.ge/en/ veröffentlicht (Stop-CoV.ge o.D.).

Aufgrund der steigenden Zahlen wurden mit Wirkung vom 28.11.2020 unter anderem folgende Beschränkungen landesweit, vorerst bis 31.1.2021, in Kraft gesetzt: Während der nächtlichen Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr sind öffentliche und private Verkehrsbewegungen, einschließlich zu Fuß gehen, sowie der Aufenthalt im öffentlichen Raum nicht gestattet. Der öffentliche Überlandverkehr einschließlich Bahn, Bus und Kleinbus ist ganztägig eingestellt. Reisen in Kleinfahrzeugen (einschließlich Taxis) sind – außerhalb der nächtlichen Ausgangssperre - zulässig. Es herrscht eine Tragepflicht von Gesichtsmasken im Freien sowie in allen geschlossenen öffentlichen Räumen. Personen über 70 Jahren wird empfohlen, zu Hause zu bleiben (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Für die Großstädte Tiflis, Batumi, Kutaissi, Rustawi, Poti, Sugdidi und Telawi sowie die Wintersportorte Bakuriani, Gudauri, Goderdzi und Mestia gelten zusätzlich u.A. folgende Einschränkungen:

Der innerstädtische öffentliche Verkehr ist vollständig eingestellt. Geschäfte sind geschlossen, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Hygieneprodukten und Kiosken für Printmedien. Agrarmärkte, Schönheitssalons, Friseurläden und Zentren für ästhetische Medizin sind weiterhin in Betrieb. Kindergärten sind geschlossen, Schulen und Universitäten bieten ausschließlich Fernlehre an (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Für die Periode Neujahr-Weihnachten (24.12.2020 bis 15.1.2021) werden einzelne Beschränkungen gelockert (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Die Einschränkungen von Linienflügen nach Georgien wurden mit 1.11.2020 gelockert, seither sind auch wieder Linienflüge nach Tiflis ex Wien erlaubt (GCAA 21.10.2020). Diese Flüge werden Stand Ende November 2020 ein Mal wöchentlich von Georgian Airways durchgeführt (F24 30.11.2020; vgl. VIE 30.11.2020)

Bei der Einreise aus dem Ausland müssen sich georgische Staatsangehörige sowie ihre Familienangehörigen für 8 Tage in Selbstisolation begeben, wenn sie an der Grenzübertrittsstelle einen negativen PCR-Test nicht älter als 72 Stunden vorweisen können. Sollte ein solcher Test nicht vorgewiesen werden, wird eine obligatorische Quarantäne verhängt (MoF o.D.; vgl. StopCoV.ge o.D.) und die Person wird in eine Quarantänezone verbracht (StopCoV.ge o.D.). In den Wintersportorten Bakuriani, Gudauri, Goderdzi und Mestia werden Hotels ausschließlich als Quarantäne- oder COVID-Unterkünfte betrieben (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Trotz der Zugangsbeschränkungen unterstützt die Georgische Regierung die separatistische Region Abchasien bei der Bekämpfung von COVID-19 materiell und fachlich. Auch die Behandlung von abchasischen COVID-19-Patienten in Kern-Georgien wurde ermöglicht (CW 27.11.2020; vgl. Jam 16.10.2020). Internationale Hilfe in Südossetien ist auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beschränkt. Die georgische Zentralregierung hat Zchinwali ebenfalls humanitäre Hilfe angeboten, aber der Vorschlag wurde nicht weiterverfolgt (CW 27.11.2020). Dennoch werden auch COVID-Patienten aus Südossetien in Georgien behandelt, wenn auch in geringerem Ausmaße als aus Abchasien (Jam 16.10.2020).

1.5.2. Sicherheitslage:

Letzte Änderung: 02.09.2020

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen (EDA 23.3.2020; vgl. BMEIA 13.5.2020). Die Kriminalität ist gering (MSZ 25.5.2020; vgl. EDA 23.3.2020).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetiens erörtern soll (EC 30.1.2019).

1.5.3. Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 02.09.2020

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 10.3.2020).

1.5.4. Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 02.09.2020

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation der Strafverfolgung und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitsdienste und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, der für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass die zivilen Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben (USDOS 11.3.2020).

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).

Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 11.3.2020) und Straffreiheit bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector‘s Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector‘s Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019; vgl. HRW 14.1.2020).

1.5.5. Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 02.09.2020

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte sind explizit in eigenen Verfassungsartikeln aufgeführt. Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen haben, werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat weitgehend geachtet und gestärkt. Gesellschaftlich sind diese Rechte aber noch nicht weit genug akzeptiert, sodass Minderheiten und Andersdenkende in der Gesellschaft mit faktischer Benachteiligung rechnen müssen. Vereinzelt kommt es auch zu gewalttätigen Handlungen. Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und im Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann (AA 19.10.2019).

Im Jahr 2019 wurde das Anti-Diskriminierungsgesetz und der Arbeitnehmerschutz verbessert. Sexuelle Belästigung wurde als Vergehen in relevante Gesetze aufgenommen. Die Justiz erfüllt nicht die Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Verfahrensrechte für Opfer haben sich nicht verbessert (HRC 2020). Die Straffreiheit bei Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020).

Minderheitengruppierungen haben Schwierigkeiten, die Grundrechte von Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit auszuüben. Es kommt dabei zur Anwendung übermäßiger Gewalt seitens der Strafverfolgungsbehörden (HRC 2020).

1.5.6. Grundversorgung

Letzte Änderung: 02.09.2020

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet (AA 19.10.2019), wobei zwei Drittel der Lebensmittel importiert werden (KP 16.6.2020). Die staatliche Sozialhilfe liegt bei GEL 180 (ca. EUR 60) im Monat, bei Rentnern bei GEL 200 [ca. EUR 70]. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 19.10.2019).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Knapp 22% der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigranten machen mit rund 11,8% einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 11.2018).

Die Arbeitslosenquote betrug 2018 12,7% (2017: 13,9%) (GeoStat 17.5.2019). Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2018 sind 63,9% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig (Geostat 17.5.2019; vgl. GT 21.10.2019). Die Arbeitslosenrate ist im ländlichen Raum (2018: 5,8%) geringer als im städtischen Raum (2018: 19,3%) (Geostat 17.5.2019). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25-Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren (IOM 2020). Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zahl der ca. 220.000 Arbeitslosen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie mindestens verdoppeln wird (KvP 20.4.2020).

Zu Jahresbeginn 2020 nahm eine Agentur zur Beschäftigungsförderung (Employment Support Agency), die im Ministerium für Binnenflüchtlinge aus den besetzten Gebieten, Arbeit, Gesundheit und Soziales angesiedelt ist (MOH 24.12.2019; vgl. KP 1.2020, GT 21.10.2019). Die neue Agentur soll u.a. durch Fortbildungen, Umschulungen, Beratung und Karriereplanung die Beschäftigung im Land fördern (KP 1.2020). Die Agentur soll auch legale Arbeitsmigration fördern (GT 21.10.2019; vgl. KP 1.2020). Eine Priorität der Agentur ist es, Arbeitsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Personen zu erschließen (GT 21.10.2019).

Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2019). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbständig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2019 bei den Männern bei GEL 1.294 [rund EUR 400] und bei den Frauen bei GEL 876 [rund EUR 270] (GeoStat 2019).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wird ein Rückgang des BIP um 5,5% im Jahr 2020 prognostiziert. Der Tourismus (ca. 20% der Wirtschaftsleistung) und Überweisungen aus dem Ausland werden am stärksten betroffen sein (ChH 4.6.2020). Der Wert des Georgischen Lari kann sich trotz der Wirtschaftskrise einigermaßen halten (KP 16.6.2020).

1.5.7. Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 02.09.2020

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse: Existenzhilfe, Re-Integrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, soziale Sachleistungen und Sozialpakete.

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von GEL 10-60 pro Familienmitglied rechnen. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich (IOM 2019).

Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht (IOM 2019). Laut einer Erklärung des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden vom Staat 150 GEL an Personen bezahlt, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben und zuvor Einkommenssteuer bezahlt hatten (Fortuna 13.4.2020).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozioökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen GEL 48 pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

1.5.8. Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 02.09.2020

Im Jahr 2013 wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen.

Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen „Letter of Garantee“ (dt. Garantiebrief) über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Das staatliche Gesundheitssystem (UHC) umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

?        Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

?        Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

?        Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

?        Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

?        Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von GEL 70 muss entrichtet werden.

?        Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit.

Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health). Informationen über Anbieter finden sich hier: http://cloud.moh.gov.ge/Default.aspx?languagePair=en-US (IOM 2019)

Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019, IOM 2019). Ambulante und einige stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2019). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2019). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2019). Divergierende Angaben gibt es beim Thema Chemotherapie und Geburten. So werden laut SEM onkologische Behandlungen und Geburten zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018), laut IOM hingegen werden bei Chemotherapie 80% bis zu Gesamtkosten von GEL 12.000, und bei Geburten Kosten nur bis zu GEL 500 bzw. bei Kaiserschnitten nur bis zu GEL 800 übernommen (IOM 2019).

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich GEL 100 für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2019).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 19.10.2019).

Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 15-05 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden (IOM 2019).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden.

Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem das Rezept zu erhalten (IOM 2019).

Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurden in Georgien bereits frühzeitig und konsequent umgesetzt und somit konnte die Ausbreitung weitgehend unter Kontrolle gehalten (EE 6.4.2020; vgl. ES 3.4.2020, EN 21.5.2020, ChH 4.6.202). Die Infektions- und Sterblichkeitsraten konnten niedrig gehalten werden (CEIP 8.7.2020). Die Pandemie war für das Gesundheitssystem stets bewältigbar, allerdings zu einem hohen wirtschaftlichen Preis (EN 21.5.2020; vgl. ChH 4.6.202) Georgien weist Stand Ende Mai 2020 die niedrigste COVID-19- Todesrate in Europa auf (drei Todesfälle pro einer Million Einwohner). Tests sind ausreichend verfügbar und es gibt keine Hinweise auf eine Untererfassung der Krankheits- und Todesfälle (EN 21.5.2020). Allerdings waren in Folge des strengen Lockdowns Behandlungen für andere Krankheiten nur eingeschränkt verfügbar (IOM 24.4.2020).

Die EU hat das wegen der COVID-19-Pandemie verhängte Einreiseverbot gegen Georgien sowie 14 weitere Drittstaaten ab 1. Juli aufgehoben, wobei die genaue Umsetzung den Mitgliedsstaaten obliegt. Hauptkriterium für eine Aufhebung der Beschränkungen war, dass die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vorangegangenen 14 Tagen mindestens so niedrig wie im EU-Durchschnitt war. Zudem muss es bei den Infektionen einen „stabilen oder sich verringernden Trend“ geben und die Maßnahmen der jeweiligen Regierungen auf die Pandemie müssen gewissen Standards entsprechen. Die Länderliste soll alle zwei Wochen aktualisiert werden (Standard 30.6.2020).

1.5.9. Rückkehr

Letzte Änderung: 02.09.2020

Rückkehrer und Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen bieten ebenfalls Unterstützung an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen (AA 19.10.2019).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden GEL 650.000 (ca. EUR 216.460) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden. Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, sollen die NGOs für das gesamte Staatsgebiet folgende Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen: Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten, Finanzierung einkommensgenerierender Projekte, Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten und die Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018). Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden alle Grenzübergänge geschlossen und sind nur für georgische Staatsbürger, die ins Heimatland zurückreisen, passierbar (USEMB 1.7.2020). Der Flugverkehr soll ab 1.8.2020 wieder aufgenommen werden (GCAA 26.6.2020; vgl. Agenda 25.6.2020a). Die Wiedereröffnung der Landgrenzen ist von bilateralen Abkommen mit den Nachbarstaaten abhängig (N/LS 28.5.2020). Alle Personen, die nach Georgien einreisen, müssen zwei Wochen in Quarantäne, bzw. Selbstisolation (Agenda 30.6.2020; vgl. 1TV 30.6.2020, GE-GOV o.D.), für die der Staat die Kosten übernimmt (Jam 8.7.2020). Gemäß Angaben des Gesundheitsministeriums wird der Quarantänemechanismus noch lange bestehen bleiben (1TV 30.6.2020).

b) Zur Situation aufgrund der Covid-19-Pandemie

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. Mit Stichtag 15.10.2021 werden sowohl von der World Health Organization (WHO) als auch von der von der Johns Hopkins University geführten Statistik in Georgien 649.407 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei diesbezügliche 9.370 Todesfall bestätigt wurden.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Person der Beschwerdeführer

Die jeweilige Identität der Beschwerdeführer steht aufgrund der im Administrativverfahren von ihnen vorgelegten georgischen Identitätsnachweises fest.

Die Feststellung in Bezug auf die Schulbildung und die vormalige Beschäftigung des Erstbeschwerdeführers bzw. die Beschäftigung des Zweitbeschwerdeführers konnten anhand ihrer eigenen Angaben getroffen werden.

Die Feststellung, dass beide Beschwerdeführer in Georgien zuletzt in der Stadt XXXX gelebt haben, kann aufgrund ihrer eigenen Angaben getroffen werden.

Die Feststellung über den Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers wird anhand der in seinem Akt einliegenden medizinischen Unterlagen bzw. der im Nachgang zu seiner Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Befunde getroffen.

Die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer gesund ist, stützt sich auf seine eigenen Angaben.

Dass beide Beschwerdeführer keiner an COVID-19 zu erkrankenden Risikogruppe angehören stützt sich darauf, dass sie beide an keiner dafür spezifischen Vorerkrankung, wie einer pulmonalen oder kardialen Vorerkrankung, noch an einer Infektion der unteren Atemwege leiden.

Dass beide Beschwerdeführer in Georgien über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, kann anhand ihrer eigenen Angaben festgestellt werden.

Dass beide Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind, gründet sich auf ihre eigenen Angaben, die durch die Einsichtnahme in das Strafregister gestützt werden.

Die Feststellungen in Bezug auf die rund sechsmonatige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet beider Beschwerdeführer, ergibt sich aus den unstrittigen Akteninhalten. Dass sie beide Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nehmen, folgt wiederum aus den eingeholten Auszügen aus dem Grundversorgungssystem.

2.2. Zum Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführer:

Die beiden Beschwerdeführer brachten im Verfahren übereinstimmend vor, dass sie Georgien verlassen und nach Österreich gereist seien, damit dem Erstbeschwerdeführer nach einem Unfall in Österreich medizinisch geholfen werde. Mit diesem Vorbringen machen die beiden Beschwerdeführer jedoch keine exzeptionellen Umstände geltend, dass ihnen im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht.

Die in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen zeigen, dass die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung je nach sozialer Lage kostenlos oder mit Zuzahlungen gewährleistet ist. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlich finanzierten Grundversorgung beteiligt. Dieses staatliche Gesundheitssystem umfasst sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen, wobei die Kosten ganz oder zum Teil übernommen werden und die Kostenübernahme zudem nach dem Einkommen differenziert wird. Für Behandlungskosten, die von den Patienten selbst getragen werden müssen, kann zusätzlich bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden (vgl. Punkt 1.5.8. Medizinische Versorgung). Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die medizinische Versorgung in Georgien diesen Informationen zufolge nicht mit jenem Niveau der medizinischen Versorgung in Österreich vergleichbar ist, allerdings kann diesen Informationen nicht entnommen werden, dass in Georgien der Zugang zu medizinischer Versorgung etwa aufgrund exorbitanter Kosten oder wegen fehlender Medikamenten verwehrt wäre. Ebenso zeigt der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch zu berücksichtigende Umstand, ob der Zugang zu medizinischer Behandlung nicht aufgrund einer damit einhergehenden räumlichen Entfernung zu einer tatsächlichen Unzugänglichkeit führt, nicht auf, dass dies in Georgien der Fall wäre. Daran vermögen auch die vom Erstbeschwerdeführer in das Verfahren eingebrachten medizinischen Befunde etwas ändern. So wird insbesondere im Befund einer Fachärztin für Neurologie vom 16.08.2021 beschreiben, dass der Erstbeschwerdeführer nach seiner bei einem Unfall erlittenen Querschnittslähmung und der bei ihm diagnostizierten Spastik an seinem rechten Unterschenkel im Prinzip austherapiert sei und er im Alltag gut zurechtkomme. Ebenso zeigen die vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten plastisch chirurgischen Befunde, dass sein bei ihm diagnostizierter Dekubitus mit täglichem Verbandswechsel, Spülungen und der Verwendung einer Decu-Matratze versorgt wird (vgl. z.B. Befund des Landeskrankenhauses – Universitätsklinikum XXXX , Universitätsklinik für Chirurgie, vom 28.05.2021). All diesen vom Erstbeschwerdeführer vorlegten medizinischen Befunden ist nicht zu entnehmen, dass der Erstbeschwerdeführer an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die derart gravierend wäre, dass sie seiner Rückkehr nach Georgien entgegenstünde.

Ebenso vermag der in der in der Beschwerde vorgebrachte Einwand, dass dem Erstbeschwerdeführer aufgrund des Fehlen von finanziellen Möglichkeiten und ebenso einer finanziellen Unterstützung durch seine Familie in Georgien, seine Lebensgrundlage entzogen wäre, nicht eine dem Art. 3 widersprechende Behandlung aufzuzeigen. Den Länderinformationen ist zu entnehmen, dass in Georgien ein Sozialsystem mit finanziellen Zuschüssen existiert. Demnach können Familien, die unter der Armutsgrenze leben, in Georgien um Sozialhilfe ansuchen (vgl. Punkt 1.5.7. Sozialhilfen).

Auch das genuine Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers, dass er aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsstaat sowie der Erkrankung seines Bruders den Status eines subsidiär Schutzberechtigten hätte gewährt werden müssen, zeigt im Falle seiner Rückkehr keine reale Gefahr einer Verletzung seiner von Art. 3 EMRK geschützten Rechte auf. Der Zweitbeschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang überhaupt kein substantielles Vorbringen erstattet, sondern sich pauschal darauf berufen, dass eben die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage eine Rückkehr nach Georgien unzulässig machen würden. Damit im Widerspruch hat der Zweitbeschwerdeführer noch in seiner Befragung vor dem Bundesamt ausgeführt, dass er in Georgien keine Probleme habe und er dort noch immer leben würde, hätte er seinem Bruder nicht geholfen (vgl. AS 67).

Dass im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären, ist somit anhand der Länderberichte nicht objektivierbar.

Sonstige außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr entgegenstehen, haben die Beschwerdeführer nicht angegeben und sind auch vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte nicht hervorgekommen.

2.2. Zur maßgeblichen Situation in Georgien

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen, im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien vom 29.03.2021 wiedergegebenen und zitierten Länderberichten. Diese gründen sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal ihnen nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Die unstrittigen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen (s. jeweils mit einer Vielzahl weiterer Hinweise u.a.):

https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html

https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

https://coronavirus.jhu.edu/map.html

https://covid19.who.int/

(Zugriff jeweils am 15.10.2021).

3. Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde der Beschwerdeführer richtet sich ausschließlich gegen die Spruchpunkte mit denen ihnen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht gewährt wurde, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wurde, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung festgestellt wurde, einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde und ihnen keine Frist für ihre freiwillige Ausreise eingeräumt wurde.

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide (Nichtgewährung des subsidiären Schutzes):

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend echte, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr („a sufficiently real risk“) möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Weiters müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).

Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 - mit Verweis auf EGMR vom 05.09.2013, I. vs. Schweden, Nr. 61204/09).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (vgl. EGMR vom 06.02.2001, Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443). Außergewöhnlicher Umstände liegen vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Sie liegen aber auch dann vor, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ausgesetzt zu sein, die zu intensiven Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat aber kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich. Allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. (VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038- mit Verweis auf EGMR vom 13.12.2016, Paposhvili gg Belgien, Nr. Nr. 41738/10).

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden hg. Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 16.3.2021, Ra 2020/19/0324, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder im Allgemeinen kein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und der Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedoch jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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