TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/22 W144 2247511-1

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Veröffentlicht am 22.10.2021
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Entscheidungsdatum

22.10.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W144 2247511-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes Für Fremdenwesen und Asyl, 08.10.2021, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, verließ sein Heimatland im Mai 2021 und begab sich in der Folge über Pakistan, den Iran, die Türkei, Griechenland, Bulgarien, Serbien und Ungarn letztlich am 13.08.2021 nach Österreich, wo er am selben Tag unter der Identität XXXX , XXXX geb., den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zur Person des BF liegt eine Eurodac-Treffermeldung bezüglich Bulgarien vom 19.07.2021 wegen Asylantragstellung vor.

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor der LPD Oberösterreich am 15.08.2021 gab der BF neben seinem Reiseweg lediglich zu Protokoll, dass er in Bulgarien um Asyl angesucht und einen negativen Bescheid erhalten habe. Über den Aufenthalt dort könne er angeben, dass die Situation sehr schlecht gewesen sei, dort hätten sie nichts zu essen bekommen und es habe keine Arbeit gegeben. Wenn er zurückkehren würde, würde man ihn in Bulgarien inhaftieren. In Bulgarien habe er sich ungefähr einen Monat lang in einem Camp aufgehalten.

Das BFA richtete in der Folge am 30.08.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien. Mit Schreiben vom 13.09.2021 akzeptierte Bulgarien dieses Wiederaufnahmeersuchen ausdrücklich auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit d leg. cit. und teilte unter einem die alias Identität XXXX , XXXX geb., unter welcher der BF in Bulgarien aufgetreten ist, mit.

Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 07.10.2021 gab der BF zu Protokoll, dass seine bisherigen Angaben im Verfahren stimmen würden. Dokumente könne er keine vorliegen, seine Originaldokumente befänden sich in Kabul. Er habe einen Vertreter im Asylverfahren, konkret den Migrantenverein. In gesundheitlicher Hinsicht stehe er in ärztlicher Betreuung wegen des Verdachts auf Skabies; diesbezüglich habe er Medikamente erhalten. Befragt nach Verwandten gebe er an, dass er einen Bruder in Irland habe, in Österreich habe er weder Eltern, noch Kinder noch sonstige Verwandte. Er lebe auch mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft; er sei alleine hier. Im Bulgarien habe er um Asyl angesucht, habe jedoch innerhalb von sieben Tagen einen negativen Bescheid erhalten. Insgesamt habe er sich in Bulgarien ca. einen Monat lang aufgehalten, davon sei er 23 Tage in Quarantäne gewesen. Er sei in Bulgarien untergebracht und versorgt worden, doch seien das Essen und die Unterkunft schrecklich gewesen. Er wolle nicht nach Bulgarien zurückkehren, er befürchte, dass er dort bei einer Rückkehr für 18 Monate eingesperrt werden würde. Zu den Länderfeststellungen betreffend Bulgarien wolle er nichts angeben, die Dublin Verordnung sei ihm bekannt.

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 08.10.2021 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

„Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 24.7.2020

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2020; vgl. CoE-SG 19.4.2018, EMN 6.6.2020, SAR o.D.a, SAR o.D.b, UNHCR 9.2019, USDOS 13.3.2020).

(AIDA 2.2020; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2019 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 72%. Davon wurde in 40% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 24% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2020). 2020 gab es in Bulgarien bis 31.5.2020 289 Asylanträge (VB 15.7.2020).

Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von weit verbreiteten sogenannten Pushbacks (AIDA 2.2020; vgl. USDOS 13.3.2020), Gewalt, Diebstählen und erniedrigenden Praktiken gegenüber Migranten und Asylwerbern an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Im August 2019 behaupteten Medienveröffentlichungen, die angeblich interne Quellen der europäischen Grenzkontrollagentur Frontex zitierten, dass die Grenzpolizei Migranten mit Hunden gejagt, geschlagen und über die Grenze zurückgedrängt habe. Die Vorwürfe wurden vom Innenminister dementiert und er erklärte, dass die Grenzschutzbeamten nur dann Gewalt anwenden, wenn die Situation es erfordert (USDOS 13.3.2020).
Es gibt Vorwürfe, dass die bulgarischen Behörden Migranten, die es schaffen bulgarisches Territorium zu betreten, durch- und auch wieder ausreisen lassen, um sich der Verantwortung im Rahmen der Dublin-Verordnung oder der Rückübernahmeabkommen zu entziehen (AIDA 2.2020).

Der Zugang von Asylsuchenden zum bulgarischen Hoheitsgebiet bliebt auch 2019 stark eingeschränkt. Dem Innenministerium zufolge wurden insgesamt 2.495 Drittstaatsangehörige festgenommen, darunter 2.184 neu angekommene Asylwerber. Dies entspricht einem Rückgang von 23% im Vergleich zum 2018. Seit dem 1. Jänner 2017 gibt das Innenministerium die Zahl der verweigerten Einreisen ins Land in seinen öffentlich zugänglichen Statistiken nicht mehr bekannt. 2019 haben 309 Asylsuchende an den Grenzen internationalen Schutz beantragt aber nur 2% von ihnen (d.h. 12 Personen) hatten Zugang zum Asylverfahren. Die restlichen 98% kamen in die Schubhaftzentren des Innenministeriums (AIDA 2.2020).

Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final_en_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes – Rechte und Pflichten (????? ?? ???????????? ?? ???????????? ?? ???????????? ??????? – ????? ? ??????????), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (???????????? ?? ??????), https://aref.government.bg/index.php/bg/node/43, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 24.7.2020

Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden (UNHCR 17.12.2018):

•        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (UNHCR 17.12.2018).

•        Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet (UNHCR 17.12.2018; vgl. BAMF-BMI 5.2019).

•        Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht (UNHCR 17.12.2018).

Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand (UNHCR 17.12.2018). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist (AIDA 2.2020):

•        Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht (AIDA 2.2020).

•        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in einem der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Stellen eines Asylantrags wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt (UNHCR 17.12.2018).

•        Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen (UNHCR 17.12.2018).

•        Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe (UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2020, BAMF-BMI 5.2019).

In der Praxis werden in Sofia ankommende Personen nach der Überstellung unterrichtet, dass sie verpflichtet sind, sich bei der staatlichen Asylbehörde vorzustellen, meist schon am folgenden Tag. Wenn sie dort vorstellig werden, erhalten sie die Entscheidung, dass das Verfahren wiedereröffnet wird zusammen mit der „take-back" Entscheidung (UNHCR 26.3.2019).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird medizinisch bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum „Nadya“, IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BAMF-BMI – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Bundesministerium des Innern (Deutschland) (5.2019): Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylwerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/684878/684880/684924/20138868/21716440/Deutschland___Botschaft_%28Bulgarien%29%2C_Aktuelle_Entwicklungen_zur_Rechtslage_und_Situaton_von_Asylbewerbern_und_anerkannt_Schutzberechtigten_in_Bulgarien%2C_2019.pdf?nodeid=21726048&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (26.3.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/20122890/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland_%28Berlin%29%2C_26%2E03%2E2019%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20149532&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

-        

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 24.7.2020

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2020).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte „Pushbacks“ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (AIDA 2.2020; vgl. BM 2.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BM – Boardermonitoring Bulgaria (2.3.2020): Bulgaria ist not changing its push-back policy at its border to Turkey, https://bulgaria.bordermonitoring.eu/, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

Versorgung

Grundversorgung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2020).

Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2020).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. 2019 wurden 101 Arbeitserlaubnisse für Asylwerber im laufenden Verfahren erteilt; 72 Personen haben danach eine Beschäftigung angenommen. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA 2.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR geschlossen und im Mai 2019 wiedereröffnet. Vrazhdebna wurde mit EU-Mitteln vollständig renoviert (AIDA 2.2019). Die Kapazität der Unterbringungszentren betrug zwischen Ende Dezember 2019 5.330 Plätze (5.190 Plätze in Aufnahmezentren und 140 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2020).

Die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen, einschließlich der Verpflegung für Migranten und Asylwerber sind nach wie vor inadäquat, obwohl die Zahl der nach Bulgarien einreisenden Personen deutlich zurückgegangen ist (AI 16.4.2020). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren bis auf in Vrazhdebna und in der Sicherheitszone für unbegleitete Minderjährige in Voenna Rampa sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter den Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 9.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren außer in Vrazhdebna über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2020).

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im Februar 2017 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA 2.2020), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).

Derzeit sind in Bulgarien 798 Personen untergebracht (Stand 12.7.2020): 276 in geschlossenen Zentren (Auslastung von 39,4%), 375 in offenen Zentren (Auslastung von 7,5%), 147 privat untergebracht (auf eigene Kosten) (VB 15.7.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgiaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html, Zugriff 20.7.2020

-        CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24],

https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        FRA – European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asylwerber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2020).

SAR ist verpflichtet Asylwerber kranken zu versichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2020), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2020; vgl. BTI 29.4.2020; OECD/EO 29.10.2019). In dieser Situation ist spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2020).

Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

-        OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 20.7.2020

D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

[ … ]

-        betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:

Zur Lage im Mitgliedstaat teilten Sie lediglich mit, dass Sie gezwungen wurden Fingerabdrücke abzugeben. Das Essen in der Unterkunft war schrecklich, ebenso wie die Unterkunft selbst.

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben respektive keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen sogenannten Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt; es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin-III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen seht der Heranziehung der Länderfeststellungen zu Bulgarien nichts entgegen; dies aufgrund der Annahme, dass dann - und nur dann - Überstellungen durchgeführt werden, wenn Bulgarien – entsprechend seiner unionsrechtlichen Verpflichtungen, deren durchgehende Einhaltung bis zum Beweis des Gegenteils vorausgesetzt werden kann - für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben.

Die in den Feststellungen zu Bulgarien angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des §5 IFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.

Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des §5 IFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Bulgarien nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese -aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Bulgarien- nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Aus Ihren Angaben sind keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

Zum Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, wonach Ihnen in Bulgarien Schubhaft drohe, ist folgendes anzumerken:

Weder aus den Angaben im Verfahren, noch aufgrund der allgemeinen Lage in Bulgarien haben sich Hinweise ergeben, dass Ihnen in Bulgarien in rechtswidriger Weise eine rechtswidrige Schubhaft oder eine sonstige rechtswidrige Haft drohen würde. Insbesondere ergibt sich weder aus den Feststellungen zu Bulgarien, noch aufgrund sonstiger Erkenntnisse, dass in Bulgarien in rechtswidriger Weise über Asylwerber eine Schub- oder sonstige Haft verhängt wird. Zudem liegen weiters keine Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern in Bulgarien vor. Es liegen auch keine Informationen über Erkenntnisse von Gerichten anderer Mitgliedstaaten vor, wonach Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat der EMRK widersprächen.

Selbstverständlich ist –so wie in jedem europäischen Land- auch in Bulgarien im gesetzlichen Rahmen die Verhängung einer Schubhaft oder sonstigen Haft möglich. Aus Ihren in den Raum gestellten Behauptungen im Verfahren, welche Sie zudem nicht weiter zu substantiieren vermochten und aufgrund des gesamten vorliegenden Sachverhalts ergibt sich jedenfalls kein ausreichender Hinweis, dass Ihnen in Bulgarien in rechtswidriger Weise eine Schubhaft oder Haft droht.

Der Vollständigkeit halber sei weiters darauf hingewiesen, dass es sich im Falle von Bulgarien um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates handelt, bei welchem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang, nicht eintreten wird. Zudem ist weiters darauf hinzuweisen, dass für Sie auch die Möglichkeit besteht, eine tatsächlich verhängte Schubhaft oder Haft oder auch eine sonstige zur Anwendung gebrachte behördliche Zwangsmaßnahme in Bulgarien im Rechtsweg zu bekämpfen, einschließlich der bestehenden Möglichkeit von Verfahren bei den Europäischen Gerichtshöfen. Dass Ihnen die aufgezeigten Rechtswege in Bulgarien und auf Europäischer Ebene verwehrt wären, hat sich im Verfahren jedenfalls nicht ergeben.

Somit bleibt zu der von Ihnen lediglich behaupteten und in Bulgarien drohenden Schubhaft insgesamt festzuhalten, dass sich in diesem Zusammenhang im Verfahren keine ausreichend substantiierten Hinweise auf eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte in Bulgarien ergeben haben.

Was Ihr Vorbringen bezüglich unzureichender Versorgung in Bulgarien betrifft, ist auf die Feststellungen zu Bulgarien hinzuweisen, woraus sich jedenfalls eine unbedenkliche Versorgungslage für Asylwerber in Bulgarien ergibt. Dass Ihnen in Bulgarien erforderliche Versorgungsleistungen für Asylwerber in rechtswidriger Weise vorenthalten werden könnten, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Der in den Feststellungen des gegenständlichen Bescheides angeführten und in Bulgarien gegebenen Versorgungssituation für Asylwerber sind Sie zudem im Verfahren nicht in der Form substantiiert entgegengetreten, dass sich daraus im Falle Ihrer Überstellung nach Bulgarien Hinweise auf eine mögliche Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte in diesem Land ableiten ließen. Die von Ihnen vorgebrachten Versorgungsmängel in Bulgarien stützen sich primär auf Ihre eigenen und unzureichenden Behauptungen, welche in keinster Weise an die oben angeführten Qualitätsstandards der Staatendokumentation des Bundesamtes heranreichen, weswegen den durch die Staatendokumentation erstellten und in den Feststellungen des gegenständlichen Bescheides ersichtlichen Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien ein höheres Gewicht beigemessen wird, als Ihren diesbezüglich nicht weiter konkretisierten Behauptungen. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Umstände geht das Bundesamt daher zweifelsfrei von einer ausreichend gegebenen Versorgungslage für Asylwerber in Bulgarien aus.

Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:

Neben der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates sind für Bulgarien folgende Richtlinien beachtlich:

- - Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) im Hinblick über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes.

- Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) hinsichtlich gemeinsamer Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes.

- Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU) zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, einschließlich der Verpflichtung des Partnerstaates für ausreichende medizinische Versorgung und die Gewährung von ausreichenden materiellen Leistungen an Asylwerbern, welche die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Asylsuchenden gewährleisten. Insbesondere gewährleisten die Mitgliedstaaten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.

Gegen Bulgarien hat die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 226 des EG-Vertrages wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

Insofern ergibt sich aus diesem Umstand –ebenso wie aus dem sonstigen Amtswissen- kein Hinweis, dass Bulgarien die vorstehend angeführten Richtlinien nicht in ausreichendem Maß umgesetzt hätte oder deren Anwendung nicht in ausreichendem Umfang gewährleisten würde. Unter diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ergibt sich in Ihrem Fall kein Hinweis auf eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verletzung Ihrer durch die vorstehend angeführten Richtlinien gewährleisteten Rechte in Bulgarien im Falle Ihrer Überstellung in dieses Land.

[ … ]

………………….ist festzuhalten, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Bulgarien ergeben haben. Weiters ist festzuhalten, dass Sie im Verfahren keine konkreten auf Sie persönlich bezogenen Umstände glaubhaft gemacht haben, die gerade in Ihrem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall Ihrer Abschiebung nach Bulgarien als wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

Unter Beachtung des Aspektes, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander im Sinne einer normativen Vergewisserung (VfGH 17.06.2005, B 336/05) als sichere Staaten für AsylwerberInnen ansehen, was jedenfalls insbesondere auch beinhaltet, dass Art. 3 EMRK gewährleistete Rechte eines Antragstellers in einem Mitgliedsstaat nicht verletzt werden und mangels sonstigem Hinweis darauf, dass dies speziell in Ihrem Fall in Bulgarien nicht gegeben sein könnte, haben sich im Verfahren weder Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts, noch für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen durch das Bundesamt zur allgemeinen und zu Ihrer besonderen Lage in Bulgarien ergeben.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Bulgarien mit Schreiben vom 13.09.2021 ausdrücklich bereit erklärt hat, Sie im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin Verordnung zur Prüfung Ihres Asylantrages zu übernehmen und es kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen der Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Bulgarien kann daher auch nicht erwartet werden.“

Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Auch die Voraussetzungen für ein Vorgehen im Sinne von Art. 16 oder Art. 17 Abs. 2 leg. cit. seien nicht erfüllt und stelle die Ausweisung des BF mangels familiärer Bezüge sowie angesichts der bloß kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet keinen ungerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.

Dieser Bescheid wurde dem in Schubhaft befindlichen BF am 08.10.2021 persönlich übergeben, ebenfalls am 08.10.2021 unterfertigte dieser einen „Rechtsmittelverzicht“; eine rechtswirksame Zustellung an den gewillkürten Vertreter des BF (-die Vollmachtsanzeige an das BFA erfolgte bereits am 09.09.2021, Aktenseiten 89 und 91) erfolgte jedoch erst am 11.10.2021.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 13.10.2021, in welcher der BF im Wege seiner nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung zunächst geltend machte, dass der von ihm am 08.10.2021 unterfertigte Rechtsmittelverzicht rechtsunwirksam sei, da ein solcher Beschwerdeverzicht erst nach rechtswirksame Zustellung der Entscheidung erfolgen könne. Dem damaligen Vertreter des BF sei der angefochtene Bescheid jedoch erst am 11.10.2021 rechtswirksam zugestellt worden. Überdies liege ein Willensmangel vor, da sich aus der Niederschrift eindeutig ergebe, dass der BF mit seiner Überstellung nach Bulgarien nicht einverstanden gewesen sei.

In inhaltlicher Hinsicht führte der BF aus, dass die Allgemeinsituation in Bulgarien für Asylsuchende im Hinblick auf Unterbringung, Versorgung und der Gefahr einer Kettenabschiebung unzureichend sei und im Falle einer Rückverbringung des BF nach Bulgarien eine Verletzung seiner Rechte gemäß der EMRK drohe. Sein Asylantrag sei in Bulgarien in einem Schnellverfahren negativ abgeschlossen worden, er habe in Bulgarien keinen effektiven Rechtsschutz erhalten, mehrere Mitgliedstaaten hätten bereits die Überstellungen nach Bulgarien ausgesetzt.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang sowie der ebenfalls eingangs dargestellte Reiseweg des BF.

Besondere, in der Person des Antragstellers gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Beim BF besteht in gesundheitlicher Hinsicht der Verdacht auf Skabies, er wird diesbezüglich medikamentös behandelt.

Der BF gehört im Übrigen als junger Mann keiner vulnerablen Personengruppe an.

Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären Anknüpfungspunkte Es bestehen auch keine Abhängigkeiten oder Beziehungen zu sonstigen Personen.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zum Reiseweg des BF und zu seiner Asylantragstellung in Bulgarien ergeben sich aus den Akten des BFA, insbesondere dem entsprechenden EURODAC-Treffer und dem darin befindlichen Vorbringen des BF.

Ebenfalls aus seinem Vorbringen ergeben sich die Feststellungen zu seinem gesundheitlichen Zustand und seinen nicht vorhandenen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien auch Feststellungen zur bulgarischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf „Dublin-Rückkehrer“) samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.

Soweit in der Beschwerde gerügt wird, dass sich aus allgemeinen Berichten (u.a. ECRE/AIDA 2019, SFH August 2019, UNHCR Oktober 2019) ein kritisches Bild zur Unterbringungs- und Versorgungslage für Asylsuchende und Schutzberechtigte in Bulgarien ergibt, ist entgegenzuhalten, dass zum einen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen deutlich jüngeren Datums und damit aktueller sind, und zum anderen sich auch das BFA mit der kritischen Berichtslage (UNHCR, AIDA, AI, etc.) auseinandergesetzt hat.

Im Hinblick auf den Einwand, dass sich aus einem aktuellen ECRE Bericht vom Jahr 2021 ergebe, dass die Anerkennungsraten in Bulgarien sehr gering seien und unter dem EU-Durchschnitt lägen, ist zu entgegnen, dass allein aus einer geringeren Anerkennungsrate kein Schluss auf systemische Mängel im bulgarischen Asylverfahren gezogen werden kann.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF auten:

„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 FPG 2005 idgF lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates („Dublin III-VO“) anzuwenden:

„Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG.“

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

„KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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