TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/9 W232 2247091-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.2021
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Entscheidungsdatum

09.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W232 2247091-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien alias Bulgarien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2021, Zl. 1278106200-210652130, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht verifizierbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde am 16.05.2021 wegen der Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen festgenommen.

2. Am 18.05.2021 wurde ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingeleitet.

3. Am 19.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Verständigung von der Beweisaufnahme (beabsichtigte Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot) mit der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme ausgehändigt. Der Beschwerdeführer brachte keine Stellungnahme ein.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2021 (RK XXXX 2021), wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 4.Fall und Abs. 2, 148 2.Fall StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 9 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

5. Am 20.08.2021 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Die Einvernahme konnte in deutscher Sprache durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen an, dass er das erste Mal im Jahr 2017 als Tourist nach Österreich eingereist sei und dann alle drei Monate wieder zurück nach Serbien gereist sei. Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin bestehe seit vier Jahren, sie hätten sich über das Internet kennengelernt. Er wolle bei seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin in Österreich bleiben. In Serbien könne er nicht arbeiten, es gebe dort nichts und man verdiene auch nicht genug Geld. Zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er dankbar sei, so eine geringe Strafe bekommen zu haben und er auch nichts mehr machen werde. Am Ende der Einvernahme fügte der Beschwerdeführer zusammengefasst hinzu, dass er einen Fehler gemacht habe und er sein Leben wie ein ganz normaler Mensch führen wolle.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde zu Spruchpunkt II. im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom Beschwerdeführer ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Der Beschwerdeführer habe zwei Kinder und eine Lebensgefährtin in Österreich. Aufgrund der familiären Konstellation des Beschwerdeführers sei von der Verhängung eines Einreiseverbotes Abstand genommen worden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit für den Beschwerdeführer vom Ausland aus einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel zu stellen. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers (vielfache strafbare Handlungen) überwiege in einer Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, das öffentliche Interesse an der Erlassung einer Rückkehrentscheidung seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.

7. Gegen diesen Bescheid wurde gegen die Spruchpunkte II.-IV. Beschwerde erhoben. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin bereits verlobt sei und enge Kontakte zu seinen Kindern pflege. Er wohne mit ihnen im gemeinsamen Haushalt und sowohl die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als auch seine Kinder seien österreichische Staatsbürger. Selbst eine kurzfristige Trennung stelle im vorliegenden Fall eine Verletzung des Kindeswohls dar. Der Beschwerdeführer habe auch zu seinem Vater, der ebenfalls in Österreich lebe, engen Kontakt und besuche ihn regelmäßig mit seinen Kindern. Somit verfüge der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Familien- und Privatleben. Zudem spreche der Beschwerdeführer einwandfrei Deutsch und habe nahezu keine Kontakte mehr nach Serbien. Die belangte Behörde habe die herangezogenen Beweismittel nicht nachvollziehbar gewürdigt. Das Strafurteil des Beschwerdeführers sei lediglich abgedruckt worden, jedoch seien die Milderungsgründe und der Tathergang nicht berücksichtigt worden und fehle eine Begründung in Bezug auf die behauptete vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger, führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und aufgewachsen. Er verfügt über keine Berufsausbildung, kann jedoch nach eigenen Angaben spachteln und malen. Der Beschwerdeführer spricht Serbisch, Rumänisch und Deutsch.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitz eines zum längeren Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitels oder Visums. Der Beschwerdeführer geht keiner legalen Arbeit nach und wird durch Familienmitglieder finanziell unterstützt. Der Beschwerdeführer lebt während seiner Aufenthalte in Österreich mit seiner Verlobten und zwei gemeinsamen Kindern (jeweils geboren 2019 und 2020) in einem Haushalt. Die Verlobte des Beschwerdeführers sowie die Kinder sind österreichische Staatsbürger. Der Beschwerdeführer hat weitere Verwandte, insbesondere seine Eltern, in Österreich. Zu seiner Mutter hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint eine rechtskräftige Verurteilung auf: Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2021 (RK XXXX 2021), wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 4.Fall und Abs. 2, 148 2.Fall StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 9 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG 2005 unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage unbedenklicher Personaldokumente fest.

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer selbst keine Umstände dargelegt hat, die auf eine Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit schließen ließen.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers, seiner mangelnden Berufsausbildung und zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich, gründen auf seinen eigenen Angaben im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und auf den im Akt einliegenden Unterlagen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das österreichische Strafregister und den im Akt einliegenden Urteil des Landesgerichtes XXXX .

Der Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Serbien beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Da der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt und auch aufgrund seiner persönlichen Umstände als gesunder Mann im arbeitsfähigen Alter kann nicht erkannt werden, dass dieser im Herkunftsstaat potentiell einer maßgeblichen Gefährdungslage ausgesetzt sein würde. Auch von Amts wegen ergibt sich kein Hinweis auf das mögliche Vorliegen einer im Fall einer Abschiebung drohenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers. Sollte der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Serbien nicht mit familiärer Unterstützung rechnen können, so kann er auf Sozialhilfeleistungen zurückgreifen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG 2005 und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG 2005.

Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs. 1a FPG 2005 nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs. 1 FPG 2005 vorliegt. Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 halten Fremde sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex lautet:

„Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:

i) Es muss mindestens noch drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültig. In begründeten Notfällen kann von dieser Verpflichtung abgesehen werden.

ii) Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates ( 1 ) vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder eines gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.“

Auf Grund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers und der Überschreitung der erlaubten visumfreien Aufenthaltsdauer sind die Einreisevoraussetzungen im Sinne der zuvor genannten unionsrechtlichen Bestimmungen nicht erfüllt, weshalb sich der Aufenthalt als unrechtmäßig erweist.

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Ausweisung, nicht erst deren Vollzug einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt (vgl. die bei Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S 344 zitierte Judikatur des VfGH).

Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 5.12.2018, Ra 2018/20/0371, mwN).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.4.2018, Ra 2018/18/0187; 6.9.2017, Ra 2017/20/0209; 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072; 20.6.2017, Ra 2017/22/0037, jeweils mwN).

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen und ist abzulehnen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10). In solchen Konstellationen wiegt das öffentliche Interesse besonders schwer, zumal von den beteiligten nicht von einem rechtmäßigen Verbleib in Österreich ausgegangen werden konnte (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0683 mit Hinweis auf VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235 mwN; 14.11.2017, Ra 2017/21/0207).

Der Beschwerdeführer wurde in Serbien geboren und wuchs dort auf. Er reiste ab dem Jahr 2017 als Tourist regelmäßig für Familienbesuche nach Österreich ein und lebte zuletzt in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit seiner Verlobten und den beiden leiblichen Kindern. Soweit in der Beschwerde darauf verwiesen wird, dass der Beschwerdeführer eine enge Beziehung zu seinen Kindern führe, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich nie über ein Aufenthaltsrecht verfügt hat und sich daher nie durchgehend bei seiner Familie aufhalten durfte. Die Intensität des Familienlebens des Beschwerdeführers war somit von den immer wiederkehrenden vorübergehenden räumlichen Trennungen geprägt. Der gemeinsame Wohnsitz mit seiner Verlobten und den Kindern wurde zudem zu einem Zeitpunkt begründet, als sich der Beschwerdeführer (und seine Verlobte) seines Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer hat in Österreich kein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK entwickelt. Er hat sich bisher nicht darum bemüht einen Aufenthaltstitel nach fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu erlangen. Der Beschwerdeführer spricht zwar gut Deutsch und lebt bei seinen Besuchen im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt mit seiner Familie. Abgesehen davon, dass er Deutsch spricht, Zeit mit seinen Kindern und seiner Verlobten verbringt und auch seinen Vater besucht, brachte der Beschwerdeführer keine weiteren sozialen Bindungen und Integrationsbemühen in Österreich vor. In Anbetracht der strafgerichtlichen Verurteilung kann zudem von einer besonderen sozialen Verfestigung im Bundesgebiet nicht gesprochen und auch im Hinblick auf die erst vor Kurzem erfolgte Verurteilung des Beschwerdeführers keine positive Zukunftsprognose getroffen werden.

Nach Art. 9 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes haben die Vertragsstaaten sicherzustellen, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, außer dies ist zum Wohle des Kindes notwendig. Gemäß § 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen. Art. 7 BVG Kinderrechte enthält allerdings einen materiellen Gesetzesvorbehalt, der jenem des Art. 8 Abs. 2 EMRK aufs Wort gleicht: „Eine Beschränkung der in den Artikeln l, 2, 4 und 6 dieses Bundesverfassungsgesetzes gewährleisteten Rechte und Ansprüche ist nur zulässig, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist." Es ist daher eine entsprechende Interessensabwägung vorzunehmen.

Erstmals benannte der EGMR im Urteil Üner (Üner gegen die Niederlande vom 18. Oktober 2006) das Kindeswohl als eigenständiges Kriterium der Interessensabwägung. In diesem Urteil wurde das Kindeswohl (als untergeordnetes Element) sowie das sehr stark ausgeprägte Privat- und Familienleben des Vaters (noch) von den ebenfalls sehr gewichtigen öffentlichen Interessen an einem Aufenthaltsverbot überwogen. Im Urteil Rodrigues da Silva und Hoogkamer überwog das explizit genannte Kindeswohl die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung. Aus diesen Urteilen ist erkennbar, dass der EGMR in zunehmender Intensität die Bedeutung der Beziehung zwischen Kindern und dem Elternteil, welches die wichtigste Bezugsperson für diese ist, für das Kindeswohl anerkannt hat. Mit den Urteilen Nunez (Urteil vom 28. Juni 2011, Nunez gegen Norwegen, Nr. 55597/09 und Udeh (Urteil vom 16. April 2013, Udeh gg. Schweiz, Nr. 12020/09) hat der EGMR inzwischen hervorgehoben, dass es für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist, mit beiden Elternteilen aufzuwachsen. Gleichzeitig wurde das Recht des Beschwerdeführers auf ein gemeinsames Leben (mit der Kernfamilie) als eines der grundlegenden Aspekte des Rechtes auf Achtung des Familienlebens hervorgehoben. In einer Gesamtbetrachtung in der das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, tritt jedoch die Frage, ob das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist (bzw. das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde), in dem der Aufenthalt eines Elternteils unsicher war, in den Hintergrund (vgl. dazu Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, in: MIGRALEX, 03/2013, 71).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine Trennung von einem österreichischen oder in Österreich dauerhaft niedergelassenen Ehepartner alleine wegen eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Ergebnis nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (Hinweis E 20. Oktober 2016, Ra 2016/21/0271).

Im vorliegenden Fall überwiegen die öffentlichen Interessen an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers und seiner Familie am Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich, zumal der Beschwerdeführer von Anfang an beabsichtigte, die Regelungen über eine geordnete Zuwanderung zu umgehen. Der Beschwerdeführer und seine Verlobte waren sich ihrer jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Stellung zum Zeitpunkt der Begründung der familiären Beziehungen bewusst und konnten dadurch nicht darauf vertrauen, ihr gemeinsames Familienleben künftig in Österreich führen zu können.

Auch wenn dem Kindeswohl ein hoher Stellenwert zukommt, kann auch aus der UN- Konvention über die Rechte des Kindes vom 26.01.1990 (Kinderrechtskonvention) nicht abgeleitet werden, dass die Berücksichtigung des Kindeswohls so weit geht, dass sich Beschwerdeführer im Wissen um ihren unsicheren Aufenthalt den bevorzugten Mitgliedstaat frei wählen können. Im konkreten Fall wird dem Kindeswohl dadurch Rechnung getragen, dass die Kinder von ihrer Mutter versorgt werden. Die Verlobte des Beschwerdeführers und die Kinder sind vom Beschwerdeführer finanziell unabhängig. Ihr Unterhalt und ihre Wohnmöglichkeit wurde durch die Ausreise des Beschwerdeführers nicht gefährdet. Vor diesem Hintergrund ist es dem Beschwerdeführer für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahren zumutbar den Kontakt zu seiner Familie zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie auch durch persönliche Besuche aufrechtzuerhalten, zumal im gegenständlichen Verfahren kein Einreiseverbot verhängt wurde bzw. auch die Familie den Beschwerdeführer in Serbien besuchen kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt die Trennung einer Mutter von ihrem neu geborenen Kind mit Asylstatus in Österreich aufgrund der Möglichkeit von Besuchen (von der Ukraine aus) während des ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens als gerechtfertigt angesehen (VwGH, 05.03.2020, Ra 2019/19/0524).

Der Beschwerdeführer weist zudem eine strafgerichtliche Verurteilung vom XXXX .2021 auf und befand sich von 16.05.2021 bis 16.08.2021 in Haft in Österreich. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betonte zu Recht, dass der Beschwerdeführer durch sein strafrechtswidriges Verhalten eine etwaige Trennung von seinen Familienmitgliedern bzw. eine mögliche Einschränkung des Kontakts zu seinen Familienangehörigen bewusst in Kauf nahm.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Demzufolge war die Beschwerde in diesem Spruchpunkt als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG 2005 ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG 2005 ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG 2005 ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Serbien nicht.

Serbien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV) als sicherer Herkunftsstaat.

In einer Gesamtbetrachtung ist nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung nach Serbien in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würden, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem erwachsenen Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Serbien möglich ist. Der Beschwerdeführer hat nicht detailliert und konkret dargelegt, dass exzeptionelle Umstände vorliegen, die ein reales Risiko einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten. Der Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat erfolgte demnach zu Recht.

Im Ergebnis war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides daher ebenfalls unbegründet.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG 2005 wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 leg.cit. 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, jene Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist zur freiwilligen Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden (§ 55 Abs. 3 leg.cit.).

Da derartige Umstände von dem Beschwerdeführer nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt.

Im Ergebnis war somit die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

gesundheitliche Beeinträchtigung individuelle Verhältnisse Interessenabwägung Kindeswohl mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W232.2247091.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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