TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/17 W147 2225061-1

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Veröffentlicht am 17.11.2021
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Entscheidungsdatum

17.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W147 2225061-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertretung XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1. Oktober 2019, Zl. 750349903/190461239, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2021, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation sowie § 57 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2021, § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, und § 46 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, § 55 Abs. 1 bis 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste im Jahr 2005 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte dessen Mutter als gesetzliche Vertretung am 14. März 2005 für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. März 2006, Zahl: 05 03.499-BAT, wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten im Wege des Familienverfahrens, abgeleitet von seiner Mutter, diese wiederum abgeleitet von ihrem Ehegatten, gewährt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zahl: XXXX , rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. In Einem wurde mit Beschluss gemäß §§ 50, 52 StGB für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet.

4. Mit Aktenvermerk vom 7. Mai 2019 folgerte die belangte Behörde aus der Verurteilung des Beschwerdeführers, dass sich aus der Analyse der Staatendokumentation nach § 3 Abs. 4a AsylG Anhaltspunkte ergeben würden, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung infolge Wegfalls der Umstände, die zur Zuerkennung geführt hätten, infolge geänderter Verhältnisse im Herkunftsstaat im Sinne einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Flucht maßgeblich gewesen seien, nicht mehr vorliegen würden.

Die Zuerkennung sei vor mehr als fünf Jahren erfolgt und liege Straffälligkeit vor, weshalb die Frist von fünf Jahren nicht zu berücksichtigen sei. Somit sei von der Erfüllung des Tatbestands des § 7 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG auszugehen.

5. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich seines Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG eingeleitet worden sei.

6. Am 12. Juni 2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein seiner Mutter als gesetzliche Vertreterin in der deutschen Sprache zum Aberkennungsverfahren niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, dass seine Muttersprache Tschetschenisch sei. Außerdem spreche er Russisch und Deutsch und wolle der Beschwerdeführer die Einvernahme in der deutschen Sprache abhalten. Mit seiner Mutter kommuniziere der Beschwerdeführer in der tschetschenischen Sprache. Er sei gesund, müsse keine Medikamente einnehmen und könne auch arbeiten gehen.

Zu seinem Lebenslauf führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Polen geboren sei und die russische Staatsbürgerschaft habe. Er habe sich niemals in der Russischen Föderation aufgehalten und lebe der Beschwerdeführer seit 2005 in Österreich. Hier habe er fünf Jahre die Volksschule besucht und im Anschluss vier Jahre die Hauptschule. Er sei nun in der vierten Klasse in Wien. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe keine Kinder und wohne gemeinsam mit seiner Mutter und vier Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt. Ein weiterer Bruder sei ausgezogen und wohne in einer anderen Wohnung. Sein Vater sei nicht in der gemeinsamen Wohnung gemeldet, sondern im XXXX , wohne jedoch bei seiner Familie. Der Beschwerdeführer habe eine Cousine in Deutschland. Welche weiteren Verwandten in der Russischen Föderation leben würden, wisse der Beschwerdeführer nicht.

Befragt, gab die Mutter des Beschwerdeführers an, dass ihre Mutter und eine Tante in XXXX wohnhaft seien. Auch die Geschwister und Eltern des Vaters würden in Tschetschenien leben. Sie habe telefonischen Kontakt zu den Verwandten. Gesehen habe die Mutter des Beschwerdeführers ihre Verwandten das letzte Mal vor ihrer Ausreise aus dem Heimatland im April des Jahres 2004.

Zu den Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers befragt, antwortete dieser, dass er keine konkreten Befürchtungen habe. Es würde ihm leid tun, wenn er Österreich verlassen müsste und kenne er nicht viele Personen in der Russischen Föderation. Zu den Straftaten gab der Beschwerdeführer an, dass er Kronenzeitungskassen aufgebrochen und das Geld gestohlen habe. Er habe seine Eltern nicht nach Geld fragen wollen und seien sie so leicht an Geld gekommen. Zu einer Anzeige wegen des Verdachts nach § 12, § 142 StGB angesprochen, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass unbekannte Jugendliche auf einem Aussichtsturm Gegenstände in Brand gesetzt hätten. Ein Freund des Beschwerdeführers habe mit diesen Jugendlichen Streit anfangen wollen. Dann sei die Polizei gekommen. Der Beschwerdeführer habe keine Straftat begangen.

Auf Nachfrage an die Mutter des Beschwerdeführers, aus welchem Grund sie Asyl erhalten habe, gab diese an, dass in Tschetschenien Krieg geherrscht habe. Deswegen habe sie im Jahr 2005 Asyl im Familienverfahren erhalten.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zahl: XXXX , rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

8. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. März 2006, Zahl: 05 03.499-BAT, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.).

Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Unter Spruchpunkt VII. wurde gemäß § 53 Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Nach allgemeinen Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation und nach Wiedergabe des Verfahrensganges hielt die belangte Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen fest, dass einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe eingetreten sei. Die Umstände, aufgrund deren der Fremde als Flüchtling anerkannt worden sei, würden nicht mehr bestehen und kann es der Beschwerdeführer nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen. Der Beschwerdeführer habe auch auf Nachfragen des Organwalters nichts vorgebracht, was eine aktuell vorliegende Gefährdung des Beschwerdeführers annehmen ließe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers biete auch keinen Hinweis darauf, dass wohlbegründete Furcht aus einem in der GFK genannten Gründe aktuell bestehe.

Bei dem Beschwerdeführer handle es sich um einen arbeitsfähigen Mann, der in der Lage wäre für sich selbst zu sorgen bzw. auf die Unterstützung seiner Verwandten zurückgreifen könne.

In Bezug auf das Familienleben des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde in ihrer Entscheidung aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines langen Aufenthalts, der im Bundesgebiet lebenden Angehörigen sowie der hier absolvierten Schulausbildung zweifellos hohe persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet habe. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben sei insofern gerechtfertigt, als bei der Abwägung der privaten und familiären Interessen mit jenen der Öffentlichkeit zu Gunsten der Allgemeinheit und zur Sicherung des rechtskonformen Miteinanders zu beurteilen sei, weil der Beschwerdeführer zweimal rechtskräftig verurteilt worden sei. Bei der letzten Verurteilung sei besonders erschwerend zu bemessen, dass er eine einschlägige Vorstrafe habe, sich das Zusammentreffen von einem Verbrechen und Vergehen ereignet habe und der Beschwerdeführer innerhalb offener Probezeit rückfällig geworden sei.

Bei der Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher die von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbots in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehend schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

9. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 2. Oktober 2019 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der „Verein Menschrechte Österreich, Alser Straße 20/5 (Mezzanin), 1090 Wien“ als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

10. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht durch seine Rechtsvertretung verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid und focht diesen zur Gänze wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften an.

11. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 4. November 2019 langte am 5. November 2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

12. Am 25. November 2019 langte die Verständigung der zuständigen Landespolizeidirektion von einer Amtshandlung gegen einen Fremden bezüglich des Verdachts nach § 125 StGB bei der belangten Behörde ein.

13. Mit E-Mail vom 10. Februar 2020 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer seit 7. Februar 2020 in Untersuchungshaft befinde.

14. Am 11. März 2020 langte eine Verständigung der Behörde der Staatsanwaltschaft von der Anklageerhebung wegen § 142 Abs. 1 StGB, §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB, § 125 StGB bei der belangten Behörde ein. Das Ermittlungsverfahren wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB wurde unter Vorbehalt eingestellt.

15. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zahl: XXXX , rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 22 Monaten verurteilt.

16. Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung langte per E-Mail vom 12. Oktober 2021 ein Schreiben seines Bewährungshelfers beim Bundesverwaltungsgericht ein, demzufolge es im Wesentlichen in den letzten Monaten gehäuft zu Fehlterminen gekommen sei und an einer Tagesstruktur und Arbeitsabläufe des Beschwerdeführers gearbeitet werde.

17. Am 12. Oktober 2021 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit der Mutter des Beschwerdeführers und einer Dolmetscherin für die russische Sprache – der Beschwerdeführer wurde via Videokonferenz aus der zuständigen Justizanstalt zugeschaltet - eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Familien- und Privatleben, seinem Gesundheitszustand, seinen Verurteilungen, zu seinen Rückkehrbefürchtungen sowie zu allfälligen Integrationsaspekten befragt wurde. Die belangte Behörde blieb der Beschwerdeverhandlung unentschuldigt fern.

Die Mutter des Beschwerdeführers gab am Ende der mündlichen Beschwerdeverhandlung formell an, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation einen nahen Verwandten habe, dieser dort wohnhaft sei und sie mit diesem Kontakt aufgenommen habe. Der nahe Verwandte des Beschwerdeführers habe sich bereit erklärt, den Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr zu unterstützen.

18. Am 20. Oktober 2021 langte eine Verständigung über die voraussichtliche Entlassung des Beschwerdeführers mit 30. November 2021; 08:00 Uhr, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Verwaltungsakte der belangten Behörde und der herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der mündige, minderjährige Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig sowie muslimischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2005 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14. März 2005, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, einen Asylantrag.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. März 2006, Zahl: 05 03.499-BAT, wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten im Wege des Familienverfahrens, abgeleitet von seiner Mutter, diese wiederum abgeleitet von ihrem im Jahr XXXX geborenen Sohn, der seinen Status von seinem Vater abgeleitet hatte, gewährt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.2. In Österreich leben die Mutter, der Stiefvater und fünf Geschwister des Beschwerdeführers. Vor seiner Inhaftierung hat der Beschwerdeführer bei seiner Familie gelebt.

Gegenwärtig befindet sich der Beschwerdeführer in Strafhaft und ist das voraussichtliche Entlassungsdatum mit 30. November 2021; 08:00 Uhr, festgesetzt.

Zu keinem der genannten Angehörigen liegt ein persönliches oder finanzielles Abhängigkeitsverhältnis vor.

1.3. Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Volksschule und die Hauptschule besucht. Eine weitere Berufsausbildung hat der Beschwerdeführer nicht begonnen und war während seines Aufenthalts von 16 Jahren für kurze Zeiträume beschäftigt. Sonst lebte er von sozialen Transferleistungen des Staates.

Darüber hinaus konnten trotz des langen Aufenthalts des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet keinerlei nachhaltigen Integrationsschritte seitens des Beschwerdeführers festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse und spricht neben Tschetschenisch auch Russisch.

1.4. Der Beschwerdeführer leidet unter keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung.

1.5. Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet wiederholt straffällig und scheinen folgende Verurteilungen im Strafregisterauszug auf:

XXXX

1.6. Der Beschwerdeführer hat sich in keinen Vereinen betätigt, ist keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen und verfügt naturgemäß über soziale Anknüpfungspunkte in Österreich in Form eines Freundeskreises, wobei das Bestehen enger Bindungen nicht hervorgekommen ist.

1.7. Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.8. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund der Angehörigeneigenschaft zu seinem Vater keiner Verfolgung durch die Behörden seines Herkunftsstaates ausgesetzt.

Ein derartiges Risiko besteht weder im Nordkaukasus, noch in anderen Landesteilen der Russischen Föderation. Der Beschwerdeführer hat nie im Herkunftsstaat gelebt und war nie einer individuellen Verfolgung ausgesetzt.

1.9. Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschetschenien respektive in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, zudem spricht er zumindest grundlegend Russisch. Der Beschwerdeführer, welcher in Polen geboren wurde und noch nie in der Russischen Föderation war, leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Im Herkunftsland verfügt der Beschwerdeführer über einen nahen Verwandten, der sich ausdrücklich bereit erklärt hat, den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zu unterstützen, sowie weitere Verwandte, die ihn anfänglich unterstützen können. Darüber hinaus könnte er von seinen in Österreich lebenden Verwandten Unterstützungsleistungen erfahren.

2.0. Hinsichtlich der relevanten Situation in der Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, wird zunächst prinzipiell auf die im Akt einliegenden Länderfeststellungen verwiesen (Länderinformation der Staatendokumentation Russische Föderation Stand 17. Juni 2021, Version 3).

Zur aktuellen politischen und menschenrechtlichen Situation in der Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, werden insbesondere folgende Feststellungen getroffen:

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung: 18.05.2021

Hinweis:

Die Länderinformationen gehen nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19- Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst-Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit immer noch schwer einschätzbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf das COVID-Kapitel der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19-Lage hingewiesen werden.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://ww w.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der Johns-Hopkins-Universität:

https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

Da es sich bei den Nordkaukasus-Republiken (z.B. Tschetschenien, Dagestan) um Subjekte der Russischen Föderation handelt, werden diese nicht mehr in eigenständigen Länderinformationen abgehandelt, sondern in diese Länderinformation zur Russischen Föderation (RUSS COI-CMS) integriert. Wo es Unterschiede gibt, wurden Unterkapitel zu den einzelnen Subjekten bzw. in zusammenfassender Form zum Nordkaukasus geschaffen.

Zu Inguschetien werden - auch nach Absprache mit dem BVwG - keine Informationen mehr ins RUSS COI-CMS übernommen, da die Anzahl an Asylwerbern zu gering ist. Sollten Sie Informationen zu Inguschetien benötigen, ist eine konkrete Anfrage an die Staatendokumentation zu stellen.

In Bezug auf das Kaukasus-Emirat ist zu sagen, dass es momentan nicht ganz klar ist, ob es in der Praxis überhaupt noch existiert und falls ja, ob es einen neuen Anführer hat oder nicht. Dies scheint aber auch nicht das Wichtigste zu sein, da Kadyrows Kräfte und die russischen Sicherheitsbehörden jegliche dschihadistische Anhänger ins Visier nehmen und sie keinen Unterschied machen, unter welcher Flagge ein Islamist kämpft.

Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs. 4a AsylG

Letzte Änderung: 18.05.2021

Erläuterung

Bei der Erstellung der vorliegenden Länderinformation wurde die im § 3 Abs 4aAsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse „wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die in der vorliegenden Länderinformation verwendeten Informationen mit jenen in der vorhergehenden Länderinformation abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch die Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Verbesserung i.S. § 3 Abs. 4a AsylG

 

Titel

Kapitel

Ein Vergleich der Informationen zu asylrelevanten Themengebieten in der vorliegenden Länderinformation mit jenen der vormals aktuellen Länderinformation hat ergeben, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in der Russischen Föderation gekommen ist.

Covid-19-Situation

Letzte Änderung: 18.05.2021

Russland ist von Covid-19 landesweit stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind Moskau und St. Petersburg (AA 15.2.2021). Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO ( https://covid19.who.int/region/euro/country/ru ). Die Regionalbehörden in der Russischen Föderation sind für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zuständig, beispielsweise betreffend Mobilitätseinschränkungen, medizinische Versorgung und soziale Maßnahmen (RAD 15.2.2021; vgl. CHRR 12.3.2021). Die Maßnahmen der Regionen sind unterschiedlich, richten sich nach der epidemiologischen Situation in der jeweiligen Region und ändern sich laufend (WKO 9.3.2021; vgl. AA 15.2.2021). Es herrscht eine soziale Distanzierungspflicht für öffentliche Plätze und öffentliche Verkehrsmittel. Der verpflichtende Mindestabstand zwischen Personen beträgt 1,5 Meter (WKO 9.3.2021).

Die regierungseigene Covid-19-Homepage gibt Auskunft über die vom russischen Gesundheitsministerium empfohlenen Covid-19-Medikamente, nämlich Favipiravir, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir, rekombinantes Interferon-beta-1b und Interferonalpha, Umifenovir, Tocilizumab, Sarilumab, Olokizumab, Canakinumab, Baricitinib und Tofaciti- nib. Der in Moskau entwickelte Covid-19-Krankenhausbehandlungsstandard umfasst folgende vier Komponenten: Antivirale Therapie, Antithrombose-Medikation, Sauerstoffmangelbehebung und Prävention/Behandlung von Komplikationen. Auf Anordnung des Arztes wird Patienten ein Pulsoxymeter ausgehändigt (Gerät zur Messung des Blutsauerstoffsättigungsgrades). Die medizinische Covid-Versorgung erfolgt für die Bevölkerung kostenlos (CHRR o.D.a). Folgende Impfstoffe wurden in der Russischen Föderation entwickelt: Gam-COVID-Vac (’Sputnik V’), EpiVacCorona, CoviVac und Ad5-nCoV (CHRR o.D.b). Mittlerweile sind in der Russischen Föderation drei heimische Impfstoffe zugelassen (Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVac). Groß angelegte klinische Studien gibt es bisher nicht (DS 20.2.2021; vgl. RFE/RL 21.2.2021). Impfungen erfolgen kostenlos (Mos.ru o.D.). In Moskau wurden bisher mehr als 700.000 Personen geimpft (Mos.ru 8.3.2021). Obwohl Russland als weltweit erstes Land seinen Covid-Impfstoff Sputnik V registrierte, haben die Impfungen effizient gerade erst begonnen (DS 12.2.2021). Bisher wurden in der Russischen Föderation in etwa 2,2 Millionen Personen (ca. 1,5% der Bevölkerung) geimpft bzw. erhielten zumindest eine der zwei Teilimpfungen (RFE/RL 21.2.2021). Für die Einreise nach Russland wird grundsätzlich ein COVID-19-Testergebnis (PCR) benötigt. Russische Staatsbürger müssen bei der Grenzkontrolle keinen COVID-Test vorlegen, dieser muss jedoch spätestens drei Tage nach der Einreise nachgeholt werden. Russische Staatsbürger, die nach der Einreise ein positives Testergebnis erhalten, müssen sich in Quarantäne begeben. Die Ausreise aus Russland ist bis auf unbestimmte Zeit eingeschränkt und nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die internationalen Flugverbindungen wurden teilweise wieder aufgenommen. Direktflüge zwischen Österreich und Russland werden derzeit ein- bis zweimal wöchentlich von Austrian Airlines und Aeroflot angeboten. Russische Inlandsflüge wurden während der ganzen Pandemiezeit aufrecht erhalten (WKO 9.3.2021). Der internationale Zugverkehr - mit Ausnahme der Strecke zwischen Russland und Belarus - und der Fährverkehr sind eingestellt (AA 15.2.2021).

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die russische Wirtschaft sind unterschiedlich und an viele Bedingungen gebunden. Zu den ersten staatlichen Hilfsmaßnahmen zählten Kredit-, Miet- und Steuerstundungen (ausgenommen Mehrwertsteuer), Sozialabgabenreduktion sowie Kreditgarantien und zinslose Kredite. Später kamen Steuererleichterungen sowie direkte Zuschüsse dazu. Viele der Maßnahmen sind nur für kleine und mittlere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugänglich und haben einen zweckgebundenen Charakter (beispielsweise gebunden an Gehaltszahlungen oder Arbeitsplatzerhalt) (WKO 9.3.2021). Die Regierung bietet Exporteuren Hilfe an, die Möglichkeit eines Konkursmoratoriums, zinslose Kredite für Gehaltsauszahlungen usw. (CHRR o.D.c). Jänner bis Oktober 2020 ist die Industrieproduktion pandemiebedingt um 3,1% zurückgegangen. Besonders die Rohstoffproduktion ist um 6,6% gefallen, während die verarbeitende Industrie mit 0,3% praktisch stagnierte. Die im Jahr 2020 sehr stark fallenden Ölpreise waren unter anderem eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie und mit einem globalen Nachfragerückgang verbunden und führten zu einer Rubelabwertung von 25%. Nach leichter Erholung verlor der Rubel unter anderem wegen der anhaltenden geringen Rohstoffnachfrage Mitte 2020 erneut an Wert und lag Anfang Dezember bei ca. 90 Rubel je Euro (WKO 12.2020). Das Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug im Jahr 2020 -3,1%. Im Vergleich dazu betrug der entsprechende Wert im Jahr 2019 2%. Die öffentliche Verschuldung betrug im Jahr 2020 17,8% des Bruttoinlandsprodukts (2019: 12,4%) (WIIW o.D.).

Moskau:

In Moskau herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Tragen von Masken auf Straßen wird empfohlen. Kultur- und Bildungsveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 50% der Zuschauerplätze belegt sind. Bürgern über 65 Jahren und chronisch Kranken wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021; vgl. WKO 9.3.2021, AA 15.2.2021). Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Am Arbeitsplatz sind vorgeschriebene Hygienevorschriften (unter anderem Temperaturmessungen, Mund- und Handschutz, Desinfektionsmittel, Mindestabstand etc.) einzuhalten (WKO 9.3.2021). Gemäß dem Moskauer Bürgermeister verbessert sich die Pandemielage in Moskau. Ein Großteil der Einschränkungen wurde aufgehoben. Gastronomiebetriebe sind wieder geöffnet. Für Schüler höherer Klassen und Studierende findet nun wieder Präsenzunterricht statt (Mos.ru 7.3.2021; vgl. Mos.ru 8.3.2021, LM 8.2.2021, Russland Analysen 19.2.2021). In der Oblast [Gebiet] Moskau wurde die Mehrzahl der wegen Covid geltenden Einschränkungen zurückgenommen. Einzig Massenveranstaltungen bleiben fast ausnahmslos verboten (Russland Analysen 19.2.2021).

St. Petersburg:

Auch in St. Petersburg herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Die für gastronomische Betriebe geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten wurden aufgehoben. Kulturveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 75% der Zuschauerplätze belegt sind. Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke sind Selbstisolierung und Fernarbeit verpflichtend (CHRR 12.3.2021; vgl. Gov.spb

5.3.2021, WKO 9.3.2021, Russland Analysen 8.2.2021).

Tschetschenien:

An öffentlichen Orten wird das Tragen von Masken empfohlen. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke ist Selbstisolierung vorgesehen (CHRR 12.3.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, Ria.ru 10.2.2021, KMS 10.2.2021). Bisher wurden mehr als 19.000 Personen geimpft (Chech- nya.gov 26.2.2021). Mitarbeitern staatlich finanzierter Organisationen in Tschetschenien wurde mit Entlassung gedroht, sollten sie die Covid-Impfung verweigern. Bewohner in Tschetschenien berichten, ihnen seien Sanktionen angedroht worden, sollten sie sich nicht impfen lassen (CK

23.1.2021) . Reisebeschränkungen wurden aufgehoben (Ria.ru 10.2.2021; vgl. Chechnya.gov

10.2.2021, KMS 10.2.2021).

Dagestan:

An öffentlichen Orten herrscht Maskenpflicht. Einstweilen dürfen keine Massenveranstaltungen stattfinden. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021). Es finden Massenimpfungen statt, und verwendet wird der Impfstoff Sputnik V (E-dag.ru 23.2.2021). Bisher wurden mehr als 18.000 Personen (2,4%) geimpft (E-dag.ru

12.3.2021) .

Quellen:

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•        Chechnya.gov - rnaBa MeneHCKon Pecny6nMKM [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (26.2.2021): OTMeHa o6a3aTenbHoro MacoHHoro pewnMa b MeneHCKon Pecny6niMKe He cnpoBoginpoBana pocTa Hincna 3a6oneBwinx [Aufhebung der Maskenpflicht in der Tschetschenischen Republik provozierte nicht steigende Krankheitszahlen], http://chechnya.gov.r u/novosti/otmena-obyazatelnogo-masochnogo-rezhima-v-chechenskoj-respublike-ne-sprovotsirov ala-rosta-chisla-zabolevshih/, Zugriff 12.3.2021

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•        DS - Der Standard (12.2.2021): Russland könnte sich der Herdenimmunität nähern, https://ww w.derstandard.at/story/2000124129778/russland-waehnt-sich-nahe-an-der-herdenimmunitaet, Zugriff 12.3.2021

•        DS - Der Standard (20.2.2021): Russland bringt dritten Covid-Impfstoff auf den Markt, https: //www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000124341360/redcontent/1000220229?responsive=false , Zugriff 12.3.2021

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•        Russland Analysen (19.2.2021): Covid-19-Chronik (1.-14.2.2021), (Nr. 398), https://www.laender- analysen.de/russland-analysen/398/RusslandAnalysen398.pdf, Zugriff 16.3.2021

•        RAD - Russian Analytical Digest / Anna Tarasenko (Nr. 263) (15.2.2021): Mitigating the Social Consequences of the COVID-19 Pandemic: Russia's Social Policy Response, https://css.ethz.ch/co ntent/dam/ethz/special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/RAD263.pdf#page=12 , Zugriff 16.3.2021

•        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (21.2.2021): Russia Approves CoviVac, Its Third Coronavirus Vaccine, https://www.rferl.org/a/russia-coronavirus-vaccine-covivac/31113697.html , Zugriff 12.3.2021

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•        WIIW - Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (o.D.): Russia - Overview, https: //wiiw.ac.at/russia-overview-ce-10.html, Zugriff 24.3.2021

•        WKO - Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (12.2020): Wirtschaftsbericht Russische Föderation, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/russische-foederation-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 24.3.2021

•        WKO-Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (9.3.2021): Coronavirus: Situation in Russland, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-russland.html, Zugriff 16.3.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 26.05.2021

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (GIZ 1.2021c; vgl. CIA 5.2.2021). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017). Der Präsident verfügt über weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017, AA 21.10.2020c). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister, und entlässt sie (GIZ 1.2021a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018; vgl. FH 4.3.2020). Die Wahlbeteiligung lag der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motiviert eingestuften Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018; vgl. FH 3.3.2021). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018). Wahlbetrug ist weit verbreitet, was insbesondere im Nordkaukasus deutlich wird (BTI 2020). Präsident Putin kann dem Ergebnis zufolge nach vielen Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen (Tagesschau.de 19.3.2018; vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzesentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Am 15. Januar 2020 hat Putin in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation eine Neuordnung des politischen Systems vorgeschlagen und eine Reihe von Verfassungsänderungen angekündigt. Dmitri Medwedjew hat den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Sein Nachfolger ist der Leiter der russischen Steuerbehörde Michail Mischus- tin. In dem neuen Kabinett sind 15 von 31 Regierungsmitgliedern ausgewechselt worden (GIZ 1.2021a). Die Verfassungsänderungen ermöglichen Wladimir Putin, für zwei weitere Amtszeiten als Präsident zu kandidieren (GIZ 1.2021a; vgl. FH 3.3.2021), dies gilt aber nicht für weitere Präsidenten (FH 3.3.2021). Die Volksabstimmung über eine umfassend geänderte Verfassung fand am 1. Juli 2020 statt, nachdem sie aufgrund der Corona-Pandemie verschoben worden war. Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65% der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78% für und mehr als 21% gegen die Verfassungsänderungen. Neben der sogenannten Nullsetzung der bisherigen Amtszeiten des Präsidenten, durch die der amtierende Präsident 2024 und theoretisch auch 2030 zwei weitere Male kandidieren darf, wird das staatliche Selbstverständnis der Russischen Föderation in vielen Bereichen neu definiert. Der neue Verfassungstext beinhaltet deutlich sozialere und konservativere Inhalte als die Ursprungsverfassung aus dem Jahre 1993 (GIZ 1.2021a). Nach dem Referendum kam es zu Protesten von einigen hundert Personen in Moskau. Bei dieser nicht genehmigten Demonstration wurden 140 Personen festgenommen. Auch in St. Petersburg gab es Proteste (MDR 16.7.2020).

Der Föderationsrat ist als 'obere Parlamentskammer’ das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten (GIZ 1.2021a): Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für fünf Jahre gewählt (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2021c). Es gibt eine Fünfprozentklausel (GIZ 1.2021a).

Zu den wichtigen Parteien der Russischen Föderation gehören: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern; Gerechtes Russland (Sprawedliwaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, welche die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern; die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), links-zentristisch mit 85.000 Mitgliedern und die Partei der Volksfreiheit (PARNAS), eine demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 1.2021a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (343 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (39 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (RIA Nowosti 23.9.2016; vgl. Global Security 21.9.2016, FH 3.3.2021). Die sogenannte Systemopposition stellt die etablierten Machtverhältnisse nicht in Frage und übt nur moderate Kritik am Kreml (SWP 11.2018). Die nächste Duma-Wahl steht im Herbst 2021 an (Standard.at 1.1.2021).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international nicht anerkannten Annexion der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2020c). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 1.2021a).

Es gibt acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten), denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum („exekutive Machtvertikale“) deutlich (GIZ 1.2021a).

Bei den in einigen Regionen stattgefundenen Regionalwahlen am 8.9.2019 hat die Regierungspartei Einiges Russland laut Angaben der Wahlleitung in den meisten Regionen ihre Mehrheit verteidigt. Im umkämpften Moskauer Stadtrat verlor sie allerdings viele Mandate (Zeit Online 9.9.2019). Hier stellt die Partei nur noch 25 von 45 Vertretern, zuvor waren es 38. Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, bekommen 13 Sitze. Die liberale Jabloko-Partei bekommt vier und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland drei Sitze (ORF 18.9.2019). Die beiden letzten Parteien waren bisher nicht im Moskauer Stadtrat vertreten. Zuvor sind zahlreiche Oppositionskandidaten von der Wahl ausgeschlossen worden, was zu den größten Protesten seit Jahren geführt hat (Zeit Online 9.9.2019), bei denen mehr als 1.000 Demonstranten festgenommen wurden (Kleine Zeitung 28.7.2019). Viele von den Oppositionskandidaten haben zu einer ’smartenAbstimmung’ aufgerufen. DieBürgersollten Jeden wählen - nur nicht die Kandidaten der Regierungspartei. Bei den für die russische Regierung besonders wichtigen Gouverneurswahlen gewannen die Kandidaten der Regierungspartei überall (Zeit Online 9.9.2019).

Neben den bis Juli 2021 verlängerten wirtschaftlichen Sanktionen wegen des andauernden Ukraine-Konfliktes (Presse.com 10.12.2020) haben sich die EU-Außenminister wegen der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny auf neue Russland-Sanktionen geeinigt. Die Strafmaßnahmen umfassen Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen Verantwortliche für die Inhaftierung Nawalnys (Cicero 22.2.2021).

Quellen:

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•        CIA - Central Intelligence Agency [USA] (5.2.2020): The World Factbook, Central Asia: Russia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/russia/, Zugriff 16.2.2021

•        Cicero (22.2.2021): EU bringt wegen Nawalny neue Russland-Sanktionen auf den Weg, https: //www.cicero.de/aussenpolitik/vermoegenssperren-einreiseverbote-eu-alexej-nawalny-russland-s anktionen , Zugriff 24.2.2021

•        EASO - European Asylum Support Office [EU] (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-acto rs-of-protection.pdf, Zugriff 10.3.2020

•        FH - Freedom House (4.3.2020): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2019 - Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025879.html , Zugriff 16.2.2021

•        FH - Freedom House (3.3.2021): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2020 - Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046536.html , Zugriff 5.3.2021

•        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (1.2021a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836 , Zugriff 16.2.2021

•        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (1.2021c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 16.2.2021

•        Global Security (21.9.2016): Duma Election -18 September 2016, https://www.globalsecurity.org /military/world/russia/politics-2016.htm , Zugriff 10.3.2020

•        Kleine Zeitung (28.7.2019): Mehr als 1.300 Festnahmen bei Kundgebung in Moskau, https://www.kl einezeitung.at/politik/5666169/Russland_Mehr-als-1300-Festnahmen-bei-Kundgebung-in-Moskau , Zugriff 10.3.2020

•        MDR - Mitteldeutscher Rundfunk (16.7.2020): Mehr als 140 Demonstranten in Moskau festgenommen, https://www.mdr.de/nachrichten/politik/ausland/festnahme-moskau-putin-kritiker-bei-protest -100.html , Zugriff 21.7.2020

•        ORF - Observer Research Foundation (18.9.2019): Managing democracy in Russia: Elections 2019, https://www.orfonline.org/expert-speak/managing-democracy-in-russia-elections-2019-556 03/, Zugriff 10.3.2020

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•        Presse.com (19.3.2018): Putin: „Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen“, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst- sich-um-Machtzentrum-zusammen , Zugriff 10.3.2020

•        Presse.com (10.12.2020): EU verlängerte Wirtschaftssanktionen gegen Russland, https://www.di epresse.com/5909916/eu-verlangerte-wirtschaftssanktionen-gegen-russland , Zugriff 24.2.2021

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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