TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/19 L515 1409550-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2021
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Entscheidungsdatum

19.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L515 1409550-3/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich Spruchpunkt I. – IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 FPG auf 2,5 Jahre (=30 Monate) herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als „bP“ bezeichnet), ist ein männlicher Staatsangehöriger der Republik Georgien. Die bP reiste als Minderjähriger gemeinsam mit der Mutter (als damalige gesetzliche Vertretung) rechtswidrig in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich und stellte am 10.09.2009 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Der Antrag wurde gemäß § 5 AsylG ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid der bB (vormals Bundesasylamt) vom 08.10.2009 zurückgewiesen und die bP gemeinsam mit der Mutter nach Polen ausgewiesen.

I.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des ho. Gerichts (vormals Asylgerichtshof) vom 04.03.2010 als unbegründet abgewiesen. Die Abschiebung nach Polen erfolgte am 17.03.2010 auf dem Luftweg von Wien-Schwechat nach Warschau.

I.4. Am 04.11.2010 reiste die bP gemeinsam mit der Mutter erneut in das Bundesgebiet und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.5. Am 26.01.2011 erfolgte die Zulassung des Verfahrens auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

I.6. Mit Bescheid vom 30.08.2011 wurde der Antrag der bP bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die bP gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen. Gleichlautend war der Bescheid der Mutter der bP sowie des in Österreich nachgeborenen, jüngeren Bruders der bP.

I.7. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das ho. Gericht erhoben.

I.8. Mit Erkenntnis des ho. Gerichts vom 19.06.2018, GZ W196 1409550-2/15E wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die bB zurückverwiesen.

I.9. Im Zuge der weiteren Ermittlungen durch die bB wurden die Großmutter der bP, XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien; die Mutter der bP, XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien; die Mutter des gemeinsamen Kindes, XXXX , geb. XXXX , StA. Österreich; sowie die bP selber durch die bB einvernommen.

I.10. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.01.2019 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Mit selbigem Bescheid wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG erlassen.

I.10.1. Die Rückkehrentscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass zwar ein Privat- und Familienleben in Österreich vorhanden sei, allerdings aufgrund des Gesamtverhaltens in Österreich, der mangelhaften Integration trotz langem Aufenthalts, der Selbsterhaltungsunfähigkeit sowie der Straffälligkeit ein Überwiegen des öffentlichen Interessens an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK bestehe.

I.10.2. Zum verhängten Einreiseverbot erachtete die bB wie folgt:

„…

Am XXXX 2018 wurden Sie vom Landesgericht XXXX unter der Aktenzahl: XXXX wegen Raubes, Urkundenunterdrückung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel und dauernder Sachentziehung nach den §§ 142 (1), § 229 (1), § 241e und § 135 (1) StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten (Probezeit 3 Jahre) verurteilt. Auf Grund Ihrer nur wenige Monate später erfolgten Verurteilung wurde die Probezeit auf 5 Jahre erhöht.

Dem Urteil liegt zu Grunde, dass Sie und I. A. am 30.12.2017 in Linz C. P. mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von zumindest € 70,--, mit dem Vorsatz weggenommen, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem I. A. ihn unter Anwendung von Körperkraft nach hinten riss, sodass beide zu Boden stürzten, und ihm die Geldbörse samt Inhalt aus der Hosentasche zog, während Sie über ihm standen, um nötigenfalls einzugreifen, Aufpasserdienste leisteten, und I. A. aufhalfen und mit ihm und der Beute die Flucht ergriffen, wobei ihr Opfer durch die Tat in Form einer Kopfprellung sowie von Abschürfungen am Kopf und im Gesicht verletzt wurde. Die Geldbörse warfen Sie im Anschluss weg.

Unbeeindruckt von Anzeigen setzten Sie Ihre strafbaren Handlungen fort, weshalb Sie am XXXX 2018 vom Landesgericht XXXX unter der Aktenzahl: XXXX wegen Betrugs und Raubes gem. den §§ 146 und 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt wurden.

Dem Urteil liegt zu Grunde, dass Sie und I. A. im bewussten und gewollten Zusammenwirken

1.) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch die Vorgabe, Marihuana zu verkaufen, wobei sie nach Übergabe des vereinbarten Kaufpreises mit dem Geld flüchteten, teils es sich beim Inhalt der ausgehändigten Klemmsäckchen nur um Wiesengras handelte, sohin die nachangeführten Personen durch Täuschung über Tatsachen zur Zahlung des Kaufpreises verleitet, wodurch diese am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1.) am 25.08.2018 U. W. zur Übergabe von EUR 20--;

2.) im Zeitraum von Dezember 2017 bis zumindest Juli 2018 in zumindest 5 bis 6 Angriffen bislang unbekannte Abnehmer jeweils zur Übergabe von EUR 20,--;

II.) unmittelbar im Anschluss an die unter 1.) 1.) angeführte strafbare Handlung U. W. mit Gewalt, indem ihn I. A. von hinten in den „Schwitzkasten“ nahm, wobei dieser durch den Würgegriff kaum Luft bekam und I. A. ihn in weiterer Folge zu Boden brachte und weiterhin würgte, wobei er den U. W. wiederholt aufforderte, ihm Geld zu geben, während Sie dem bereits am Boden liegenden U. W. gegen den Rücken traten, eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in Höhe von EUR 5,--, mit dem Vorsatz abgenötigten, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei U. W. durch die Tat Schmerzen im Halsbereich und am Rücken erlitt.

Durch Ihr wiederholtes (strafrechtliches) Verhalten stellen Sie eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

[…]

Wie bereits in Spruchpunkt I ausführlich dargelegt haben Sie kurz hintereinander schwere Straftaten, zwei Raubüberfälle begangen. Sie haben auf ein bereits am Boden liegendes Opfer eingetreten, wodurch dieses auch verletzt wurde.

Trotzdem Ihr Lebensunterhalt durch die Grundversorgung gesichert ist, haben Sie über einen längeren Zeitraum, ca. 1 Jahr immer wieder Betrugshandlungen im Suchtgiftmilieu (Vortäuschen von Suchtgiftübergaben) begangen.

In dieser Zeit konsumierten Sie auch selbst Suchtmittel (Marihuana, zwei bis dreimal wöchentlich.

Sie stellten während Ihres Aufenthaltes in Österreich Ihren Unwillen zur Beachtung der geltenden Rechtsordnung und Ihr kriminelles Potenzial, das sich vor allem in der fehlenden Achtung vor fremden Rechtsgütern, insbesondere vor fremdem Eigentum äußerte, mit Nachdruck unter Beweis. Ihre gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen und an der

Verhinderung von Gewalttaten und Eigentumsdelikten.

Sie zeigten mit Ihrem Verhalten, dass Sie mit beträchtlicher krimineller Energie ausgestattet sind, wonach die Annahme gerechtfertigt ist, dass von Ihnen auch weiterhin eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen kann.

Besonders ist bei Ihrer Zukunftsprognose hervorzuheben, dass sich Ihre Situation, die auch für die Beschaffungskriminalität mitverantwortlich war, nicht verbessert hat. Sie sind von der Grundversorgung ausgeschlossen, können auf kein stabiles familiäres Netzwerk zurückgreifen und können auch auf Grund Ihres Aufenthaltsstatus keiner Beschäftigung nachgehen.

Nicht einmal die Schwangerschaft Ihrer Freundin und Geburt Ihres Kindes konnte Sie von der Begehung Ihrer Straftaten und den damit eventuell verbunden Verlust Ihres Aufenthaltsrechts abhalten.

Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens ist unter Bedachtnahme auf Ihr Gesamtverhalten, d.h. im Hinblick darauf, wie Sie Ihr Leben in Österreich insgesamt gestalten, davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass Sie eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, gerechtfertigt ist.

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwgH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in Ihrem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte hat daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Das Einreiseverbot bezieht sich gem. § 53 Abs. 1 FPG auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, womit lt. VwGH vom 22.5.2013, 2013/18/0021 jene Staaten erfasst sind, für die die Rückführungsrichtlinie, (RL 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) gilt.

Demnach umfasst das Einreiseverbot alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich. Umfasst sind allerdings weiters Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.

Es bleibt es Ihnen unbenommen im Falle einer (allfälligen) Abschiebung den Kontakt mittels Telefon und E-Mail und anderen modernen gebräuchlichen Kommunikationsmittel oder sozialen Netzwerken (wenn auch in geminderter Form) aufrechtzuerhalten (vgl. EGMR, Joseph Grant gegen das Vereinigte Königreich, Urteil vom 08.01.2009, Beschwerde Nr. 10.606/07).

Auch sind Besuche an Ihrem zukünftigen Aufenthaltsort möglich.

Die Behörde verkennt nicht, dass mit einem Kleinkind sehr schwer möglich ist, vor dem Hintergrund Ihrer kontinuierlichen Delinquenz werden Sie diese Trennung im öffentlichen Interesse hinzunehmen haben. (vgl. VwGH Ro 2014/21/0043 v. 19.03.2014)

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.05.2012, Zl.: 2011/21/0277, wonach festgestellt wurde, dass die Aufrechterhaltung des Kontaktes „mittels moderner Kommunikationsmittel“ mit einem Kleinkind kaum möglich sei und dem Vater eines Kindes grundsätzlich das Recht auf persönlichen Kontakt zukomme, wurde diese Entscheidung in Bezug auf eine bloße Rückkehrentscheidung (Ausweisung) betreffend einen unbescholtenen ehemaligen Asylwerber getroffen wurden und lässt sich nicht auf ein gegen einen Straftäter erlassenes Einreiseverbot übertragen (vgl. auch VwGH v. 19.03.2014, Zl.: Ro 2014/21/0040). Vor dem Hintergrund Ihrer massiven und wiederholt einschlägigen Delinquenz haben Sie und Ihre Familienangehörigen diese Trennung im öffentlichen Interesse hinzunehmen.

Unterhaltszahlungen an die Kinder können – allenfalls in vermindertem Umfang – auch vom Ausland aus erbracht werden (vgl. VwGH vom 16.01.2007, Zahl 2006/18/0482).

Anzuführen ist, dass Sie derzeit auch zum Unterhalt nicht beitragen können.

Ein Einreiseverbot in der Dauer von zumindest 5 Jahren scheint der Behörde im Hinblick auf Ihre Verurteilungen innerhalb kürzester Zeit gerechtfertigt und notwendig um die von Ihnen ausgehende, erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern, bzw. einen Gesinnungswandel Ihrer Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung zu bewirken.

Das Bundesamt verkennt nicht, dass Sie eine schwierige Zeit des Heranwachsens hinter sich haben. Es wäre Ihnen jedoch unbenommen geblieben, sich für einen rechtsgetreuen Weg zu entscheiden und eine rechtsschaffende, den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepasste Lebenseinstellung einzunehmen.

Die Dauer des Einreiseverbotes wurde trotz Ihrer schweren Verbrechen im unteren Bereich angesiedelt, da die Behörde nicht verkennt, dass Sie Minderjährig sind.

…“

I.10.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.

I.11. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und die Erteilung eines Aufenthaltstitels sowie die ersatzlose Behebung des Einreiseverbots; in eventu die Herabsetzung des Einreiseverbots; in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung an die bB beantragt. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorging. Die bP würde ihr Fehlverhalten zutiefst bedauern und hätte im Hinblick auf das vorhandene Privat- und Familienleben eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot nicht erlassen werden dürfen. Hinsichtlich der angeordneten Bewährungshilfe, der vorhandenen Einstellungszusage sowie der zumindest teilbedingten Verurteilung mit bedingter Haftentlassung könne von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.

I.12. Die Rechtssache wurde vorerst der ho. Gerichtsabteilung L529 zugewiesen und in weiterer Folge aufgrund eines Beschlusses des ho. Geschäftsverteilungsausschusses vom 14.01.2021 der Gerichtsabteilung L529 abgenommen und der Gerichtsabteilung L515 zur weiteren Erledigung zugewiesen.

I.12.1. Das ho. Gericht ordnete für den 28.04.2021 eine Beschwerdeverhandlung an. Gemeinsam mit der Ladung wurden der bP sowie der bB Feststellungen zur abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien übermittelt. Weiters wurde die bP eingeladen, durch die Beantwortung eines mitgeschickten Fragenkataloges, welcher sich in Bezug auf die bP insbesondere auf die privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet bezieht, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken und bereits vor dem Verhandlungstermin allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

I.12.2. Am 22.04.2021 langten beim ho. Gericht eine Stellungnahme der bP sowie das bestandene Pflichtschulabschlusszeugnis vom 03.06.2020 ein. Der Stellungnahme ist Folgendes zu entnehmen:

„…

Der letzte Wohnort in Georgien lautete: XXXX (Mietwohnung)

In Georgien besteht keinerlei soziales Netzwerk mehr auf das zurückgegriffen werden könnte. Die gesamte Schullaufbahn wurde außerhalb Georgiens absolviert, sodass er auch die Sprache nicht mehr richtig spricht. Die gesamte Familie, Mutter, Großmutter, Geschwister, Onkel leben in Österreich und verfügen über Aufenthaltstitel (Rot Weiß Rot Karte Plus). Herr XXXX wohnt bei seinem Onkel Girogi XXXX , XXXX und wird von diesem auch unterstützt.

Herr XXXX hat die Pflichtschulabschluss Prüfung nachgeholt. Auf das beiliegende Zeugnis, das auch eine Benotung im Fach Deutsch enthält darf verwiesen werden.

Herr XXXX lebt von der Grundversorgung und der Unterstützung seiner Angehörigen in Österreich, ist aber bestrebt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In seiner Freizeit ist er großteils auf Jobsuche, trifft Freunde/ Familie soweit dies derzeit möglich ist.

Herr XXXX wurde bislang 2 mal verurteilt. Die Verurteilungen sind in der Entscheidung des BFA angeführt. Bewährungshilfe wurde angeordnet und besteht auch nach wie vor.

Herr XXXX kam erstmals 2009 nach Österreich, wurde dann nach Polen zurückgewiesen und ist seit November 2011 durchgehend in Österreich aufhältig.

Herr XXXX verfügt derzeit über keinen Reisepass. Nachdem sich die Geburtsurkunde beim BFA befindet kann ein Reisepass bei der Botschaft auch nicht beantragt werden.

Im Hinblick auf die bedingte Entlassung nach der erstmaligen Verbüßung einer Strafhaft, die angeordnete Bewährungshilfe, den Umstand, dass Herr XXXX nach der Haftentlassung seinen Pflichtschulsabschluss nachgeholt hat, insbesondere aber aufgrund der Tatsache, dass sich die gesamte Familie in Österreich befindet und in Georgien keinerlei soziales Netzwerk mehr besteht, darf ersucht werden der Beschwerde stattzugeben.

…“

I.12.3. Der wesentliche Verlauf der Beschwerdeverhandlung wird wie folgt wiedergegeben:

„…

RI: Wollen Sie ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren ergänzen?

P: Ich bin meines Wissens gesund.

RI: Sie wurden bereits bei der belangten Behörde zu ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt bzw. wurden Sie schriftlich zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt (RI verweist auch auf die zuletzt eingelangte Stellungnahme der RV vom 21.4.2021). Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern?

RV legt Stellungnahme des Bewährungshelfers vor.

P: Es ist alles vollständig.

RI: Haben Sie in Europa außerhalb von Österreich bzw. außerhalb Georgiens weitere Verwandte oder Familienmitglieder?

P: Nein, außer hier in Österreich.

RI: Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

P: Ich spiele Fußball, ich gehe laufen. Letzter Zeit war ich arbeitssuchend, es war aber nicht erfolgreich wegen Corona und weil ich keine Arbeitserlaubnis habe.

RI: Hat sich an den obsorgerechtlichen Umständen in Bezug auf Ihr Kind etwas geändert?

P: Nein. Es hat sich nichts geändert.

RI: Leben Sie in Österreich alleine oder mit jemanden zusammen?

P: Ich lebe jetzt gerade bei meinem Onkel, der mit seiner Frau und vier Kindern wohnt.

RI: Wie nehmen Sie am sozialen Leben in Österreich teil (Mitgliedschaft bei Vereinen, Organisationen, ehrenamtliches Engagement, etc.)?

P: Ich war beim Verein XXXX , ehrenamtlich tätig war ich noch nicht.

RI erörtert mit der bP ihre strafrechtlichen Verurteilungen anhand der Urteilsausfertigungen:

01) LG XXXX vom XXXX .2018 RK 06.03.2018

§ 142 (1) StGB

§ 229 (1) StGB

§ 241e (3) StGB

§ 135 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.12.2017

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG XXXX

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX

P: Das war vor zwei Jahren. Ich bereue meine Tat die ich begangen habe. Es ist eine Tat die ich nicht mehr begehen würde.

02) LG XXXX vom XXXX RK 17.10.2018

Seite 1 / 2

§ 146 StGB

§ 142 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 25.08.2018

Freiheitsstrafe 15 Monate, davon Freiheitsstrafe 10 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

Jugendstraftat

zu LG XXXX

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 07.12.2018, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX

P: Ich habe eine Bewährungsauflage bekommen, die Auflagen sind fast fertig.

RI: Sind sie in Österreich in sonstiger Weise mit der Rechtsordnung in Konflikt geraten?

P: Ich wurde nicht mehr verurteilt, schon, aber ich wurde freigesprochen, weil vom Gericht gesagt wurde, ich bin unschuldig. Ich hatte nach diesen zwei Sachen keine Verurteilung.

RI: In der Verwaltungsstrafrechtlichen Evidenz der LPD XXXX scheinen einige ältere Vormerkungen auf (Lenken eines mangelhaft ausgestatteten Fahrrades und Lenken eines Fahrrades ohne Beleuchtung im Jahr 2017, sowie 4 Vormerkungen wegen Schwarzfahrens gem. Art. III Abs. 1 EGVG aus dem Jahr 2018), jedoch auch eine aktuelle Vormerkung aus dem Jahr 2021 gem. § 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz.

P: Ich glaube ich war einfach zu lange draußen. Ich habe das nicht gewusst, dass man eine Strafe bekommt. Wegen der Fahrkarte ich zahle die Strafen monatlich ab.

RI: Laut einer Verständigung der Staatsanwaltschaft Linz vom 27.1.2020 wurden gegen Sie Anklage wegen des Verdachts des Raubes erhoben. Ebenso liegt hierzu der Abschlussbericht der LPD XXXX vom 6.12.2019 vor. Was wurde aus dieser Anklage?

P: Ich wurde freigesprochen. Ich habe das Urteil nicht mit.

RI fordert die P auf, dass innerhalb von 2 Wochen das Urteil vorzulegen.

RI stellt fest, dass bis dato keine Verständigung über den Ausgang des Verfahrens übermittelt wurde.

RI: Laut Abtretungsbericht der LPD XXXX vom 22.4.2021 sind sie verdächtig und geständig, im Zeitraum von Anfang 2020 – März 2021 wöchentlich etwa 2 – 3 Gramm Marihuana konsumiert zu haben.

P: Ich wurde da vorgeladen, weil ich auf einem Handy eines Dealers war. Ich habe zu den Polizisten gesagt, ich habe ab und zu geraucht, aber das ich wöchentlich geraucht habe kann ich nicht sagen, das ist gelogen.

RI: Sind Sie selbsterhaltungsfähig (Frage wird erklärt)?

P: Ich kriege jetzt gerade Grundsicherung, 215 Euro.

RI: Wie sehen Ihre Aktivitäten aus, um Ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen?

P: Ich schreibe Bewerbungen, weil ich eine Lehrstelle finden möchte. Leider sind meine Hände gebunden, ich kann die Ausbildung nicht anfangen. Sonst würde ich bei meinem Onkel arbeiten im Lager können.

RI: Beschreiben Sie Ihre letzten 3 konkreten Schritte, bei denen Sie versuchten, Ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen.

P: Ich war vor einer Woche beim AMS und habe ein Zettel bekommen welche Rechte ich habe. Ich kann Mangelberufe ausüben, da muss mich aber die Firma anfordern. Ich wollte auch als Zerspanungstechniker arbeiten, das ging auch nicht, da ich keine Arbeitserlaubnis habe. Ich hätte eine Stelle als Eisenbieger bekommen, als sie in der Firma mein Ausweis sahen, sagten sie sie können mich nicht nehmen.

RI: Sie gaben in ihrer letzten Stellungnahme an, dass Sie einen Großteil Ihrer Freizeit auch mit der Arbeitsuche verbringen. Wie ist diese Aussage mit ihrer oa. Antwort in Einklang zu bringen?

P: Ich habe meine Zeit arbeitsuchend verbracht, aber ich habe es nicht sinnvoll gesehen, dass weiter zu machen, weil mich keiner nehmen wollte.

RI: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. der Integration äußern?

P: Nein.

RI: Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat konkret erwarten?

P: Das Problem ist, dass ich auf den Straßen leben würde und das wäre für mich eine komplett andere Welt, weil ich neun Jahre war, als ich dort auswanderte.

RI: Wie lange haben Sie nachdem Sie nach Österreich kamen, noch auf der georgischen Sprache kommuniziert?

P: Ich habe Deutsch und Georgisch gesprochen, meine Mutter und Großmutter haben mehr Georgisch als Deutsch gesprochen. Ich als Kind lernte die deutsche Sprache schneller.

RI: Ihnen wurden Feststellungen zur abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien zur Kenntnis gebracht. Ebenso verweist das ho. Gericht auf das IOM country fact sheet 2019 zu Georgien. Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Quellen geht hervor, dass mittellose Rückkehrer jedenfalls mit dem Nötigsten versorgt werden, sowie Zugang zum georgischen Sozial- und Gesundheitswesen haben. Wollen Sie sich hierzu äußern?

P: Ich würde sagen, wenn ich nach Georgien abgeschoben werde, ist es so wie das ein 19-Jähriger von seinem Land nach Österreich flüchten muss.

RI: In meiner Laufbahn habe ich beobachtet, wie viele 19-Jährige in Österreich Fuß fassen konnten, warum sollte es spiegelbildlich umgekehrt nicht funktionieren?

P: Weil ich dort keinen habe, und wenn ich abgeschoben werde, habe ich ein Einreiseverbot, und es geht nicht, dass ich mein Kind 5 Jahre lang nicht sehe. Ich würde sofort arbeiten, wenn ich könnte.

Fragen des BehV:

BehV: Asyl und Subschutz ist negativ abgesprochen, haben Sie sich jemals um ein Reisedokument bemüht?

P: Ich habe noch keinen Reisepass, damals als ich den Bescheid bekommen habe, wollte ich mir einen Reisepass ausstellen lassen, aber dann bin ich ins Gefängnis gekommen.

BehV: Wann sind Sie entlassen worden?

P: 17.12.2019, Nachgefragt gebe ich an, dass ich es nicht machte, weil ich ohnehin ein Ausweis hatte.

BehV: Wo waren Sie von 01.01. bis 05.02.2021, laut GVS waren Sie unstet.

P: Ich war bei meinem Onkel, da es noch nicht entschieden wurde von der Landesregierung, ob ich in ein anders Heim komme oder bei meinem Onkel bleiben kann, habe ich mich nicht angemeldet.

BehV zitiert aus Vormerkungen in Bezug auf, dass Verhalten der P in der Grundversorgung. (GVS Auszug wird in Kopie zum Akt genommen)

P: Ich habe noch nie eine schriftliche Warnung von dem Heim bekommen. Wie soll ich mich beim Chef vom Heim abmelden, er war nie anwesend. Immer wenn ich versucht habe ihn zu kontaktieren ist es nicht gegangen. Das mit Kokainkonsum warum hat er nicht die Polizei gerufen, wenn er das gesehen hat. Es stimmt das mein Zimmer öfter unordentlich war. Man konnte das Fenster nicht öffnen, ich bat ihn es zu reparieren, es geschah aber nicht. Ich übernahm das Zimmer dreckig, habe diesen Dreck weggeräumt, und halt auch neuen Dreck verursacht. Ich weigerte mich die Küche zu reinigen, weil ich sie auch nicht benutzte.

BehV: Bei der Einvernahme beim BFA haben Sie gesagt, Sie haben Dummheiten begangen. Wenn Ihnen das Kind so wichtig ist, warum haben Sie dann gegen das SMG und das Meldegesetzt verstoßen?

P: Ich habe nicht gegen das SMG verstoßen. Ich habe kein Suchtmittel gekauft. Ich habe nur gegen die Hausordnung verstoßen. (P schildert seinen Umzug vom GVS Quartier zum Onkel)

BehV: Keine Fragen.

Fragen des RV:

RV: Wie oft sehen Sie Ihre Tochter?

P: Ca. drei bis vier Mal in zwei Wochen, ich kann sie aber so oft sehen wie ich will.

RV: Was unternehmen Sie mit Ihrer Tochter?

P: Ich bin mit meiner Freundin und ihr zusammen. Ich gehe auch mit ihr spazieren, jetzt aber nicht alleine, weil sie in Abwesenheit der Mutter zu weinen beginnt.

Nachdem ich das Protokoll durchgelesen habe, gebe ich zur Klarstellung an, dass meine Tochter zu weinen beginnt, wenn sie die Großmutter mütterlicherseits nicht sieht.

RV: Sie haben in Österreich einen den Pflichtschulabschluss nachgeholt. Besuchten Sie in Georgien die Schule?

P: Ja, zwei Jahre lang.

RV: Können Sie auf Georgisch lesen und schreiben?

P: Nein. Ich habe eine russische Schule in Georgien besucht.

RV: Keine Fragen.

Stellungnahme des BehV:

Die Behörde beantragt die Beschwerde abzuweisen und die Erhöhung des Einreiseverbotes auf sieben Jahre, da es zu weiteren strafbaren Handlungen kam und die P sichtlich nicht gewillt ist, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten.

Stellungnahme des RV:

Ich verweise das nach den zwei Verurteilungen eine positive Entwicklung erkennbar ist. Ich verweise auf den absolvierten Pflichtschulabschluss auf die positive Stellungnahme des Bewährungshelfers. Es hat auch keine weiteren Verurteilungen gegeben. Es kann daher von keiner weiteren Straffälligkeit ausgegangen werden. Ich darf auch verweisen, dass die Bestrafungen nachdem JGG stattfanden und ersuche bei der Entscheidungsfindung, zu berücksichtigen das die gesamte Familie insbesondere die Tochter in Österreich aufhältig sind und mit der Rückkehrentscheidung in sein Privat- und Familienleben eingegriffen wird. Ich ersuche der Beschwerde stattzugeben.

…“

I.7.3. Am 06.05.2021 wurde von Seiten der bP der Protokollsvermerk und die noch ausstehende verkürzte Urteilsausfertigung zu GZ. XXXX übermittelt.

I.7.4. Am 28.09.2021 langte die angeforderte Strafverfügung gegen die bP aufgrund der Covid-19 Übertretung vom 10.05.2021 durch das XXXX ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten und von der international anerkannten Zentralregierung kontrollierten Gebiet stammt.

Die bP reiste als 8-Jähriger gemeinsam mit ihrer Mutter erstmals in Österreich ein und stellte - in Vertretung der Mutter - am 10.09.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach erfolgter Ausweisung nach Polen, reiste die bP abermals gemeinsam mit der Mutter nach Österreich und stellte – in Vertretung der Mutter - am 04.11.2010 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Bei der mittlerweile volljährigen bP handelt es sich um einen mobilen, nicht invaliden, arbeitsfähigen Menschen.

Die bP ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung.

Die bP hat Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Weiters kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Gestalt ihrer in Tiflis lebenden Urgroßmutter verfügt. Kontakt besteht zur Urgroßmutter seitens der in Österreich lebenden Großmutter der bP.

Die bP stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie im Bundesgebiet und ihrer Angehörigen in Georgien erwarten.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden und wird auf die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Rückkehrer vor Ort verwiesen.

Die bP ist im Falle einer Rückkehr nach Georgien keinen landesweiten Repressalien ausgesetzt und ist ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung ihres Auskommens in Georgien möglich und zumutbar.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat jedenfalls ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Die bP hält sich seit über 11 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reiste gemeinsam mit ihrer Mutter rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung zweier unbegründeter Anträge auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren.

Die Mutter der bP sowie die nachgeborenen Geschwister der bP verfügen über eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne einer Rot-Weiß-Rot-Karte Plus. Weitere Angehörige der bP, wie die Großmutter und der Onkel mitsamt Familie, befinden sich ebenfalls rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich.

Seit 05.02.2021 ist die bP aufrecht bei ihrem Onkel, dessen Ehefrau und deren vier Kindern gemeldet. Zuvor fiel die bP wegen Verstöße gegen die Hausordnung in ihrer Grundversorgungsunterkunft auf und war seit 01.01.2021 unbekannten Aufenthalts. Nach einem Unterkunftsverweis bezog die bP auch nicht das ihr neu zugewiesene Quartier in XXXX .

Die bP hat in Österreich eine Lebensgefährtin XXXX , geb. am XXXX , StA. Österreich mit der sie auch ein gemeinsames Kind, XXXX , geb. am XXXX , StA. Österreich hat. Weder die bP noch die Kindesmutter sind obsorgeberechtigt. Die Pflege und Erziehung von Annuska wird von der Großmutter mütterlicherseits übernommen, wobei die Obsorge beim Jugendamt liegt.

Die bP lebte zu keinem Zeitpunkt zusammen mit der Kindesmutter und der gemeinsamen Tochter in einem Haushalt und zahlt auch keinen Unterhalt.

Die bP lebt von der Grundversorgung und ist aktuell nicht selbsterhaltungsfähig.

Die bP hat in Georgien, in Polen und in Österreich Schulbildung genossen.

Die bP hat im Bundesgebiet den Pflichtschulabschluss nachgeholt und befindet sich aktuell auf Arbeitssuche.

Die bP ist der georgischen Sprache auf muttersprachlichem Niveau mächtig, sowie spricht sie die deutsche Sprache und Armenisch.

Ein vereinsmäßiges Engagement der bP oder sonstige Interessen für eine (ehrenamtliche) Tätigkeit weist die bP aktuell nicht vor.

In ihrer Freizeit spielt die bP Fußball, geht laufen oder trifft sie sich mit Freunden bzw. mit der Familie.

Die bP ist strafrechtlich bescholten und wurde wie folgt zweimal strafrechtlich verurteilt (Auszug aus dem Strafregister):

01) LG XXXX vom XXXX

§ 142 (1) StGB

§ 229 (1) StGB

§ 241e (3) StGB

§ 135 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.12.2017

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu XXXX

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX

Dieser Verurteilung liegt der Umstand zu Grunde, dass die bP in Zusammenwirken mit einem Komplizen einer anderen Person unter Gewaltanwendung die Geldbörse wegnahm und sich dabei unrechtmäßig bereicherte. Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis herangezogen. Als straferschwerend wurden die beim Opfer eingetretene Körperverletzung und das Zusammentreffen eines Verbrechens und mehrerer Vergehen festgestellt.

02) LG XXXX

§ 146 StGB

§ 142 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 25.08.2018

Freiheitsstrafe 15 Monate, davon Freiheitsstrafe 10 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

Jugendstraftat

zu LG XXXX

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 07.12.2018, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX

Dieser Verurteilung liegt der Umstand zu Grunde, dass die bP im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Komplizen mehrere Personen durch Täuschung über Tatsachen am Vermögen schädigte. Darüber hinaus wurde eine Person im Würgegriff zu Boden gebracht, wobei die bP die bereits am Boden liegende Person gegen den Rücken trat und Geld einforderte. Mildernd wurde das Geständnis herangezogen. Straferschwerend wurden eine einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall und das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen festgestellt.

Die bP verbüßte eine rund dreimonatige Haftstrafe (von 28.08.2018 bis 07.12.2018) in der Justizanstalt XXXX .

Gegen die bP wurden ferner wegen Suchtmittelkonsums Ermittlungen erhoben. Die bP konsumierte im Zeitraum von Anfang 2020 bis März 2021 wöchentlich etwa 2-3 Gramm Marihuana in Form von Joints. Die Strafverfolgung wurde zwar vorläufig zurückgelegt, dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die bP rechtswidrig und schuldhaft handelte, indem sie verbotener Weise Suchtmittel konsumierte.

Ein weiteres Strafverfahren gegen die bP mit dem Vorwurf der gewaltsamen Wegnahme von Bargeld endete am 11.12.2020 mit einem Freispruch.

Die bP trat weiters in den vergangenen Jahren auch wiederholt auf verwaltungsstrafrechtlicher Ebene ua. wegen mehrfachen Schwarzfahrens im Jahr 2018; Lenken eines mangelhaft ausgestatteten Fahrrades und Lenken eines Fahrrades ohne Beleuchtung im Jahr 2017 in Erscheinung. Aktuell wurde gegen die bP eine Strafverfügung vom 10.05.2021 erlassen, da sie sich am 20.02.2021 vor dem Eingang zur XXXX aufhielt, obwohl besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 getroffen wurden, die das Verlassen und den Aufenthalt des eigenen privaten Wohnbereichs nur unter bestimmten Umständen erlaubte. Die bP konnte keinen unter die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz fallenden Sachverhalt benennen, sondern traf sich lediglich mit vier Freunden, was die Verhängung einer Geldstrafe im Betrag von EUR 150,00 (bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 69 Stunden) nach sich zog (gemäß § 8 Abs. 5 COVID-19-MG; § 16 VStG).

Gemäß den Ermittlungen der bB steht die Identität der bP fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Georgien

II.1.2.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien geht das ho. Gericht in Übereinstimmung mit der bB davon aus, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen, und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Ebenso besteht ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien bietet.

II.1.2.2. Bei der Republik Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.

II.1.2.3. In Bezug auf die aktuell weltweit herrschende Pandemie basierend auf der Präsenz des Virus COVID 19 setzte die Republik Georgien taugliche Mittel ein um die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern und finden Infizierte bei Bedarf Zugang zum georgischen Gesundheitssystem.

2.       Beweiswürdigung

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest. Das ho. Gericht ist im Lichte der Erhebungen der bB in Verbindung mit den im Beschwerdeverfahren durchgeführten Ermittlungen, insbesondere den in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erörterten Umständen; den Stellungnahmen der bP durch ihren ausgewiesenen Vertreter; der Einholung aktueller Auszüge aus dem Strafregister; der Einholung aktueller verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen; der Beischaffung der Gerichtsakte bzw. Protokollsvermerke und Urteilsausfertigungen (sofern nicht bereits im Administrativakt ersichtlich), der Beischaffung der Strafverfügung aufgrund der Covid-19 Übertretung sowie der Einsichtnahme in die Betreuungsinformation zur Grundversorgung und des Zentralen Melderegisters; in der Lage, sich vom maßgeblichen Sachverhalt (§ 37 AVG) ein umfassendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen. Die Feststellung zur Identität ergibt sich aus der Vorlage der georgischen Geburtsurkunde und den daraus resultierenden behördlichen Ermittlungen.

Die privaten und familiären Anknüpfungspunkte der bP ergeben sich einerseits aus dem objektiven Aussagekern des Vorbringens der bP und andererseits aus der Einholung entsprechender Auszüge durch das ho. Gericht.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand ergibt sich aus der Aussage der bP in der mündlichen Verhandlung, dass sie ihres Wissens nach gesund sei (Seite 4 mündl. Vhdlg) und dem Umstand, dass keine gegenteiligen Hinweise hervorgekommen sind.

Im Hinblick auf die im Herkunftsstaat lebende Angehörige ergeht aus der Befragung der Großmutter, dass sie ab und zu Kontakt zu ihrer in Tiflis lebenden Mutter habe (AS 153).

Sofern in der Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der bP, am 22.04.2021 einlangend, hervorgehoben wird, dass die bP ihre gesamte Schullaufbahn außerhalb Georgiens absolviert habe, sodass die bP auch die Sprache nicht mehr richtig sprechen würde, wird angemerkt, dass die bP in Georgien geboren wurde und die ersten 8 Jahre in Georgien verbracht hat und dadurch mit der Sprache und den Gebräuchen in seinem Herkunftsstaat jedenfalls vertraut wurde. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die bP bis zum 06.03.2019 mit ihrer georgisch sprechenden Mutter und Großmutter zusammenlebte und davon ausgegangen wird, dass die Familienmitglieder zumindest einen gewissen Zeitraum nach dem Verlassen Georgiens untereinander überwiegend – wenn nicht ausschließlich – in der georgischen Sprache kommunizieren. Es sind keine Umstände angezeigt, weshalb sie sich nicht in ihrer Muttersprache unterhalten sollten. Auch gibt die bP selber an, dass sie mit ihrer Mutter und Großmutter mehr Georgisch gesprochen hätte (Seite 8 mündl. Vhdlg.). Entgegen der Stellungnahme geht das ho. Gericht davon aus, dass die bP die georgische Sprache nach wie vor auf muttersprachlichem Niveau beherrscht. Bei der georgischen Schrift handelt es sich notorisch bekannter Weise um eine Lautschrift, welche aus einer überschaubaren Zahl von 33 Buchstaben besteht, welche die bP mit verhältnismäßigen Aufwand erlernen oder ihre Kenntnis darin verbessern kann.

Die Feststellungen zur Delinquenz der bP ergeben sich aus der Beischaffung aktueller verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen, sowie der Einholung aktueller Auszüge aus dem Strafregister der Republik Österreich, sowie den entsprechenden Urteilen, sowie der Verständigung der zuständigen Staatsanwaltschaft in Bezug auf das vorläufige Zurücktreten von der Strafverfolgung.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau ausreichende Aktualität zu.

Darüber hinausgehende Ausführungen ergeben sich aus sowohl für die bP als georgischer Staatsbürger als auch für die bB als Spezialbehörde notorisch bekannten Tatsachen, welche sich auch aus dem Inhalt einer Mehrzahl öffentlich – auch elektronisch - zugänglichen Quellen zusammensetzen und in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmen.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass für das ho. Gericht nicht die Quellen- und Berichtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die bB, sondern jene zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht maßgeblich ist.

Letztlich trat die bP den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen um beim ho. Gericht Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit aufkommen zu lassen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet. Soweit die bP in der Beschwerdeverhandlung befragt zu den Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien in den Raum stellt, dass ihre Abschiebung nach Georgien ähnlich zu sehen sei, als würde ein 19-Jähriger von seinem Land nach Österreich flüchten müssen, weil die bP dort niemanden hätte und zudem das Einreiseverbot es der bP verbiete, ihre Tochter fünf Jahre lang nicht zu sehen (Seite 8 mündl. Vhdlg), so sind jene Aussagen nicht geeignet die zusammengetragenen Quellen zu entkräften.

Dass die bP im Falle ihrer Rückkehr irgendwelchen Repressalien ausgesetzt sein würde, wurde weder vorgebracht, noch ergaben sich solche aus den getätigten Ermittlungen unter Heranziehung der landeskundlichen Feststellungen.

Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass in Bezug auf die bP mit Erkenntnis des ho. Gerichts GZ. W196 1409550-2/15E vom 19.06.2018 rechtskräftig festgestellt wurde, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat keiner Gefahr iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ausgesetzt ist und dass die bP nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein.

Soweit die rechtsfreundliche Vertretung Mängel im behördlichen Ermittlungsverfahren moniert, ist festzuhalten, dass diese – soweit sie tatsächlich vorlagen - durch das ergänzende Ermittlungsverfahren des ho. Gerichts saniert wurden.

3.       Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Gem. § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013 hat das ho. Gericht das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat und ist somit vom Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit der Republik Georgien auszugehen. Die bP brachten keinen qualifizierten Sachverhalt vor, welcher diesen Grundsatz im gegenständlichen Einzelfall erschüttern würden (vgl. Erk. des VwGH vom 15.10.20014 G237/03; vgl. auch Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, sowie Anhang I zur RL).

II.3.1.5.1. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungs-relevanten Lage in der Republik Georgien verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

II.3.1.5.2. Im gegenständlichen Fall kann aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit der Republik Georgien auch davon ausgegangen werden, dass die georgischen Behörden gewillt und befähigt sind, Menschen, die sich auf dem von der georgischen Zentralregierung kontrolliertem Territorium befinden, vor Übergriffen und Repressalien wirksam und nachhaltig zu schützen (VwGH 25.6.2020 Ra 2019/180441 mwN).

II.3.1.6. Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB jedenfalls erfüllt. Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht war in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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