Entscheidungsdatum
07.10.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W221 2218148-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vom 13.03.2019, Zl. BMVRDJ-3000077/0003-II 4/2019, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
„Gemäß § 77a Abs. 1 Z 1 lit. b, Z 2 iVm Abs. 2 Z 2 GehG 1956 wird Ihnen in Hinblick auf Ihren Antrag vom 07.08.2017 die ruhegenussfähige Ergänzungszulage in Höhe der Funktionszulage der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 4 (rückwirkend) für den Zeitraum 01.04.2016 bis 30.08.2019 auf Grund Ihrer in diesem Zeitraum erfolgten Verwendung auf dem Arbeitsplatz ‚Oberaufsicht Betriebsgruppe 2‘, PM-SAP Nr. 30009842, Bewertung E2a/4 gewährt.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 07.08.2017 den Antrag auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG. Begründend führte er darin aus, dass er seit 01.04.2016 die höherwertige Tätigkeit der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 vorübergehend ausübe.
Mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Ergänzungszulage nur für den Zeitraum 01.04.2016 bis 30.11.2016 gewährt. Begründend wird darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar mit 01.04.2016 mit mündlichem Dienstauftrag mit der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 betraut worden sei, dieser Dienstauftrag jedoch mündlich mit 30.11.2016 wieder zurückgezogen worden sei. Die Tätigkeit sei nach November 2016 auch nicht in den Tagesdienstplänen vermerkt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er im Wesentlichen ausführte, dass er die Tätigkeit auch nach dem 30.11.2016 weiterhin ausgeübt habe, wozu er auch Beweismittel vorlege.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 26.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.03.2021, 12.05.2021 und 15.09.2021 in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters und der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, zur gegenständlichen Rechtssache Stellung zu nehmen und insgesamt vier Zeugen befragt wurden. In der mündlichen Verhandlung schränkte der Beschwerdeführer seinen Antrag auf die Zuerkennung bis 30.08.2019 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Leiter der Beamtenküche in der Justizanstalt XXXX (E2a/2).
1.2. Dem Beschwerdeführer wurde am 01.04.2016 vom Wirtschaftsleiter der Justizanstalt der mündliche Dienstauftrag erteilt, dass er vorübergehend bis zur Besetzung dieser Planstelle auf dem Arbeitsplatz Oberaufsicht Betriebsgruppe 2, PM-SAP Nr. 30009842, Bewertung E2a/4, verwendet wird.
1.3. Im April 2016 kam es zu Differenzen zwischen dem Beschwerdeführer und der Anstaltsleitung zum Thema der Beschäftigung weiblicher Insassinnen gemeinsam mit männlichen Insassen in der Beamtenküche. Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dass dies nicht möglich sei, wenn nur ein Betriebsbediensteter in der Beamtenküche eingeteilt ist. Dies teilte er der Generaldirektion für den Strafvollzug mit Schreiben vom 14.06.2016 mit. Nach Remonstration gegen die mündliche Weisung erhielt der Beschwerdeführer am 13.06.2016 eine schriftliche Weisung des Anstaltsleiters, wonach weibliche Insassinnen in der Beamtenküche unabhängig von der personellen Besetzung der Beamtenküche ihren Dienst zu verrichten haben.
1.4. Im November 2016 beauftragte der Anstaltsleiter den Leiter des Rechtsbüros beim Mittagessen damit, dass er den Beschwerdeführer mündlichen anweisen soll, während der Arbeit in der Beamtenküche das Leitungsteam nicht anzustarren und die Gespräche nicht zu belauschen. Dem Leiter des Rechtsbüros ist ein solches Verhalten selbst nicht aufgefallen, er ist der Weisung aber nachgekommen. Der Anstaltsleiter verließ die Beamtenküche und der Leiter des Rechtsbüros richtete dem Beschwerdeführer aus, dass er den Esstisch des Leitungsteams nicht anstarren und die Gespräche nicht belauschen solle. Der Beschwerdeführer hat den Kopf geschüttelt, sich abgewandt, ist in Richtung Küche gegangen und hat etwas in sich hineingemurmelt, das der Leiter des Rechtsbüros nicht verstanden hat. Es war aber erkennbar, dass er mit der Ansage nicht einverstanden ist. In weiterer Folge ersuchte der Anstaltsleiter den Leiter des Rechtsbüros mehrfach, den Vorfall schriftlich festzuhalten, was der Leiter des Rechtsbüros nicht tat, weil aus seiner Sicht kein dienstliches Fehlverhalten vorlag.
1.5. Im Zeitraum von 25.06.2018 bis 16.07.2018 wurde eine anstaltsinterne Interessentensuche zur Besetzung der Funktion der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 durchgeführt. Dabei gab es neben dem Beschwerdeführer einen weiteren Bewerber, der letztlich mit 01.09.2019 in der Funktion ernannt wurde.
1.6. Als Oberaufsicht der Betriebsgruppe 2 waren unter anderem Aufgaben des Beschwerdeführers die Kontrolle, Überwachung und Durchführung aller Betriebsabläufe, die Planung und Mitwirkung an der Errichtung und Ausstattung der Betriebsräume und von Arbeitsplätzen für die Insassen bzw. Verbesserung der Beschäftigtensituation sowie die Beschleunigung betriebsstellenübergreifender Arbeitsleistungen. Im Zuge dieser Tätigkeit führte der Beschwerdeführer in den Jahren 2016 und 2017 die Mitarbeitergespräche mit den in seinen Bereich (Betriebsgruppe 2) fallenden Mitarbeitern durch. Im Jahr 2018 wurden die Mitarbeiter der Betriebsgruppe 2 für die Mitarbeitergespräche der Oberaufsicht der Betriebsgruppe 1 zugewiesen mit Hinweis auf die laufende Interessentensuche für die Betriebsgruppe 2. Die sonstigen Aufgaben übte der Beschwerdeführer weiterhin aus. Aufgrund von personellen und zeitlichen Engpässen war die Oberaufsicht der Betriebsgruppe 1 nicht in der Lage, die Mitarbeitergespräche der Mitarbeiter der Betriebsgruppe 2 im Jahr 2018 durchzuführen.
1.7. Dem Beschwerdeführer wurde der Dienstauftrag zur Ausübung der Oberaufsicht der Betriebsgruppe 2 nie mündlich oder schriftlich per Weisung entzogen. Sowohl der Anstaltsleiter als auch der Wirtschaftsleiter der Justizanstalt waren mit dem Beschwerdeführer unzufrieden, weshalb sie sich im Bewerbungsverfahren dagegen aussprachen, dass der Beschwerdeführer die Funktion der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 erhält. Bis zur Besetzung dieser Funktion übte der Beschwerdeführer aber die Funktion der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 interimistisch aus.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu 1.1., 1.2. und 1.5. ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Parteien und sind unstrittig. Dass die interimistische Leitung der Oberaufsicht bis zum Abschluss der Ausschreibung gedacht war, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und des als Zeugen einvernommenen Wirtschaftsleiters XXXX .
Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich aus den im Akt befindlichen unbedenklichen Dokumenten: Protokoll einer Dienstbesprechung vom 21.04.2016 zum Erlass BMJ-GD 41750/0008-II 3/2015 vom 03.02.2016 (Beilage ./1); Schreiben des Beschwerdeführers vom 17.05.2016 an den Wirtschaftsleiter (Beilage ./2a); Protokoll einer Besprechung im Leitungsteam vom 02. und 03.06.2016 (Beilage ./15); Schreiben des Beschwerdeführers vom 14.06.2016 an die Generaldirektion (Beilage ./2) und Weisung vom 13.06.2016 (Beilage ./13).
Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich aus den überzeugenden und glaubhaften Angaben des Leiters des Rechtsbüros Mag. XXXX in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2021. Dieser schilderte die Begebenheiten von sich aus, wie er sie erlebt hat. Auf Vorhalt der davon abweichenden Darstellung des Anstaltsleiters in der Verhandlung vom 12.05.2021 zeigte sich der Zeuge merklich schockiert und überrascht und betonte ausdrücklich, dass kein Schimpfwort durch den Beschwerdeführer gefallen sei, sondern lediglich eine Unmutsäußerung erkennbar gewesen sei, deren Wortwahl er jedoch nicht vernommen hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, was genau der Zeuge dem Anstaltsleiter von den Vorkommnissen im November 2016 berichtete, da er nun in der Gerichtsverhandlung unter Wahrheitspflicht klar aussagte, dass kein Schimpfwort gefallen ist und er selbst auch nicht das Gefühl hatte, vom Beschwerdeführer beobachtet und belauscht zu werden. Dabei wird nicht verkannt, dass auch der Zeuge ein dienstrechtliches Verfahren geführt hat und seit 2018 ein differenziertes Verhältnis zum Anstaltsleiter hat, doch hat er dies auf konkrete Frage der erkennenden Richterin von sich aus offengelegt und es war in der mündlichen Verhandlung deutlich erkennbar, dass ihm eine abweichende Aussage zu jener des Anstaltsleiters aus Sorge um eine korrekte Zusammenarbeit mit diesem nicht leichtfällt.
Die Feststellungen zu 1.6. ergeben sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung (Beilage ./6) und der schriftlichen Darstellung der Tätigkeiten durch den Beschwerdeführer vom 20.04.2018 (Beilage ./12). Dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2016 und 2017 die Mitarbeitergespräche geführt hat, ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben und der vorgelegten Einteilung der Mitarbeitergespräche samt Meldung des Beschwerdeführers an den Ausbildungsleiter über die erfolgreiche Durchführung im Jahr 2017 (Beilage ./8). Sowohl der Anstaltsleiter als auch der Wirtschaftsleiter waren in der mündlichen Verhandlung als Zeugen nicht in der Lage zu erklären, warum der Beschwerdeführer die Mitarbeitergespräche 2017 noch durchgeführt hat, obwohl er dafür angeblich nicht mehr zuständig war. Beide schoben die Verantwortung bzw. Zuständigkeit letztlich auf den jeweils anderen ab. Erhellend war in diesem Zusammenhang die Zeugenaussage des Leiters der Oberaufsicht für die Betriebsgruppe 1 am 15.09.2021: Dieser bestätigte, dass der Beschwerdeführer die Mitarbeitergespräche 2016 und 2017 geführt hat und betonte schlüssig und nachvollziehbar, dass er sehr überrascht gewesen sei, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 nicht mehr für die Führung der Mitarbeitergespräche vorgesehen war. Da der Zeuge nach der Einteilung für das Jahr 2018 auch für die Mitarbeiter der Betriebsgruppe 2 zuständig gewesen wäre, habe er sich an den Ausbildungsleiter gewandt, weil er davon ausgegangen sei, dass es sich um einen Fehler handeln müsse. Der Ausbildungsleiter habe nicht gewusst, warum das so verfügt worden sei, weshalb sich der Zeuge an den Wirtschaftsleiter wandte. Dieser habe ihm gesagt, dass die Stelle bald offiziell besetzt werde und die Gespräche dann von dem neuen Funktionsinhaber geführt werden würden. Niemals sei dem Zeugen gesagt worden, dass der Beschwerdeführer die Funktion der Oberaufsicht gar nicht mehr ausführe. Der Zeuge gab auch nachvollziehbar an, dass er die Gespräche aus Personalnot nicht geführt habe und aus seiner Sicht in diesem Jahr niemand die Gespräche geführt habe, da es auch nicht zur Nachbesetzung der Planstelle gekommen sei. Darüber hinaus legte der Zeuge die Einteilungen für die Mitarbeitergespräche aus den Jahren 2015 bis 2018 vor, welche seinen Angaben folgend per Mail an die Betroffenen am Jahresbeginn verschickt werden (Beilage ./25).
Zur Feststellung zu 1.7.: Vorweg ist festzuhalten, dass zu diesem Punkt unterschiedliche Aussagen vorliegen und letztlich bei dem behaupteten Gespräch über die angeblich erteilte Weisung nur zwei Personen anwesend waren, nämlich der Beschwerdeführer und der Wirtschaftsleiter XXXX , die jedoch unterschiedliche Aussagen tätigen. Aus folgenden Überlegungen kommt den Schilderungen des Beschwerdeführers im Rahmen der freien Beweiswürdigung und aufgrund des persönlichen Eindrucks der erkennenden Richterin in den Verhandlungen mehr Glaubhaftigkeit zu als jenen des Wirtschaftsleiters und des Anstaltsleiters:
Der Wirtschaftsleiter und der Anstaltsleiter begründeten die behauptete Weisung mit den unter 1.3. und 1.4. geschilderten Vorkommnissen, die letztlich das Vertrauen in den Beschwerdeführer erschüttert hätten. Glaubhaft ist jedenfalls, dass der Wirtschaftsleiter und der Anstaltsleiter die Bewerbung des Beschwerdeführers für die Funktion der Oberaufsicht nicht unterstützt haben und nicht wollten, dass er die Planstelle erhält.
Die belangte Behörde zitiert dazu in ihrem Schriftsatz vom 01.03.2021 die Stellungnahmen des Anstaltsleiters und des Wirtschaftsleiters zur Bewerbung des Beschwerdeführers im Jahr 2018, aus denen sich klar ergibt, dass sich der Anstaltsleiter und der Wirtschaftsleiter gegen den Beschwerdeführer ausgesprochen haben. Aus der Stellungnahme des Anstaltsleiters geht aber auch hervor, dass offenbar auch der Dienststellenausschuss der Ansicht ist, dass der Beschwerdeführer die Vertretungsaufgaben interimistisch bis zur Beendigung des noch laufenden Ausschreibungsverfahrens ausgeübt hat, da der Anstaltsleiter konkret anführt, dass er diese Ansicht nicht teilt („Wenn vom Genannten bzw. dem Dienststellenausschuss behauptet wird, dass [der Beschwerdeführer] die Vertretungsaufgaben, die er interimsmäßig bis zur Beendigung des noch laufenden Ausschreibungsverfahrens seinen Angaben zufolge anstandslos und hervorragend ausübt, dann kann dies nicht bestätigt werden,“)
In diesem Sinne schildert auch der Beschwerdeführer das Gespräch mit dem Wirtschaftsleiter im November 2016 so, dass dieser ihn aufgefordert habe, sich beim Anstaltsleiter zu entschuldigen, damit er dann die Planstelle für die Oberaufsicht erhalten könne. Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft machen, dass er davon ausgegangen sei, dass er sich für sein unter 1.3. angeführtes Schreiben an die Generaldirektion entschuldigen sollte und er von der behaupteten Beschimpfung erst im Zuge des Verfahrens aus den Schriftsätzen erfahren habe. Diese Aussage ist insbesondere im Zusammenhang mit der Zeugenaussage Mag. XXXX schlüssig, der – wie bereits ausgeführt – keine Beschimpfung gehört hat.
Die Glaubwürdigkeit des Anstaltsleiters hat darunter gelitten, dass er die unter 1.4. geschilderten Vorkommnisse aufgebauscht hat. Dies hat sich aus der überzeugenden Aussage des Zeugen Mag. XXXX ergeben. Daher ist eher anzunehmen, dass der Vorfall in diesem Verfahren nur als Vorwand benutzt wird, um eine behauptete Weisung zu rechtfertigen. Der Vorfall ist nämlich bis zum Jahr 2018 auch in keiner Form schriftlich dokumentiert.
Die Glaubwürdigkeit des Wirtschaftsleiters hat darunter gelitten, dass er letztlich nicht erklären konnte, warum der Beschwerdeführer auf verschiedenen Unterlagen noch nach November 2016 geführt wird. So hat der Wirtschaftsleiter dem Beschwerdeführer am 10.07.2017 einen Kontrollbericht des Magistrats XXXX zur Anstaltsküche weitergeleitet und darauf handschriftlich „stv. XXXX “ vermerkt (Beilage ./4). Wie das Beweisverfahren durch die Zeugenaussagen klar ergeben hat, hätte der Beschwerdeführer diesen Bericht niemals erhalten müssen, wenn er nicht die Oberaufsicht innegehabt hätte, weil er dann nicht für die Anstaltsküche (Anmerkung: nicht dasselbe wie die Beamtenküche) zuständig gewesen wäre. Soweit der Wirtschaftsleiter dazu als Zeuge befragt meint, dass er sich hier wohl „aus Gewohnheit“ verschrieben habe, ist dies in keiner Weise nachvollziehbar, da nicht davon auszugehen ist, dass jemand, der acht Monate zuvor einen Beamten mit Weisung von einer Funktion entheben musste, dies einfach so vergisst. Auch scheint wenig plausibel, dass bei einer Tätigkeit des Beschwerdeführers als Oberaufsicht von lediglich sechs Monaten – wie dies der Zeuge behauptet – eine Gewohnheit eintreten kann, wenn die beiden zuvor Jahrzehnte gemeinsam Dienst hatten, in welchen der Beschwerdeführer diese Funktion nicht innehatte. Sowohl der Zeuge Mag. XXXX als auch der Zeuge XXXX beschreiben den Wirtschaftsleiter als gewissenhaften und genauen Beamten, dem sie nicht zutrauen, dass ihm solche Fehler passieren, die aus Sicht des Zeugen Mag. XXXX auch keine Kleinigkeiten darstellen.
Noch Ende 2017 führte der Wirtschaftsleiter mit dem Beschwerdeführer ein Mitarbeitergespräch durch, in welchem unter dem Punkt „Entwicklungsmaßnahmen für das Jahr 2018 festgehalten ist: „die Funktion der Oberaufsicht, die ich derzeit als Stv. ausübe sollte ehest besetzt werden“ (Beilage ./5). Vollkommen unerklärlich ist es, warum der Wirtschaftsleiter eine solche Entwicklungsmaßnahme unterschreiben sollte, wenn nicht der Beschwerdeführer die Oberaufsicht interimistisch ausüben würde. Der Wirtschaftsleiter gab dazu als Zeuge befragt in der Verhandlung auch nur an, dass dieser Satzteil für ihn keinen Sinn ergebe.
Für eine Tätigkeit als Oberaufsicht im Jahr 2018 spricht außerdem die bereits erwähnte und vom Zeugen XXXX vorgelegte Einteilung der Mitarbeitergespräche für das Jahr 2018: In dieser ist vorgesehen, dass der Wirtschaftsleiter das Mitarbeitergespräch mit dem Beschwerdeführer zu führen hat. Wie der Zeuge XXXX dazu erklärend und überzeugend ausführte, wäre der Wirtschaftsleiter nicht für das Mitarbeitergespräch mit dem Beschwerdeführer zuständig gewesen, wenn dieser nicht die Funktion der Oberaufsicht innegehabt hätte. Der Wirtschaftsleiter sei nämlich nur für die Oberaufsichten, die Hauptsachbearbeiter und seine eigenen Mitarbeiter in der Wirtschaftsstelle zuständig gewesen. Wäre der Beschwerdeführer nicht Oberaufsicht gewesen, sondern lediglich Leiter der Beamtenküche, wäre der Zeuge XXXX selbst für ihn zuständig gewesen. Diese Angaben decken sich auch mit der vorgelegten Einteilung zu den Mitarbeitergesprächen aus dem Jahr 2015, in welchem der Beschwerdeführer unbestritten keine Oberaufsicht leitete und daher auch nicht beim Wirtschaftsleiter für das Mitarbeitergespräch eingeteilt war. Die Einteilung beim Wirtschaftsleiter erfolgte erst im Jahr 2016, in welchem der Beschwerdeführer zur Oberaufsicht interimistisch bestellt wurde. Diese Überlegungen treffen im Übrigen auch auf das zuvor erwähnte Mitarbeitergespräch im Jahr 2017 zu, für welches der Wirtschaftsleiter auch nicht zuständig gewesen wäre, wenn der Beschwerdeführer nicht die Oberaufsicht innegehabt hätte.
Völlig unverständlich und unplausibel ist es, dass die behauptete Weisung nie schriftlich festgehalten wurde: Spätestens mit Antragstellung am 07.08.2017 musste sowohl dem Wirtschaftsleiter als auch dem Anstaltsleiter klar gewesen sein, dass der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass er noch immer interimistisch die Oberaufsicht ausübt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte also einer der beiden schriftlich gegenüber dem Beschwerdeführer die Weisung erteilen können, die von ihm behauptete Funktion nicht mehr weiter auszuüben, um dies offiziell und dokumentiert klarzustellen.
Nicht nur, dass das unterblieb, führte der Beschwerdeführer im Dezember 2017 (vgl. Beilage ./8) – wie bereits in der Beweiswürdigung zu 1.6. dargelegt - auch noch die Mitarbeitergespräche mit den Mitarbeitern der Betriebsgruppe 2 durch; eine Tätigkeit, die er ohne die Funktion der Oberaufsicht nicht durchführen müsste und zu der er auch beauftragt wurde.
Soweit darauf verwiesen wird, dass der Beschwerdeführer erst am 07.08.2017 seinen Antrag gestellt hat und nicht bereits am 01.10.2016 nach Ablauf der sechs Monate, ist dazu auszuführen, dass gerade die späte Antragstellung dafürspricht, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung davon ausgegangen ist, dass er die Funktion der Oberaufsicht ausführt und keine anderslautende Weisung erhalten hat.
Auffallend und nicht erklärbar ist auch, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 07.08.2017 bis zu seiner Beschwerde an die belangte Behörde am 12.03.2018 vom Anstaltsleiter nicht im Dienstweg an die belangte Behörde weitergeleitet wurde.
Soweit ausgeführt wird, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers weder in den Tagesdienstplänen noch im Diensteinteilungs- und Stundenabrechungsprogramm (DPSA) vermerkt ist, hat das Beweisverfahren klar ergeben, dass an dieser Justizanstalt nur offizielle Funktionen und keine interimistischen Funktionen im DPSA vermerkt werden. So hat die Auswertung aus dem unstrittigen Zeitraum April bis November 2016 gezeigt, dass auch in diesem Zeitraum die Funktion beim Beschwerdeführer nicht vermerkt war und bestätigt letztlich auch der Anstaltsleiter als Zeuge, dass der Beschwerdeführer in der Funktion nicht aufgeschienen ist, weil nur jene Funktionen vermerkt werden, die offiziell bestellt sind.
Soweit dem Beschwerdeführer vorgehalten wird, dass er keine Aufzeichnungen über seine Tätigkeit geführt habe, ist dazu auszuführen, dass der Wirtschaftsleiter als Zeuge angab, dass ihm keine Dokumentationsvorgaben bekannt seien.
Ebenfalls nicht plausibel und nachvollziehbar scheint es, dass ab November 2016 bis zur Besetzung der Stelle mit September 2019 niemand die Oberaufsicht ausgeübt haben soll und damit für einen so langen Zeitraum die Aufgaben unerledigt bleiben würden.
Keinesfalls kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer alle Aufgaben der Oberaufsicht weisungswidrig weiter ausgeführt hat. Der Beschwerdeführer und auch der Zeuge XXXX haben glaubhaft dargelegt, dass in der Justizanstalt Personalnot herrscht, sodass nicht anzunehmen ist, dass der Beschwerdeführer entgegen einer Weisung zusätzliche Tätigkeiten – ohne entsprechende Bezahlung – auf sich nehmen würde. Noch dazu wurde der Beschwerdeführer zu den Mitarbeitergesprächen 2017 von der Anstaltsleitung auch offiziell eingeteilt, wie sich aus den unter 1.6. bereits ausgeführten Unterlagen und Zeugenaussagen ergibt.
Der Zeuge Mag. XXXX gab in der Verhandlung vom 15.09.2021 auch nachvollziehbar an, dass er als Leiter des Rechtsbüros Teil des Leitungsteams sei und vor seiner unfallbedingten Abwesenheit im Jahr 2018 auch stellvertretender Wirtschaftsleiter gewesen sei, sodass er von einer solchen Weisung erfahren hätte müssen, was aber nicht geschehen sei. Die Abberufung sei auch nicht im Leitungsteam besprochen worden.
Letztlich war besonders überzeugend die Zeugenaussage des Leiters der Oberaufsicht der Betriebsgruppe 1 XXXX , der erkennbar in keine Streiterei in der Justizanstalt verstrickt ist und objektiv und klar angab, dass ihm in all den Jahren nie gesagt worden sei, dass der Beschwerdeführer die Oberaufsicht nicht mehr interimistisch ausführe. Diese Information wäre für ihn aber essentiell gewesen, weil er mit dem Beschwerdeführer eng zusammengearbeitet habe. Der Zeuge bestätigt auch, dass der Beschwerdeführer bis zur Neubesetzung der Funktion die Tätigkeit als Oberaufsicht der Betriebsgruppe 2 ausgeführt hat. Er habe mit ihm als Oberaufsicht ganz normal weitergearbeitet und alles besprochen, auch nachdem 2018 die Mitarbeitergespräche beim Beschwerdeführer weggefallen seien. Er habe mit ihm gang konkrete Tätigkeiten durchgeführt, die er nicht mit dem Beschwerdeführer machen würde, wenn dieser nicht die Oberaufsicht wäre. Dass der Zeuge davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer die Oberaufsicht innehat, erhellt sich auch aus dem im Akt befindlichen E-Mail des Zeugen vom 17.01.2019, in welchem er den Ausbildungsleiter darüber informiert, dass er die Mitarbeitergespräche mit den Mitarbeitern seines Bereiches durchgeführt habe, aber mit den anderen eingeteilten Mitarbeitern nicht, weil er für diese unzuständig sei, weil der Beschwerdeführer als stv. Oberaufsicht für die Mitarbeiter der Betriebsgruppe 2 zuständig sei. Völlig überzeugend gab der Zeuge an, dass auch nach diesem E-Mail niemand zu ihm gesagt hat, dass der Beschwerdeführer nicht mehr die Oberaufsicht innehat, sondern die Nichtdurchführung der Mitarbeitergespräche schlicht mit der gerade laufenden Ausschreibung begründet wurde. So war der Zeuge in der Lage, einfache Vorgänge in der Justizanstalt im Gegensatz zu dem Wirtschaftsleiter denklogisch zu erklären.
Soweit der Wirtschaftsleiter als Zeuge behauptet, dass er keine Tätigkeiten des Beschwerdeführers wahrgenommen habe, steht dies im Widerspruch zu diesen glaubhaften Aussagen. Darüber hinaus hat der Wirtschaftsleiter als Zeuge in der Verhandlung vom 12.05.2021 auch angegeben, dass er sich auch an keine konkreten Tätigkeiten des Beschwerdeführers in dem unstrittigen Zeitraum April 2016 bis November 2016 mehr erinnern kann, sodass eher von einer insgesamt fehlenden Erinnerung aufgrund der vergangenen Zeit und der inzwischen erfolgten Ruhestandsversetzung des Zeugen auszugehen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.
Zu A)
1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des GehG, BGBl. 54/1956 idF BGBl. I 115/2021, lauten auszugsweise wie folgt:
„Ergänzungszulage für bestimmte vorübergehende Verwendungen
§ 77a. (1) Dem Beamten des Exekutivdienstes gebührt eine ruhegenussfähige Ergänzungszulage, wenn
1. er
a) […]
b) für einen sechs Monate überschreitenden Zeitraum mit einer Tätigkeit auf einem Arbeitsplatz betraut ist, ohne damit dauernd oder gemäß § 145d Abs. 1 oder § 145b Abs. 8 BDG 1979 betraut zu sein, und
2. ihm für den Fall einer dauernden Betrauung oder einer Betrauung gemäß § 145d Abs. 1 BDG 1979 mit dieser Verwendung ein Monatsbezug gebühren würde, der den Monatsbezug des Beamten übersteigt.
(1a) Voraussetzung für eine Ergänzungszulage nach Abs. 1 ist, dass der Inhalt des Arbeitsplatzes, mit dem der Beamte gemäß Abs. 1 betraut ist, gleich geblieben ist. Ist die Identität dieses Arbeitsplatzes auf Grund von inhaltlichen Änderungen nicht mehr gegeben oder ist der Beamte mit einem neu eingerichteten Arbeitsplatz gemäß Abs. 1 betraut, gebührt eine Ergänzungszulage nach Abs. 1 nur unter der Bedingung, dass der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ein Bewertungsverfahren nach den Kriterien des § 143 BDG 1979 durchgeführt hat. Dies gilt insbesondere für Projektarbeitsplätze, die zusätzlich folgende Kriterien erfüllen müssen:
1. - 2. […]
(2) Die Ergänzungszulage gebührt,
1. […]
2. wenn dem Beamten des Exekutivdienstes, dem eine Funktionszulage gebührt, im Fall einer dauernden Betrauung eine höhere Funktionszulage gebühren würde, in der Höhe des Unterschiedes zwischen
a) seiner Funktionszulage und
b) der jeweiligen höheren Funktionszulage,
abzüglich einer allfälligen Ergänzungszulage nach § 77,
3. wenn dem Beamten des Exekutivdienstes, der sich nicht in der Ausbildungsphase befindet und dem weder ein Fixgehalt noch eine Funktionszulage gebührt, im Fall einer dauernden Betrauung eine Funktionszulage gebühren würde, in der Höhe dieser Funktionszulage abzüglich einer allfälligen Ergänzungszulage nach § 77.
(3) Ist eine im Abs. 1 angeführte Verwendung einer der Funktionsgruppen 8 bis 12 der Verwendungsgruppe E 1 zugeordnet, gelten durch die Ergänzungszulage alle Mehrleistungen des Beamten des Exekutivdienstes in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten. Dabei gilt jener Teil der Ergänzungszulage als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen, der dem Betrag entspricht, der sich gemäß § 74 Abs. 4 letzter Satz oder gemäß § 74a Abs. 4 letzter Satz im Fall einer Ernennung auf den betreffenden Arbeitsplatz ergäbe.“
2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 30.11.2016 die Ergänzungszulage gemäß § 77a GehG zuerkannt, jedoch nicht für den darüberhinausgehenden Zeitraum bis zur Besetzung der Stelle mit 01.09.2019.
Wie bereits in der Beweiswürdigung begründend dargelegt, hat das Beweisverfahren ergeben, dass der Beschwerdeführer bis zum 30.08.2019 den Arbeitsplatz der Oberaufsicht Betriebsgruppe 2 ausgeführt hat. Demgegenüber ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer seine Aufgaben mit Weisung Ende November 2016 wieder entzogen worden sind.
Dem Beschwerdeführer gebührt daher die Ergänzungszulage auch für den Zeitraum bis 30.08.2019, da er im Sinne des § 77a GehG für einen sechs Monate überschreitenden Zeitraum mit einer Tätigkeit auf einem Arbeitsplatz betraut war, ohne damit dauernd betraut zu sein und ihm für den Fall einer dauernden Betrauung mit dieser Verwendung ein Monatsbezug gebührt hätte, der seinen Monatsbezug übersteigt.
Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Funktionsgruppe Funktionszulage höherwertige Verordnung öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ruhegenussfähige Ergänzungszulage Spruchpunkt - Abänderung Verwendungsgruppe vorübergehende BetrauungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2218148.1.00Im RIS seit
14.01.2022Zuletzt aktualisiert am
14.01.2022