TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/13 W212 2246205-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W212 2246205-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor Klammer, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 17.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgten zuvor erkennungsdienstliche Behandlungen in Italien am 08.04.2015 und am 10.04.2015 und in Deutschland am 13.10.2015.

2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.05.2021 gab der Beschwerdeführer an, er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern würden. Er habe sein Heimatland vor etwa neun Jahren verlassen und sich zunächst etwa eine Woche im Niger und dann etwa zwei Jahre in Libyen aufgehalten. Danach sei er etwa sechs Monate in Italien gewesen und daraufhin sechs Jahre in Deutschland. Seit dem 16.05.2021 befinde er sich in Österreich. In Italien sei er krank gewesen und menschlich nicht gut behandelt worden. In Deutschland habe er eine Ausbildung als Hotelfachmann gemacht, die drei Jahre gedauert habe. Die Prüfung sei allerdings sehr schwierig gewesen, er sei zweimal angetreten und könnte auch noch ein drittes Mal antreten. In Deutschland habe er aber nicht bleiben dürfen, sein Asylverfahren sei abgelehnt worden. Er wolle weder nach Deutschland noch nach Italien zurückkehren.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, er werde in Nigeria von einigen Leuten aufgrund der Religionskrise verfolgt. Nigeria sei außerdem kein sicheres Land und könne man dort jederzeit ermordet werden.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin am 19.05.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland. Mit Schreiben vom 25.05.2021 erklärte sich Deutschland zur Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich bereit. Die deutsche Dublinbehörde übermittelte auch eine Aliasidentität des Beschwerdeführers.

4. Mit Schreiben vom 25.05.2021 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um Erstreckung der Überstellungsfrist auf 18 Monate gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO, da der Beschwerdeführer untergetaucht sei.

5. Am 28.06.2021 übermittelte der Beschwerdeführer eine Krankmeldung von 28.06.2021 bis 05.07.2021. Die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hätte am 29.06.2021 stattfinden sollen.

6. Am 04.08.2021 übermittelte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Krankmeldung von 04.08.2021 bis 13.08.2021 und teilte mit, dass der Beschwerdeführer den Einvernahmetermin am 05.08.2021 nicht wahrnehmen könne.

7. Mit Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2021 wurde festgehalten, dass sich aufgrund nicht nachvollziehbarer Entschuldigungen und Krankmeldungen der Verdacht offenbare, dass möglicherweise Scheinentschuldigungen übermittelt würden, um einer Einvernahme zu entgehen, sich dem Verfahren zu entziehen und somit die Erledigung zu verhindern. Laut Auskunft der behandelnden Ärztin, die angab, sich an den Beschwerdeführer erinnern zu können, habe sie den Fall nur übernommen, da sie darum „vertretungsweise“ gebeten worden wäre. Der Beschwerdeführer sei nicht ernsthaft krank gewesen und könne sie dessen Einvernahmefähigkeit bestätigen.

8. Mit Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.08.2021 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer während seines Krankenstandes vom 04.08.2021 bis 13.08.2021 am 07.08.2021 beim XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin die Ehe einging. Die vorgelegte Krankmeldung stelle, in Verbindung mit dem Zeitpunkt der Eheschließung, keine taugliche Entschuldigung für das Fernbleiben der Amtshandlung dar und impliziere ein vorsätzliches Nicht-Mitwirken am Verfahren.

9. Am 17.08.2021 fand unter Zuziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Befragt ob er an schweren Krankheiten leidet, gab er an, er könne sich nicht konzentrieren, habe Gedächtnisprobleme und bekomme Kopfschmerzen, wenn er viel spreche. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer während seines Krankenstandes heiratete und des Verdachts auf Scheinkrankmeldungen, gab der Beschwerdeführer an, er habe nicht dazu zu sagen. Er sei zu den angesetzten Terminen vor der Behörde krank gewesen. Nachgefragt was er genau gehabt habe, antwortete der Beschwerdeführer mit „all das kam zusammen“. In Österreich habe er keine Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte. Er wohne bei seiner Schwiegermutter, XXXX . Sie sei Musiklehrerin gewesen, nunmehr in Pension und eine nette, offene und tolerante Person. Hinsichtlich seiner Ehegattin gab der Beschwerdeführer nach mehrmaligem Nachfragen an, er habe sie in Deutschland auf einem Konzert in München getroffen. Er kenne sie mehr als ein Jahr, könne sich aber nicht erinnern wann genau er sie kennengelernt habe. Ein gemeinsamer Haushalt habe nie bestanden und die Adresse seiner Ehegattin in Deutschland kenne er nicht. Es sei eine Zweizimmerwohnung mit einem großen Balkon. Seine Ehegattin arbeite in Deutschland an der Universität als eine Art Lektor und habe etwas mit arabisch zu tun. Befragt warum er nach Österreich gereist sei, wenn seine Frau in Deutschland sei, gab der Beschwerdeführer an, in Deutschland habe er kein Asyl bekommen, aber eine Duldung. Er könne dort nichts machen und würde es vorziehen mit seiner Ehegattin in Österreich zu leben, denn er fühle sich hier besser. Die kurze Zeit hier sei sehr gut gewesen. Seine Frau würde nach Österreich zurückkommen, wenn sie mit der Arbeit fertig sei. Befragt warum seine Frau ein Kopftuch trage, erklärte der Beschwerdeführer, sie sei schon seit langer Zeit Muslimin. Warum sie sich für den Islam entschieden habe, wisse er nicht. Abschließend gab er an, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme würde ihn sehr beeinträchtigen. Es sei Zeit, dass er sich niederlasse, von einem single zu einer Familie.

Vorgelegt wurden: Heiratsurkunde vom 07.08.2021;
Kopie des Reisepasses der Ehegattin;

10. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2021, zugestellt am 27.08.2021, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Deutschland wurden folgende Feststellungen getroffen:

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 15.5.2020 In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen). Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen. (BAMF 4.2020) .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 3 von 8 Quellen: - AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablaufasylverfa hrens-node.html, Zugriff 4.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/dasdeutsche-

asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlendezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020 Dublin-Rückkehrer Letzte Änderung: 15.5.2020 Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019). Quellen: - AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 15.5.2020 Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b). Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 4 von 8 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/dasdeutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 8.5.2020 - USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020

Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020 Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019). Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf: Bezieher Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen Für alleinstehende Leistungsberechtigte 135 € 354 € Für jeden von zwei erwachsenen Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen 122 € 318 € Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte im selben Haushalt 108 € 284 € Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 76 € 276 € Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 83 € 242 € leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 79 € 214 € Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 8 Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b). Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020). Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020). Quellen: - AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/dasdeutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 12.5.2020 - BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuerAsylsuchende/arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020 - USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 15.5.2020 Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 8 grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019). Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019). Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b). Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkERKonzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 8 Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b). Quellen: - AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/dasdeutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 11.5.2020

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020 Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019). Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019). Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 8 Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019). Es wirde kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020). Quellen: - AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020 - GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkvspitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluechtlinge.jsp, Zugriff 12.5.2020 - USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass aus seinen Angaben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass der Beschwerdeführer tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Deutschland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könne. Im Fall des Beschwerdeführers würde eine Außerlandesbringung nach Deutschland kein Eingriff im Sinne des Art. 8 EMRK darstellen, da seine Ehegattin, die er erst am 07.08.2021 geehelicht habe, in Deutschland lebe und arbeite. In Österreich verfüge er über kein glaubhaftes Privatleben. Ein substantiiertes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter Umstände, die die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC im Fall einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe daher zu.

11. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer am 07.09.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers zwar in Deutschland arbeite, sie aber in Österreich nebengemeldet und auch immer wieder am Wochenende hier sei. Der Beschwerdeführer sei, dadurch, dass seine Gattin freizügigkeitsberechtigt sei, begünstigter Drittstaatsangehöriger sowie aufenthaltsberechtigt gemäß § 57 iVm § 54a Abs. 1 NAG. Eine Außerlandesbringung nach Deutschland sei deswegen unzulässig. Seine Gattin werde auch irgendwann – das lasse sich heute zeitlich noch nicht festlegen – wieder ganz nach Österreich zurückkehren.

12. Die Beschwerdevorlage langte am 09.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

13. Mit Beschluss vom 15.09.2021 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

14. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Nigeria, stellte am 17.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgten zuvor am 08.04.2015 und am 10.04.2015 Antragstellungen in Italien und am 13.10.2015 in Deutschland. Das Gebiet der „Dublin-Staaten“ wurde vom Beschwerdeführer zwischenzeitig nicht wieder verlassen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 19.05.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland, dem die deutsche Dublinbehörde mit Schreiben vom 25.05.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 04.10.2021, 743.350 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.779 Todesfälle; in Deutschland wurden zu diesem Zeitpunkt 4.252.300 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 93.786 Todesfälle bestätigt (WHO, 04.10.2021).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Da sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat, wurden – neben anderen Lockerungen der Corona-Maßnahmen – die Reisebeschränkungen, die eingeführt worden waren, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, wieder schrittweise aufgehoben.

Die Einreise nach Deutschland ist grundsätzlich möglich. Ab 01.08.2021 gilt für alle Einreisenden ab zwölf Jahren, die nicht über einen Impf- oder Genesenen Nachweis verfügen, eine allgemeine Testpflicht. Dies gilt auch für Einreisende aus Österreich. Für Deutschland gilt die Sicherheitsstufe 2 (Sicherheitsrisiko) (BMEIA, 04.10.2021).

Der 34-jährige Beschwerdeführer brachte vor, an Gedächtnisproblemen und Kopfschmerzen zu leiden. Akut lebensbedrohliche oder sonstige schwerwiegende psychische oder physische Erkrankungen liegen nicht vor. Er fällt auch nicht unter die oben angeführten Risikogruppen.

Der Beschwerdeführer hat im österreichischen Bundesgebiet keine Angehörigen zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung besteht und er hat auch sonst keine sozialen Kontakte, die ihn im besonderen Maße an Österreich binden. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich liegt nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist seit 07.08.2021 mit der österreichischen Staatsbürgerin, XXXX , standesamtlich verheiratet. Der Hauptaufenthalt der Ehegattin ist in München, wo sie auch arbeitet. Sie hat lediglich einen Nebenwohnsitz in Österreich.

Im Bundesgebiet lebt der BF bei seiner Schwiegermutter und ist dort auch polizeilich gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und erfüllt nicht die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 iVm 54a Abs. 1 NAG.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die festgestellten Tatsachen betreffend die Person des Beschwerdeführers, seine Antragstellungen auf internationalen Schutz in Italien, Deutschland und Österreich und den dortigen Aufenthalt ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen.

2.2. Die Feststellungen bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers seitens der Bundesrepublik Deutschlands ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der deutschen Dublinbehörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Dass Deutschland die Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz negativ abgeschlossen hat, ergibt sich implizit aus dem Umstand, dass Deutschland mit Schreiben vom 25.05.2021 dem österreichischen Antrag auf Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich auf Grundlage der Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin-III VO zugestimmt hat und korrelieren damit auch die Angaben des Beschwerdeführers.

2.3. Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur allgemeinen Versorgungslage und Unterbringung von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch hinsichtlich Non-Refoulment) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Deutschland nicht maßgeblich geändert hat.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Deutschland den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

2.4. Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Demnach ist nicht zu erkennen, dass sich die Situation in Deutschland (prozentual zur Einwohnerzahl) schlechter darstelle als in Österreich;

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. In diesem Sinne wurde in den Mitgliedstaaten der EU auch die Durchführung von Überstellungen beziehungsweise die Übernahme von Dublin-Rückkehrern temporär ausgesetzt.

Nachdem sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat und vor dem Hintergrund der sukzessiven Aufhebungen von Reisebeschränkungen, sind zahlreiche Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, mittlerweile aber dazu übergegangen, Überstellungen von Dublin-Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder durchzuführen.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist, es ist aber davon auszugehen, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungfrist) überwunden sein werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren im Wesentlichen auf seinen eigenen Angaben im Verfahren in Zusammenschau mit dem Akteninhalt. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich den Art. 3 EMRK zu tangieren.

Ebenfalls aus der Aktenlage sowie den Angaben des Beschwerdeführers ergeben sich die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich.

Dass der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin standesamtlich geheiratet hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der vorgelegten Heiratsurkunde und der Reisepasskopie der Ehegattin. Die Feststellung, dass diese sich hauptsächlich in Deutschland aufhält und dort arbeitet, stützt sich auf die Angaben des Beschwerdeführers, die Beschwerdeschrift als auch die vorgelegte Mitteilung über die Ermittlung der Ehefähigkeit vom 07.08.2021.

Die Feststellung über den Wohnsitz des BF ergibt sich aus der Einsicht in das zentrale Melderegister.

Die Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um keinen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt und er die Voraussetzungen eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 57 iVm 54a Abs. 1 NAG nicht erfüllt, ergibt sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die vorrangig maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art 3, 7, 16, 17, 18, 21 und 22 Dublin III-VO relevant.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze Deutschlands illegal überschritten hat und er dort erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers basiert weiters auf der ausdrücklichen Zustimmung der deutschen Dublinbehörde auf der Grundlage Art. 18 Abs. 1 lit d der Dublin III-VO, zumal die Anträge auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Deutschland negativ abgeschlossen wurden. Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen, insbesondere wurden alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.

Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Deutschland finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Deutschlands ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses beziehungsweise zu berücksichtigender humanitärer Gründe nicht die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.

3.1.2.  Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

3.2.2. Mögliche Verletzung von Art 4 GRC beziehungsweise Art 3 EMRK:

Gemäß Art 4 GRC beziehungsweise Art 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 9.5.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl auch 16.7.2003, 2003/01/0059). „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“ (VwGH 23.1.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.2.1998, 96/18/0379; EGMR 4.2.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.4.2006, 2006/19/0673; 31.5.2005, 2005/20/0025; 31.3.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (siehe insgesamt Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K 9 zu Art 27).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art 10. Abs 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15,Gezelbash/NL (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann.

3.2.2.1. Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art 3 Abs 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 2.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.1.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art 3 und/oder Art 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist (vgl dazu näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).

Der angefochtene Bescheid enthält für den gegenständlichen Fall hinreichende Feststellungen zum deutschen Asylwesen. Diese stammen von der Staatendokumentation, die zur Objektivität verpflichtet ist und der Beobachtung eines Beirates unterliegt. Sie stützen sich auf verlässliche und unzweifelhafte Quellen von angesehenen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, und wurden ausgewogen zusammengestellt.

3.1.2.1. Kritik am deutschen Asylwesen/die Situation in Deutschland

Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-III-VO nach Deutschland überstellt werden, aufgrund der deutschen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines „real risk“ für den Einzelnen bestehen würde.

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.1.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Deutschland, wie erwähnt, im Hinblick auf die behördlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin-III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Aus den Länderinformationen zu Deutschland ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Versorgung von Asylwerbern gewährleistet ist. Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; AIDA 16.04.2019) Der Beschwerdeführer gab zudem zu keinem Zeitpunkt an, in den sechs Jahren die er sich in Deutschland aufhielt, schlecht versorgt oder untergebracht worden zu sein. Vielmehr gab er an, in Deutschland drei Jahre lang eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht, die Prüfung aber nicht geschafft zu haben. Es gibt somit keine Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer im Zuge seines Aufenthalts in Deutschland während des laufenden Verfahrens auf internationalen Schutz Versorgungsleistungen rechtswidrig verweigert worden sind.

Aufgrund der Zustimmung Deutschlands zur Übernahme des Beschwerdeführers nach Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO und der Angaben des Beschwerdeführers, ist davon auszugehen, dass sein Asylverfahren in Deutschland, auf welcher Grundlage auch immer, bereits beendet ist. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass es keine Berichte darüber gibt, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten. Diesbezüglich ist auch festzuhalten, dass alleine der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Deutschland eine negative Entscheidung erhalten hat, hieraus nicht der Rückschluss gezogen werden kann, dass in Deutschland kein ordentliches Verfahren geführt wurde. Negative Entscheidungen ergehen zudem auch in anderen europäischen Staaten, einschließlich Österreich. Außerdem ist in Deutschland ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten etabliert sowie Refoulement-Schutz gewährleistet. Das erkennende Gericht geht demnach nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Deutschland mangelnder Versorgung ausgesetzt wäre.

Wenn der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mehrmals angab, in Deutschland eine Duldung erhalten zu haben, ist hierzu zu bemerken, dass dies dahingestellt bleiben kann, jedoch prima vista nicht glaubwürdig ist und diesbezüglich im Antwortschreiben der deutschen Dublinbehörde auch nichts erwähnt wurde. Außerdem wäre es dem Beschwerdeführer mit einer Duldung möglich sich in Deutschland rechtmäßig aufzuhalten, weswegen nicht nachvollziehbar ist, warum der Beschwerdeführer dies zwar vorbringt, aber gleichzeitig in Österreich einen neuen Asylantrag stellt.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellungen des für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen können, in welchem sie die – ihres Erachtens nach – bestmögliche Unterbringung und Versorgung oder die günstigste Entscheidung erwarten können. Es ist auf den Hauptzweck der Dublin III- VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist. Dass letztlich auch negative Entscheidungen über einen Asylantrag eines anderen Mitgliedsstaates nicht durch die Einräumung eines neuen inhaltlichen Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedsstaat gänzlich relativiert werden können, ist ebenso eines der Grundprinzipien der Dublin-III-Verordnung, welches von allen staatlichen Organen in allen Mitgliedsstaaten zu akzeptieren ist.

Auch im Übrigen konnte der Beschwerdeführer keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Jedenfalls hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in der Bundesrepublik Deutschland und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

3.2.2.2. Medizinische Krankheitszustände/Behandlung in Deutschland

Nach der Rechtsprechung von EGMR, VfGH und VwGH zu Art 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat beziehungsweise in einem bestimmten Teil desselben gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet ist. Nach Art 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst, erhalten beziehungsweise dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauerhaft eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.6.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.5.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 3.5.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 7.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 4.7.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; VfGH 21.9.2009, U 591/09; 6.3.2008, B 2400/07; VwGH 31.3.2010, 2008/01/0312; 23.9.2009, 2007/01/0515).

Wie festgestellt, kamen beim Beschwerdeführer keine Hinweise auf das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder schweren psychischen Beschwerden hervor und befindet er sich nicht in ärztlicher Behandlung. Hinsichtlich der von ihm in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebrachten Gedächtnisprobleme und Kopfschmerzen wurde von ihm kein ärztlicher Befund vorgelegt.

Es liegt daher jedenfalls keine Krankheit von jener Schwere vor, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Deutschland als eine unmenschliche Behandlung erscheinen lässt.

Nachdem keine aktuelle, dringende Behandlung des Beschwerdeführers notwendig ist und allfällige gesundheitliche Probleme im Bedarfsfall auch in Deutschland zu behandeln sind und dort auch Schmerztabletten für seine Kopfschmerzen erhältlich sind, was aus den Länderinformationen unzweifelhaft zu entnehmen ist, ist für das erkennende Gericht kein Überstellungshindernis des Beschwerdeführers nach Deutschland erkennbar.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus erstens festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aktuell 34 Jahre alt ist und – wie soeben gewürdigt - an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit er nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Deutschland vorliegendes individuelles „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit hierzu nicht erkennbar.

Losgelöst von der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist darauf hinzuweisen, dass die aktuelle Corona-Pandemie – unter Beachtung der maximalen Überstellungsfrist von sechs Monaten aus der Dublin III-VO als Schranke – zur Zeit kein generelles Überstellungshindernis auszulösen vermag, selbst wenn derzeit eine Reisewarnung für Deutschland gilt. Gegenständlich besteht daher im Kontext des Eilverfahrens zur Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat unmittelbare Entscheidungspflicht für das erkennende Gericht und widerspräche etwa eine Zurückverweisung hier offenkundig dem Unionsrecht.

3.2.3. Mögliche Verletzung von Art 7 GRC beziehungsweise Art 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Ein Recht auf Familienleben gemäß Art. 8 EMRK kann sich nicht nur in Bezug auf die Kernfamilie ergeben, sondern auch auf andere verwandtschaftliche Verhältnisse (wie z.B. zwischen erwachsenen Geschwistern), insofern bestimmte Voraussetzungen einer hinreichend stark ausgeprägten Nahebeziehung erfüllt sind

Im gegenständlichen Fall leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Von einem schützenswerten Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK ist daher nicht auszugehen.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei begünstigter Drittstaatsangehöriger ist Folgendes auszuführen:

Begünstigter Drittstaatsangehöriger ist gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen tatsächlich Unterhalt gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Ebenso stellte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juli 2015 in der Rechtssache Singh (C-218/14) zur Fragestellung, ob ein Drittstaatsangehöriger nach dem Wegzug seiner Ehefrau, die im Aufnahmemitgliedstaat ihre Unionsrechte ausgeübt hatte noch ein Recht auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat hat, fest, dass nach Rechtsprechung des Gerichtshofes die Voraussetzung, dass der Drittstaatsangehörige den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen muss, so zu verstehen ist, dass sie nicht auf die Verpflichtung der Eheleute abstellt, unter demselben Dach zusammen zu wohnen, sondern auf diejenige, dass beide in demselben Mitgliedstaat bleiben, in dem der Ehegatte der Unionsbürger ist, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrach macht (Rz 54). So können sich Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, auf das in der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Aufenthaltsrecht nur im Aufnahmemitgliedstaat berufen, in dem der Unionsbürger wohnt und nicht in einem anderen Mitgliedstaat (Rz 55).

Der Beschwerdeführer ist zwar verheiratet, und somit Familienangehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch macht, jedoch hält sich seine Ehefrau hauptsächlich in Deutschland auf und er selbst in Österreich. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Beschwerdeführer kein begünstigter Drittstaatsangehöriger in Österreich. Der Nebenwohnsitz der Ehefrau in Österreich und ihre unregelmäßigen kurzen Aufenthalte sind diesbezüglich ohne Relevanz, ist ihr Hauptaufenthalt doch zweifelsfrei in Deutschland. Das in der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Aufenthaltsrecht würde dem Beschwerdeführer in Deutschland – dem Aufnahmemitgliedstaat – zukommen, nicht aber in Österreich.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dem Beschwerdeführer komme in Österreich ein Aufenthaltsrecht gemäß § 57 iVm § 54a Abs. 1 NAG zu, ist dies ebenfalls zu verneinen.

Gemäß § 57 NAG finden die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 auch auf Schweizer Bürger, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, und deren Angehörige Anwendung. Für Angehörige von Österreichern gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 sinngemäß, sofern der Österreicher sein „unionsrechtliches“ oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommendes Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt.

Da die Ehegattin des Beschwerdeführers sich hauptsächlich in Deutschland aufhält und noch nicht dauerhaft nach Österreich zurückgekehrt ist, ist § 57 NAG auf den Beschwerdeführer nicht anwendbar und erfüllt er somit auch nicht die Voraussetzungen des § 54a Abs. 1 NAG für die Erteilung einer Daueraufenthaltskarte.

Eine Verletzung seiner in Art. 8 EMRK geschützten Rechte, liegt auch schon daher nicht vor, da die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Deutschland erfolgt, wo sich seine Ehegattin hauptsächlich aufhält und einer Erwerbstätigkeit nachgeht und es ihnen somit möglich sein wird, ihr Familienleben in Deutschland zu führen.

Auch hinsichtlich des Privatlebens des Beschwerdeführers kommt es gegenständlich zu keinem unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleistete Recht. Während seines viereinhalbmonatigen Aufenthalts in Österreich kam dem Beschwerdeführer nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, sondern bestand – da das Verfahren nicht zugelassen war – lediglich faktischer Abschiebeschutz. Zudem war der kurze Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Eine ins Gewicht fallende Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft, insbesondere durch eine ausreichende Erwerbstätigkeit oder durch ausreichende Sprachkenntnisse, ist nicht erkennbar.

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Der durch die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls gedeckt.

Das Bundesver

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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