TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/20 G307 2183156-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


G307 2183156-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Irak, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) Gesellschaft mbH, in 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2018, Zahl XXXX ,

A) beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird eingestellt.

B) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese behoben.

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 28.08.2015 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG.

2. Am 30.08.2015 fand die Erstbefragung des BF durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

3. Am 27.09.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich im Asylverfahren einvernommen.

4. Mit oben im Spruch genannten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 04.01.2018, wurde der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage beträgt (Spruchpunkt VI.).

5. Mit per Telefax am 15.01.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), den Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie jeweils in eventu die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder jener des subsidiär Schutzberechtigten, die Behebung der Rückkehrentscheidung samt Abschiebeerlaubnis, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 17.01.2018 einlangten.

7. Mit am 05.10.2021 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz zog der BF durch seine aktuelle RV die Beschwerde im Umfang der Spruchpunkte I., II. und III. des im Spruch genannten Bescheides zurück. Die Beschwerde im Umfang der Spruchpunkte IV., V. und VI. des im Spruch genannten Bescheides hielt er jedoch explizit aufrecht. Ferner gab der BF einen Verzicht auf die Durchführung einer Verhandlung ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF trägt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Irak.

Der BF hält sich seit 28.08.2015 durchgehend im Bundesgebiet auf und ehelichte am XXXX .2019 die österreichische Staatsbürgerin XXXX , geb. XXXX .

Am 14.01.2020 wurde dem BF seitens des Magistrats der Stadt XXXX eine Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin ausgestellt.

Der BF lebt mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt.

Am 05.10.2021 zog der BF seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des im Spruch genannten Bescheides zurück.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Feststellungen:

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Insofern oben Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit sowie zum Aufenthalt des BF in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Eheschließung des BF mit einer österreichischen Staatsbürgerin beruht auf dessen Angaben und ist der diesbezüglich vorgelegten Heiratsurkunde zu entnehmen (siehe OZ 8).

Durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister konnte die Ausstellung einer Aufenthaltskarte gemäß § 54 NAG an den BF am 14.01.2020 zu Tage gefördert werden. Ferner brachte der BF eine Kopie derselben in Vorlage (siehe OZ 19).

Dem Zentralen Melderegister wiederum kann die gemeinsame Wohnsitzmeldung des BF und seiner Ehefrau entnommen werden.

Die Zurückziehung der Beschwerde im Umfang der Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus dem dahingehend unmissverständlichen Wortlaut des BF in dessen Eingabe vom 05.10.2021 (siehe OZ 19).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen.

Da das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit dem Einlangen der Zurückziehung der Beschwerde im Umfang der davon umfassten Spruchpunkte I., II. und III. rechtskräftig entschieden ist, war dieses einzustellen.

Zu Spruchteil B)

3.2. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.2.1.  Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.       dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.       ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.      nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet:

„§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1.       nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2.       nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1.       die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2.       die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3.       ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4.       es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5.       ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.“

Der mit „Schweizer Bürger und deren Angehörige sowie Angehörige von Österreichern“ betitelte § 57 AsylG lautet:

„§ 57. Die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 finden auch auf Schweizer Bürger, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, und deren Angehörige Anwendung. Für Angehörige von Österreichern gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 sinngemäß, sofern der Österreicher sein unionsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt.“

3.2.2.  Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Der BF ist weder im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft noch ist er EWR-Bürger, jedoch mit einer Österreicherin die ihre unionsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch genommen hat verheiratet und somit begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG. Dem BF wurde zudem eine Aufenthaltskarte seitens der zuständigen NAG-Behörde gemäß § 54 NAG ausgestellt und damit dessen Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd. zuvor genannten Norm bestätigt.

3.2.3. Die Frage einer Aufenthaltsbeendigung wäre im Hinblick auf den BF in seiner Eigenschaft als begünstigter Drittstaatsangehöriger nunmehr anhand des speziellen Regelungsregimes, das die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige regelt, konkret anhand von §§ 66, 67 FPG, zu prüfen (vgl. VwGH vom 18.06.2013, Zl. 2012/18/005; vom 15.12.2015, Zl. Ra 2015/22/0078).

So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 26.04.2021, Ra 2021/14/0015 wie folgt ausgeführt:

„…

19       Schon daraus ergibt sich, dass für begünstigte Drittstaatsangehörige - die insoweit mit EWR-Bürgern und Schweizern gleichgestellt sind - als aufenthaltsbeendende Maßnahme nur die im 4. Abschnitt des 8. Hauptstückes geregelte Ausweisung nach § 66 FPG in Betracht kommen soll, während eine Rückkehrentscheidung (§ 52 FPG) oder Anordnung zur Außerlandesbringung (§ 61 FPG) nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes lediglich gegenüber anderen (nicht begünstigten) Drittstaatsangehörigen ergehen kann.

20       Zwar ist der diesbezügliche, in § 61 Abs. 1 FPG enthaltene Satz „Dies gilt nicht für begünstige Drittstaatsangehörige“ lediglich an die Z 2 angefügt. Für eine unterschiedliche Behandlung der in Z 1 und Z 2 geregelten Fälle ist jedoch kein Grund erkennbar. Vielmehr wäre es nicht nachvollziehbar, eine Außerlandesbringung von begünstigten Drittstaatsangehörigen nur dann anordnen zu können, wenn diese in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, nicht aber, wenn ein solcher Antrag (nur) in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wurde. Der gesetzlichen Systematik entspricht es vielmehr, dass - wie es auch in den Gesetzesmaterialen ausdrücklich ausgeführt wird - die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen in jedem Fall an die engeren Voraussetzungen der Ausweisung (§ 66 FPG) oder des Aufenthaltsverbotes (§ 67 FPG) geknüpft sind, auch wenn der Betroffene in einem anderen Mitgliedstaat einen dort noch zu prüfenden Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, oder ein solcher im Inland gestellter Antrag nach den §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist.

21       Betreffend Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 2 FPG wurde bereits ausgesprochen, dass solche gegen begünstigte Drittstaatsangehörige von vornherein nicht in Betracht kommen und für aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen begünstigte Drittstaatsangehörige - ebenso wie für EWR-Bürger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG und Schweizer Bürger - in den §§ 66 und 67 FPG eigene Regelungen geschaffen wurden (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274, Rn 43).

22       Auch die Anordnung einer Außerlandesbringung von begünstigten Drittstaatsangehörigen hat somit stets zu unterbleiben, unabhängig davon, ob es sich um einen Fall der Z 1 oder der Z 2 des § 61 Abs. 1 FPG handelt. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits in seinem Erkenntnis vom 24. März 2015, Ra 2015/21/0004, - wenn auch nicht tragend - ausgeführt, dass eine Anordnung zur Außerlandesbringung „nur gegen - nicht begünstigte - Drittstaatsangehörige“ in Betracht kommt, ohne weiter zu differenzieren.

…“

„Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige kann eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht erlassen werden (vgl. dazu des Näheren VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0014, Rn. 8, mwN). Es sind vielmehr die Bestimmungen des 4. Abschnitts des 8. Hauptstücks des FPG, die in § 66 und § 67 aufenthaltsbeendende Maßnahmen (unter anderem) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige, nämlich Ausweisung und Aufenthaltsverbot, regeln, einschlägig (vgl. VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0133, Rn. 7, mwN). Bei einem begünstigten Drittstaatsangehörigen wäre aber auch die vom BFA vorgenommene amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 schon von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil die genannte Bestimmung des 7. Hauptstücks gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 nicht für diese Personengruppe gilt (siehe auch dazu VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0133, Rn. 7, mwN und 13.11.2018, Ra 2018/21/0103)“.

3.2.4. Dem BF wurde am 14.01.2020 eine Aufenthaltskarte nach dem NAG (§ 54 NAG) ausgestellt, was dazu führte, dass gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG sein Aufenthalt – unabhängig der negativen Asylentscheidung der belangten Behörde – im Entscheidungszeitpunkt als rechtmäßig anzusehen ist (siehe VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274 Rz 46). Daraus wiederum folgt, dass die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall, in dem der Revisionswerber über ein auf das NAG gegründetes Aufenthaltsrecht verfügt, nicht zulässig ist (siehe ebenda Rz 47).

Eine Rückkehrentscheidung im Beschwerdeverfahren durch eine Ausweisungsentscheidung zu ersetzen würde, aufgrund der Bindung des BVwG an den Gegenstand der Rechtssache, eine Überschreitung der verwaltungsgerichtlichen Befugnisse bedeuten, sodass einzig mit der Behebung der vom BFA ausgesprochenen Rückkehrentscheidung vorzugehen war (siehe ebenda, Rz 48)

Damit einhergehend wird der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF und der Feststellung einer Frist zur freiwilligen Ausreise die Rechtsgrundlage entzogen, weshalb der Beschwerde daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid im Umfang der Beschwerde – konkret der Spruchpunkte IV., V. und VI. – gemäß zu beheben war.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, zudem aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid bzw. dessen angefochtenen Spruchpunkte zu behebeben waren und der BF letztlich ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtete konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG bzw. 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil C)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2183156.1.00

Im RIS seit

14.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten