Entscheidungsdatum
29.10.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W205 2238165-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Kenia, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.11.2020, Zl. 413331810-190287492, zu Recht:
A)
1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird gemäß § 57 AsylG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat: „Eine ,Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt.“
2. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Vorverfahren:
1.1. Der Beschwerdeführerin, einer kenianischen Staatsangehörigen, wurde am 14.06.2007 erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfall unselbständiger Erwerb“ mit Gültigkeit vom 11.06.2007 bis 10.06.2008 erteilt.
1.2. Nach Einbringung eines Zweckänderungsantrags wurde der Beschwerdeführerin ein Erstaufenthaltstitel „Schüler“ mit Gültigkeit vom 11.06.2008 bis 11.06.2009 erteilt und in weiterer Folge bis zum 04.07.2014 verlängert.
1.3. Am 03.07.2014 beantragte die Beschwerdeführer neuerlich eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Schüler“, welcher mit Bescheid der Magistratsabteilung 35 vom 23.04.2015, rechtskräftig seit 26.05.2015, mangels Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen abgewiesen wurde.
2. Gegenständliches Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
2.1. Mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 08.02.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA, Behörde oder Bundesamt) der Beschwerdeführerin die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot mit, ermöglichte ihr binnen 2 Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben und bat sie, angeführte Fragen insbesondere zu ihrem Aufenthalt in Österreich zu beantworten.
2.2. Am 27.02.2020 und 10.03.2020 langten Fristerstreckungsanträge der Beschwerdeführerin bei der Behörde ein.
2.3. Am 31.03.2020 übermittelte der damalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme und führte zusammengefasst aus, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung spräche der seit 2007 bestehende und bis 2015 rechtmäßige Aufenthalt in Österreich sowie die bisher gesetzten Integrationsschritte im Verein mit der beabsichtigten Eheschließung mit einem Österreicher, der die Beschwerdeführerin finanziell unterstütze. Außerdem wurde in dem Schreiben dessen Einvernahme sowie jene der Beschwerdeführerin beantragt. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin als Babysitterin bei einem Monatseinkommen von rund EUR 500,- freiberuflich tätig und bei der SVS krankenversichert.
2.4. Am 21.10.2020 fand die Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise wie folgt:
„[…]
Befragt, warum ich 2015 meiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen bin, gebe ich an, dass ich mit dem Brief der MA 35 zu meinem Anwalt gegangen bin. Dieser meinte, dass er der Sache nachgeht. Seither habe ich gewartet. Mein Anwalt meinte, dass er eine Beschwerde einbringen wird. Mir wird mitgeteilt, dass keine Beschwerde eingebracht wurde und die Entscheidung in I. Instanz in Rechtskraft erwachsen ist.
Ich bin nicht ausgereist, da ich dachte, dass mein Verfahren noch offen ist.
Befragt, warum ich meiner Ausreiseverpflichtung seit Februar 2020 nicht nachgekommen bin, nachdem ich von der ha. Behörde über meinen illegalen Aufenthalt informiert wurde, gebe ich an, dass ich auch mit dem Brief zu meinem Anwalt gegangen bin.
Anmerkung: Der rechtsfreundliche Vertreter fragt nach, ob in dem Schreiben vermerkt ist, dass die Verfahrenspartei ausreisen muss. Dem rechtsfreundlichen Vertreter wird mitgeteilt, dass in dem Brief angeführt ist, dass Genannte sich illegal im Bundesgebiet aufhält und weswegen. Eine Ausreiseverpflichtung ergibt sich daraus ex lege.
Ich bin mit dem Brief zu meinem Anwalt gegangen, habe ihm gesagt, dass ich in Österreich bleiben will. Ich habe auf eine diesbezügliche Beschwerde gewartet. Dazu wird mir mitgeteilt, dass es kein Rechtsmittel gegen die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme gibt. Dies ist auch einem Anwalt bekannt.
Neuerlich gebe ich an, dass mir keiner sagte, dass ich das Land verlassen muss. Ich werde neuerlich auf meine ex lege Ausreiseverpflichtung hingewiesen.
Mir wird nunmehr klar und deutlich mitgeteilt, dass ich zur Ausreise verpflichtet bin und ich auszureisen habe und gebe ich an, dass ich schon lange in Österreich bin. Österreich ist mein zu Hause. Ich habe keinen Kontakt mehr zu meiner Familie in Kenia. Ich möchte hier weiter lernen.
Mir wird mitgeteilt, dass die mir erteilten Aufenthaltsbewilligung keine Aufenthaltsverfestigung verschaffen, einen Lernerfolg konnte ich nicht erbringen und ich mich seit 2015 illegal im Bundesgebiet aufhalte.
Dazu gebe ich an, dass ich nicht mehr zur Schule gehen konnte, da ich finanzielle Probleme hatte.
Befragt, ob ich meiner Ausreiseverpflichtung nachkommen werde, gebe ich an, dass ich heiraten will, ich will jemanden der mich liebt, wir sind schon sehr lange zusammen, er liebt mich. Ich wollte schon vor der Coronakrise Unterlagen einbringen. Mein Pass war abgelaufen und so konnte ich die Heiratsunterlagen nicht einbringen. Ich brauchte einige Unterlage, welche nicht von der Botschaft in Österreich ausgestellt werden.
Mein Lebensgefährte ist Herr XXXX , er ist österreichischer Staatsbürger und wir sind seit fast drei Jahren zusammen. Im Sommer 2019 haben wir uns entschieden zu heiraten.
Damit konfrontiert, dass ich und mein Lebensgefährte nicht im gemeinsam Haushalt leben, gebe ich an, dass mein Lebensgefährte bei seinen Eltern wohnt und auf diese schaut, da die Eltern alt sind. Seine Mutter hatte einen Anfall und braucht Hilfe. Am Wochenende ist er bei mir.
Befragt, ob die Mutter am Wochenende keine Hilfe braucht, gebe ich an, dass am Wochenende sich die anderen Kinder um die Mutter kümmern.
Mir wird mitgeteilt, dass die Eheschließung mich nicht zum Aufenthalt berechtigt und werde ich auf einen ordnungsgemäßen Erstantrag hingewiesen.
Befragt, wie sich unser „Familienleben“ gestaltet, gebe ich an, dass wir uns lieben und eine Familie gründen wollen. Er hilft mir. Wenn wir heiraten, werden wir zusammenleben. Wenn die Zeit kommt, werden wir eine Lösung finden.
Ich bin ledig und habe keine Sorgepflichten. Neben meinen Lebensgefährten habe ich keine Angehörigen in Österreich- auch nicht in der EU.
In Kenia leben mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter. Es ist aber nicht möglich, dass mich meine Familie unterstützt. Mein Vater ist verstorben. Zuletzt war ich vor sieben oder acht Jahren in Kenia. Ich habe gegenwärtig keinen Kontakt mehr zu meiner Familie.
In Kenia habe ich zwölf Jahre die Schule besucht und bin dann asl Au-Pair nach Österreich gekommen. Ich habe in Kenia keine Berufsausbildung begonnen. In Österreich habe ich einen Deutschkurs besucht, dann habe ich ein College für internationales Marketing besucht. Auf der Fachhochschule habe ich den Lehrgang Humanressource besucht. Abgeschlossen habe ich die Ausbildungen nicht, aufgrund meiner finanziellen Lage.
Befragt, wie ich mir meinen Lebensunterhalt in Österreich finanziere, gebe ich an, dass ich als Babysitterin arbeite und so € 450.- bis € 500.- im Monat verdiene. Ich mache das privat und bin diesbezüglich nicht versichert. Ich bin aber selbstversichert. Befragt, ob mir bekannt ist, dass ich zur Arbeitsaufnahme nicht berechtigt bin, gebe ich an, dass ich das nicht wusste und freiberuflich dies mache.
Auch werde ich von meinem Partner mit € 350.- im Monat unterstützt. Hier rüber habe ich auch eine Bestätigung vorgelegt. Dazu wird mir mitgeteilt, dass ich auf diese Unterstützung keinen Rechtsanspruch habe und keine überprüfte Haftungserklärung vorliegt.
Betreffend meine sprachliche Integration lege ich ein Sprachdiplom vor.
Ich werde aufgefordert auf Deutsch anzugeben, was ich letztes Wochenende gemacht habe und gebe ich auf Deutsch an:
Am Freitagabend ich habe diese Onlinekirche gemacht. Nach der Onlinekirche der XXXX war da. Essen gekocht, gemacht Reisfleisch, danach Schlafen gegangen. Am Samstagmorgen als er gewacht hat, wir haben Frühstück gemacht, Kaffee und Semmeln. Er ist dann arbeiten gegangen ich war zu Hause geblieben, Wäsche gewaschen, meine Wohnung geputzt und meine Haare gemacht. Am Nachmittag – er arbeitet nur bis 12 Uhr. Wir haben Essen gegangen und spazieren im Kurpark Oberlaa. Abend wir sind wieder Essen gegangen und Film geschaut, wieder essen gegangen. Am Sonntag ich habe schon wieder Onlinekirche und sind nur zu Hause geblieben. Am Nachmittag wieder spazieren gegangen. Am Abend er ist nach Hause gefahren.
[…]
Zu der Erlassung des Bescheides gebe ich an, dass ich mir wünsche, dass ich in Österreich bleiben darf. Ich bin hier integriert. Wenn ich mehr Zeit habe, könnte ich auch eine Arbeit finden. Ich möchte hier weiterlernen. Ich habe Niemanden in Kenia. Dort wäre ich alleine, weil XXXX hier ist. Meine Freunde sind meine Familie. Sie sind immer da, wenn ich was brauche. Ich liebe Österreich und fühle mich hier sicher.
Zu der Erlassung gibt die rechtsfreundliche Vertretung an, dass die Erlassung des Bescheides rechtswidrig wäre, zumal Genannte bereits seit 13 Jahren hier ist. Die Behörde hat viereinhalb Jahren den rechtswidrigen Aufenthalt der Genannten geduldet. Eine freiberufliche Tätigkeit als Babysitterin ist auch ohne Aufenthaltstitel erlaubt. Aus dieser Tätigkeit hat sie auch eine Versicherung. Sie plant so bald wie möglich zu heiraten. Ohne Corona wäre sie bereits verheiratet. Für Corona und die Verzögerung kann sie nichts. Die Behörde möge daher die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung feststellen.
[…]“
2.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kenia zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Außerdem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen.
Zur Lage in Kenia wurde unter anderem Folgendes festgestellt:
„[…]
Sicherheitslage
Nach wie vor ist die Kriminalität in Kenia Besorgnis erregend hoch, belastbares statistisches Material hierzu ist aber kaum zu bekommen (GIZ 6.2017d). Außerdem besteht weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge. Es gibt Drohungen der somalischen Terrororganisation al Shabaab mit Vergeltungsaktionen als Reaktion auf die Beteiligung der kenianischen Streitkräfte an der AMISOM-Mission in Somalia. Mehrere Anschläge haben in der Vergangenheit auch schon stattgefunden oder sind vereitelt worden (AA 25.6.2018; vgl. BMEIA 25.6.2018, EDA 25.6.2018).
Auch die politischen Spannungen bleiben hoch. Es muss weiterhin mit politisch bedingten Demonstrationen und Gewalttaten gerechnet werden (EDA 25.6.2018). Demonstrationen aus politischen oder sozialen Gründen können unvorhersehbar eskalieren (AA 25.6.2018). Lokal begrenzte Unruhen und Gewaltausbrüche sind möglich, vor allem nach Gewalttaten, die religiös motiviert sind oder als solche wahrgenommen werden. Auch politisch und wirtschaftlich motivierte Zusammenstöße zwischen ethnischen Gruppen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Todesopfer gefordert. Diese finden jedoch hauptsächlich in abgelegenen Gebieten statt. Im Grenzgebiet zu Äthiopien kommt es ebenfalls zu vereinzelten Kampfhandlungen (EDA 25.6.2018).
Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen in das Grenzgebiet (80km-Streifen) zu Somalia sowie in den Festlandbereich von Lamu ab (AA 25.6.2018). Das österreichische Außenministerium gibt eine Reisewarnung für das Grenzgebiet zu Somalia. Außerdem warnt es vor Reisen in die Provinzen Mandera, Wajir und Garissa. Abgeraten wird von Reisen in die nördliche Küstenprovinz (v.a. Lamu). Zu Vorsicht wird insbesondere für Mombasa sowie die Counties Kwale und Kilifi, wo in der Vergangenheit politisch und religiös bedingte Krawalle und Unruhen stattfanden, geraten. Aufgrund der verstärkten Präsenz der kenianischen Sicherheitskräfte in den genannten Gebieten hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten allerdings etwas gebessert (BMEIA 25.6.2018). Ähnliche Informationen liefert auch das schweizerische Außenministerium (EDA 25.6.2018).
Al Shabaab führt gegen vereinzelte Gemeinden an der Grenze zu Somalia Guerilla-Angriffe durch, bei welchen sowohl Sicherheitskräfte als auch Zivilisten zum Ziel werden (USDOS 20.4.2018). Die Grenzen zu Somalia, Äthiopien und dem Sudan sind porös, und es kommt zur Proliferation von Kleinwaffen und zum Einsickern von Kämpfern der al Shabaab. Auch lokale Milizen haben die Defizite der staatlichen Sicherheitskräfte ausgenutzt. Dies betraf in der Vergangenheit die mittlerweile zersplitterte und größtenteils ausgelöschte Mungiki-Sekte und betrifft heute kleinere Gruppen in den Slums von Nairobi und Kisumu. Dort ersetzen die Milizen de facto die Polizei und regieren mit Gewalt. In ländlichen Gebieten ist die Polizei nicht in der Lage, das bewaffnete Banditentum in den Griff zu bekommen. Und auch dort – speziell in der ehemaligen Central Province und im Rift Valley – treiben Gangs und Milizen ihr Unwesen. Sie agieren semi-autonom und werden in Wahlzeiten von Politikern angeworben (BS 2018).
Regelmäßig zu gewaltsamen Zusammenstößen kommt es bei Ressourcenkonflikten in den Bereichen Tana River, Laikipia und Samburu – z.B. zwischen Pokot und Turkana (BS 2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (25.6.2018): Kenia – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/keniasicherheit/208058, Zugriff 25.6.2018
- BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (25.6.2018): Reiseinformationen – Kenia, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kenia/, Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html, Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/, Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018
[…}
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen (Früh- und Zwangsehe siehe 16.2)
Die Verfassung sieht gleiche Rechte für Männer und Frauen vor (USDOS 20.4.2018). Frauen werden trotzdem in allen Bereichen des öffentlichen und zivilen Lebens benachteiligt. Dies gilt insbesondere für ländliche Gebiete. Die Verfassung und das Gesetz verbieten Diskriminierung aufgrund von Geschlecht (BS 2018).
Kenia leidet unter großen sozialen Unterschieden, die sich negativ auf Frauen, Jugendliche und Behinderte auswirken. Nichtdiskriminierung und Gleichstellung sind zwei der wichtigsten Themen der neuen Verfassung. Die Diskriminierung von Frauen in Bezug auf die Vererbung und den uneingeschränkten Zugang zu Grundeigentum wurde beseitigt (BS 2018).
Trotz beachtlicher Fortschritte insbesondere in der Sphäre der politischen Präsenz haben die Frauen noch viele Hürden zu überwinden (GIZ 6.2017c). Zwar ist vorgesehen, dass Frauen mindestens ein Drittel der Abgeordneten und der Minister stellen sollten; jedoch wird diese Regulierung nicht eingehalten (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). 67 Abgeordnete im Parlament (19 Prozent) und 18 im Senat sind Frauen, es gibt keine weiblichen Gouverneure. In den County Assemblies finden sich landesweit 736 Frauen (BS 2018).
Vergewaltigung in der Ehe wird nicht kriminalisiert (GIZ 6.2017c). Vergewaltigung und häusliche Gewalt sind alltäglich und werden nur selten strafrechtlich verfolgt (FH 2018). Die Coalition on Violence against Women berichtet von ca. 16.500 Vergewaltigungen pro Jahr in Kenia. Fälle sexueller Gewalt werden v.a. in ländlichen Gebieten oft in traditionellen Konfliktlösungsmechanismen abgehandelt. Dabei wird i.d.R. der Familie des Opfers eine Kompensationszahlung zugesprochen. Im formellen Recht ist die Höchststrafe für Vergewaltigung lebenslange Haft. Üblicherweise wird die Mindeststrafe von zehn Jahren Haft verhängt (USDOS 20.4.2018).
Häusliche Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet, die Polizei ermittelt in solchen Fällen generell nicht. FGM ist gesetzlich verboten. Auch herabwürdigende Äußerungen gegenüber einer nicht-beschnittenen Frau sind strafbar (USDOS 20.4.2018). Trotzdem ist mehr als ein Fünftel der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren beschnitten (GIZ 6.2017c). In einigen ländlichen Gegenden ist FGM verbreitet. Dort werden Polizisten bestochen, um einer Anzeige zu entgehen. Allerdings gibt es öffentliche Aufklärungskampagnen gegen FGM und Medien berichten über Verhaftungen von Tätern und Eltern. Immer mehr Mädchen weigern sich, an FGM-Zeremonien teilzunehmen (USDOS 20.4.2018).
Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich für die Interessen der Frauen ein. Führend im Einsatz für Frauenrechte ist der Zusammenschluss kenianischer Anwältinnen FIDA (GIZ 6.2017a). Im ganzen Land – vor allem aber in den Städten – gibt es zahlreiche Organisationen (NGOs oder kirchliche Stellen), die Hilfe für Frauen in vulnerablen Situationen (u.a. Zwangsheirat, Beschneidung, häusliche Gewalt) anbieten (ÖB 18.1.2017).
Frauen sind zwar zu 40 Prozent für den Unterhalt ihrer Familien zuständig, aber sie besitzen wenig als 3 Prozent der Grundstückstitel (GIZ 6.2017a). Die Verfassung verbietet die geschlechtsspezifische Diskriminierung in Bezug auf Grundstücke und Eigentumsrechte und gewährt Frauen gleichen Anspruch auf Erbschaft und Zugang zu Land. Das Justizsystem und die weit verbreiteten gewohnheitsrechtlichen Gesetze diskriminieren Frauen in vielen Bereichen und begrenzen ihre politischen und wirtschaftlichen Rechte (USDOS 20.4.2018).
Alleinerziehende Mütter sind aufgrund allgegenwärtiger Promiskuität in Kenia, speziell in den städtischen Ballungsräumen, eher die Regel und nicht die Ausnahme. Eine alleinstehende Frau mit einem unehelichen Kind in Kenia, so wie auch in vielen anderen Kulturkreisen, steht unter einem gewissen gesellschaftlichen Druck, vor allem in ländlichen Gebieten. Dieser Umstand steht jedoch der Möglichkeit einer selbständigen Bestreitung des Lebensunterhalts nicht entgegen. Auch von einer generellen Ausgrenzung seitens der Bevölkerung kann in keiner Weise gesprochen werden; es gibt in Kenia genügend Ausweichmöglichkeiten, wenn das Leben einer Person aufgrund der familiären Situation an einem bestimmten Ort mit Problemen verbunden ist (ÖB 18.1.2017).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 25.6.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (18.1.2017): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018
Bewegungsfreiheit
Verfassung und Gesetze sehen das Recht auf Bewegungsfreiheit vor und die Regierung respektierte dieses Recht auch in der Praxis (USDOS 20.4.2018). Allerdings wird dieses Recht in der Praxis durch Sicherheitsbedenken und ethnische Spannungen eingeschränkt, da viele Bürger bestimmte Teile des Landes meiden (FH 2018).
Es gibt in Kenia kein zentrales Melderegister und auch keine Meldepflicht. Es bestehen durchaus Ausweichmöglichkeiten im eigenen Land. Nairobi ist eine Stadt von ca. 6,5 Mio. Einwohnern, in der es jedem möglich sein sollte, in Anonymität zu leben, sofern dies gewünscht wird. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Menschen in einer anderen Region des Landes, wo ihre jeweilige ethnische Gruppe dominiert, ohne Probleme niederlassen können (ÖB 20.12.2016).
Quellen:
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018
IDPs und Flüchtlinge
Kenia kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen und Asylwerbern Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen. Kenia kooperiert hinsichtlich der in den Lagern Dadaab und Kakuma untergebrachten Flüchtlinge mit dem UNHCR. Eine Registrierung als Flüchtling ist oft nur in Zeitfenstern möglich, im zweiten Halbjahr 2017 gab es etwa gar keine Registrierungen (USDOS 20.4.2018). Gemäß UNHCR beherbergte Kenia im September 2017 489.000 anerkannte Flüchtlinge und Asylwerber, davon 425.000 in Dadaab und Kakuma (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 23.5.2018).
Die Krise Somalias, die Kenia seit der Staatsgründung verfolgt, hat neben der Relevanz für die Sicherheit auch eine humanitäre Komponente. Das Flüchtlingslager Dadaab, das somalischen Flüchtlingen seit Beginn der Neunzigerjahre Zuflucht gewährt, war zeitweilig auf mehr als 400.000 Bewohner angewachsen (GIZ 6.2017a). Die kenianische Regierung wollte das Lager schließen, doch das Oberste Gericht hat im Februar 2017 die Schließung untersagt und als verfassungswidrig bezeichnet (u.a. bezgl. non-refoulement und Diskriminierungsverbot). In dem Urteil hieß es auch, dass der Schritt der Regierung, den nach Kenia geflohenen somalischen Staatsangehörigen den Flüchtlingsstatus abzuerkennen, verfassungswidrig sei und gegen kenianisches und internationales Recht verstoße (AI 23.5.2018).
Die Behörden setzten das freiwillige Rückführungsprogramm für Flüchtlinge aus Somalia im Rahmen der 2014 geschlossenen Trilateralen Vereinbarung fort (AI 23.5.2018). UNHCR unterstützt auch weiterhin die freiwillige Rückkehr nach Somalia – sowohl finanziell als auch logistisch. Es gibt zahlreiche Berichte, wonach die kenianische Regierung auf somalische Flüchtlinge Druck ausübt, damit diese „freiwillig“ nach Somalia zurückkehren bzw. an den Rückkehrprogrammen partizipieren (USDOS 20.4.2018). Es ist auch zu illegalen Zwangsrückführungen nach Somalia gekommen (BS 2018).
Die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen wurde zunehmend eingeschränkt. Flüchtlingen ist es außerdem nicht gestattet, einer Arbeit nachzugehen. Vor allem im Stadtteil Eastleigh in Nairobi kommt es auch zu Übergriffen auf somalische Flüchtlingen und Asylwerber durch die Polizei (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018
Grundversorgung und Wirtschaft
Kenia konnte als regional stärkste Wirtschaftsnation in Ostafrika seit der Jahrtausendwende deutliche wirtschaftliche Fortschritte verzeichnen. Das Wirtschaftswachstum liegt relativ konstant bei 5 bis 6 Prozent. Kenia wird bereits seit 2014 mit einem geschätzten Pro-Kopf Einkommen von 1.434 US-Dollar (2015) als Middle Income Country klassifiziert (AA 1.2017b; vgl. BS 2018). Der Mittelstand wächst, welcher Umstand sich in der wachsenden Zahl an Einkaufszentren und Supermärkten erkennbar ist. Die Dezentralisierung der Verwaltung hat dazu geführt, dass es in den Counties zu Verbesserungen bei Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und öffentlichen Diensten gekommen ist (BS 2018).
Insgesamt kam das Wachstum der breiten Bevölkerung bisher aber kaum zugute. Das Land bleibt eines der ärmsten der Welt und rangiert auf Platz 145 von 187 auf dem Human Development Index (BS 2018). Knapp 46 Prozent der Bevölkerung Kenias leben unterhalb der Armutsgrenze. Etwa 33,6 Prozent der Kenianer müssen mit weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag auskommen. Kenia ist außerdem ein Land mit äußerst starker sozialer und regionaler Ungleichverteilung von Einkommen. 2015 lebten in Kenias Städten 56 Prozent der Einwohner in Slums (AA 1.2017b).
Von den rund 19,7 Millionen erwerbsfähigen Kenianern gehen 2,6 Millionen einer Arbeit im formellen Sektor nach, 12,6 Millionen Menschen im informellen Sektor. Die Wirtschaft hat von 2006 bis 2013 jährlich 800.000 Jobs geschaffen. Die Gesamtarbeitslosigkeit lag im Jahr 2016 bei 11 Prozent (2013: 11,9 Prozent) (BS 2018), nach anderen Angaben bei 10 Prozent. Dabei ist die Jugendarbeitslosigkeit die größte Herausforderung. 80 Prozent der Arbeitslosen sind unter 35 Jahre alt (AA 1.2017b), 38 Prozent der Personen zwischen 15 und 35 Jahren gehen weder einer Ausbildung nach, noch arbeiten sie (BS 2018).
Kenia ist Gründungsmitglied des Common Market für Eastern and Southern Africa (COMESA) und der East African Community (EAC) (AA 1.2017b). In der EAC verfügt Kenia über die größte und am meisten diversifizierte Wirtschaft. Kenia hat zwar die Abhängigkeit vom Agrarsektor reduziert (BS 2018), doch bleibt der wichtigste Wirtschaftssektor Kenias nach wie vor die Landwirtschaft (inklusive Fischerei und Forstwirtschaft), in der ca. 30 Prozent des BIP erwirtschaftet werden. Landwirtschaftliche Produkte (Schnittblumen, Tee, Kaffee) sind Hauptexportgüter, wobei Tee Kenias wichtigstes Exportprodukt bleibt. Bank- und Telekommunikationsdienstleistungen wachsen stark. Im privaten Sektor gibt es interessante Ansätze. In einigen Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Chemie, Bauwirtschaft, Kommunikation, Umwelt-, Medizintechnik, Infrastruktur und Bergbau (AA 1.2017b) sowie Finanzdienstleistungen wird kräftig investiert, und darauf fußt das Wirtschaftswachstum. Der wachsende Mittelstand lässt wiederum den Handel wachsen (BS 2018). 93 Prozent der Kenianer verwenden Mobiltelefone, mehr als 70 Prozent überweisen oder empfangen Geld per Handy (GIZ 6.2017d).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017b): Kenia – Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/wirtschaft/208060, Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/, Zugriff 25.6.2018
Sozialbeihilfen
Sozialfür- und -vorsorge als Mittel zur Armutsbekämpfung ist Teil der offiziellen Sozialpolitik. Doch die Ergebnisse der Bemühungen müssen als durchwachsen bezeichnet werden. Die staatliche Rentenkasse NSSF zieht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils 6 Prozent des Bruttolohns für die Rentenkasse ein, die Ausschüttungen nach Antritt der Pension im Alter von 60 Jahren reichen aber nicht zum Überleben. Der größte und für Angestellte und Beamte obligatorische Gesundheitsversicherer NHIF zählt rund 5,8 Millionen Kunden. Eine nennenswerte Absicherung für den Fall von Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Inzwischen haben private Versicherer die wachsende Mittelklasse als Kunden für sich entdeckt (GIZ 6.2017c).
Für viele Kenianer bleibt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie Teil ihres sozialen Netzwerkes, wichtig bei Jobsuche und in Krisensituationen. Die Mehrgenerationenfamilie bildet das soziale Rückgrat der Gesellschaft (GIZ 6.2017c). Das Vertrauen in sozialen Angelegenheiten beruht auf Familie, Clan und Ethnie. Zusätzlich gibt es im ganzen Land eine große Zahl an sozialen und Selbsthilfeorganisationen sowie an informellen Kooperativen (BS 2018).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 25.6.2018
Medizinische Versorgung
Die ärztliche Versorgung in Nairobi ist gut (AA 25.6.2018). Dort gibt es Krankenhäuser auf internationalem Standard, z.B. das Nairobi Hospital und das Aga Khan Hospital sowie die privaten Spitäler Karen Hospital und MP Shah. Für die Küstenregion ist das Aga Khan Hospital Mombasa eines der am besten ausgestatteten Krankenhäuser (GIZ 6.2017d). Einfache bis mittelschwere Operationen können, insbesondere in Nairobi, in ausgewählten Krankenhäusern durchgeführt werden. Im Notfall sind auch komplexe Eingriffe möglich (AA 25.6.2018). Die Lebenserwartung in Kenia ist von 53,5 Jahren im Jahr 2004 auf 62,5 Jahre im Jahr 2014 gestiegen (BS 2018). Von einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung ist Kenia insgesamt allerdings weit entfernt. Auf tausend Bürger kommen nur 0,14 Ärzte. Krankenhäuser gibt es nur in größeren Städten (GIZ 6.2017c).
Krankenhäuser verlangen eine Vorzahlung, bevor sie Patienten behandeln (EDA 25.6.2018). In den staatlichen Spitälern werden Patienten, die nicht bezahlen können, rasch entlassen. In Privatkrankenhäusern werden Patienten ohne Kreditkarte nicht zugelassen (GIZ 6.2017c). Von Dezember 2016 bis November 2017 stattfindende Streiks von Pflegepersonal und Ärzten hatten gravierende Folgen für das staatliche Gesundheitswesen im gesamten Land. Jene, die sich keine private Krankenversicherung leisten konnten, waren überproportional stark von der mangelnden medizinischen Versorgung betroffen (AI 23.5.2018).
Handelsübliche Medikamente sind in den Großstädten verfügbar. Die Apotheken in Nairobi haben ein gutes Sortiment aller wichtigen Standardmedikamente. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen allerdings vor (AA 25.6.2018). Aus Kostengründen werden zunächst nach wie vor traditionelle Heiler und Wahrsager konsultiert und auf heimischen Kräutern basierende Therapien zurückgegriffen (GIZ 6.2017c).
HIV/AIDS ist ein großes Thema in der kenianischen Gesundheitspolitik, und selbst in abgelegenen und von Traditionen geprägten Gebieten findet ein Umdenken statt. Weil es an Geld fehlt, stehen zehntausende HIV-Infizierte ohne die nötigen antiretroviralen Medikamente da (GIZ 6.2017c). Die Regierung und NGOs unterstützen ein Netzwerk aus mindestens 5.488 Beratungs- und Testzentren, wo gratis HIV/AIDS-Diagnose angeboten wird (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (25.6.2018): Kenia – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/keniasicherheit/208058, Zugriff 25.6.2018
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html, Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/, Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018
Rückkehr und Dokumente
Alleine die Tatsache, dass jemand im Ausland um Asyl angesucht hat, zieht in Kenia nach einer Rückkehr keine Repressionen seitens des Staates nach sich (ÖB 20.12.2016).
Die nationalen Registrierungsrichtlinien sehen vor, dass Staatsbürger ab 18 Jahren verpflichtet sind, Personaldokumente beim National Registration Bureau einzuholen (USDOS 20.4.2018). Der Personalausweis (ID-Card) ist in Kenia ein sehr wichtiges Dokument, das für viele Lebensbereiche von Bedeutung ist. Prinzipiell ist für die Ausstellung einer kenianischen ID-Card eine sorgfältige Prozedur vorgeschrieben. So wird etwa die Identität in der Heimatregion eingehend überprüft. Allerdings gibt es dazu auch alternative Möglichkeiten oder man kauft den Ausweis einfach. Es ist außerdem einfach, sich einen Eintrag in der betroffenen Datenbank zu erkaufen. Insgesamt ist es sehr einfach, eine kenianische ID-Card zu bekommen (BFA 3./4.2017).
Quellen:
- BFA Staatendokumentation (3./4.2017): Protokolle zur FFM Somalia 2017
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018”
Begründend wurde im Bescheid im Wesentlichen angeführt, es hätten keine familiären Bindungen in Österreich festgestellt werden können, die der Erlassung des gegenständlichen Bescheides im Wege stünden, zumal die Beschwerdeführerin mit ihrem Partner nicht verheiratet sei, mit ihm in keinem gemeinsamen Haushalt lebe und sie nicht die überwiegende Zeit gemeinsam verbringen würden. Die Beschwerdeführerin halte sich knapp über 7 Jahre legal und über 5,5 Jahre illegal in Österreich auf und sei ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Aus den erteilten Aufenthaltstiteln könne keine Aufenthaltsverfestigung resultieren. Die Aufenthaltsdauer sei von der Beschwerdeführerin weder zur rechtmäßigen Integration in den Arbeitsmarkt genutzt worden, noch habe sie eine Schul- oder Berufsausbildung bzw. Weiterbildung in Österreich erfolgreich abgeschlossen und sei sie nicht der Lage ihren Aufenthalt selbst durch legale Mittel zu finanzieren. Die Beschwerdeführerin sei die Beziehung in einem Zeitpunkt eingegangen, als sie sich ihres unrechtmäßigen Aufenthalts habe im Klaren sein müssen. Im Hinblick auf den über 13-jährigen Aufenthalt seien die Deutschkenntnisse eher geringfügig. Diesen im Vergleich schwächer ausgeprägten privaten Interessen stünden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, denen hoher Stellenwert zukomme. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK sei daher nicht geboten.
Die Beschwerdeführerin gehe einer illegalen Beschäftigung als private Babysitterin nach, durch welche sie ein monatliches Einkommen von EUR 450,- bis EUR 500,- erwirtschafte. Zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts sei sie auf die finanzielle Unterstützung ihres Partners von EUR 350,- im Monat angewiesen, auf den sie keinen Rechtsanspruch habe. Die Beschwerdeführerin sei daher als mittellos anzusehen. Daher sei gegen sie ein 18-monatiges Einreiseverbot zu verhängen, dabei sei die mehrjährige Partnerschaft sowie die späte Aufnahme der Tätigkeit durch die Behörde zu ihren Gunsten gewertet und die Dauer des Einreiseverbots im untersten Bereich erlassen worden.
2.6. Dagegen richtet sich die vorliegende rechtzeitige Beschwerde vom 15.12.2020, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die Behörde habe die freiberufliche Tätigkeit als Babysitterin fälschlicherweise als illegal erkannt und das Einreiseverbot unrichtig begründet. Die Beschwerdeführerin habe mit ihren Auftraggebern weder ein Dienstverhältnis begründet, noch eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung. Sie sei in ihrer Ausübung der Dienstleistung gegenüber dem Kind nicht weisungsgebunden und erfahre durch den Auftraggeber zwar wann eine Betreuung notwendig sei, könne aber jederzeit absagen oder sich um eine „Ersatzsitterin“ bemühen. Es sei auch unrichtig, dass ihre legal geschlossene gesetzliche Krankenversicherung bei der SVS nicht alle Risiken decke. Hätte die Behörde ihren Lebensgefährten einvernommen, wäre sie zur Auffassung gelangt, dass er sich ihr bereits intensiv verbunden fühle und Ausgaben für sie nicht als Belastung empfinde. Die Beschwerdeführerin lebe seit mittlerweile 13 Jahren in Österreich, wobei ihr Aufenthalt 8 Jahre rechtmäßig gewesen sei. Mit ihrem Lebensgefährten bestehe tatsächlich ein Familienleben. Sie übe eine rechtmäßige Beschäftigung aus, sei krankenversichert, habe einen österreichischen Freund und spreche sehr gut Deutsch. Aufgrund der langen Abwesenheit aus Kenia habe sie zu ihrem Herkunftsland kaum mehr Bindungen. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung seien ihr nicht vorzuwerfen, sie habe gedacht, gegen den negativen Bescheid der MA 35 sei Beschwerde erhoben worden, deren Erledigung sie in Österreich abwarten dürfe. Sie habe keine Ausreiseaufforderung der Fremdenpolizei erhalten, sodass sie habe denken dürfen, nicht illegal aufhältig zu sein. Bei Beginn des Verhältnisses mit ihrem Freund sei sie der Ansicht gewesen, sie würde sich rechtmäßig in Österreich aufhalten. Die Behörde habe offenbar seit 2015 gewusst, dass sich die Beschwerdeführerin nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte und ihr dies vor Februar 2020 nie gesagt sowie kein Verfahren zu ihrer Rückkehr geführt. Außerdem gehöre sie als alleinstehende Frau in Kenia einer sozial benachteiligten Gruppe an und es ihr als solche sehr schwierig bis unmöglich sei alleine, nach so einer langen Zeit der Abwesenheit und ohne sozialem Netzwerk zu überleben. Weiters sei auf die derzeitige Corona-Situation und die damit verbundene erschwerte bzw. kaum mögliche Ausreise dorthin seitens der Behörde nicht eingegangen worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine kenianische Staatsangehörige, führt den im Spruch angeführten Namen und das Geburtsdatum. Ihre Identität steht aufgrund des (abgelaufenen) kenianischen Reisepasses fest.
1.2. Die Beschwerdeführerin wurde in Mombasa geboren und spricht muttersprachlich Englisch. In Kenia besuchte sie 12 Jahre die Schule. Dort leben weiterhin die Mutter, die Schwester und der Bruder der Beschwerdeführerin, zu denen nach Angaben der Beschwerdeführerin derzeit kein Kontakt besteht. Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, wonach eine Wiederaufnahme des Kontakts mit der in Kenia lebenden Familie nicht möglich sei.
1.3. Die Beschwerdeführerin war von 17.12.2007 bis 02.08.2011 sowie ab 08.11.2011 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.
1.4. Der Beschwerdeführerin wurde am 14.06.2007 erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfall unselbständiger Erwerb“ für ihre Tätigkeit als Au-Pair mit Gültigkeit vom 11.06.2007 bis 10.06.2008 erteilt. Anschließend wurde ihr nach Einbringung eines Zweckänderungsantrags die Aufenthaltsbewilligung für „Schüler“ mit Gültigkeit vom 11.06.2008 bis 11.06.2009 erteilt und in weiterer Folge bis zum 04.07.2014 verlängert. Die am 03.07.2014 neuerlich beantragte Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für „Schüler“, welche mit Bescheid der Magistratsabteilung 35 vom 23.04.2015, rechtskräftig seit 26.05.2015, mangels Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen abgewiesen wurde. Seitdem verfügte die Beschwerdeführerin über keinen Aufenthaltstitel mehr und hielt sich somit fortan unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf.
Die Beschwerdeführerin wurde bereits im Oktober 2010 in Ermangelung eines Schulerfolgs niederschriftlich über die Erfordernisse eines ausreichenden Erfolgsnachweises belehrt. Im Zuge des Verlängerungsantrags vom 09.06.2011 gab die Beschwerdeführerin einen Schulwechsel bekannt. Im 4. Semester nach dem Schulwechsel absolvierte die Beschwerdeführerin lediglich 2 Prüfungen, am 02.04.2013 und 24.06.2013, im Ausmaß von 2 Semesterstunden positiv. Im Zuge des zuletzt gestellten, nicht bewilligten, Verlängerungsantrag legte die Beschwerdeführerin keine aktuelle Inskriptionsbestätigung vor.
1.5. Mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 08.02.2020 teilte das BFA der Beschwerdeführerin die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot mit.
1.6. Die ledige und kinderlose Beschwerdeführerin hat in Österreich keine Familienangehörigen. Sie führt seit etwa 4 Jahren eine Beziehung mit einem österreichischen Staatsbürger, der sie finanziell mit EUR 350,- im Monat unterstützt und den sie heiraten möchte. Ihr Lebensgefährte wohnt derzeit bei seinen Eltern und ist am Wochenende bei der Beschwerdeführerin.
Die unbescholtene Beschwerdeführerin absolvierte erfolgreich im Jahr 2020 eine Integrationsprüfung auf Sprachniveau B1 (vgl. AS 41f) und im Jahr 2017 einen 35-Stunden-Kurs zur pädagogisch qualifizierten Person für Kinderbetreuung (vgl. AS 43). Ferner besuchte sie ein College für internationales Marketing und einen Lehrgang im Bereich Human Ressource, wobei sie keine dieser Ausbildungen abschloss.
Die Beschwerdeführerin arbeitet als Babysitterin, wodurch sie monatlich zwischen EUR 450,- und EUR 500,- verdient. Sie ist seit 02.02.2015 bei der „Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen – GW“ versichert.
1.7. Die Beschwerdeführerin ist mittellos. Sie konnte nicht nachweisen, dass ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert ist.
1.8. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Abschiebung nach Kenia in ihrem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder eine Rückkehr nach Kenia für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Im Fall ihrer Rückkehr nach Kenia verfügt die Beschwerdeführerin zudem über die Möglichkeit, außerhalb ihrer Heimatstadt zu leben und einer Beschäftigung nachzugehen.
1.9. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch: COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
Die Beschwerdeführerin gehört als gesunde junge Frau keiner Risikogruppe an, es besteht daher kein Anhaltspunkt für eine maßgebliche Gefährdung im Falle einer Rückkehr, etwa durch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Zudem besteht aktuell in Österreich (auch für nicht sozialversicherte Personen) niederschwellig die Möglichkeit einer Impfung gegen SARS-CoV-2, die nach derzeitigem Wissensstand jedenfalls einen weitgehenden Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bildet. Gründe, die gegen eine Impfmöglichkeit der Beschwerdeführerin sprechen, sind nicht hervorgekommen.
1.10. Zur Lage in Kenia werden die von der Behörde getroffenen Feststellungen (s. oben I.2.5.) zugrundgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen basieren auf dem vorliegenden Akteninhalt iZm dem Beschwerdevorbingen.
Die Feststellungen zu den der Beschwerdeführerin erteilten Aufenthaltstiteln sowie zur Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthalts ab 2015 sind unstrittig. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Schulerfolg der Beschwerdeführerin ergaben sich aus dem im Akt befindlichen Bescheid der MA 35 vom 23.04.2015 sowie ihrer Angabe in der niederschriftlichen Einvernahme gegenüber dem BFA, wonach sie die in Österreich begonnenen Ausbildungen nicht abgeschlossen habe (vgl. AS 97).
Die absolvierte Integrationsprüfung und Ausbildung zur pädagogisch qualifizierten Person ergaben sich aus den vorgelegten diesbezüglichen Unterlagen (vgl. AS 41 ff.).
Die festgestellte Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin ergab sich aus ihren Angaben zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Österreich, wonach sie sie als Babysitterin monatlich EUR 450,- bis EUR 500,- verdiene und von ihrem Partner mit EUR 350,- im Monat unterstützt werde (vgl. AS 97). Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht initiativ und untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachgewiesen, dass die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen und sie auf Einkünfte einen Rechtsanspruch hat (vgl. unten 3.3.).
Ansonsten konnten die Feststellungen aus den Angaben der Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde, von denen auch das BFA im angefochtenen Bescheid ausging, getroffen werden.
Die Feststellungen zur Situation in Kenia beruhen auf den vom BFA angeführten und von diesem herangezogenen, Quellen.
Es bestehen im Entscheidungszeitpunkt keine Anhaltspunkte, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass sich die allgemeine Lage in Kenia zwischenzeitlich entscheidungswesentlich und in einer Weise verändert hätte, die von Gerichts wegen wahrzunehmen wäre.
Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin als gesunde Frau mit Bildung in der Lage ist, sich ihre Existenzgrundlage im Herkunftsstaat aus Eigenem zu sichern, zumal in ihrem Herkunftsstaat ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Bruder leben. Anhaltspunkte für eine allfällige Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr sind weder den aktuellen Länderberichten, noch konkret dem Vorbringen zu entnehmen (siehe dazu unten 3.4.).
Dass die Beschwerdeführerin gesund ist und keinen medizinischen Behandlungsbedarf hat, ergibt sich daraus, die Beschwerdeführerin gegenüber dem BFA ausdrücklich anführte, gesund zu sein und sich „gut“ zu fühlen. Auch sonst ist kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin im Hinblick auf COVID-19 einer Risikogruppe angehört. Grundsätze zur Pandemie sowie die Feststellung, dass aktuell gesunde Personen (ohne die oben angeführten Vorerkrankungen) nicht zur COVID-19 - Risikogruppe zählen, sowie die in Österreich bestehende Impfmöglichkeit, sind als notorisch anzusehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A):
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“):
§ 58 Abs. 1 Z 5 AsylG bestimmt, dass das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin ist nicht geduldet. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß §°57 AsylG“ nicht erteilt werde. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, dass mit dem Abspruch offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 normierte Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, welcher Aufenthaltstitel von Amts wegen zu prüfen ist, gemeint ist. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
3.2. Zu den Spruchpunkten II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, Rückkehrentscheidung, Abschiebung):
3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Die Beschwerdeführerin ist Drittstaatsangehörige und hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
§ 55 AsylG lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) i.d.F BGBl. I Nr. 70/2015 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
"1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“
Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht (Z 1), oder gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht (Z 2).
Der mit „Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme“ übertitelte § 10 AsylG lautet in seinem Absatz 2 wie folgt:
„§ 10.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.“
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte u