TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/4 W220 2247281-1

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Veröffentlicht am 04.11.2021
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Entscheidungsdatum

04.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs6
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W220 2247281-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung – BBU-GmbH, gegen die Spruchpunkte II. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl.: 1275539101/210325031, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides lautet, wie folgt:

„Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, wurde am 05.03.2021 nach Bestimmungen der StPO in Österreich festgenommen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 07.03.2021 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.

In der Folge leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein und gab dem Beschwerdeführer mit Parteiengehör vom 09.03.2021 Gelegenheit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme samt Beantwortung näher angeführter Fragen, insbesondere zu seinem Privat- und Familienleben. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.08.2021, GZl.: XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen der Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 SMG und des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 erster Fall, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 05.03.2021 in Haft.

Mit oben genanntem Bescheid vom 16.09.2021 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG „nach“ zulässig sei (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.), gewährte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde zusammengefasst dargelegt, dass der Beschwerdeführer spätestens Anfang 2021 nach Österreich eingereist sei. Er sei straffällig geworden und bislang außerhalb seiner Inhaftierung in Österreich nicht melderechtlich erfasst gewesen, habe keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich und verfüge in Österreich über keine beruflichen, familiären oder sozialen Bindungen. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Es sei davon auszugehen, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer in Serbien sozialisiert worden sei und dort wieder Fuß fassen können werde.

Gegen die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Ehefrau und die drei Kinder des Beschwerdeführers in Serbien leben würden; in Österreich seien seine Mutter und zwei Brüder aufhältig. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe es unterlassen, den Beschwerdeführer einzuvernehmen, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen und eine individualisierte Gefährlichkeitsprognose zu treffen. Weshalb der Beschwerdeführer nach Verbüßung seiner Haftstrafe weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen sollte, sei nicht ersichtlich; zudem erweise sich das unbefristete Einreiseverbot als unverhältnismäßig. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über ein schützenswertes Privat- und Familienleben; es sei außerdem davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Abschiebung eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Personalien.

Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren, wo nach wie vor seine Ehefrau und seine drei Kinder, für die er sorgepflichtig ist, leben. Er beherrscht die Sprache Serbisch und verrichtete zuletzt Gelegenheitsarbeiten.

Im Jahr 2018 kam der Beschwerdeführer nach Österreich, um gemeinsam mit drei Mittätern im Rahmen einer kriminellen Vereinigung eine Cannabisplantage zu betreiben und Suchtgift zu erzeugen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine beruflichen oder engeren sozialen Bindungen. Die Mutter und zwei Brüder des Beschwerdeführers leben in Österreich; das Bestehen enger Bindungen zu diesen ist nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer war in Österreich, ausgenommen von seiner Anhaltung in Strafhaft, nie meldebehördlich registriert. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Vermögen und keine Möglichkeit, seinen Unterhalt im österreichischen Bundesgebiet legal zu finanzieren.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.08.2021, GZl.: XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen der Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 SMG und des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 erster Fall, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer, N. B., Z. K. und S. S. haben an zwei Orten in Österreich

A)       im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter vorschriftswidrig

I.       Cannabispflanzen (§ 27 Abs. 1 Z 2 SMG) zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge Suchtgift, nämlich Delta-9-THC und THCA-hältiges Cannabiskraut mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem sie in Indoorplantagen Cannabispflanzen kultivierten, und zwar

a)       zwischen einem nicht festzustellenden Zeitpunkt Anfang 2021 und 05.03.2021 der Beschwerdeführer, N. B., Z. K. und S. S.

1.       in L. an der Adresse R. 635 Stück Cannabispflanzen, sohin 6.350 g Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 1,04 % Delta-9-THC und 13,66 % THCA;

2.       in L. an der Adresse A. 835 Stück Cannabispflanzen, sohin 8.350 g Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 0,42 % Delta-9-THC und 5,54 % THCA;

3.       in W. an der Adresse P. 828 Stück Cannabispflanzen, sohin 8.280 g Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 0,37 % Delta-9-THC und 5,35 % THCA;

b)       zwischen einem nicht festzustellenden Zeitpunkt Anfang 2021 und 23.02.2021 der Beschwerdeführer, N. B. und Z. K. in W. an der Adresse P2. 820 Stück Cannabispflanzen mit eine Reinheitsgehalt von zumindest 0,91 % Delta-9-THC und 11,86 % THCA;

wobei sie die Straftat nach § 28 Abs. 1 SMG je als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung und in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge (große Menge) begingen;

II.      Suchtgift mit zumindest gerichtsnotorischem Reinheitsgehalt, nämlich Delta-9-THC und THCA-hältiges Cannabiskraut, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge erzeugt, indem sie Cannabispflanzen bis zur Blüte aufzogen, die Blüten- und Fruchtstände abschnitten und trockneten, und zwar

a)       N. B. und der Beschwerdeführer im Zeitraum von einem nicht festzustellenden Zeitpunkt im Jahr 2018 bis zum 05.03.2021 in zumindest fünfzehn Durchgängen und Z. K. im Zeitraum von 15.01.2021 bis zum 05.03.2021 in zumindest zwei Durchgängen und S. S. im Zeitraum von Mai 2020 bis zu seiner Festnahme am 05.03.2021 in zumindest zwei Durchgängen

1.       in L. an der Adresse R. durch Aufzucht von jeweils zumindest 635 Stück Cannabispflanzen in insgesamt zumindest drei Durchgängen, wobei je Durchgang zumindest 6.350 g Cannabiskraut mit zumindest gerichtsnotorischem Reinheitsgehalt hergestellt wurden;

2.       in L. an der Adresse A. durch Aufzucht von zumindest 835 Stück Cannabispflanzen in insgesamt zumindest zehn Durchgängen, wobei je Durchgang zumindest 8.350 g Cannabiskraut mit zumindest gerichtsnotorischem Reinheitsgehalt hergestellt wurden;

3.       in W. an der Adresse P. durch Aufzucht von zumindest 828 Stück Cannabispflanzen in zumindest zwei Durchgängen, wobei je Durchgang zumindest 8.280 g Cannabiskraut mit zumindest gerichtsnotorischem Reinheitsgehalt hergestellt wurden;

b)       N. B., Z. K. und der Beschwerdeführer in W. an der Adresse P2. durch Aufzucht von jeweils zumindest 820 Stück Cannabispflanzen in zumindest zwei Durchgängen, wobei je Durchgang zumindest 8.200 g Cannabiskraut mit zumindest gerichtsnotorischem Reinheitsgehalt hergestellt wurden;

wobei sie die Straftat nach § 28a Abs. 1 SMG je als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung und in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge begingen.

Bei der Strafzumessung war von einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen und wurden beim Beschwerdeführer mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel und die geständige Verantwortung, erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, das Überschreiten der fünfundzwanzigfachen Grenzmenge um ein Vielfaches und der lange Tatzeitraum gewertet.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 05.03.2021 in Strafhaft.

Der Beschwerdeführer ist in Serbien nicht bedroht oder verfolgt und läuft nicht konkret Gefahr, in Serbien der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Zur Lage in Serbien wird unter auszugsweiser Heranziehung der seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Länderfeststellungen nachfolgend festgestellt:

1)       „Sicherheitslage

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

2)       Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter (USDOS 13.3.2020).

Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen (HRW 17.1.2019).

3)       Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 17.10.2019

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

4)       Todesstrafe

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Gesetzte sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor (AI 10.4.2019).

Die in der serbischen Verfassung integrierte Menschenrechtscharta verbietet die Todesstrafe (Art. 24 Abs. 1). Das gilt auch für Militärstraftaten. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet. Das Protokoll trat am 6.12.2001 in Kraft und gilt - im Wege der Rechtsnachfolge - auch für Serbien (AA 3.11.2019).

5)       Bewegungsfreiheit

a.       Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

6)       Grundversorgung / Wirtschaft

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

a.       Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

7)       Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

a.       Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:
• Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben
• Keine Ausgangssperren
• Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke
• Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen
• Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten
• Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)
• Kinos und Theater bleiben geschlossen
• Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing
• Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

8)       Rückkehr

Letzte Änderung: 5.6.2020

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

(Für nähere Informationen zum Ausnahmezustand und zur Bewegungsfreiheit, siehe Abschnitt „Bewegungsfreiheit“.)

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein “Build Your Future”-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 2019).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 3.11.2019).“

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität und der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem bis 25.03.2029 gültigen serbischen Reisepass des Beschwerdeführers (AS 3 im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“).

Die Feststellungen zum Herkunftsort und den Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil (AS 83ff, im Speziellen AS 99, 101 und 117, im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“), dem Reisepass des Beschwerdeführers (3 im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“) sowie einer Vollzugsinformation (AS 69ff im Verwaltungsakt „EAM-Verfahren“) und Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister. Bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging angesichts der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Dauer seines festgestellten Aufenthaltes in Österreich davon aus, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat sozial verwurzelt sei und sich dort sein Lebensmittelpunkt befinde. Das Nichtbestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zum Herkunftsstaat wurde überdies in der Beschwerde nicht dargetan, sondern im Gegenteil bestätigt, dass die Ehefrau und die drei Kinder des Beschwerdeführers in Serbien leben würden (AS 7 im Verwaltungsakt „EAM-Verfahren“).

Die Feststellungen zur Einreise und dem Aufenthalt bzw. dem Aufenthaltszweck des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil (AS 83ff, insbesondere 101ff, im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“).

Die Feststellungen zu den familiären, sozialen und wirtschaftlichen Bezugspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil (AS 83ff, im Speziellen AS 99, 101 und 117, im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“) in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister sowie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich über kein Aufenthaltsrecht verfügt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang überdies, dass der Beschwerdeführer von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu dem ihm übermittelten Parteiengehör vom 09.03.2021, mit welchem er unter anderem auch zur Beantwortung von insgesamt achtzehn konkreten und detaillierten Fragen, insbesondere zu seinen persönlichen Lebensumständen, aufgefordert wurde (AS 39ff im Verwaltungsakt „EAM-Verfahren“), keinen Gebrauch machte. Vom festgestellten Sachverhalt ging bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen aus; in der Beschwerde wurde kein darüberhinausgehendes, integrationsrelevantes und substantiiertes Vorbringen erstattet; insbesondere wurde das Bestehen einer (engeren) Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Mutter und seinen Brüdern, die den Beschwerdeangaben zufolge in Österreich aufhältig sind, nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Das Vorliegen von Gesundheitsbeeinträchtigungen ist nicht hervorgekommen und wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Feststellung zur Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil (AS 83ff im Verwaltungsakt „Geschäftsstücke“) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft ergibt sich aus einer Vollzugsinformation (AS 69ff im Verwaltungsakt „EAM-Verfahren“) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Anhaltspunkte, aus denen zu schließen wäre, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der in Serbien geboren und sozialisiert ist, Serbisch beherrscht, zuletzt Gelegenheitsarbeiten verrichtete und in Serbien nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte, insbesondere seine Ehefrau und seine drei Kinder, verfügt, im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat bedroht oder verfolgt wäre oder Gefahr liefe, der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten, wurden im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise vorgebracht und sind auch sonst nicht hervorgekommen. Serbien gilt überdies gemäß der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat. Schließlich ergibt sich aus den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen bezüglich der Rückkehr nach Serbien, dass serbische Staatsangehörige bei einer Rückkehr keinen Repressalien ausgesetzt sind und nach der Rückkehr verschiedene Formen der (immateriellen) Unterstützung zur Reintegration in Anspruch nehmen können. Den Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach der Beschwerdeführer in Serbien keiner wie immer gearteten Gefährdung ausgesetzt wäre, ist sohin nicht entgegenzutreten; Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie ist darauf hinzuweisen, dass auch diesbezüglich kein Rückkehrhindernis ersichtlich ist. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf (vgl. zur notorischen Lage in Serbien betreffend die COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen allgemein zugängliche, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO – https://www.who.int, und CDC – https://www.cdc.gov/, Informationen der österreichischen Bundesregierung – https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQobChMI0ZWfp52a6QIVRaqaCh2o2gR4EAAYASAAEgL9NfD_BwE und unbedenkliche tagesaktuelle Berichte). Da der gesunde Beschwerdeführer im Hinblick auf sein Alter von vierundvierzig Jahren sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehört, besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in Serbien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. Auch ist nicht zu erkennen, dass sich die Wirtschafts- und Versorgungslage in einem Ausmaß verschlechtert hätte, dass die grundlegende Versorgung der serbischen Bevölkerung aktuell nicht mehr gewährleistet wäre.

Den Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch sonst im Verfahren eine Gefährdung ergebe, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde, ist sohin nicht entgegenzutreten; Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die – bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid getroffenen – Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht (wesentlich) geändert haben.

Diesen Feststellungen zur Lage in Serbien wurde nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Zu A) Abweisung der (ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte II. bis VI. gerichteten) Beschwerde:

3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Erlassung einer Rückkehrentscheidung):

3.2.1.1. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremde, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und sohin Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Als Staatsangehöriger Serbiens ist er nach Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 lit. a bis e vorliegen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 SDÜ muss der Drittausländer über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes sowohl für die Dauer des Aufenthaltes als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (lit. c leg cit) und darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen (lit. e leg cit).

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

3.2.1.2. Auf Grund des Umstandes, dass der am 05.03.2021 im Bundesgebiet festgenommene, mittellose Beschwerdeführer seinen Aufenthalt zur Begehung von strafrechtswidrigen Handlungen genutzt hat und mit Urteil vom 11.08.2021 rechtskräftig wegen der Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden ist, wurde der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Anbetracht des § 31 Abs. 1a FPG rechtswidrig, weil er während seines Aufenthalts im Bundesgebiet die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts nicht einhielt und durch sein Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellte.

Aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und da dem Beschwerdeführer mit dem in Rechtskraft erwachsenen Spruchpunkt I. des gegenständlichen, lediglich in seinen Spruchpunkten II. bis VI. angefochtenen Bescheides kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt wurde, prüfte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 zutreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer.

3.2.1.3. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Art. 8 EMRK geschützte Familienleben (VwGH 09.09.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.03.2013, 2012/21/0178, E vom 30.08.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.04.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (VwGH vom 25.04.2018, Ra 2018/18/0187). Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so muss die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich sein, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (VwGH vom 18.09.2019). Die Kombination aus Fleiß, Arbeitswille, Unbescholtenheit, dem Bestehen sozialer Kontakte in Österreich, dem verhältnismäßig guten Erlernen der deutschen Sprache sowie dem Ausüben einer Erwerbstätigkeit stellen bei einem Aufenthalt von knapp vier Jahren im Zusammenhang mit der relativ kurzen Aufenthaltsdauer keine außergewöhnliche Integration dar (VwGH vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0212). Es ist im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH vom 28.02.2019, Ro 2019/01/003). Es kann jedoch auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen „kann“ und somit schon allein aufgrund eines Aufenthaltes von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. etwa VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0191, mwN).

3.2.1.4. Zum Familienleben des Beschwerdeführers ist zunächst festzuhalten, dass in Österreich die Mutter und zwei Brüder des Beschwerdeführers leben; das Bestehen einer engen Bindung, eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines gemeinsamen Haushalts ist jedoch nicht hervorgekommen, sodass diese Beziehungen des Beschwerdeführers nicht vom nach Art. 8 EMRK geschützten Familienleben umfasst (aber im Rahmen des Privatlebens des Beschwerdeführers zu berücksichtigen) sind. Ein durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer bedingter Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers ist demnach zu verneinen.

Weiters ist zum Privatleben des Beschwerdeführers festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 nach Österreich reiste und sich somit noch nicht lang im Sinn der oben wiedergegebenen Judikatur in Österreich aufhält. Geht man dennoch vom Bestehen eines schützenswerten Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich aus, so ist in weiterer Folge die Verhältnismäßigkeit eines durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bedingten Eingriffs in das schützenswerte Privatleben des Beschwerdeführers zu prüfen. Im vorliegenden Fall fällt diese gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zum Privatleben des Beschwerdeführers zu Lasten des Beschwerdeführers aus:

Der Beschwerdeführer kam im Jahr 2018 lediglich deshalb nach Österreich, um gemeinsam mit drei Mittätern im Rahmen einer kriminellen Vereinigung eine Cannabisplantage zu betreiben und Suchtgift zu erzeugen, und weist kaum integrationsbegründende Anknüpfungspunkte zu Österreich, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, auf. Er verfügt in Österreich über keine beruflichen oder engeren sozialen Bindungen; zu seiner in Österreich lebenden Mutter und seinen ebenso in Österreich lebenden zwei Brüdern hat er kein enges Verhältnis. Der Beschwerdeführer war in Österreich, ausgenommen von seiner Anhaltung in Strafhaft, nie meldebehördlich registriert und verfügt über kein Vermögen sowie keine Möglichkeit, seinen Unterhalt im österreichischen Bundesgebiet legal zu finanzieren.

Der Beschwerdeführer verfügte in Österreich nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb der Dauer seines visumfreien Aufenthaltes, was ihm bewusst sein musste, und konnte er nicht mit Sicherheit mit einer dauerhaften Aufenthaltsberechtigung in Österreich rechnen.

Den Interessen des Beschwerdeführers an einer Aufrechterhaltung seines schwach ausgeprägten Privatlebens in Österreich steht zudem das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten gegenüber. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom 11.08.2021 rechtskräftig wegen der Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 SMG und des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 erster Fall, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wobei der Verurteilung unter anderem Taten, die über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren begangen wurden, zugrunde liegen.

Wie aufgezeigt, ist der Beschwerdeführer in Serbien, wo seine Ehefrau und seine drei Kinder, für die er sorgepflichtig ist, leben, geboren, beherrscht Serbisch und verrichtete zuletzt Gelegenheitsarbeiten; der Beschwerdeführer verfügt insofern im Vergleich zu Österreich über enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig und ist davon auszugehen, dass er sich im Fall seiner Rückkehr nach Serbien problemlos wieder in die serbische Gesellschaft eingliedern können wird; gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht hervorgekommen. Es handelt sich bei Serbien um einen sicheren Drittstaat; der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und grundlegender Gesundheitsversorgung ist dort sichergestellt. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Der Beschwerdeführer ist jedenfalls in der Lage, den Kontakt zu seinen beiden in Österreich lebenden Brüdern und seiner in Österreich lebenden Mutter via elektronischer Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten, zumal das Bestehen einer besonders engen Bindung des Beschwerdeführers zu diesen Familienangehörigen nicht hervorgekommen ist; zudem sind auch Besuche in Serbien möglich.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit nach einer Gesamtabwägung das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 12.03.2002, Zl. 98/18/0260, VwGH vom 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365, VwGH vom 03.05.2005, Zl. 2005/18/0076 und VwGH vom 09.09.2014, Zl. 2013/22/0246). Eine positive Zukunftsprognose kann nicht getroffen werden; es liegt noch keine Zeit des Wohlverhaltens vor, die am Verhalten des Beschwerdeführers in Freiheit, nach Vollzug der Haftstrafe, zu messen ist (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060; 15.02.2021, Ra 2021/17/0006).

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde daher insgesamt zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und demnach durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist daher im vorliegenden Fall geboten und verhältnismäßig und stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Zulässigkeit der Abschiebung):

3.2.2.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg. cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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