Index
L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde des ersten Bürgermeister-Stellvertreters einer Tiroler Gemeinde gegen einen aufsichtsbehördlichen Auftrag zur Einberufung einer Gemeinderatssitzung mangels Möglichkeit einer subjektiven RechtsverletzungSpruch
Die Beschwerde wird, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, zurückgewiesen.
Im übrigen wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1.1. Mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Mai 1994, Z136-459/6, wurde dem ersten Bürgermeister-Stellvertreter der Stadtgemeinde Lienz Dr. G H gemäß §110 Abs1 Tiroler Gemeindeordnung 1966 - GO, LGBl. 4 idF 98/1991, aufgetragen, binnen einer Woche eine Sitzung des Gemeinderats von Lienz mit dem Tagesordnungspunkt "Wahl des Bürgermeisters und eventuelle Nachbesetzung der Stelle eines Gemeindevorstandsmitglieds" einzuberufen.
1.1.2. Der über die Berufung des ersten Bürgermeister-Stellvertreters der Stadtgemeinde Lienz gegen diesen Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Lienz gemäß §66 Abs4 AVG iVm §119 Abs1 GO ergangene Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Mai 1994, ZIb-8484/1, enthält folgenden Spruch:
"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der erste Bürgermeister-Stellvertreter der Stadtgemeinde Lienz, Dr. G H, wird gemäß §110 Abs1 GO aufgefordert, binnen einer Woche eine Sitzung des Gemeinderats der Stadtgemeinde Lienz mit dem Tagesordnungspunkt 'Wahl des Bürgermeisters und eventuelle Neubesetzung der freigewordenen Stadtratsstellen' einzuberufen."
1.2.1. Dagegen richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde a) des Dr. G H, erster Bürgermeister-Stellvertreter der Stadtgemeinde Lienz, und b) der Stadtgemeinde Lienz, vertreten durch den ersten Bürgermeister-Stellvertreter, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt werden.
1.2.2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie auf Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig antrug.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Die zweitbeschwerdeführende Stadtgemeinde Lienz teilte durch die Bürgermeisterin mit Schreiben an den Verfassungsgerichtshof vom 18. Juli 1994, Z 024 Dr.Ob/wa, folgendes mit:
"Die obzitierte Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Mai 1994, ZIb-8484/1 wird, soweit sie im Namen der Stadtgemeinde Lienz eingebracht worden ist, von Seiten der Stadtgemeinde Lienz offiziell zurückgezogen.
Die Rücknahme dieser Beschwerde wurde vom Stadtrat in der Sitzung am 5. Juli 1994 ausdrücklich beschlossen.
Hingewiesen wird darauf, daß gemäß Textzahl 1. Z6 der in Geltung stehenden Geschäftsverteilung (Gemeinderatsbeschluß vom 17.12.1992, Niederschrift S 426) dem Stadtrat 'die Beschlußfassung über die Einbringung von Berufungen und außerordentlichen Rechtsmitteln für die Gemeinde' obliegt."
2.1.2. Das Verfahren war daher insoweit - wegen Zurückziehung der Beschwerde - einzustellen.
2.2.1. Der bekämpfte Bescheid steht mit der subjektiven Rechtssphäre des Erstbeschwerdeführers in keinerlei Zusammenhang. Der als bloßer Auftrag zu wertende Akt gemäß §110 Abs1 GO erging an Dr. G H vielmehr lediglich in seiner amtlichen Stellung als erster Bürgermeister-Stellvertreter. Der Verfassungsgerichtshof sprach schon wiederholt aus, daß Rechtsnormen, die nur die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter nicht berühren (vgl. VfSlg. 8385/1978, 8774/1980, 9638/1983, 11750/1988 uam.). In Anwendung einer solchen Vorschrift wurde der erste Bürgermeister-Stellvertreter durch aufsichtsbehördlichen Auftrag (lediglich) zur Einberufung einer Gemeinderatssitzung verpflichtet.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist aber zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Verwaltungsakt in irgendeinem subjektiven Recht verletzt sein kann (vgl. zB VfSlg. 8774/1980).
2.2.2. Da eine solche Verletzung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, war die Beschwerde, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, mangels Legitimation zurückzuweisen.
2.3. Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.4. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zulässig ist (zB VfSlg. 12806/1991).
2.5. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2, lite, und 3 VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Gemeinderecht Organe, Organwalter, BescheidbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B1068.1994Dokumentnummer
JFT_10058872_94B01068_2_00