Entscheidungsdatum
05.11.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W182 1434318-2/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2020, Zl. 821843109/200093184, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF) ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, ist sunnitischer Muslim und stellte in Österreich am 19.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 14.02.2013 brachte der BF u.a. vor, aus einem näher bezeichneten Ort in der Provinz Kapisa zu stammen, wo er auch von 1997 bis 2007 die Schule besucht habe. Traditionell verheiratet, habe sich der BF als Bauer seinen Lebensunterhalt verdient. Zu seinen persönlichen Verhältnissen brachte der BF vor, in Afghanistan mit seinen Eltern und seinem Bruder zusammengelebt zu haben. Sie haben Grundstücke und ein eigenes Haus gehabt, die Grundstücke seien verpachtet. Derzeit würden seine Mutter und seine Frau bei seinem Onkel mütterlicherseits im Iran leben. Seine Frau sei die Tochter des Onkels mütterlicherseits, sie haben vor zehn Monaten im Iran geheiratet. Der Vater und der Bruder des BF seien von einem lokalen Kommandanten bzw. dessen Leuten, die glaublich zur „Truppe von General XXXX “ gehört haben, umgebracht worden. Deshalb sei der BF zu seinem Onkel mütterlicherseits in den Iran geflüchtet.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2013, Zl. 12 18.431-BAG, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und diesem unter Spruchteil II. auch nicht der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 zuerkannt. Weiters wurde gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgesprochen (Spruchpunkt III.)
Die Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Angaben des BF als nicht nachvollziehbar zu werten gewesen seien.
Gegen diese Entscheidung erhob der Genannte fristgerecht Beschwerde.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2015, Zl. W154 1434318-1/9E, wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Demgegenüber wurde der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. stattgegeben und dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 dem Genannten eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 08.09.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).
Die Entscheidung wurde im Wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des BF begründet. Für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sei ausschlaggebend gewesen, dass die Sicherheitslage in der ursprünglichen Heimatregion des BF prekär sei. Da der BF überdies bereits seit längerer Zeit im Ausland weile und angesichts des Wohnsitzes seiner Familie im Iran auch keinerlei familiäre Bindung in Afghanistan bestehen würde, könne dieser dort im Falle seiner Rückkehr auch wirtschaftlich kein menschenwürdiges Leben führen bzw. ein solches finanzieren. Der BF verfüge darüber hinaus über keine Fachausbildung und fiele es solchen Personen generell schwer, im Falle ihrer Rückkehr eine geeignete Arbeit zu finden, mit der sie ihr Leben finanzieren könnten. Der BF würde daher im Falle einer nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des BF stützten sich insbesondere auf eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: „Informationen zur Lage von Tadschiken in Kabul, welche dem Glauben der Sunniten angehören“ vom 15.11.2013 sowie das Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesasylamtes vom September 2013 (Stand: 09.10.2014).
1.2. In weiterer Folge verlängerte die belangte Behörde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Genannten auf dessen Anträge hin mit Bescheiden vom 08.09.2016, Zl. 821843109-1598354/BMI-BFA_KNZ_RD, sowie vom 28.08.2018, Zl. 821843109-1598354, jeweils um weitere zwei Jahre, zuletzt bis zum 08.09.2020.
2. Im Zuge des Einreiseantrages der Gattin des BF im Rahmen eines Familienverfahrens nach § 35 Abs. 2 AsylG 2005 an der österreichischen Botschaft in Islamabad wurde der BF am 23.01.2020 beim Bundesamt als Zeuge befragt.
Insbesondere aufgrund seiner zeugenschaftlichen Angaben, wonach seine Mutter, seine Gattin und die Schwiegereltern seit etwa drei Jahren in einem angemieteten Haus in Kabul leben würden, wurde noch am selben Tag ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet und der BF dazu einvernommen. Im Verlauf der Einvernahme bestritt der BF die Möglichkeit, selbst in Afghanistan leben zu können, da dort nach wie vor die Feinde seiner Familie leben würden, die auch schon seinen Vater ermordet hätten. In Österreich habe er Deutschprüfungen der Niveaustufen A1 und A2 erfolgreich bestanden und bereits in verschiedenen Unternehmen gearbeitet.
3.1. Mit dem nunmehr angefochtenen, oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 08.09.2015, Zl. W154 1434318-1/9E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), ihm des Weiteren die mit selbigem Erkenntnis erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 leg. cit. entzogen (Spruchpunkt II.), ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).
Zur Person des BF wurde im Wesentlichen festgestellt, dass er afghanischer Staatsangehöriger sei, der Volksgruppe der Tadschiken angehöre, sunnitischer Moslem sei und Dari spreche. Er sei arbeitsfähig und leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF habe in seinem Herkunftsland bis zur zehnten Schulstufe die Schule besucht und verschiedene handwerkliche Arbeiten am Land verrichtet. In Afghanistan verfüge der Genannte – im Gegensatz zu Österreich – über diverse familiäre Anknüpfungspunkte, konkret in Kabul, in Form von zumindest seiner Mutter und eines Onkels mütterlicherseits sowie diversen weiteren Verwandten. Mit all diesen Angehörigen habe der BF bereits in der Vergangenheit im selben Haushalt gelebt. Gesund, arbeitsfähig und strafrechtlich unbescholten habe der Genannte im Bundesgebiet schon in diversen Branchen gearbeitet und sei aktuell bei einem metallverarbeitenden Betrieb beschäftigt.
Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die subjektive Lage des BF seit der Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter geändert habe, da für ihn nunmehr mit Kabul eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative offenstehen würde, zumal sich vor drei Jahren dort Familienangehörige von ihm niedergelassen haben. Dieser Umstand sei dem Bundedsamt erst im Rahmen einer Einvernahme am 23.01.2020 – sohin nach der letztmaligen Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter am 28.08.2018 - bekannt geworden. Somit sei das tragende Element der Zuerkennung, das fehlende familiäre Netzwerk, weggefallen und eine wesentliche Änderung des dem rechtskräftigen Erkenntnis zugrunde gelegten Sachverhaltes eingetreten. Neben den in der afghanischen Hauptstadt ansässigen familiären Anknüpfungspunkten stünden dem Genannten zudem auch noch vor Ort tätige Organisationen und Vereine zur Verfügung, deren Hilfe er in Anspruch nehmen könne. Es könne davon ausgegangen werden, dass es dem BF mit Unterstützung seines familiären Netzwerkes und dem Umstand, dass er auch in Österreich Berufserfahrung gesammelt habe, möglich sein werde, wenn auch nur als Hilfskraft oder Tagelöhner, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Seine Rückkehrbefürchtungen, dass er aus „feindschaftlichen Gründen“ nicht in Afghanistan leben könnte, seien bereits Gegenstand des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2015, Zl. W154 1434318-1/9E, gewesen und sei ihm diesbezüglich kein Glauben geschenkt worden. Wenngleich Kabul nicht seine Heimatprovinz sei, gehe aus den zugrundeliegenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat hervor, dass der BF als afghanischer Staatsangehöriger die Möglichkeit habe, sich in jedem Teil seines Herkunftsstaates niederzulassen und er somit die Möglichkeit habe, ebenso in Kabul sesshaft zu werden. Darüber hinaus stehe es dem BF frei sich ebenso in Mazar-e Sharif oder Herat niederzulassen.
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 02.03.2020 wurde dem BF ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
4. Gegen den Bescheid wurde seitens des BF fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt sich seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nicht verändert habe und die belangte Behörde lediglich eine andere rechtliche Beurteilung desselben Sachverhaltes vornehme. So sei in casu im Vergleich zu den dem Bescheid zugrundegelegten Länderfeststellungen keinerlei dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) in der ursprünglichen Heimatprovinz des Genannten wie auch im restlichen, für eine innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommenden Gebiet erkennbar. Insgesamt habe sich die Sicherheitslage generell verschlechtert und trete des Weiteren eine aktuelle Dürrekatastrophe erschwerend hinzu, welche im Ergebnis die Versorgungslage in Afghanistan als katastrophal erscheinen lasse. Im Ergebnis lägen die Gründe, welche ursprünglich zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt hätten gegenwärtig noch immer vor. Daraus resultierend sei somit nach wie vor davon auszugehen, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland von einer lebensbedrohlichen Notlage, etwa in Hinblick auf das gänzliche Fehlen jeglicher Lebensgrundlage, insbesondere Ernährung, Gesundheitsversorgung und Sicherheit, betroffen wäre, welche ihn in seinen von Art. 2 und 3 EMRK umfassten Rechte verletzen könnten.
5. Vom Bundesamt wurde am 20.05.2021 ein Abschlussbericht einer Landespolizeidirektion vom 19.04.2021 über einen gegen den BF bestehenden Verdacht auf gefärliche Drohung und Körperverletzung zum Nachteil einer Person nachgereicht. Der benachteiligten Person zufolge habe der BF ihr infolge eines Streites XXXX . Der BF habe die Vorwürfe zur Gänze bestritten. Dem Bericht zufolge bestehen widersprüchliche zeugenschaftliche Angaben, wobei eine Zeugin die Beschuldigung bestätigen, drei weitere Zeugen diese nicht bestätigen konnten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Beschwerdeführer:
Die Identität des BF steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan sowie Mitglied der Religionsgemeinschaft der Sunniten und der Volksgruppe der Tadschiken. Er stammt aus einem näher bezeichneten Ort in in der afghanische Provinz Kapisa. Er ist volljährig, uneingeschränkt arbeitsfähig und leidet an keinen schweren psychischen oder physischen Erkrankungen.
Der Rechtsmittelwerber spricht Dari und ein wenig Deutsch, wobei er ein A2-Sprachzertifikat in Vorlage bringen konnte. Er hat in Afghanistan die Schule besucht sowie sich Berufserfahrung in der Landwirtschaft sowie anderen Hilfstätigkeiten aneignen können. Er verfügt über keine Berufsausbildung. In Österreich geht er einer Erwerbstätigkeit als Hilfsarbeiter in einem metallverabeitenden Betrieb nach. Er ist kinderlos. In Kabul halten sich seine Gattin, seine Mutter sowie ein Onkel mütterlicherseits auf.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
Im Übrigen werden die Ausführungen im Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.
1.2. Zur hier relevanten Situation in Afghanistan
Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, 16.09.2021
- UNHCR-Position zur Rückkehr nach Afghanistan, August 2021
1.2.1. Zentrale Akteure
In Afghanistan sind unterschiedliche Gruppierungen aktiv, welche der (bis August 2021 im Amt befindlichen) Regierung feindlich gegenüber standen - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan war eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP), Al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan und Eastern Turkistan Movement.
Die Geschichte Afghanistans ist seit langem von der Interaktion lokaler Kräfte mit dem Staat geprägt - von der Kooptation von Stammeskräften durch dynastische Herrscher über die Entstehung von Partisanen- und Mudschaheddin-Kräften nach der sowjetischen Invasion bis hin zu den anarchischen Milizkämpfen, die in den 1990er Jahren an die Stelle der Politik traten. Das Erbe der letzten Jahrzehnte der Mobilisierung und Militarisierung, der wechselnden Loyalitäten und der Umbennung (sog. „re-hatting“: wenn eine bewaffnete Gruppe einen neuen Schirmherrn oder ein neues Etikett erhält, aber ihre Identität und Kohärenz beibehält) ist auch heute noch einer der stärksten Faktoren, die die afghanischen Kräfte und die damit verbundene politische Dynamik prägen. Die unmittelbar nach 2001 durchgeführten Reformen des Sicherheitssektors und die Demobilisierungswellen haben diese nie wirklich aufgelöst. Stattdessen wurden sie zu neuen Wegen, um die Parteinetzwerke und Klientelpolitik zu rehabilitieren oder zu legitimieren, oder in einigen Fällen neue sicherheitspolitische Akteure und Machthaber zu schaffen. Angesichts des Truppenabzugs der US-Streitkräfte haben verschie-dene Machthaber Afghanistans, wie zum Beispiel Mohammad Ismail Khan (von der Partei Jamiat-e Islami), Abdul Rashid Dostum (Jombesh-e Melli Islami), Mohammad Atta Noor (Vor-sitzender einer Jamiat-Fraktion), Mohammad Mohaqeq (Hezb-e Wahdat-e Mardom) und Gul-buddin Hekmatyar (Hezb-e Islami), im Sommer 2021 zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder öffentlich über die Mobilisierung bewaffneter Männer außerhalb der afghanischen Armee- und Regierungsstrukturen gesprochen. Während die Präsenz von Milizen für viele Afghanen seit Jahren eine lokale Tatsache ist, wurde (in der Ära der afghanischen Regierungen 2001-15.8.2021) doch noch nie so deutlich öffentlich die Notwendigkeit einer Mobilisierung gesprochen oder der Wunsch, autonome Einflusssphären zu schaffen, geäußert.
Im ersten Halbjahr 2021 waren - damals noch als „regierungsfeindliche Elemente“ bezeich-nete - Gruppierungen wie die Taliban, ISKP und nicht näher definierte Elemente insgesamt für 64 % der zivilen Opfer verantwortlich. 39 % aller zivilen Opfer entfielen davon auf die Taliban, 9 % auf den ISKP und 16 % auf nicht näher definierte regierungsfeindliche Elemente. Vor der Machtübernahme der Taliban als „regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen“ bezeichnete Akteure waren im selben Zeitraum für 2 % der von UNAMA erfassten zivilen Opfer verantwortlich. Auf Handlungen der (damals) regulären Streitkräfte der Afghan National Security and Defense Forces (ANDSF) wurden dagegen 23 % der zivilen Opfer zurückgeführt.
Taliban
Die Taliban sind seit Jahrzehnten in Afghanistan aktiv. Die Taliban-Führung regierte Afghanistan zwischen 1996 und 2001, als sie von US-amerikanischen/internationalen Streitkräften entmachtet wurde. Nach ihrer Entmachtung hat sie weiterhin einen Aufstand geführt. 2018 begannen die USA Verhandlungen mit einer Taliban-Delegation in Doha, im Februar 2020 wurde der Vertrag, in welchem sich die US-amerikanische Regierung zum Truppenabzug verpflichtete, unterschrieben, wobei die US-Truppen bis Ende August 2021 aus Afghanistan abzogen. Nachdem der bisherige Präsident Ashraf Ghani am 15.8.2021 aus Afghanistan geflohen war, nahmen die Taliban die Hauptstadt Kabul als die letzte aller großen afghanischen Städte ein. Die Taliban-Führung kehrte daraufhin aus Doha zurück, wo sie erstmals 2013 ein politisches Büro eröffnet hatte. Im September 2021 kündigten sie die Bildung einer „Übergangsregie-rung“ an. Entgegen früherer Aussagen handelt es sich dabei nicht um eine „inklusive“ Regierung unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure, sondern um eine reine Talibanregierung. Seit 2001 hat die Gruppe einige Schlüsselprinzipien beibehalten, darunter eine strenge Auslegung der Scharia in den von ihr kontrollierten Gebieten. Die Taliban sind eine religiös motivierte, religiös konservative Bewegung, die das, was sie als ihre zentralen „Werte“ betrachten, nicht aufgeben wird. Wie sich diese Werte in einer künftigen Verfassung widerspiegeln und in der konkreten Politik zum Tragen kommen, hängt von den täglichen politischen Verhandlungen zwischen den verschiedenen politischen Kräften und dem Kräfteverhältnis zwischen ihnen ab. Aufgrund der schnellen und umfangreichen militärischen Siege der Taliban im Sommer 2021 hat die Gruppierung nun jedoch wenig Grund, die Macht mit anderen Akteuren zu teilen.
Die Taliban bezeichneten sich (vor ihrer Machtübernahme) selbst als das Islamische Emirat Afghanistan. Sie positionierten sich als Schattenregierung Afghanistans. Ihre Kommissionen und Führungsgremien entsprachen den Verwaltungsämtern und -pflichten einer typischen Regierung, die in weiten Teilen Afghanistans eine Parallelverwaltung betrieb. Die Regierungs-struktur und das militärische Kommando der Taliban sind in der Layha, einem Verhaltensko-dex der Taliban, definiert, welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde.
Die wichtigsten Entscheidungen werden von einem Führungsrat getroffen, der nach seinem langjährigen Versteck auch als Quetta-Schura bezeichnet wird. Dem Rat gehören neben dem Taliban-Chef und dessen Stellvertretern rund zwei Dutzend weitere Personen an. Die Mitglieder der Quetta-Schura sind vor allem Vertreter des Talibanregimes von 1996-2001. Neben der Quetta-Schura, welche (vor der Machtübernahme der Taliban in Kabul) die Talibanangelegen-heiten in elf Provinzen im Süden, Südwesten und Westen Afghanistans regelte, gibt es beispielsweise auch die Peshawar-Schura, welche diese Aufgabe in 19 weiteren Provinzen übernommen hat, sowie auch die Miran Shah-Schura. Das Haqqani-Netzwerk mit seinen Kommandanten in Ostafghanistan und Pakistan hat enge Verbindungen zu den beiden letztgenannten Schuras.
Die Quetta-Schura übt eine gewisse Kontrolle über die rund ein Dutzend verschiedenen Kommissionen aus, welche als „Ministerien“ fungierten. Die Taliban unterhielten (vor ihrer Machtübernahme in Kabul) beispielsweise eine Kommission für politische Angelegenheiten mit Sitz in Doha, welche im Februar 2020 die Friedensverhandlungen mit den USA abschloss. Nach Angaben des Talibansprechers Zabihullah Mujahid hat diese Kommission keine direkte Kontrolle über die Talibankämpfer in Afghanistan. Die militärischen Kommandostrukturen bis hinunter zur Provinz- und Distriktebene unterstehen nämlich der Kommission für militärische Angelegenheiten.
Die höchste Instanz in religiösen, politischen und militärischen Angelegenheiten ist Mullah Haibatullah Akhundzada. Er ist seit 2016 der „Amir al Muminin“ oder „Emir der Gläubigen“, ein Titel, der ihm von Aiman Al-Zawahiri, dem Anführer von Al-Qaida, verliehen wurde. Er hat drei Stellvertreter: 1.) der Stellvertreter für Politisches ist Mullah Abdul Ghani Baradar, der Leiter der Kommission für politische Angelegenheiten und Vorsitzender des Verhandlungs-teams der Taliban in Doha; 2.) der Stellvertreter für die südlichen Provinzen und Leiter der militärischen Operationen bzw. der einflussreichen Kommission für militärische Angelegen-heiten ist Mullah Mohammad Yaqoob; 3.) der Stellvertreter für die östlichen Provinzen ist Sirajuddin Haqqani, der auch der Anführer des Haqqani-Netzwerks und der Miran Shah-Schura ist. Im September 2021 wurde angekündigt, dass Baradar in der „Übergangsregierung“ die Position des stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats einnehmen wird, Yaqoob soll Verteidigungsminister werden, Sirajuddin Haqqani Innenminister. Haibatullah Akhunzada wird sich als „Oberster Führer“ auf religiöse Angelegenheiten und die Regierungsführung im Rahmen des Islam konzentrieren. Die Taliban treten nach außen hin geeint auf, trotz Berichten über interne Spannungen oder Spaltungen. Im Juni 2021 berichtete der UN-Sicherheitsrat, dass die unabhängigen Operationen und die Macht von Taliban-Kommandanten vor Ort für den Führungsrat der Taliban (die Quetta-Schura) zunehmend Anlass zur Sorge sind. Spannungen zwischen der politischen Führung und einigen militärischen Befehlshabern sind Ausdruck anhaltender interner Rivalitäten, Stammesfehden und Meinungsverschiedenheiten über die Verteilung der Einnahmen der Taliban. Zuletzt wurde auch über interne Meinungsverschiedenheiten bei der Regierungsbildung berichtet, was vom offiziellen Sprecher der Taliban jedoch dementiert wurde.
Die Taliban sind somit keine monolithische Organisation. Gemäß einem Experten für die Organisationsstruktur der Taliban unterstehen nur rund 40-45 Prozent der Truppen der Taliban-führung. Rund 35 Prozent werden von Sirajuddin Haqqani, dem Kopf des Haqqani-Netzwerks und Stellvertreter von Mullah Akhundzada angeführt, weitere ca. 25 Prozent von Taliban aus dem Norden des Landes (Tadschiken und Usbeken). Was militärische Operationen betrifft, so handelt es sich um einen vernetzten Aufstand mit einer starken Führung an der Spitze und dezentralisierten lokalen Befehlshabern, die Ressourcen auf Distriktebene mobilisieren können.
(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, 16. September 2021, S. 40 ff)
1.2.2. Sicherheitslage in Afghanistan
Jüngste Entwicklungen - Machtübernahme der Taliban
Mit April bzw. Mai 2021 nahmen die Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen stark zu, aber auch schon zuvor galt die Sicherheitslage in Afghanistan als volatil. Laut Berichten war der Juni 2021 der bis dahin tödlichste Monat mit den meisten militärischen und zivilen Opfern seit 20 Jahren in Afghanistan. Gemäß einer Quelle veränderte sich die Lage seit der Einnahme der ersten Provinzhauptstadt durch die Taliban - Zaranj in Nimruz - am 6.8.2021 in „halsbrecherischer Geschwindigkeit“, innerhalb von zehn Tagen eroberten sie 33 der 34 afghanischen Provinzhauptstädte. Auch eroberten die Taliban mehrere Grenzübergänge und Kontrollpunkte, was der finanziell eingeschränkten Regierung dringend benötigte Zolleinnahmen entzog. Am 15.8.2021 floh Präsident Ashraf Ghani ins Ausland und die Taliban zogen kampflos in Kabul ein. Zuvor waren schon Jalalabad im Osten an der Grenze zu Pakistan gefallen, ebenso wie die nordafghanische Metropole Mazar-e Scharif. Ein Bericht führt den Vormarsch der Taliban in erster Linie auf die Schwächung der Moral und des Zusammenhalts der Sicherheitskräfte und der politischen Führung der Regierung zurück. Die Kapitulation so vieler Distrikte und städtischer Zentren ist nicht unbedingt ein Zeichen für die Unterstützung der Taliban durch die Bevölkerung, sondern unterstreicht vielmehr die tiefe Entfremdung vieler lokaler Gemeinschaften von einer stark zentralisierten Regierung, die häufig von den Prioritäten ihrer ausländischen Geber beeinflusst wird, auch wurde die weit verbreitete Korruption, beispielsweise unter den Sicherheitskräften, als ein Problem genannt.
Im Panjshir-Tal, rund 55 km von Kabul entfernt, formierte sich nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul Mitte August 2021 Widerstand in Form der National Resistance Front (NRF), welche von Amrullah Saleh, dem ehemaligen Vizepräsidenten Afghanistans und Chef des National Directorate of Security, sowie Ahmad Massoud, dem Sohn des verstorbenen Anführers der Nordallianz gegen die Taliban in den 1990ern, angeführt wird. Ihr schlossen sich Mitglieder der inzwischen aufgelösten Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) an, um im Panjshir-Tal und umliegenden Distrikten in Parwan und Baghlan Widerstand gegen die Taliban zu leisten. Sowohl die Taliban, als auch die NRF betonten zu Beginn, ihre Differenzen mittels Dialog überwinden zu wollen. Nachdem die US-Streitkräfte ihren Truppenabzug aus Afghanistan am 30.8.2021 abgeschlossen hatten, griffen die Taliban das Pansjhir-Tal jedoch an. Es kam zu schweren Kämpfen und nach sieben Tagen nahmen die Taliban das Tal nach eigenen Angaben ein, während die NRF am 6.9.2021 bestritt, dass dies geschehen sei. Mit Stand 6.9.2021 war der Aufenthaltsort von Saleh und Massoud unklar, jedoch verkündete Massoud, in Sicherheit zu sein sowie nach Absprachen mit anderen Politikern eine Parallelregierung zu der von ihm als illegitim bezeichneten Talibanregierung bilden zu wollen.
Weitere Kampfhandlungen gab es im August 2021 beispielsweise im Distrikt Behsud in der Provinz Maidan Wardak und in Khedir in Daikundi, wo es zu Scharmützeln kam, als die Taliban versuchten, lokale oder ehemalige Regierungskräfte zu entwaffnen.
Seit der Beendigung der Kämpfe zwischen den Taliban und den afghanischen Streitkräften ist die Zahl der zivilen Opfer deutlich zurückgegangen.
Vorfälle am Flughafen Kabul
Nachdem sich die Nachricht verbreitete, dass Präsident Ashraf Ghani das Land verlassen hatte, machten sich viele Menschen auf den Weg zum Flughafen, um aus dem Land zu fliehen. Im Zuge der Evakuierungsmissionen von Ausländern sowie Ortskräften aus Afghanistan kam es in der Menschenmenge zu Todesopfern, nachdem tausende Menschen aus Angst vor den Taliban zum Flughafen gekommen waren. Unter anderem fand auch eine Schießerei mit einem Todesopfer statt.
Am 26.8.2021 wurde bei einem der Flughafeneingänge ein Selbstmordanschlag auf eine Menschenmenge verübt, bei dem mindestens 170 afghanische Zivilisten sowie 28 Talibankämpfer und 13 US-Soldaten, die das Gelände sichern sollten, getötet wurden. Der Islamische Staat Khorasan Provinz (ISKP) bekannte sich zu dem Anschlag. Die USA führten als Vergeltungsschläge daraufhin zwei Drohnenangriffe in Jalalabad und Kabul durch, wobei nach US-Anga-ben ein Drahtzieher des ISKP sowie ein Auto mit zukünftigen Selbstmordattentätern getroffen wurden. Berichten zufolge soll es bei dem Drohnenangriff in Kabul jedoch zu zehn zivilen Todesopfern gekommen sein.
Verfolgung von Zivilisten und ehemaligen Mitgliedern der Streitkräfte
Bereits vor der Machtübernahme intensivierten die Taliban gezielte Tötungen von wichtigen Regierungsvertretern, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. Die Taliban kündigten nach ihrer Machtübernahme an, dass sie keine Vergeltung an Anhängern der früheren Regierung oder an Verfechtern verfassungsmäßig garantierter Rechte wie der Gleichberechtigung von Frauen, der Redefreiheit und der Achtung der Menschenrechte üben werden. Es gibt jedoch glaubwürdige Berichte über schwerwiegende Übergriffe von Taliban-Kämpfern, die von der Durchsetzung strenger sozialer Einschränkungen bis hin zu Verhaftungen, Hinrichtungen im Schnellverfahren und Entführungen junger, unverheirateter Frauen reichen. Einige dieser Taten scheinen auf lokale Streitigkeiten zurückzuführen oder durch Rache motiviert zu sein; andere scheinen je nach den lokalen Befehlshabern und ihren Beziehungen zu den Führern der Gemeinschaft zu variieren. Es ist nicht klar, ob die Taliban-Führung ihre eigenen Mitglieder für Verbrechen und Übergriffe zur Rechenschaft ziehen wird. Auch wird berichtet, dass es eine neue Strategie der Taliban sei, die Beteiligung an gezielten Tötungen zu leugnen, während sie ihren Kämpfern im Geheimen derartige Tötungen befehlen. Einem Bericht zufolge kann derzeit jeder, der eine Waffe und traditionelle Kleidung trägt, behaupten, ein Talib zu sein, und Durchsuchungen und Beschlagnahmungen durchführen. Die Taliban-Kämpfer auf der Straße kontrollieren die Bevölkerung nach eigenen Regeln und entscheiden selbst, was unangemessenes Verhalten, Frisur oder Kleidung ist. Frühere Angehörige der Sicherheitskräfte berichten, dass sie sich weniger vor der Taliban-Führung als vor den einfachen Kämpfern fürchten würden.
Es wurde von Hinrichtungen von Zivilisten und Zivilistinnen sowie ehemaligen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Personen, die vor kurzem Anti-Taliban-Milizen beigetreten waren, berichtet. In der Provinz Ghazni soll es zur gezielten Tötung von neun Hazara-Männern gekommen sein. Während die Nachrichten aus weiten Teilen des Landes aufgrund der Schließung von Medienzweigstellen und der Einschüchterung von Journalisten durch die Taliban spärlich sind, gibt es Berichte über die Verfolgung von Journalisten und die Entführung einer Menschenrechtsanwältin. Die Taliban haben in den Tagen nach ihrer Machtübernahme systematisch in den von ihnen neu eroberten Gebieten Häftlinge aus den Gefägnissen entlassen: Eine Richterin wie auch eine Polizistin gaben an, von ehemaligen Häftlingen verfolgt bzw. von diesen identifiziert und daraufhin von den Taliban verfolgt worden zu sein.
(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, 16. September 2021, S. 16 ff)
1.2.3. Aktuelle Lage in Afghanistan
Als Folge des Rückzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan hat sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage in großen Teilen des Landes rapide verschlechtert. Die Taliban haben in einer schnell wachsenden Anzahl an Provinzen die Kontrolle übernommen, wobei sich ihr Vormarsch im August 2021 nochmals beschleunigte, als sie 26 von 34 Provinzhauptstädten innerhalb von zehn Tagen einnahmen und schließlich den Präsidentenpalast in Kabul unter ihre Kontrolle brachten. Die stark zunehmende Gewalt hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Kindern. UNHCR ist besorgt über die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Kindern, sowie an Afghan*innen, bei denen die Taliban davon ausgehen, dass sie mit der afghanischen Regierung oder den internationalen Streitkräften in Afghanistan oder mit internationalen Organisationen im Land in Verbindung stehen oder standen.
Aufgrund der Unbeständigkeit der Situation in Afghanistan hält UNHCR es nicht für angemessen, afghanischen Staatsangehörigen und Personen mit vormaligem gewöhnlichen Aufenthalt in Afghanistan internationalen Schutz mit der Begründung einer internen Flucht- oder Neuan-siedlungsperspektive zu verwehren.
(UNHCR-Position zur Rückkehr nach Afghanistan, August 2021, S. 1 f)
1.2.4. Ethnische Gruppen
In Afghanistan leben laut Schätzungen zwischen 32 und 37,5 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht. Schätzungen zufolge sind die größten Bevölkerungsgruppen: 32 bis 42 % Paschtunen, ca. 27 % Tadschiken, 9 bis 20% Hazara, ca. 9 % Usbeken, 2 % Turkmenen und 2 % Belutschen.
Neben den alten Blöcken der Islamisten und linksgerichteten politischen Organisationen mobilisieren politische Parteien in Afghanistan vornehmlich entlang ethnischer Linien, wobei letztere Tendenz durch den Krieg noch weiter zugenommen hat. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen.
(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, 16. September 2021, S. 80f)
Tadschiken
Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan. Sie machen etwa 27 bis 30% der afghanischen Bevölkerung aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan (Provinzen Badakhshan, Takhar, Baghlan, Parwan, Kapisa und Kabul) bilden Tadschiken in weiten Teilen des Landes ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Als rein sesshaftes Volk kennen die Tadschiken im Gegensatz zu den Paschtunen keine Stammesorganisation. Heute werden unter dem Terminus t?jik „Tadschike“ fast alle dari/persisch sprechenden Personen Afghanistans, mit Ausnahme der Hazara, zusammengefasst.
(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, 16. September 2021, S. 82f)
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die im Rahmen der Feststellungen jeweils in Klammern angeführten Beweismittel und im Übrigen auf nachstehende Beweiswürdigung:
2.1. Die wesentlichen biografischen Feststellungen zum BF beruhen auf der unbedenklichen Aktenlage sowie einen zum Stichtag eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
2.2. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan beruhen auf den oben genannten Quellen. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an deren Richtigkeit zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung
1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
2. Zu Spruchteil A):
2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden (unter anderem) bei Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtig-ter der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK setzt eine Einzelfall-prüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (siehe etwa VwGH 23.01.2018, Ra 2017/20/0361, m.w.N.). Dabei ist auf den tatsächlichen Zielort eines Beschwerdeführers bei seiner Rückkehr abzustellen. Dies ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (siehe dazu etwa EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji; VfGH 13.09.2013, U370/2012; VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0029). Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, wenn für ihn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht. Eine innerstaatliche Fluchtalternative liegt dann vor, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates sowohl die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberech-tigten nicht vorliegen. Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (siehe VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsbe-rechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert (siehe etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281). Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl Nr. 60/1974, entspricht.
In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat. § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG betrifft hingegen jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (siehe VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 77; 14.08.2019, Ra 2016/20/0038, Rn. 32; 17.10.2019, Ro 2019/18/0005, Rn. 17). Die Heranziehung des zweiten Tatbestandes des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG setzt voraus, dass sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG (die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf) geändert hat (siehe dazu etwa VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353, m.w.N.).
Nicht jede Änderung des Sachverhalts rechtfertigt allerdings die Aberkennung des subsidiären Schutzes. Eine maßgebliche Änderung liegt unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) vielmehr nur dann vor, wenn sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend gerändert haben, dass ein Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht (siehe etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0381).
In Bezug auf die Frage, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend geändert haben, dass ein Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, kommt es nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses an. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind, darstellen (siehe etwa VwGH 29.11.2019, Ra 2019/14/0449; 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Beim Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und beim Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, auch wenn diese Verfahren unter einem entschieden werden können (vgl. VwGH 12.02.2021, Zl. Ra 2020/20/0415, Rz 44).
2.2. Für den BF bedeutet dies Folgendes:
Die vom Bundesamt festgestellte nachhaltige Verbesserung hinsichtlich der maßgeblichen Umstände in Afghanistan ist nicht eingetreten. So mag der BF zwar mittlerweile über ein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfügen. Eine (nachhaltige) Verbesserung der Sicherheitslage im Herkunftsstaat ist hingegen nicht eingetreten. Vielmehr kann in Anbetracht des jüngst erfolgten Regierungsumsturzes durch die Taliban und der derzeit vorherrschenden unsicheren Sicherheitslage zum Entscheidungszeitpunkt nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass für den BF als Zivilperson mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der (körperlichen) Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts verbunden ist.
Aus den Länderinformationen ergibt sich, dass die Taliban Afghanistan – zumindest auf absehbare Zeit – regieren werden. Im Hinblick darauf gibt es momentan kein Gebiet in Afghanistan, welches nicht unter der Kontrolle der Taliban steht bzw. ohne Kontakt mit ihnen erreichbar wäre und somit als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommt.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass IOM aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration für Afghanistan weltweit aussetzen musste. Demnach ist sogar von einer wesentlichen Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan auszugehen. Für den BF steht – entgegen der Ansicht des Bundesamtes – derzeit somit auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
Weiters liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der nach wie vor unbescholtene BF einen der übrigen Vorausetzungen nach § 9 Abs. 1 oder 2 AsylG 2005 erfüllen würde. Es trifft zwar zu, dass laut Abschlussbericht einer Landespolizeidirektion vom April 2021 ein Verdacht auf gefärliche Drohung und Körperverletzung zum Nachteil einer Person gegen den BF besteht. Zu einer rechtskräftigen Verurteilung ist es bisher nicht gekommen, wobei die gegenständlichen Vorwürfe aber selbst bei einer hypothetischen Verurteilung nicht ausreichen würden, um diesfalls von Verbrechen iSd § 17 StGB oder sonst einer entsprechenden Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich ausgehen zu können (vgl. dazu auch die Strafdrohungen nach §§ 83 und 107 StGB).
Der Beschwerde war sohin stattzugeben. Aufgrund der Stattgabe der Beschwerde gegen die Aberkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter liegen die Voraussetzungen für die Versagung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie der Anordnung einer Ausreiseverpflichtung nicht mehr vor (siehe dazu VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162). Ein Verfahren über einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung lag der bekämpften Entscheidung des Bundesamtes nicht zugrunde.
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsver-fahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 sowie VwGH 29.06.2021, Ra 2021/22/0047, m.w.N).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung familiäre Situation Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Sicherheitslage Verschlechterung wesentliche ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W182.1434318.2.00Im RIS seit
14.01.2022Zuletzt aktualisiert am
14.01.2022