Entscheidungsdatum
10.11.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L502 2190076-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2018, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.10.2021 zu Recht erkannt:
A)
1. Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. eingestellt.
2. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VI. wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 16.11.2016 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am selben Tag erfolgte seine Erstbefragung. Dabei legte er einen türkischen Personalausweis vor, welcher sichergestellt wurde.
3. Am 16.11.2016 annullierte die Landespolizeidirektion (LPD) XXXX mittels Bescheidformular sein von der griechischen Botschaft in XXXX ausgestelltes Visum der Kategorie C, welches bis zum 21.10.2016 gültig war. In der Folge wurde sein Verfahren zugelassen und an der Regionaldirektion XXXX des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) weitergeführt.
4. Am 29.11.2017 wurde er beim BFA im Beisein einer Vertrauensperson zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm auch das Länderinformationsblatt des BFA zum Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme dazu eingeräumt, worauf er verzichtete.
5. Am 17.01.2018 ersuchte das BFA die LPD XXXX um Überprüfung des vorgelegten Identitätsnachweises auf seine Echtheit.
6. Am 25.01.2018 erfolgte eine Aktenübermittlung an die Regionaldirektion XXXX , Außenstelle XXXX , des BFA.
7. Am 01.02.2018 langte das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung der LPD XXXX beim BFA ein.
8. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 12.02.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.).
9. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 14.02.2018 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
10. Am 28.02.2018 gab sein seinerzeitiger anwaltlicher Vertreter das Bevollmächtigungsverhältnis bekannt und ersuchte um Aktenübermittlung.
11. Gegen den mittels Hinterlegung am 16.02.2018 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 16.03.2018 binnen offener Frist Beschwerde im vollen Umfang erhoben.
12. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 22.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das Beschwerdeverfahren der zuständigen Gerichtsabteilung L502 zugewiesen.
13. Am 16.03.2020 langte im Wege des BFA eine Verständigung von der Aufnahme des BF in Untersuchungshaft ein.
14. Am 09.04.2020 leitete das BFA ein Schreiben des Bundeskriminalamts an das BVwG weiter.
15. Das BFA übermittelte am 28.10.2020 einen Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX vom 01.10.2020.
16. Das BVwG wurde am 21.12.2020 vom BFA über die neuerliche Verhängung einer Untersuchungshaft über den BF informiert.
17. Das BFA übermittelte am 07.01.2021 eine gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes (LG) XXXX vom XXXX .
18. Am 07.04.2021 ersuchte das BVwG das LG XXXX um Mitteilung des aktuellen Verfahrensstandes des gegen den BF geführten Strafverfahrens.
19. Mit Schreiben vom 14.04.2021, eingelangt am 20.04.2021, teilte das LG XXXX mit, dass der BF derzeit nicht verhandlungsfähig sei und das Strafverfahren fortgesetzt werde, sobald eine Verhandlungsfähigkeit besteht.
20. Am 12.07.2021 langte im Wege des BFA eine Berichterstattung der LPD XXXX vom 11.07.2021 ein.
21. Am 02.09.2021 ersuchte das BVwG das LG XXXX um Übermittlung einer Urteilsausfertigung zur genannten Geschäftszahl.
22. Am 07.09.2021 zeigte seine anwaltliche Vertretung die Beendigung des Vertretungsverhältnisses beim BVwG an.
23. Dem Ersuchen des BVwG vom 02.09.2021 folgend langte am 17.09.2021 eine gekürzte Urteilsausfertigung des LG XXXX ein.
24. Mit Eingabe vom 04.10.2021 teilte das BFA mit, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der am 12.10.2021 anberaumten Beschwerdeverhandlung nicht möglich sei. Zugleich wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt und um Übersendung der Verhandlungsniederschrift ersucht.
25. Am 05.10.2021 gab der nunmehrige anwaltliche Vertreter des BF seine Bevollmächtigung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs bekannt.
26. Mit Eingabe vom 07.10.2021 setzte das BFA das BVwG über eine Eheschließung des BF in Kenntnis.
27. Das BVwG führte am 12.10.2021 in Anwesenheit des BF und seines anwaltlichen Vertreters eine mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung gab der Vertreter des BF die Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des erstinstanzlichen Bescheides bekannt.
Im Hinblick auf die erstinstanzliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF wurde seine nunmehrige Ehefrau zeugenschaftlich befragt und legte die Vertretung mehrere Integrationsnachweise vor.
28. Das BVwG erstellte abschließend aktuelle Auszüge aus dem Strafregister, dem Betreuungsinformationssystem, dem AJ-Web sowie dem zentralen Melderegister (ZMR).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Moslem. Er wurde in XXXX geboren, wo er bei seinen Eltern im familieneigenen Haus aufwuchs und bis zur Ausreise wohnhaft war.
Er hat in der Türkei die Grund- und Hauptschule sowie ein Gymnasium besucht. Er wurde für ein Geologie- und Mineralogie-Studium an der Universität in XXXX zugelassen, brach das Studium jedoch nach zwei Monaten ab. Nach dem Schulabschluss half er im Betrieb seiner Familie aus. Seine Familie produziert und verkauft Vorhänge. Neben seinen Eltern und Geschwistern sind fünf Angestellte im Familienbetrieb beschäftigt. Im Übrigen war er gemeinsam mit einem Cousin als Inhaber einer Mietwagenfirma in XXXX für ca. ein bis eineinhalb Jahre selbständig erwerbstätig.
In XXXX leben nach wie vor seine Eltern, Geschwister, Großmutter und weitere Verwandte. Eine Schwester ist in Belgien wohnhaft. Seine Eltern sowie seine Geschwister bestreiten ihren Lebensunterhalt aus den Einnahmen des Familienbetriebs.
Er reiste zunächst zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt mit einem bis zum 21.10.2016 gültigen und von der griechischen Botschaft in XXXX ausgestellten Schengen-Visum der Kategorie C nach Griechenland und von dort ausgehend auf dem Luftweg weiter nach Deutschland. Nach einem dreitägigen Aufenthalt fuhr er gemeinsam mit zwei Freunden nach Bulgarien und kehrte danach in die Türkei zurück. Am 10.11.2016 reiste er neuerlich, diesmal schlepperunterstützt und ohne Visum, in das Gebiet der europäischen Union ein. Er reiste über unbekannte Länder nach Österreich ein, wo er am 16.11.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.
1.2. Der BF ehelichte am 10.05.2017 eine österreichische Staatsangehörige. Die kinderlose Ehe wurde nach vier Jahren einvernehmlich geschieden. Der gemeinsame Haushalt wurde bereits ein Jahr zuvor aufgelöst. Im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung gab seine frühere Ehegattin einen Unterhaltsverzicht ab. Der BF hat keinen Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau.
Am XXXX heiratete er neuerlich eine österreichische Staatsangehörige, mit welcher er bereits seit ca. eineinhalb Jahren eine Beziehung führte. Seine Ehefrau ist schwanger und befindet sich in Frühkarenz. Zuvor war sie in einem Wettbüro erwerbstätig. Der BF ist der leibliche Vater des noch ungeborenen Kindes. Die Geburt des gemeinsamen Kindes wird im XXXX erwartet. Er wohnt seit XXXX gemeinsam mit seiner Ehefrau in deren Mietwohnung. Zuvor wohnte er nach seiner Haftentlassung bei seiner Tante mütterlicherseits, die zugleich die Mutter seiner nunmehrigen Ehefrau ist. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zur seiner Tante/Schwiegermutter war nicht feststellbar. Neben der Mutter seiner Ehefrau leben auch ihre Schwester, zwei Brüder, ihr Großvater und weitere Angehörige in Österreich. Der von der Mutter seiner Gattin geschiedene Vater lebt in der Türkei. Es besteht kein Kontakt zu ihm. In der Türkei sind weitere Verwandte der Ehefrau wohnhaft, zu ihnen besteht jedoch kein Kontakt. Seine Ehefrau spricht türkisch und steht mit seiner eigenen Herkunftsfamilie täglich in Kontakt. Die Beziehung zwischen ihnen gestaltet sich gut. Im Juli 2021 hat sie die Herkunftsfamilie des BF eine Woche lang in der Türkei besucht. Auch bereits zuvor war sie in der Türkei aufhältig um ihre dort lebenden Großeltern zu besuchen.
Der BF ist auch Vater eines unehelichen Kindes. Sein Sohn kam am XXXX in Österreich zur Welt. Er hat am 26.02.2021 die Vaterschaft anerkannt, ist jedoch nicht zur Obsorge berechtigt. An Kindesunterhalt hat er monatlich € XXXX zu leisten. Seiner Unterhaltspflicht kommt er nur unregelmäßig nach. Vor dem zuständigen Pflegschaftsgericht wurde am 24.09.2021 eine Kontaktregelung mit der Kindesmutter getroffen. Es wurde vereinbart, dass er berechtigt und verpflichtet ist, wöchentlich am Montag von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr mit seinem Sohn Zeit zu verbringen. Zu Beginn finden die Kontakte im Beisein der Mutter statt. Der Beginn der wöchentlichen Kontakte wurde mit 27.09.2021 festgelegt. Ein über die Begegnungen im Rahmen der Besuchsregelung hinausgehender Kontakt besteht mit der Mutter seines Sohnes nicht. Ein gemeinsamer Haushalt mit ihr und dem Sohn bestand auch in der Vergangenheit nicht. Sowohl die Kindesmutter als auch der gemeinsame Sohn besitzen die türkische Staatsbürgerschaft.
1.3. Der BF bezog zuletzt 2017 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Seine Eltern unterstützen ihn finanziell mit monatlich € XXXX . Er geht hierorts keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er war im Juli und August 2018 geringfügig beschäftigt, musste diese Tätigkeit jedoch aufgrund fehlender Beschäftigungsbewilligung beenden. Zumindest am XXXX setzte er seine unrechtmäßige Erwerbstätigkeit als Imbiss-Aushilfskraft fort und verdiente monatlich € XXXX netto.
Am 13.06.2017 ließ er sich beim türkischen Generalkonsulat in XXXX einen Reisepass ausstellen.
Er spricht Türkisch als Muttersprache und verfügt über Kenntnisse der kurdischen Sprache. Er verfügt über rudimentäre Deutschkenntnisse und hat keine Sprachkurse besucht oder Sprachprüfungen abgelegt. Er ist gesund und voll erwerbsfähig.
1.4. Der BF wurde im Vorfeld seiner strafgerichtlichen Verurteilung von 13.03.2020 bis 25.03.2020 in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten. Er wurde mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wegen des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall iVm Abs. 3 SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 1. und 2. Fall SMG, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z. 6 WaffG, des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach §§ 15 iVm 83 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer XXXX verurteilt, davon wurde ein Teil der Strafe im Ausmaß von XXXX unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dem Privatbeteiligten wurde ein Teilschmerzensgeldbetrag in Höhe von € XXXX zugesprochen. Das Strafurteil erwuchs nach ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist am 22.12.2020 in Rechtskraft.
Das LG sah es als erwiesen an, dass er im Großraum XXXX im Zeitraum Oktober 2018 bis 09.12.2020 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 66,6 Gramm Kokain und 5,26 Gramm Marihuana, durch Verkäufe und Übergabe an verschiedene Drogenabnehmer, anderen überlassen hat, wobei er an Suchtmittel gewöhnt war und die Straftat vorwiegend deshalb beging um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen; vorschriftswidrig Suchtgift erworben und besessen hat, und zwar eine nicht mehr näher feststellbare Menge Kokain, Marihuana und Metamphetamin aus Inlandsbezügen; den Führerschein eines anderen, somit eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt hat, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde; wenn auch nur fahrlässig Munition erworben und besessen hat, obwohl ihm dies nach § 11a WaffG verboten ist; am 27.07.2020 in XXXX jemanden vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht hat, indem er mit einem unbekannten Gegenstand in der Hand auf das Opfer zu rannte, von oben nach unten auf dessen Hals-/Oberkörperbereich und anschließend noch ein weiteres Mal auf ihn einzuschlagen versuchte, wobei das Opfer beide Male ausweichen konnte, weshalb die Tat beim Versuch blieb; an einem unbekannten Ort einen anderen durch die telefonische Äußerung, er werde ihn fertig machen und er werde ihn umbringen, mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht hat um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Bei der Strafbemessung wurde seine Unbescholtenheit, seine teilweise geständige Verantwortung, die Sicherstellung der Suchtgifte, Suchtgiftutensilien und des Bargeldes sowie dass es teilweise beim Versuch geblieben ist mildernd gewertet. Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, der längere Tatzeitraum und die Tatwiederholung (bei § 28a SMG) und die Begehung teilweise während anhängigem Strafverfahren gewertet.
Mit seit 13.01.2021 rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes (BG) XXXX vom 23.09.2020 wurde er wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von XXXX , im Nichteinbringungsfall zu XXXX Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Er wurde mit Urteil des LG XXXX vom 11.02.2021 des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1, Abs. 2 StGB schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von XXXX verurteilt. Der Privatbeteiligten wurde ein Teilschmerzensgeldbetrag in Höhe von XXXX zugesprochen. Seine im Vorfeld dieser Verurteilung von 18.12.2020 bis 11.02.2021 erlittene Vorhaft wurde auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Nach Verbüßung eines Teils der Freiheitsstrafe wurde er am 28.03.2021 bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen.
Jener Verurteilung lag zusammengefasst der Sachverhalt zugrunde, dass er gegen die Mutter seines in Österreich geborenen Sohnes im Zeitraum September 2018 bis 18.12.2020 fortgesetzt Gewalt ausübte, indem er sie fortlaufend körperlich misshandelte, ihr Körperverletzungen zufügte und sie gefährlich bedrohte. Das Strafgericht wertete die einschlägige Vorstrafe, die teilweise Begehung während anhängigem Verfahren und den teilweisen raschen Rückfall erschwerend. Seine teilweise geständige Verantwortung und dass der Großteil der Einzeltaten in einem Zeitraum stattfand, indem auf die Entscheidung des früheren Strafverfahrens am LG Bedacht zu nehmen gewesen wäre, wurden mildernd gewertet.
Mit polizeilicher Berichterstattung vom 11.07.2021 wurde das BFA über ein neuerlich gegen den BF geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung und Körperverletzung verständigt. Der Berichterstattung lag ein Vorfall vom 10.07.2021 zugrunde, demzufolge er verdächtigt wird gemeinsam mit einem weiteren Beschuldigten Jugendlichen Faustschläge ins Gesicht versetzt und diese mit einem Messer bedroht zu haben. Nach Angaben der Opfer habe der BF zum Tatzeitpunkt beeinträchtigt gewirkt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, der gekürzten Urteilsausfertigungen des LG, der Berichterstattung der LPD, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der sonstigen im Zuge des Verfahrens vom BF vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG im Beisein des BF, die zeugenschaftliche Befragung seiner nunmehrigen Ehefrau durch das BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Strafregisters, des Betreuungsinformationssystems, des zentralen Melderegisters und des AJ-Web.
2.2. Die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, regionale und familiäre Herkunft des BF konnten aufgrund der diesbezüglich bereits erstinstanzlich als glaubwürdig festgestellten Angaben des BF sowie des vorgelegten und kriminaltechnisch untersuchten Identitätsnachweises festgestellt werden.
Die Feststellungen zu seinem Bildungsniveau, zu seiner Erwerbstätigkeit im Herkunftsland und zu den Lebensumständen seiner Herkunftsfamilie stützten sich ebenso auf seine glaubwürdigen Angaben.
Die Feststellungen zum Reiseweg und zur Einreise des BF nach Österreich und seiner Antragstellung hierorts stützten sich auf die persönlichen Angaben des BF und den gg. Verfahrensakt.
2.3. Die Feststellungen zum familiären und sozialen Leben des BF in Österreich stützten sich auf seine glaubwürdigen Angaben im Beschwerdeverfahren unter Berücksichtigung der zeugenschaftlichen Angaben seiner nunmehrigen Ehefrau im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung und der von ihm dazu ergänzend vorgelegten Beweismittel sowie der vom BVwG erstellten Datenbankauszüge.
Die Feststellungen zu den familiären, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen seiner nunmehrigen Ehefrau hierorts und in der Türkei konnten anhand ihrer gleichlautenden zeugenschaftlichen Angaben getroffen werden.
Ein Abhängigkeitsverhältnis zur in Österreich wohnhaften Tante mütterlicherseits, welche zugleich seine Schwiegermutter ist, konnte nicht festgestellt werden. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (VwGH 21.04.2021, Ra 2021/14/0109 mwN). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die üblichen gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff; EGMR 17.04.2003, 52853/99, Yilmaz gg. Deutschland). Mit seiner im Rahmen der Beschwerdeverhandlung oberflächlich gebliebenen Aussage, es bestehe zu seiner Tante/Schwiegermutter ein „enges Verhältnis“ (Verhandlungsprotokoll vom 12.10.2021, Seite 4), konnte er das Gericht nicht vom Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses im Sinne der zitierten Rechtsprechung überzeugen. Zwar konnte er nach seiner Haftentlassung bei ihr kurzfristig einen Wohnplatz finden, jedoch wurde dadurch kein Abhängigkeitsverhältnis aufgezeigt, insbesondere da der gemeinsame Haushalt mittlerweile wieder aufgelöst wurde und auch keine gegenseitige Unterhaltsverpflichtung oder -gewährung besteht. Der BF erklärte nur, dass er von seinen Eltern finanzielle Unterstützung erhält. Ein Vorbringen, dass er seine Tante oder sie ihn finanziell unterstützt wurde nicht erstattet.
Dass er Vater eines unehelichen Sohnes und für diesen unterhaltspflichtig ist, Kontaktregelungen mit der Kindesmutter getroffen wurden und mit ihr lediglich im Rahmen der Besuchszeiten Kontakt besteht, konnte ebenso seinen Angaben und der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Beurkundung der Anerkennung seiner Vaterschaft und der vor dem Pflegschaftsgericht vereinbarten Kontaktregelung entnommen werden. Die Feststellung, dass er nicht mit der Obsorge über seinen Sohn betraut ist, war anhand der gesetzlichen Regelung des § 177 Abs. 2 ABGB, der Tatsache, dass er im Zeitpunkt der Geburt nicht mit der Kindesmutter verheiratet war und er auch keine sonstigen Unterlagen, wie beispielsweise eine pflegschaftsgerichtliche Obsorgeregelung, vorlegte, festzustellen. Dass er mit der Kindesmutter und dem Sohn keinen gemeinsamen Haushalt geführt hat, war seinen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu entnehmen (Verhandlungsprotokoll 12.10.2021, Seite 8). Die Feststellung der Staatsangehörigkeit der Mutter und des Sohnes konnte dem vorgelegten Vaterschaftsanerkenntnis entnommen werden. Dass er seinen Unterhaltsverpflichtungen nur unregelmäßig nachkommt, ging aus Seite 4 des Protokollsvermerks des LG XXXX vom XXXX hervor.
2.4. Die Feststellungen unter 1.3. stützten sich auf seine Angaben im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung und auf die amtswegig eingeholten Datenbankauskünfte. Dass er zumindest am XXXX seine unrechtmäßige Erwerbstätigkeit als Imbiss-Aushilfskraft fortsetzte, war der Seite 4 des Protokollsvermerks des LG XXXX vom XXXX und einer fehlenden entsprechenden Eintragung im AJ-Web Auszug vom 07.10.2021 zu entnehmen.
Dass er sich am 13.06.2017 beim türkischen Generalkonsulat in XXXX einen Reisepass ausstellen ließ, war einer im Gerichtsakt einliegenden Kopie seines Reisepasses zu entnehmen (OZ 2).
Die Feststellung zu seinen Sprachkenntnissen gründen sich auf den persönlichen Eindruck des erkennenden Gerichts in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.10.2021, im Zuge welcher er nur ansatzweise in der Lage war, die ihm gestellten Fragen in deutscher Sprache zu verstehen (Verhandlungsprotokoll vom 12.10.2021, Seite 4). Ferner bescheinigte er auch keinen Besuch von allfälligen Sprachkursen oder abgelegten Sprachprüfungen.
Die Feststellung zu seinem Gesundheitszustand stützten sich auf seine Angaben.
2.5. Die Feststellungen unter 1.4. waren dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug, den gekürzten Urteilsausfertigungen des LG (OZ 6 und 14) und der im Gerichtsakt einliegenden polizeilichen Berichterstattung (OZ 9) unstrittig zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Zu A)
1.1. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichts ist besonders streng zu prüfen. Voraussetzung für einen rechtswirksamen Beschwerdeverzicht ist, dass er frei von Willensmängeln und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wurde. Besondere Formerfordernisse bestehen nicht. Unter diesen Voraussetzungen ist nicht nur ein Verzicht auf die Einbringung einer Beschwerde, sondern auch ein nachträglicher Verzicht durch Zurücknahme einer Beschwerde wirksam. Der Beschwerdeverzicht ist unwiderruflich, hindert allerdings nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. Fister/Fuchs/Sachs: Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Kommentar; § 7 VwGVG, Anm. 8, mit Judikaturhinweisen).
Der im Hinblick auf § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbare § 63 Abs. 4 AVG, an dessen Stelle der § 7 Abs. 2 VwGVG tritt, bestimmt in inhaltlich identer Weise, dass eine Berufung gegen einen Bescheid nicht mehr zulässig ist, wenn eine Partei – nach Zustellung oder Verkündung desselben – ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Der nachträgliche Berufungsverzicht in Form der Zurückziehung der Berufung ist, wenn auch gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen, nach der Rsp des VwGH gleichermaßen rechtswirksam. Auch eine Berufungszurückziehung bewirkt, dass die bereits eingebrachte Berufung nicht mehr meritorisch erledigt werden darf und der angefochtene Bescheid unwiderruflich und endgültig in formelle Rechtskraft erwächst. Einer bedingten Zurückziehung kommt wiederum keine Rechtswirkung zu. Besondere Formerfordernisse sind auch für die Zurückziehung der Berufung nicht vorgesehen, sie kann in jeder technischen Form geschehen, die eine Behörde zu empfangen in der Lage ist. Sie muss allerdings ausdrücklich und zweifelsfrei ausgesprochen werden, was besonders streng zu prüfen ist. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung darf diese nicht bloß aus dem Sinn einer Eingabe an die Behörde erschlossen werden. Sie muss jedenfalls frei von Willensmängeln erfolgen, so darf kein Irrtum auf Seiten der Partei vorliegen, der etwa durch ein, wenn auch nicht notwendiger Weise schuldhaftes, behördliches Verhalten veranlasst wurde, oder die Partei über behördlichen Druck oder Zwang agieren. Im Übrigen ist nur auf die Parteienerklärung als solche unabhängig von den Absichten und Beweggründen, welche die Partei zur Zurückziehung veranlasst haben, abzustellen (vgl. Hengstschläger/Leeb: Kommentar, § 63 AVG, Rz 73-76, mit Judikaturhinweisen).
1.2. In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2021 zog der anwaltliche Vertreter des BF die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des bekämpften Bescheides des BFA zurück, wie sich auch der BF selbst ausdrücklich damit einverstanden erklärte (Verhandlungsprotokoll 12.10.2021, Seite 11).
In Anwendung der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze war sohin von einer ausdrücklichen und eindeutigen Willenserklärung des BF durch seine bevollmächtigte Vertretung im Sinne einer – unwiderruflichen – Zurückziehung seiner Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid auszugehen. An diese Erklärung ist das erkennende Gericht angesichts nun nicht mehr bestehender Kompetenz zur Entscheidung in der Sache gebunden.
Insofern er nach erfolgter Beschwerdezurückziehung am Ende der mündlichen Verhandlung erstmalig vermeinte, dass ihm die Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei drohe und es ungewiss sei, ob er diesen überleben werde (Verhandlungsprotokoll 12.10.2021, Seite 14), war festzuhalten, dass dieses Vorbringen angesichts der zuvor erfolgten Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war.
1.3. Folgerichtig war das Beschwerdeverfahren in diesem Umfang einzustellen, womit der bekämpfte Bescheid auch in diesem Umfang in formelle Rechtskraft erwächst.
2.1. § 10 AsylG lautet:
(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
§ 57 AsylG 2005 lautet:
(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.
§ 58 AsylG 2005 lautet:
(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.
§ 52 FPG lautet:
(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel “Daueraufenthalt – EU” verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaats, in den der Drittstaatsangehörigen abgeschoben werden soll, aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.
§ 9 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.
Art. 8 EMRK lautet:
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
§ 55 FPG lautet:
(1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.
2.2. Der gg. Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz wurde vom BFA gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen, die dagegen vom BF erhobene Beschwerde wurde zurückgezogen, womit die Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides in Rechtskraft erwuchsen. Die Einreise des BF in das Gebiet der europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Sein Aufenthalt stützte sich seither bloß auf die Bestimmungen des AsylG für die Dauer seines nunmehr abgeschlossenen Verfahrens.
Die Beschwerde des BF gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides, mit dem ihm keine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG zuerkannt worden war, wurde ebenso zurückgezogen, womit auch dieser Spruchpunkt des bekämpften Bescheides in Rechtskraft erwuchs.
2.3. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG war diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, s