Entscheidungsdatum
19.11.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W117 2245846-1/20E
Schriftliche Ausfertigung des in der Verhandlung am 02.09.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg (BFA-S) vom 19.08.2021, Zl. URB-29153, 740261708-210703729, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 19.08.2021 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3, Z. 4 und Z. 5 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund/Bundesminister für Inneres Aufwendungen in Höhe von € 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.
V. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Mit gegenständlich angefochtenem Mandatsbescheid vom 19.08.2021 wurde über den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden angeordnet.
Die Verwaltungsbehörde ging in ihrem Schubhaftbescheid auf der Tatsachenebene insbesondere davon aus, dass der Beschwerdeführer vor kurzem strafrechtlich wegen Körperverletzung, Nötigung und gefährlicher Drohung zu einer bedingt nachgesehenen Haftstrafe verurteilt wurde, dass er in zwei Körperverletzungsverfahren als Beschuldigter geführt würde, dass er eine islamistische, menschenverachtende Gesinnung aufweise und sohin eine massive Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle. Ferner ging sie vom Vorliegen von Fluchtgefahr aufgrund dieser Delinquenz, aber auch aufgrund der mangelnden Möglichkeit, sich (nach Finalisierung) des Asylverfahrens selbst zu erhalten zu können und mangels maßgeblicher sozialer Bezugspunkte in Österreich eine alternative Unterkunft außerhalb seines radikalisierten Bekanntenkreises zu finden.
Die Verwaltungsbehörde zog daraus den rechtlichen Schluss des Vorliegens eines derartigen Mangels an sozialer Verankerung im Sinne des § 76 Abs. 3 Ziffer 9 FPG, das unter Berücksichtigung des § 76 Abs. 2 a FPG die Schubhaft zu verhängen war, und diese verhältnismäßig sei.
Gegen den Schubhaftbescheid und die darauf aufbauende Anhaltung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und monierte, dass entgegen der Ansicht der Verwaltungsbehörde das aus dem vom Beschwerdeführer gesetzten strafrechtlichen Verhalten keine gegenwärtige und konkrete Gefährdung abgeleitet werden könne und sei die damit verbundene negative Prognoseentscheidung mit Rechtswidrigkeit behaftet. Aufgrund des Vorliegens sozialer Bezugspunkte sei auch keine Fluchtgefahr gegeben und weil die Schubhaft aus psychologischer Sicht eine zu große Last für den Beschwerdeführer darstelle, sei diese unverhältnismäßig.
Die Verwaltungsbehörde legte fristgerecht den Schubhaftakt vor, erstattete eine Stellungnahme, in welcher sie den Schubhaftbescheid (sowie die darauf aufbauende Anhaltung) verteidigte und beantragte Kostenersatz für Aktenvorlage, Stellungnahme und – im Falle einer Verhandlung – entsprechenden Aufwandersatz.
Am 02.09.2021 wurde eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt – diese nahm folgenden Verlauf:
„(…)
RI befragt die Beschwerdeführende Partei ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen und an sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß beantworten?
BF: Mir geht es gesundheitlich gut.
Eröffnung des Beweisverfahrens
Verlesen wird der bisherige Akteninhalt und festgehalten, dass die Verwaltungsbehörde inzwischen eine Stellungnahme abgab und den Schubhaftbescheid verteidigte.
Festgehalten wird, dass die Rechtsvertretung zwischenzeitlich Dokumente in Vorlage brachte, nämlich ein Gespräch der Kinder und Jugend Anwaltschaft Salzburg, eine psychologische Stellungnahme vom 30.08.2021, aus der hervorgehen möge, dass der BF seine islamistische Grundhaltung aufgegeben habe und von ihm offensichtlich auch kein erhebliches Gefährdungspotential ausgehe.
Die Stellungnahme wird dem RV zur Einsicht gegeben.
Festgehalten wird, dass mit Erkenntnis des BVwG vom 16.08.2021 die Asylbeschwerde in den Spruchpunkten, die Asylgewährung und subsidiärer Schutz betreffend, verworfen wurde und lediglich das Einreiseverbot auf 10 Jahre herabgesetzt wurde.
Das BVwG geht hinsichtlich dieser vor kurzem ergangenen Feststellungen zur Person des BF von diesen Feststellungen aus.
Dem BF werden die entsprechenden Teile aus diesem negativen Erkenntnis des BVwG vorgehalten.
Sie brauchen sich zu den beiden letztgenannten Vorfällen vom 22 Mai und 23 Mai nicht zu äußern, wollen Sie noch etwas zur Verurteilung vom 25.05.2021 sagen?
BF: Das was 2016 geschehen ist, da war ich noch jung. Da war ich noch naiv.
R: Die Tik-Tok-Eintragungen sind aber nicht aus dem Jahr 2016.
BF: Die sind aus dem Jahr 2020.
R: Sie nennen sie offensichtlich immer noch Warlord Ismail.
BF: Ich habe diesen Namen angenommen als ich bei MMA (Mix Marshal Art) mitgemacht habe.
R: Sie haben beim Rückkehrberatungsgespräch mit der BBU angeführt, dass Sie Österreich nicht verlassen wollen, auch nicht freiwillig. Wie kann jemand mit Ihrer Geisteshaltung und Gesinnung den Aufenthalt in einem Staat, dessen Grundwerte er völlig verachtet anstreben? Warum, wenn Sie so eine derartige Gesinnung haben, aber nicht in die russische Föderation zurückreisen wollen, begeben sie sich nicht in einem Staat mit Ihrer Gesinnung?
BF: Österreich ist was für mich, aber ich hatte mich mit falschen Leuten zusammengetan. Ich habe seit langem mit diesen Leuten nichts zu tun.
R: Die Verurteilungen beziehen sich auf Straftaten von 2016 und die Tik-Tok-Eintragungen sind so schrecklich, die stammen aus 2020.
BF: Ich habe das nicht mehr, seit langem nicht mehr.
RV bringt vor: Ich verweise auf die Stellungnahme der Psychologin Frau XXXX , wo ausdrücklich eine solche Haltung abgestritten wird. Der BF wurde Dienstag von Herrn Saro vom Ombudsmann der Kinder und Jugendanwaltschaft in Salzburg, welcher sich mit Jugendlichen beschäftigt bis zu 21 Jahren besucht. Auch dieser sicherte mir am Telefonat zu, dass eine solche Haltung des BF ausdrücklich vorliegt. Er hat auch angeboten, dass man ihn telefonisch während der Verhandlung anrufen und ihn dazu befragen kann. Ich möchte darauf verweisen, dass der BF in Kärnten eine Freundin, slowakische Staatsbürgerin, hat die auch eine kurze Stellungnahme an die Rechtsvertretung des BF geschickt hat, worin sie über die Haltung des BF und über die Beziehung zum BF spricht. Das habe ich digital und kann es Ihnen schicken. Der BF streitet gar nicht ab, dass er die besagten Inhalte geteilt hat, es handelt sich jedoch um etwas, was er zutiefst bereut. Auch die heute anwesenden Zeugen werden bestätigen, dass in der Familie des BF Terrorismus abgelehnt wird. Sie hören das erste Mal von mir davon, dass das überhaupt Thema ist und erklären sich dieses Verhalten des BF mit dessen jungen Alter und Leichtgläubigkeit.
R: Dieser Sinneswandel muss erst vor unglaublich kurzer Zeit eingetreten sein, weil das Erkenntnis des BVwG vom 16.08.2021 das ein umfassendes Verfahren durchgeführt hat, keine Kenntnis davon hat.
Festgehalten wird, dass dieses Verfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen ist, bis zum heutigen Tag wurde kein außerordentliches Rechtsmittel eingelegt, die aufschiebende Wirkung konnte daher gar nicht zuerkannt werden.
Wenn Sie so in sich gefestigt sind, wie erklären sie dann die Vorfälle während der Anhaltung in Schubhaft? Dem BF wird Anhaltedatei S4 und S5 im Detail vorgehalten.
R: Diese Vorfälle während der Anhaltung indizieren, dass Sie entgegen dem Vorbringen völlig labil und ungefestigt sind und dass jederzeit von Ihnen Aggressionshandlungen gegen Dritte oder aber auch gegen sich selbst möglich sind.
BF: Gegen andere Menschen nicht. Ich habe Aggressionen gegenüber mir selbst gehabt, weil ich das gepostet hatte. Weil ich kurzfristig mit Leuten zu tun hatte, die ich überhaupt nicht in meinen Freundeskreis reinlassen sollte.
R: Wie kommt es eigentlich, dass Sie eine Beziehung zu einer in Villach aufhältigen Person haben, wenn Sie doch während des Asylverfahrens die ganze Zeit in Salzburg im Flüchtlingsquartier untergebracht sind bzw. waren?
BF: Ich bin in Villach aufgewachsen und durfte vom Flüchtlingsquartier aus zwei Tage lang hinausgehen.
R: Da müssen Sie ja den alten Villacher Bekanntenkreis aufgesucht haben, welche anderen Sozialkontakte hatten Sie sonst?
BF: Ich hatte auch andere soziale Kontakte, die von früher sitzen heute im Gefängnis. Mein Freundeskreis besteht hauptsächlich nur aus Multikulti-Personen. Hinsichtlich der Tik-Tok Postings habe ich meine Landsleute kennengelernt in Salzburg. Ich habe eine Kopfwäsche bekommen, wodurch ich auch so wurde wie die, aber mein Freundeskreis besteht hauptsächlich aus Kärnten mit multikulturellen Kindern. Wenn ich tatsächliche diese Einstellungen noch hätte, würde ich nicht mit einer slowakischen Freundin zusammen sein.
RV: Ich leite Ihnen das E-mail der Freundin weiter.
R: Was ist mit diesen Vorfällen in Schubhaft?
BF: Ich bin kein Krimineller, dass ich hinter Gittern sitze. Es hat mich psychisch kaputt gemacht, weil ich nicht mal Abschied von meinen Freunden nehmen konnte.
Festgehalten wird, dass in der Zwischenzeit das Email übermittelt wurde.
Festgehalten wird, dass der RI sich verwundert zeigt, dass diese Beweismittel alle erst im Schubhaftverfahren vorgelegt werden, einem Schnellverfahren, und bleibt die Frage offen, warum all diese Beweisanträge und Beweismittel nicht bereits im Asylverfahren/Rückkehrentscheidungsverfahren in einem so genannten ordentlichen Verfahren, vorgelegt wurden.
BF: Ich wusste nicht, dass ich in die Schubhaft komme, und als ich meinen ersten negativen Bescheid bekam, habe ich Unterschriften gesammelt über die Frage, was sie von mir halten und die BBU aus Salzburg hat es in die Beschwerde reingebracht. Es waren 11 Unterschriften.
R: Warum haben sie diese psychologischen Gutachten nicht eher vorgelegt?
BF: Ich habe erst zuletzt einen Termin beim Psychologen bekommen. Sonst hätte es gekostet, und ich hatte nicht genug Geld.
R: Es ist ihnen schon klar, dass Sie bald abgeschoben werden?
BF: Ja, das ist mir bewusst.
R: Es liegt ein Reisepass bei Ihnen vor, der ist gültig bis 2030.
BF: Ja, ich weiß.
R an RV: Haben Sie Fragen an den BF?
BF: Nein, danke.
Z1 ( XXXX ) ausgewiesen durch: Aufenthaltstitel EU Nr.: XXXX betritt den Verhandlungssaal um 12:23 Uhr.
Festgehalten wird, dass die RV die Zeugin stellig machte. Es liegt gar kein Verwandschafts- bzw. Verschwägerungsverhältnis zu dem BF vor. Es erfolgt die Wahrheitsbelehrung und Möglichkeit der Aussageverweigerung.
R: Sie kennen den BF seit wann?
Z1: Seit 2019 kenne ich ihn. Wir haben uns auf Instagram kennengelernt gehabt.
R: Sind Sie aus Salzburg oder Kärnten?
Z1: Ich bin aus Wien. Ich war aber mit Freunden oft in Salzburg unterwegs und da habe ich ihn getroffen.
R: Wann war das erste Treffen?
Z1: Anfang bis Mitte Mai diesen Jahres.
R: wie oft haben Sie den BF getroffen?
Z1: Das ist eine gute Frage. 6, 7-mal waren es schon. Von Mai bis Juni, Juli hatte ich keine Zeit, da hatte ich viel zu tun.
R: Wie muss ich mir diese Treffen vorstellen?
Z1: Wie Sie wissen, traditionsmäßig ist es ein normales Treffen, essen gehen und spazieren.
R: In Begleitung?
Z1: nein, wir waren alleine.
R: Wie lange haben solche Treffen gedauert?
Z1: Es waren schon ein paar Stunden. Von Mittag bis am Abend.
R: Es ist aber rein freundschaftlich geblieben?
Z1: Ja, ich kenne den Onkel des BF. Den XXXX . Den kenne ich schon länger. So habe ich ihn damals auch kennengelernt gehabt.
R: Es ist keine Verwandtschaft also?
Z1: Nein, keine Verwandtschaft, nur Bekannte, Freunde sozusagen.
R: Was können Sie uns über die Treffen berichten?
Z1: Ich habe gehört, dass er kriminell bzw. terrormäßig rübergekommen sein soll, aber das muss ich wirklich verneinen. So wie ich ihn kenne, ist er ein ganz lieber junge, hilfsbereit, respektvoll, er kennt seine Grenzen. Selbst bei Späßen weiß er seine Grenzen.
R: Kennen Sie seine detaillierte Vorgeschichte?
Z1: Ich habe erst heute etwas mitbekommen über ein Video von Tik-Tok oder WhatsApp, keine Ahnung. Ich kann nur sagen, jung und dumm. Das würde ich mal sagen. Das ist ja, was mich so schockiert, weil, so wie ich ihn kenne, seine Ansichten. Wir haben ja auch darüber geredet gehabt, was zuhause abgeht in Tschetschenien. Seine Ansichten, was Menschenrechte verletzen oder Töten, Schlagen anbelangt, ist er mir sehr barmherzig rübergekommen. Ich bin eigentlich schockiert. So wie ich ihn kennengelernt habe, ist er ein ganz lieber Junge. Es sei denn, er wollte cool dastehen.
RV an Z1: Was können Sie zum Freundeskreis des BF sagen?
BF: Ich kenne seine Freunde nicht, er hat auch nicht viel über Freunde geredet. Ich war sozusagen seine gute Freundin, er hat mir auch Dinge anvertraut, die persönlich sind.
RV: Haben Sie aus den persönlichen Gesprächen mit ihm den Eindruck, dass der BF jegliche Freundschaften oder Beziehungen zu Menschen aus anderen Nationalitäten ablehnt?
Z1: Gar nicht.
RV: Warum?
Z1: Ich glaube, er hält seinen Freundeskreis klein, aber ich weiß nicht, ob er nur Tschetschenen als Freunde hat. Ich weiß es nicht, aber ich schließe aufgrund seiner Deutschkenntnisse, dass er nicht nur mit Tschetschenen abgehangen ist, weil die Tschetschenen auf ihre Sprache eher reden. Beste Freunde hat er soweit ich weiß nicht. Ich habe es nie gehört, dass er einen besten Freund hat, weder einen Tschetschenen noch einen anderen.
RV: Keine weiteren Fragen.
Z1 verlässt die Verhandlung um 12:38 Uhr.
Festgehalten wird, dass die Zeugin keine Fahrtkosten begehrt, lediglich eine Zeitbestätigung.
Z2 ( XXXX ) betritt den Verhandlungssaal um 12:43 Uhr.
Festgehalten wird, dass die RV den Zeugen stellig machte. Es liegt gar kein Verwandtschafts- bzw. Verschwägerungsverhältnis zu dem BF vor. Es erfolgt die Wahrheitsbelehrung und Möglichkeit der Aussageverweigerung.
Festgehalten wird, dass für den Zeugen die Beiziehung des D notwendig ist.
R: Sind Sie mit dem BF verwandt oder verschwägert?
Z2: Seine Mutter ist meine Cousine.
R: Sie sind seit wann in Österreich aufhältig?
Z2: Seit 5 Jahren.
R: Seit wann kennen Sie den BF?
Z2: Ich kenne ihn schon lange. Wir haben in Tschetschenien in einem Dorf zusammengewohnt.
R: Wie intensiv und häufig ist und war der Kontakt mit dem BF?
Z2: Er hat in einer Pension gewohnt. Er hat am Wochenende in einer Flüchtlingspension gewohnt und am Wochenende ist er zu mir gekommen und hat bei mir gegessen. Wir haben zusammen gegessen und die Zeit miteinander verbracht. Wir haben gemeinsame Fotos, die uns zeigen.
R: Was wissen Sie über den BF zu berichten?
Z2: Was kann ich über ihn sagen, er ist ein guter Bursche. Er ist ein Sportler. Er hat auch zuhause trainiert. Hier in Österreich hat er auch trainiert. Er hat in einer Pension gewohnt, bis er festgenommen wurde.
R: Kennen Sie die kriminelle Vorgeschichte des BF?
Z2: Nein, die kenne ich nicht.
R: Wissen Sie was der BF auf Tik-Tok gepostet hat?
Z2: Nein, das weiß ich auch nicht. Als ich hier zum Gericht gekommen bin da habe ich etwas davon gehört.
R: Die Inhalte kennen Sie aber nicht?
Z2: Erst hier unmittelbar vor der Verhandlung habe ich verstanden um was es geht. Ich kenne seine Eltern. Ich habe selbst 12 Jahre lang als Polizist gearbeitet in Tschetschenien. Ich habe da auch Terroristen festgenommen und verfolgt. Solche Sachen in seiner Familie kenne ich nicht.
RV an Z2: sie haben gesagt, dass Sie heute das erste Mal davon gehört haben, was ist ihre Meinung dazu nachdem sie das jetzt gehört haben. Sind Sie überrascht und was sagen Sie dazu?
Z2: Ich habe von 2002 bis 2015 als Polizist gearbeitet. Terrorismus und Terroristen bekämpft, verfolgt und festgenommen. In seinem Fall glaube ich an das nicht. Ich kenne seine Familie und das Thema Terrorismus in der Familie existiert nicht.
RV: Warum glauben Sie hat er entsprechende Inhalte gepostet?
Z2: Er ist noch ein junger Bursche, das waren noch spiele am Handy. Wenn ich davon früher gewusst hätte, hätte ich ihn zusammengeschimpft und er hätte so etwas nie mehr gemacht.
RV: Kann der BF im Falle einer Entlassung bei Ihnen wohnen?
Z2: Selbstverständlich.
R: Wie groß wäre Ihre Wohnung, wohnen Sie alleine oder mit Familie?
Z2: Ich habe Familie, ich habe 5 Kinder. Die Wohnung ist 70 m² groß. Einer meiner Söhne ist schwer krank nach einem Autounfall. Ich habe eine Gattin und 5 Kinder.
R: Gehen Sie einer Arbeit nach?
Z2: Derzeit bin ich beim AMS gemeldet. Zuvor habe ich kost nach Deutschland und zurück transportiert.
R: Ich frage Sie das weil es um im Falle der Freilassung auch um die Unterhaltszahlungen ginge. Welche Mittel haben Sie zur Verfügung?
Z2: die soziale Unterstützung belaufen sich auf 1600 Euro für die ganze Familie. Vom AMs bekomme ich 430 Euro. Mein verletzter Sohn bekommt 1700 Euro Pension im Monat. Von der Caritas 600 Euro. Wenn ich arbeite wird von dem Geld etwas abgezogen.
R: Wann bekommen Sie wieder Arbeit?
Z2: Mein Sohn bekommt jetzt die Reha, ich muss mit den Kindern einen Monat lang zuhause bleiben und erst dann kann ich arbeiten gehen. Die Gattin kümmert sich um den Sohn, sie arbeitet nicht. Er ist pflegebedürftig mit Beatmungsapparat, Pflegestufe 7.
RV und BehV: Keine weiteren Fragen.
Z2: Ich mache keine Fahrtkosten geltend.
Z2 verlässt den Verhandlungsaal um 13:02 Uhr.
Z3 ( XXXX ) betritt den Verhandlungssaal um 13:03 Uhr.
Festgehalten wird, dass die RV den Zeugen stellig machte. Es liegt gar kein Verwandschafts- bzw. Verschwägerungsverhältnis zu dem BF vor. Es erfolgt die Wahrheitsbelehrung und Möglichkeit der Aussageverweigerung.
R: Sind Sie verwandt oder verschwägert mit dem BF?
Z3: Seine Mutter ist meine Cousine.
Z3 gibt an die Aussagen in deutscher Sprache tätigen zu wollen und nur hilfsweise auf Russisch umzustellen.
R: Was ist ihr Status in Österreich?
Z3: Ich habe den Asylpass gehabt. Der ist aber schon weg. Jetzt habe ich momentan den Führerschein. Ich habe das Visum abgegeben zur Verlängerung. Ich hatte ursprünglich Flüchtlingsstatus, aber ich bekomme jetzt ein Visum. Der Flüchtlingsstatus wurde mir aberkannt.
BehV gibt dazu an, dass der Z3 seit 14.07.2020 eine ATB Karte gemäß § 55 Abs. 2 AslyG welche er am 09.07.2020 erhalten hat und jetzt ist ein Verlängerungsantrag bei der Behörde anhängig. Der Antrag langte am 06.04.2021 ein und ist noch offen.
R: Sie wurden verurteilt wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz vom 14.12.2017.
Z3:
Festgehalten wird, dass der Z3 offensichtlich aktuell nach dem § 55 AsylG zum Aufenthalt berechtigt ist. Das zugrundeliegende Erkenntnis des BVwG stammt vom 12.03.2020, W11 2222367.
R: Sie kennen den BF seit wann?
Z3: Ich kenne den BF von Kindheit an.
R: Was wissen Sie über den BF zu berichten?
Z3: Nur gute Sachen.
R: Berichten Sie die guten Sachen.
Z3: Er war für uns immer ein Beispiel, sehr respektvoll. Er beschäftigte sich mit Sport. Er wollte Österreich vertreten. Sie haben in Klagenfurt gelebt, er war im Kindergarten, er hat in der Schule gut gelernt.
R: Kennen Sie die kriminelle Vorgeschichte des BF?
Z3: Dass er gerauft hat, das wissen die Eltern. Ich habe mit ihm auch darüber gesprochen. Was kriminelle Sachen betrifft weiß ich nichts.
R an Z3: Der BF hat auf Social Media bedenkliche Inhalte geteilt. Wissen Sie worum es geht?
RV: Ich habe davon wirklich erst heute erfahren. Von dem RV auf der Straße. Wir haben darüber erst jetzt gesprochen, von ihm habe ich es erfahren.
RV: In Anbetracht dessen, dass Sie den BF schon lange kennen, was sagen Sie dazu was er gemacht hat und warum hat er das gemacht?
Z3: Ich habe es vor kurzem erfahren was Tik-Tok ist. Meiner Meinung nach das Video was er dort gepostet hat, wollte er damit nur vor seinen Freunden protzen. Das ist meine Meinung. Ich denke, falls er etwas im Sinne des geposteten Sinne geplant hätte würde er es nicht öffentlich bekannt machen sondern eher verheimlichen. Das ist meine Meinung. Ich glaube nicht, dass er es mit einem bestimmten Ziel gepostet hat.
RV: Geht Ihrer Meinung nach vom BF eine kriminelle Gefahr aus? Wie schätzen Sie die kriminelle Gefahr des BF ein?
Z3: Wie ich es erwähnt habe kenne ich ihn seit Kindheit und es gab nie einen Fall das jemand über ihn als gefährliche Person gesprochen hätte und stammt auch nicht aus so einer Familie.
RV: Kann der BF im Falle der Entlassung bei Ihnen wohnen?
Z3: Ja, entweder bei mir oder bei dem anderen Herrn der vorher da war.
R: Wie groß ist ihre Wohnung?
Z3: Drei Zimmer ca. 67m². Dort wohne ich und zwei Kinder. Ich bin geschieden, ich wohne dort ohne Ehefrau nur mit meinen erwachsenen Kindern. Sie sind jeweils 18 und 16.
R: Arbeiten Sie aktuell?
Z3: Momentan kann ich nicht arbeiten, weil ich auf das Visum warte.
R: Von was leben Sie dann?
Z3: Ich lebe vom AMS. Mein 18jähriger Sohn arbeitet und verdient Geld. Im Monat kommt er ca. auf 800 Euro. Ich habe 850 Euro zum Leben. Meine Tochter ist 16 Jahre alt und für die bekomme ich 400 Euro. Ich zahle 550 Euro Miete. Meine Freundin unterstützt mich auch. Sie wohnt nicht bei mir.
RV: Keine weiteren Fragen.
BehV: Welchen Aufenthaltsstatus hat Ihr Sohn?
Z3: Sowie ich.
BehV verneint und bringt vor, dass ein Aberkennungsverfahren beim BVwG anhängig ist wegen Straffälligkeit.
Z3: Wir haben aber noch keine Entscheidung bekommen. Mein Sohn hat noch immer den Flüchtlingsstatuspass.
BehV gibt an, dass der Sohn rechtskräftig verurteilt wurde am 30.04.2019 wegen § 146, 148 StGB. Das zweite Mal vom 23.06.2020 wegen § 50 Abs. 1 Waffengesetz, § 142 Abs. 1, § 143 Abs.1 zweiter fall, 15 StGB, § 15 und 105 Abs. 1. StGB rechtskräftig 23.06.2020.
RV: Keine weiteren Fragen.
Z3: Ich gebe ihnen mein Wort, falls der BF bei mir bleiben soll werde ich für ihn sorgen, auch das er für Sie immer zur Verfügung steht.
Z3 ist aus dem Zeugenstand entlassen, er macht keine Fahrtkosten geltend.
Festgehalten wird, dass nach den Vorkommnissen in der Schubhaft der BF in die Universitätsklinik für Psychiatrie, Uniklinikum Salzburg verbracht wurde und legt eine Stellungnahme eines namentlich genannten Primars und leitenden Oberärztin vor und schließt die Stellungnahme mit dem Hinweis, dass kein Hinweis auf akute Selbst oder Fremdgefährdung vorlege. Aufgrund der Schlafstörung würde mit Mirtabene und zur Entlastung Temesta verabreicht.
BF gibt nichts Weiteres an, eines möchte ich aber noch sagen. Wegen der angeblichen Körperverletzungsdelikte, mit beiden habe ich nichts zu tun und bei dem ersten Vorfall, das ist mein bester Freund und würde den nie schlagen.
(…)“.
Im Anschluss wurde das Erkenntnis spruchgemäß mündlich verkündet; der Beschwerdeführer beantragte fristgerecht dessen schriftliche Ausfertigung.
Über die Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt erwogen:
Sachverhalt:
Allgemein:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2004 erstmals nach Österreich ein und stellte einen Asylantrag. Mit Bescheid des BAA vom 26.04.2004 wurde ihm der Asylstatus zuerkannt.
Am 08.03.2016 reiste der Beschwerdeführer freiwillig in seinen Herkunftsstaat aus. Mit Bescheid des BFA vom 11.03.2016 wurde der Asylstatus aberkannt.
Am 03.12.2020 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Österreich ein und stellte am Folgetag einen neuen Asylantrag. Mit Bescheid des BFA vom 22.04.2021 wurde der Asylantrag vollinhaltlich negativ beschieden, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.08.2021, W268, 2242854-1/14E, wurde der Bescheid des BFA vom 22.04.2021 im Wesentlichen bestätigt, lediglich das Einreiseverbot wurde auf zehn Jahre herabgesetzt. Das Erkenntnis wurde am 19.08.2021 im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt.
Am 19.08.2021 wurde der Beschwerdeführer festgenommen, befragt und mittels Mandatsbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG in Schubhaft genommen.
Am 20.08.2021 erwuchs das Erkenntnis im Asylverfahren in Rechtskraft.
Zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung (§67 FPG):
Der Beschwerdeführer ist eine hochgradig gefährliche Person, der noch immer eine islamistische, menschenverachtende Gesinnung aufweist:
Der Beschwerdeführer nennt sich seitdem er bei der Kampfsportart bei MMA (Mix Marshal Art) Warlord Ismail (Verhandlung vom 02.09.2021; Tik-Tok-Eintragung von 2020, am 21.03.2021 immer noch abrufbar gewesen); er hat auf der Social-Media-Plattform TikTok folgenden verfassungsrechtlich bedenklichen, „sittenwächterischen“ Beitrag unter dem Usernamen Warlord Ismail öffentlich zugänglich verbreitet, in welchem bi-ethnische Beziehungen aufs Schärfste verurteilt und mit Gewalt bedroht werden. Auf dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers wurden zudem bedenkliche Videos, insbesondere drei Nasheeds mit radikalem, kriegsverherrlichendem Inhalt, wovon er zumindest eines über WhatsApp weitergeleitet hat, und ein LGBTQ-feindliches Video gesichtet:
„an denen es egal ist, dass ihre Schwestern andere Land Männer heiraten, ihr seid nicht sauber, ihr gehört nicht zu uns und wir nicht zu euch, ihr seid keine Männer, eure Väter auch nicht und eure Großväter sind auch keine Männer
denn diese Leute haben ihr Land beschützt, dass ihr nicht aufwachst wie die Kuffars
es ist erlaubt einen Menschen zu heiraten der Moslem ist aber wir wissen wie eure Beziehungen ablaufen, eure Beziehungen sind haram denn ihr könnt euch nicht benehmen.
danach bringt ihr eure … (laut von der Verwaltungsbehörde hinzugezogenem Dolmetscher Ansammlung von Buchstaben, die kein Wort darstellen – Schubhaftbescheid S.8) nach Tschetschenien und sagt er ist Halb/Halb aber nein das sind irgendwelche Zigeuner genau wegen euch wird unser blut schmitzig ich verfluche euch alle
Ich werde jeden einzelnen versuchen das leben zu ruinieren was mit einem anderen Landsmann zu tun hat und Jeden einzelnen boxen der mit unseren frauen schreiben wird.“
Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet bis dato einmal strafgerichtlich verurteilt.
Er wurde für schuldig erkannt,
I.) Nachgenannte gefährlich bedroht zu haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1.) XXXX mit zumindest einer Verletzung am Körper
a.) am 07.02.2016 nach der durch Punkt II.) begangenen Körperverletzung durch die Äußerung: „Halt dich warm, ich werde jetzt meine Leute holen!“,
b.) am 10.02.2016 mittels Sprachnachricht durch die Äußerungen: „Du Missgeburt? Ich habe dir gesagt, dass das noch nicht alles war! Ich werde dich verfolgen bis du stirbst!... Ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht in Ruhe lassen werde, jetzt habe ich deine Nummer ganz schön auf meinem Handy und die haben 18 Tschetschenen! Ich habe dir gesagt, dass das nicht alles war und glaube mir, ich werde dich töten…. Ich werde dir dein Leben zur Hölle machen! Ich werde noch heute deine Nummer an weitere Tschetschenen leiten und du wirst dann sehen, wer vor dir steht! Da werden keine Menschen stehen, es werden Tiere vor dir stehen, die dich auffressen werden!... “
2.) XXXX durch nachgenannte Äußerungen zu Handlungen genötigt bzw. zu nötigen versucht, und zwar
a.) am 21.02.2016: „Wenn du die Aussage mit dem Knutschfleck nicht zurücknimmst, dann mache ich dir das Leben zur Hölle und werde dich verfolgen, du wirst schon sehen!“, sohin mit zumindest einer Verletzung am Körper, zur Unterlassung der Aussage, er habe XXXX gegen ihren Willen zwei Knutschflecke am Hals verpasst, wobei es beim Versuch blieb;
b.) am 10.02.2016 durch die Äußerung: „Wenn du jetzt versuchst, dem XXXX das Handy wegzunehmen, werfe ich es auf den Boden und mache es kaputt!“, sohin zumindest mit einer Verletzung am Vermögen, zur Abstandnahme der Wiedererlangung ihres Handys genötigt;
II.) am 07.02.2016 XXXX durch Versetzen zweier Faustschläge ins Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch der Genannte eine blutende Wunde im Mundbereich sowie eine Schwellung im Bereich der rechten Gesichtshälfte erlitt;
Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von fünf Vergehen befunden, als mildernd das tadellose Vorleben, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, die großteils geständige Verantwortung und das sehr lange Zurückliegen der Taten.
Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 25.05.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgrund dieser Straftaten gemäß §§ 107 Abs. 1, 15 iVm 105 Abs. 1, 105 Abs. 1 sowie 83 Abs. 1 StGB zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe bedingt verurteilt.
Zudem wird der Beschwerdeführer aktuell in zwei Körperverletzungsverfahren, hinsichtlich sich am 22. und 23. Mai 2021 in Kärnten zugetragenen Vorfällen, als Beschuldigter geführt. Hinsichtlich des Vorfalls vom 22. Mai wird der Beschwerdeführer beschuldigt, einer männlichen Person mehrere Schläge versetzt zu haben, wodurch diese ein Schädelhirntrauma sowie mehrere Prellungen erlitt; hinsichtlich des Vorfalles vom 23. Mai wird der Beschwerdeführer beschuldigt, einer männlichen Person ins Gesicht geschlagen zu haben, wodurch diese zu Sturz kam und durch den Aufschlag mit dem Kopf an einem Geländer eine Rissquetschwunde erlitt und bewusstlos wurde, wobei der Beschwerdeführer von zwei Augenzeuginnen belastet wird. Der Beschwerdeführer streitet beide Vorfälle ab.
Zur Fluchtgefahr und Anwendung eines gelinderen Mittels:
Es bestand (zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides) und besteht (im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses erhebliche Fluchtgefahr:
Am 21.08.2021 versuchte der Fremde, sich im PAZ Salzburg zu erhängen; am 23.08.2021 versuchte der Fremde, sich im PAZ HG die Pulsadern aufzuschneiden; am 28.08.2021 trat der Fremde in den Hungerstreik.
In seinem Heimatland leben die Mutter, die drei Geschwister sowie zahlreiche Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers. Der Aufenthalt des Vaters steht nicht fest. Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern steht der Beschwerdeführer regelmäßig, mit seinem Vater unregelmäßig, in Kontakt. In Österreich lebt ein Cousin des Beschwerdeführers väterlicherseits, mit dem er jedoch nicht in Kontakt steht. Der Beschwerdeführer verfügt über keine substantiellen sozialen Kontakte in Österreich. Der Beschwerdeführer ging in Österreich keiner beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit nach und ist kein Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer wohnt in Salzburg, ist nicht selbsterhaltungsfähig und bezog bis zur rechtskräftigen Finalisierung des Asylvergfahrens per 20.08.2021 Leistungen aus der Grundversorgung. Eine berücksichtigungswürdigende Integration in die österreichische Gesellschaft liegt nicht vor (Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W268 2242854-1/14E, vom 16.08.2021).
Seit Rechtskraft des negativen Asylerkenntnisses (per 20.08.2021) hat der Beschwerdeführer also keinen Anspruch mehr auf Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer verfügt aber nicht über ausreichende Mittel, um seinen weiteren Aufenthalt in Österreich (aus eigenem) zu finanzieren.
Auch die vom Beschwerdeführer stellig gemachten/beantragten Zeugen waren und sind gleichfalls nicht in der Lage, dem Beschwerdeführer dessen Aufenthalt in Freiheit zu finanzieren oder ihm gar Unterkunft zu gewähren; das so verbleibende alte Umfeld in Kärnten wiederum ist aber als radikalisiert anzusehen.
Der Beschwerdeführer hat beim Rückkehrberatungsgespräch am 06.05.2021 mit der BBU trotz Information über mögliche Zwangsmaßnahmen angeführt, dass er nicht rückkehrwillig ist. Auf entsprechenden Vorhalt in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht äußerte er sich dazu nicht. Der Beschwerdeführer ist daher weiter nicht rückkehrwillig.
Zum Gesundheitszustand und (sonstigen) Verhältnismäßigkeit:
Der Beschwerdeführer war zu jeder Zeit seiner Anhaltung haftfähig – ausdrücklich bestätigte er gleich zu Beginn der Verhandlung seinen guten Gesundheitszustand.
Die Anhaltung in Schubhaft währte zunächst von 19.08.2021 bis zur Verhandlung; darüber hinaus – der Vollständigkeit halber angeführt – nur bis 28.09.2021:
Der Beschwerdeführer wurde am 28.09.2021 abgeschoben (Auskunft des BFA-Journaldienstes v. 18.11.2021). Sowohl die bisherige als auch die weitere Anhaltung waren (daher) jedenfalls auch in zeitlicher Hinsicht verhältnismäßig.
Beweiswürdigung:
Allgemein:
Dieser Teil ist als völlig unzweifelhaft anzusehen.
Völlig zutreffend hält die Behörde diesbezüglich in ihrer Stellungnahme fest, dass „nicht nachvollziehbar ist, wieso im Beschwerdeschriftsatz die Behauptung aufgestellt wird, das inhaltliche Asylverfahren noch offen sei, da das Erkenntnis mit Zustellung des Erkenntnisses vom 16.08.2021 in Rechtskraft erwachsen ist“. Die Rechtskraft lag lange vor Erhebung der gegenständlichen Beschwerde vor, nämlich am 20.08.2021, da das negative Asylerkenntnis am 19.08.2021 im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt und (gemäß § 21 Abs. 8 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG) derartig übermittelte Erledigungen mit dem auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers, der BBU, folgenden Werktag, hier also der 20.08.21, als zugestellt gelten.
Auch nach der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigte sich sowohl in Bezug auf die schon von der Verwaltungsbehörde festgehaltene Annahme der besonderen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und des beträchtlichen Risikos des Untertauchens, also des Vorliegens (erheblicher) Fluchtgefahr, ein unverändertes Bild:
Zur besonderen Gefährlichkeit:
Besonders ist hervorzuheben, dass die Eintragungen in Tik-Tok auch noch im März 2021 abrufbar waren; eine schon länger währende Deradikalisierung – der Beschwerdeführer sei damals noch jung gewesen – ist offensichtlich nicht eingetreten.
Auch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er ab, sich seit Betätigung als Kampfsportler „Warhold Ismail“ zu nennen. Letztlich ist auch nicht aus der Stellungnahme der Psychologin eine Deradikalisierung abzuleiten – siehe sogleich.
Die Beschwerdeausführungen, die Frage der Gefährlichkeit betreffend, versuchen lediglich das Verhalten des BF nur zu verharmlosen was sich aber aktenwidrig herausstellte – in diesem Zusammenhang ist auf die psychologische Stellungnahme der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg vom 30.08.2021 hinzuweisen, welche ihr positives Statement selbst relativierte, indem sie anmerkte, dass der Beschwerdeführer erst lernen muss, „mit Aggression und reaktiven Gewaltausbrüchen umzugehen“.
Das erstmals in diesem Verfahren angeführten Vorbringens, er hätte eine slowakische Freundin in Villach, mit der er nicht zusammen wäre, wenn er tatsächlich noch so radikal wäre ist folgendes anzumerken:
Der Beschwerdeführer führte in der Beschwerde nicht einmal die Adresse dieser behaupteten Freundin an, sodass das Bundesverwaltungsgericht die betreffende Person nicht laden und in der Verhandlung befragen konnte.
Im kurz vor der Schubhaft finalisierten Asylverfahren, in der diesem Umstand gerade im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung/dem Einreiseverbot große Bedeutung zugekommen wäre, wurde diese Beziehung nicht einmal erwähnt. Die entsprechende Rechtfertigung des Beschwerdeführers in der Verhandlung
„Ich wusste nicht, dass ich in die Schubhaft komme, und als ich meinen ersten negativen Bescheid bekam, habe ich Unterschriften gesammelt über die Frage, was sie von mir halten und die BBU aus Salzburg hat es in die Beschwerde reingebracht. Es waren 11 Unterschriften“
überzeugt schon deswegen nicht, weil der mit Behörden sehr vertrauten Beschwerdeführer überdies im aktuellen Asylverfahren vom selben Rechtsbeistand vertreten war wie im gegenständlichen Verfahren; für sein weiteres Schicksal, nämlich in Österreich bleiben zu können oder nicht, erwies sich das Asylverfahren als das wesentlich bedeutendere Verfahren.
In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass mit einem großen manipulativen Talent ausgestattet ist:
Es wirkte in der Verhandlung in keinster Weise glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich einen Gesinnungswandel vollzog – dies zeigt sich insbesondere darin, dass die sogar in der heutigen Verhandlung aufgetretenen beiden männlichen Zeugen, die den Beschwerdeführer seit Jahr und Tag kennen, erst überhaupt heute kurz vor der Verhandlung von der kriminellen Vorgeschichte und überhaupt islamistischen, menschenverachtenden Einstellung des Beschwerdeführers Kenntnis erhielten. Dies bedeutet also, dass der Beschwerdeführer diese ihm nahestehenden Zeugen offensichtlich über Jahre hinweg schwerstens getäuscht hatte, denn zeigten sie sich in der heutigen Verhandlung nach entsprechender Konfrontation mit dem Vorleben des Beschwerdeführers mehr als überrascht.
Es zeigt sich daher ein offensichtliches Doppelgesicht in der Person des Beschwerdeführers anhand der Befragung der Zeugen.
Dies wird letztlich auch durch die Angaben der in der heutigen Verhandlung weiters befragten Zeugin bestätigt, die den Beschwerdeführer zwar erst seit Mai diesen Jahres kennt, aber mit ihm eine Reihe langer persönlicher Gespräche führte und gleichfalls förmlich aus den Wolken fiel – „Ich bin geschockt“ - als sie mit der Vorgeschichte des Beschwerdeführers konfrontiert wurde.
Das diesbezügliche Bild wird komplettiert durch die Ausführungen der behaupteten Freundin XXXX im E-Mail, die den BF gleichfalls wie die Zeugin als angeblich liebevollen Menschen beschreibt – auch sie hatte offensichtlich keine Ahnung von der Schattenseite des BF.
In diesem Sinne ist auch die psychologische Stellungnahme der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg vom 30.08.2021 zu sehen:
Nur, weil der Beschwerdeführer nach Ansicht der eingeschrittenen Psychologin entsprechende Fragen kohärent, spontan und (vermeintlich – Anmerkung des Richters) glaubhaft beantwortete, kann daraus kein Gesinnungswandel erkannt werden. Letztlich relativiert die Psychologin nämlich ihr positives Statement selbst, wenn sie ausführt, dass der Beschwerdeführer „einsichtig sei,“ an seinem Umgang mit Aggression und reaktiven Gewaltausbrüchen umgehen lernen zu müssen“, weil dies doch bedeutet, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich noch einen Lernprozess durchmachen muss, bevor man ihn wieder als stabil einstufen kann – siehe auch noch sogleich im Rahmen der nächsten Unterrubrik:.
Die Relativierungsversuche (auch der Zeugen), der Beschwerdeführer sei jung und dumm, überzeugen schon deswegen nicht, weil sich letztlich das Alter des Beschwerdeführers nicht merklich geändert hatte.
In diesem Sinne ist daher der Beschwerdeführer auch heute noch als große Gefahr für Österreich und als sogenannter Gefährder in erheblichem Ausmaß anzusehen. In Freiheit wäre der Beschwerdeführer eine tickende Zeitbombe.
Zur Fluchtgefahr und Anwendung eines gelinderen Mittels:
Aber auch Fluchtgefahr war zu jedem Zeitpunkt anzunehmen:
Diese gründet aber nicht bloß auf dem Umstand unzweifelhaft zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung vorliegender Rückkehrunwilligkeit, sondern auch nach der zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung mangels relevanter sozialer Anknüpfungspunkte absehbaren Unmöglichkeit irgendwo Unterkunft zu nehmen und mangels Eigen- und Fremdmittel für seinen Unterhalt bis zur Abschiebung zu sorgen.
In diesem Zusammenhang im Einzelnen zu den in der Verhandlung von der Rechtsvertretung geltend gemachten Zeugen, deren Befragung die Ungeeignetheit der alternativen Finanzierungs-/Unterbringungsmöglichkeiten zeigen:
Letztlich wäre der Beschwerdeführer gezwungen, seinen alten radikalisierten Freundeskreis in Kärnten um Unterstützung zu bitten.
Die Verhandlung bestätigte daher auch die Einschätzung, aus diesem Grunde Aus diesem Grunde kein gelinderes Mittel in Anwendung gebracht zu haben.
Der letzte Zeuge XXXX erscheint schon deswegen als ungeeignet, da er selbst nicht als vertrauenswürdig einzustufen ist, weil er zwei Mal strafrechtlich verurteilt wurde und eine Verurteilung einen Verstoß gegen das Waffenverbotsgesetz betraf. Mit diesem Zeugen im gemeinsamen Haushalt wohnt sein 18jähriger Sohn, der wegen schweren Raubes verurteilt wurde.
Zeuge XXXX erscheint unabhängig vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr auch nicht geeignet, da die Mittel für die Unterbringung des BF letztlich vom Staat bezahlt werden und dieser Zeuge über keinerlei Eigenmittel verfügt.
In diesem Sinne kam zu keinem Zeitpunkt – abgesehen vom Vorliegen von Fluchtgefahr - jemals die Anwendung eines gelinderen Mittels in Frage.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Beschwerdebehauptung, die Behörde hätte die Anwendung gelinderer Mittel nicht geprüft, aktenwidrig ist:
Auf S. 15 des Mandatsbescheides hielt die Behörde zunächst zu Recht fest, dass „aufgrund Ihrer finanziellen Situation die finanzielle Sicherheitsleistung von vornherein nicht in Betracht kommt“.
Die Behörde setzte sich aber in weiterer Folge auf S. 15ff. des Mandatsbescheides auch mit den übrigen Möglichkeiten eines gelinderen Mittels – periodische Meldeverpflichtung, Unterkunftnahme – umfassend auseinander und verneinte solche Möglichkeiten völlig zu Recht wegen Vorliegens der Neigung zu erheblicher Delinquenz, der Radikalisierung des Beschwerdeführers, seiner persönlichen Vernetzung mit gleichaltrigen, teils ebenfalls radikalisierten Personen, seiner mangelnden Vertrauenswürdigkeit sowie seines mangelnden Rückkehrwillens.
Geradezu abwegig ist der Versuch des Beschwerdeführers, ein gelinderes Mittel mit Hinweis auf das Erkenntnis, W171 2124161-1, vom 08.04.2016 einzufordern, weil dieses entgegen der Beschwerdebehauptung eben nicht gleichgelagert ist; in diesem Erkenntnis war nämlich der Beschwerdeführer unbescholten (!) und „hatte der BF auch in der Vergangenheit mit Ausnahme eines Meldevergehens nicht gegen vergleichbare Auflagen verstoßen, sodass hier das Gericht die Verhängung von gelinderen Mittel für ausreichend erachtet hat“.
Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerde die Frage der Fluchtgefahr eng verknüpft mit der Anwendung eines gelinderen Mittels, nämlich der Unterbringung bei einem der in Österreich lebenden Verwandten sieht, diese sich aber allesamt als ungeeignete Unterkunft/alternative Finazierungsmöglichkeit (des Aufenthaltes des Beschwerdeführers) herausstellten, ist die Beschwerde letztlich der entsprechenden Begründung im Mandatsbescheid nicht substantiiert entgegengetreten.
Die schon oben angeführte psychische Instabilität und damit Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers wird auch durch sein Verhalten in der Schubhaft bestätigt, aus dem gleichfalls Fluchtgefahr abzuleiten ist: wobei hinsichtlich des zweiten Vorfalls, nämlich des Versuches, sich die Pulsadern zu öffnen, anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer selbst den Alarmknopf drückte, um gerettet zu werden. Summa summarum kann in diesen beiden (vermeintlichen) Suizidversuchen nur der Versuch gesehen werden, sich aus der Schubhaft frei pressen zu wollen, wie auch schon die Verwaltungsbehörde völlig zu Recht in ihrer Stellungnahme anlässlich der Aktenvorlage festhielt:
„Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass seitens des BFA von Pseudosuizidalität ausgegangen wird. Dies deshalb, weil er laut Angaben des PAZ Salzburg bis zu seinem Suizidversuch wartete, bis er für Beamte wahrnehmbar war, und auch seinem Selbstmordversuch im PAZ HG unmittelbar ein Hilferuf über die Gegensprechanlage folgte. Hätte der Fremde ernstlich beabsichtigt, seinem Leben ein Ende zu setzen, so hätte er die entsprechenden Handlungen mitten in der Nacht gesetzt und nicht selbst Hilfe geholt. Aufgrund des sich bietenden Bildes ist jedoch jedenfalls davon auszugehen, dass die Akte der Selbstverletzung ausschließlich mit der Absicht realisiert wurden, eine Entlassung aus der Schubhaft zu erwirken.“
Dass keine Selbstgefährdung vorlag, bestätigte das Uniklinikum Salzburg nach umfassender Prüfung des Krankheitsfalles des Beschwerdeführers in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 23.08.2021.
Schließlich ist auch noch auf den kurz vor der Verhandlung vom Beschwerdeführer angetretenen Hungerstreik (28.08.2021) zu verweisen, zu welchem auch schon die Verwaltungsbehörde zutreffend anmerkte:
„Auch trat der Fremde mit 28.08.2021 in Hungerstreik, um die Aufhebung der Schubhaft schlechthin zu erzwingen.“
Zum Gesundheitszustand und (sonstigen) Verhältnismäßigkeit:
Gerade also im Hinblick auf die soeben angeführte Stellungnahme des Uniklinikums Salzburg vom 23.08.2021, welches ausdrücklich darauf hinweist, dass „derzeit kein Hinweis auf eine akute Selnst- oder Fremdgefährdung besteht“, lieferte der Gesundheitszustand auch keine Ansatzpunkte dafür, dass die Haft unter diesem Aspekt unverhältnismäßig gewesen wäre, wie in der Beschwerde moniert; schon gar nicht kann von einer „Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes“ die Rede sein. im Übrigen siehe rechtliche Beurteilung.
Auch hatte der Beschwerdeführer ausdrücklich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angeführt:
„Mir geht es gesundheitlich gut.“
Bis zur Verhandlung am 02.09.2021 war der Beschwerdeführer nicht einmal zwei Wochen in Haft; die Haft bewegte sich also weit im unteren Drittel des gesetzlich Möglichen; da die Verwaltungsbehörde über einen gültigen Reisepass verfügte, war zudem mit einer alsbaldigen Rückführung zu rechnen, welche auch am 28.09.2021 erfolgte.
Die Verwaltungsbehörde hatte in ihrer Stellungnahme auch die baldige Abschiebung angekündigt:
„Zum Abschiebetermin ist anzumerken, dass bereits eine Abschiebung terminisiert ist. Diese wird innerhalb der nächsten fünf Wochen stattfinden.“
Rechtliche Beurteilung
Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung):
Gesetzliche Grundlagen:
Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) in der geltenden Fassung wie folgt:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.
Materielle Rechtsgrundlage:
Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn