Entscheidungsdatum
22.11.2021Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W232 1403620-2/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2021, Zl. 770461507-200606947:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein in Österreich geborener serbischer Staatsangehöriger, befindet sich seit Mai 2007 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet und besitzt eine Aufenthaltsberechtigung „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“.
2. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt:
1. mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2013, XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig gemäß § 107 Abs. 1 und 2, 1. Fall StGB, unter Anordnung der Bewährungshilfe und Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB, bedingt, auf eine Probezeit von 5 Jahren verurteilt;
2. mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig gemäß § 15 StGB §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1, 2. Fall StGB; § 229 Abs 1 StGB; § 83 Abs. 2 StGB; § 83 Abs. 1 StGB; § 15 StGB § 83 Abs. 1 StGB; § 15 StGB § 87 Abs. 1 StGB; § 107 Abs. 1 StGB; § 105 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, in eventu die Verhängung der Schubhaft, zur Kenntnis gebracht und wurde der Beschwerdeführer zu einer Stellungnahme aufgefordert.
4. Am 15.04.2021 wurde die Mutter des Beschwerdeführers vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Zeugin niederschriftlich einvernommen. Dabei gab sie über Nachfrage, wieso der Beschwerdeführer nicht das Sorgerecht für seine Kinder habe, an, dass er an einer psychischen Erkrankung leide. Zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers im Herkunftsland gab sie an, dass der Beschwerdeführer noch über Verwandte in Serbien verfüge, zu denen nach wie vor Kontakt bestehen würde.
5. Mit Schreiben vom 07.05.2021 wurde der Beschwerdeführer erneut von dem Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und aufgefordert binnen 7 Tagen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zunächst aus, dass der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden sei, dass eine Entscheidung aufgrund der Aktenlage erfolgen werde, sofern der Beschwerdeführer keine schriftliche Stellungnahme übermitteln sollte. Zu den Spruchpunkten II. bis VI. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner wiederholten Straffälligkeit, eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen und eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle. Nach Maßgabe der Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG sei somit davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nach gegenständlichem Verfahren bzw. der Haftentlassung sowie das öffentliche Interesse an der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen, die Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK überwögen. Das den strafgerichtlichen Urteilen zugrundeliegende Verhalten des Beschwerdeführers zeige, dass er nicht gewillt sei sich der österreichischen Rechts- und Werteordnung zu unterwerfen. Aufgrund seines bisher gesetzten Verhaltens könne ferner auch für die Zukunft nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer keine weiteren Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung begehen werde.
7. Am gleichen Tag langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
8. Gegen die Spruchpunkte II. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2021 wurde Beschwerde erhoben, in der zunächst gerügt wurde, dass der Beschwerdeführer nicht einvernommen worden sei. Zudem habe der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme verfasst, jedoch sei diese durch den sozialen Dienst der Justizanstalt nicht rechtzeitig eingebracht worden. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er einen Großteil seines Lebens in Österreich verbracht habe und ihn mit Serbien bloß das formale Band der Staatsbürgerschaft verbinde. Seine gesamte Familie, abgesehen von einem Onkel, lebe in Österreich. Der Beschwerdeführer spreche sehr gut Deutsch und sei bis zur Untersuchungshaft einer Beschäftigung nachgegangen. Er bekomme regelmäßig Besuche in der Justizanstalt von seiner Familie und seiner Ex-Frau und stehe mit ihnen in telefonischen Kontakt. Aufgrund des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers wäre eine persönliche Befragung durchzuführen gewesen, um sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer zu verschaffen. Zudem sei der Beschwerdeführer bereit an Aggressionsbewältigungskursen teilzunehmen, bereue seine Taten und wolle sein Leben künftig ändern. Ferner habe es die Behörde verabsäumt den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, obwohl sie festgestellt habe, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit zu einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer leide an Schizophrenie, sei in der Vergangenheit in stationärer Behandlung gewesen und bekomme alle drei Monate eine Spritze. Möglicherweise habe eine ärztlich verordnete Unterbrechung dieser Behandlung zu dem aggressiven Verhalten geführt.
9. In Bezug auf die eingebrachte Beschwerde übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit der Beschwerdevorlage eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde zunächst darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens insgesamt zwei Mal zur Stellungnahme aufgefordert worden sei (17.08.2020, 07.05.2021). Die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Parteiengehör vom 07.05.2021 sei verspätet eingelangt und habe daher nicht mehr in die Entscheidung einfließen können. Der Beschwerdeführer habe ausreichend Gelegenheit gehabt sich zum Sachverhalt zu äußern. In Bezug auf die Schizophrenie-Erkrankung des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass diese zu keinem Zeitpunkt vonseiten des Beschwerdeführers vorgebracht worden sei. Auch seien keine diesbezüglichen Beweismittel im Rahmen der Beschwerde angeführt. Zudem sei eine Schizophrenie im Rahmen der Urteilsausfertigung vom XXXX .2021, ZI. XXXX mit keinem Wort erwähnt worden. Des Weiteren wurde auf Auszüge der Länderinformationen zu Serbien verwiesen, wonach die Behandlung psychischer Erkrankungen (u.a. Schizophrenie) gewährleistet und problemlos möglich sei.
10. Am 30.07.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeergänzung ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Voraussetzungen zur Erlassung eines Einreiseverbotes nicht vorlägen, da der Beschwerdeführer in Österreich geboren sei, sich seit nahezu 15 Jahre durchgehend hier aufhalte und ein intensives Privat- und Familienleben in Österreich führe. Beigefügt wurden zahlreiche Empfehlungsschreiben von Freunden und Verwandten des Beschwerdeführers sowie Unterlagen zu seiner Integration und zu seinem Gesundheitszustand.
11. Am 11.10.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Information bezüglich der Haftentlassung des Beschwerdeführers (am 05.10.2021) ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrages auf internationalen Schutz, der Stellungnahme, der Beschwerde, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem sowie in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Die unter Pkt. I als Verfahrensgang dargelegten Ausführungen werden als Feststellungen der vorliegenden Entscheidung zugrunde gelegt. Diese ergeben sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt (vgl. auch VwGH 30.06.2015, Ra 2014/03/0054) und dazu festgehalten, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Das in § 28 leg.cit. insgesamt normierte System verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich vor diesem Hintergrund in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus den folgenden Gründen als mangelhaft:
Wie in der Beschwerdeschrift zutreffend aufgezeigt, wird im Bescheid fälschlich davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer gesund sei. Die Ausführungen in der mit Beschwerdevorlage eingebrachten Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerdeführer habe seine Schizophrenie Erkrankung weder vorgebracht noch sei diese aus dem Akteninhalt ersichtlich, ist zu entgegnen, dass die langjährige Erkrankung des Beschwerdeführers aus der Urteilsausfertigung seiner ersten Verurteilung aus dem Jahr 2013 klar hervorgeht (vgl. AS 136) und hätte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch aufgrund der im Strafregisterauszug dokumentierten „Anordnung zur Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ auffallen müssen. Ferner brachte die Mutter des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer Einvernahme am 15.04.2021 explizit vor, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen Erkrankung leide (vgl. AS 173). Dennoch wurden weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers unterlassen und hat sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Zuge seiner Ermittlung in keiner Weise mit dem psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers befasst.
Im gegenständlichen Fall bedarf es Feststellungen zum aktuellen psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie eine Beurteilung seines Persönlichkeitsbildes und des den begangenen Straftaten zugrundeliegenden Verhaltens, um eine Grundlage für eine Entscheidung zu schaffen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt und die Voraussetzungen des § 52 Abs. 5 FPG 2005 daher vorliegen.
Aufgrund des augenscheinlich mangelnden Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde jedenfalls eine ganzheitliche Würdigung nicht vorgenommen, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers offensichtlich nicht anhand seiner konkret entscheidungsrelevanten gesundheitlichen Situation und unter Heranziehung des tatsächlichen Sachverhaltes geprüft hat. Es mangelt sohin aufgrund des Unterlassens der Ermittlungstätigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an einem Ermittlungsergebnis, das die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene Beurteilung tragen könnte.
Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in geeigneter Weise mit dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie den Auswirkungen seiner psychischen Erkrankung auf die begangenen Straftaten auseinanderzusetzen haben und wird eine entsprechende individualisierte Gefährlichkeitsprognose und eine Würdigung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung zu erfolgen haben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Gefährdungsprognose jedenfalls das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. etwa VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0062, Rn. 9, mwN).
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.
Im Ergebnis ist daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W232.1403620.2.00Im RIS seit
14.01.2022Zuletzt aktualisiert am
14.01.2022