TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/29 W135 2244299-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2021
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Entscheidungsdatum

29.11.2021

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W135 2244299-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 22.06.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vorname der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses, in welchem ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 v.H. ausgewiesen ist. Er stellte am 22.04.2021 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), welcher nach einem entsprechenden Hinweis im Antragsformular auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gewertet wurde. Als vorliegende Gesundheitsschädigungen gab der Beschwerdeführer „Gehörsturz rechts, Nierentumor rechts bösartig, Schulter OP links und Hüft OP beidseitig sowie Nierenzellenkarzinom“ an. Dem Antrag legte der Beschwerdeführer medizinische Befunde bei.

Zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein, welches am 31.05.2021, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, erstellt wurde. In diesem wird Folgendes ausgeführt:

„Anamnese:

Tumornephrektomie rechts 29.3.2011

CT-gezielte Biopsie bei multiplen Rundherden mit punctum maximum in der rechten Lunge 28.7.2020 ( XXXX )

Histo: solides Carcinom, immunhistochemisch und morpholog. am ehesten entsprechend einer Absiedlung des vorbekannten Nierenzellkarzinoms.

Ab 2.9.2020 Pembrolizumab Axitinib - Hand-Fuß-Syndrom auf Axitinib (Dosisreduktion auf 3mg 2x tgl.)

Vorbekannte Hautveränderung - teleangiektatisch

Zustand nach Hüft-TEP beidseits

Zustand nach Schulter-OP links (Metallanker)

Schilddrüsenunterfunktion

Hypertonie

Derzeitige Beschwerden:

im Wesentlichen gehe es ihm derzeit relativ gut bei laufender CHT

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Amlodipin, Candesartan, Urosin, Inlyta, Thyrex, Ebrantil bei RR über 140 systolisch, Dronabinol 2,5% Tropfen, Mexalen bei Bedarf

5-10% ige Urea-haltige Hand- und Fußcreme

Sozialanamnese:

verwitwet, 2 Kinder, pensionierter Briefträger

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

XXXX , Abteilung für Pulmologie:

CT-gezielte Biopsie bei multiplen Rundherden mit punctum maximum in der rechten Lunge 28.7.2020 ( XXXX )

Histo: solides Carcinom, immunhistochemisch und morpholog. am ehesten entsprechend einer Absiedlung des vorbekannten Nierenzellkarzinoms.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

normal

Größe: 167,00 cm Gewicht: 70,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Rechtshänder,

Herz und Lungen frei

HWS: F 50-010, R 65-0-40

übrige WS: lotrecht, Seitneigen 1/2, Rotation 1/3 eingeschränkt,

OE: bds. die Schultern in Abduktion und Rotation ganz diskret endlagig eingeschränkt,

UE: blande Narben beide Hüften, diese nur diskret in der Rotation eingeschränkt,

Fußpulse bds. tastbar, keine Ödeme,

Abdomen: blande OP-Narbe re Flanke nach Nephrektomie

Haut: kleinmakuläre, teleangiektatische Hautveränderungen, teils sehr dicht stehend, fast konfluierend.

Gesamtmobilität – Gangbild:

jeder LW selbstständig und mühelos durchführbar, freier Stand sicher

Gangbild nicht beeinträchtigt, Einbein-, Zehen- und Fersenstand bds. sicher durchführbar.

Status Psychicus:

allseits voll orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Stimmung ausgeglichen, Gedankengang geordnet und zielführend, Sprache nicht beeinträchtigt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Zustand nach Nierenzellkarzinom rechts (Tumornephrektomie 2011), pulmonale Sekundaria, laufende Chemotherapie

2

Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat, Zustand nach Hüftgelenksersatz beidseits (sehr gutes funktionelles Ergebnis)

3

Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere 2011

4

teleangiektatisches Exanthem des Stammes

5

Bluthochdruck

6

substituierte Schilddrüsenunterfunktion

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Progression des führenden Leidens (Stabilisierung unter laufender Chemotherapie). Neu anerkanntes Schilddrüsenleiden

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung“ -

1.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine, da keine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit oder Gangsicherheit vorliegt. Eine mittelweite Strecke kann gut und sicher aus eigener Kraft zurückgelegt werden, das Stufensteigen ist nicht eingeschränkt und die oberen Extremitäten können suffizient zum Anhalten und Abstützen eingesetzt werden. Auch die pulmologische Leistungsfähigkeit ist nicht wesentlich eingeschränkt. Der Allgemeinzustand ist gut.

2.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Es findet sich keine maßgebliche Einschränkung bei der Benützung ÖVM.“

Mit Schreiben vom 01.06.2021 wurde dem Beschwerdeführer das eingeholte Sachverständigengutachten übermittelt und ihm mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Mit Stellungnahme vom 11.06.2021 führte der Beschwerdeführer aus, aufgrund der seit einem Jahr andauernden Chemotherapie unter Gewichtsverlust zu leiden, eingeschränkter Beweglichkeit und Müdigkeit. Früher habe er 80 kg gewogen, aktuell wiege er 70 kg. Der Beschwerdeführer gab an, ein Parkausweis solle durch bequemes Aus- und Einsteigen, kürzere Wege für alle Tätigkeiten sowie durch freie Parkplätze sein Leben erleichtern. Dem Schreiben legte der Beschwerdeführer eine handgeschriebene Auflistung seiner Krankheiten, aktuelle Befunde betreffend das Nierenzellkarzinom und Lichtbilder sichtbarer Wunden an Händen und Füßen bei.

Die vom Beschwerdeführer erstattete Stellungnahme und die vorgelegten Befunde wurden dem zuvor beigezogenen Sachverständigen zur nochmaligen Überprüfung vorgelegt. In seiner Stellungnahme vom 20.06.2021 führt der Sachverständige Folgendes aus:

„Herr XXXX würde gerne die Erleichterungen eines Behindertenparkplatzes in Anspruch nehmen und verweist auf seine Chemotherapie, die mit Müdigkeit und Schwäche verbunden sei.

Im Rahmen des der Untersuchung am 31.5.2021 wurde ein guter Allgemeinzustand und normaler Ernährungszustand festgestellt. Das Gewicht lag bereits 3 kg niedriger und hat sich nun bei 70kg stabilisiert.

Die Mobilität und Beweglichkeit ist gut erhalten (das funktionelle Ergebnis nach Hüftgelenksersatz beidseits ist sehr gut).

Der funktionelle Gesamtzustand inklusive die körperliche Belastbarkeit sind derzeit recht gut, so dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Die dafür erforderlichen körperlichen Voraussetzungen liegen vor.

Eine mittelweite Strecke kann gut und sicher aus eigener Kraft zurückgelegt werden, das Stufensteigen ist nicht eingeschränkt und die oberen Extremitäten können suffizient zum Anhalten und Abstützen eingesetzt werden. Auch die pulmologische Leistungsfähigkeit ist nicht wesentlich eingeschränkt. Der Allgemeinzustand ist gut.

Aus den oben angeführten Gründen ist daher derzeit die beantragte Zusatzeintragung nicht möglich.“

Mit angefochtenem Bescheid vom 22.06.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer neuerlich das ärztliche Sachverständigengutachten vom 31.05.2021 sowie erstmalig die Stellungnahme vom 20.06.2021 übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit am 07.07.2021 eingelangtem Schreiben fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, er leide unter Schmerzen und habe Probleme beim Niederknien, Aufstehen, sowie gebückten Tätigkeiten und Stufensteigen. Eine Physiotherapie im Sommer 2019 habe keine Besserung herbeigeführt. Im Knochenszintigramm vom 25.11.2019 sei von einer beginnenden Prothesenlockerung die Rede. Auch habe das Landeskrankenhaus XXXX am 20.02.2020 eine weitere Physiotherapie und ein MRT der Lendenwirbelsäule empfohlen. Hinsichtlich seiner Mobilität führte der Beschwerdeführer aus, es gäbe in seinem Wohnort maximal drei bis fünf Personen mit einer tatsächlichen Mobilitätseinschränkung. Der Rest der Parkausweis-Besitzer sei so krank oder so gesund wie er selbst.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2021 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines gültigen Behindertenpasses, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. ausgewiesen ist.

Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende dauerhafte Funktionseinschränkungen vor:

1.       Zustand nach Nierenzellkarzinom rechts (Tumornephrektomie 2011), pulmonale Sekundaria, laufende Chemotherapie

2.       Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat, Zustand nach Hüftgelenksersatz beidseits (sehr gutes funktionelles Ergebnis)

3.       Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere 2011

4.       teleangiektatisches Exanthem des Stammes

5.       Bluthochdruck

6.       substituierte Schilddrüsenunterfunktion

Der Beschwerdeführer weist bei laufender Chemotherapie einen grundsätzlich guten Allgemeinzustand auf. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit aufgrund der laufenden Chemotherapie kann nicht festgestellt werden. Die pulmologische Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ist nicht wesentlich eingeschränkt.

Es liegen zwar Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat vor, die Mobilität und Beweglichkeit sind aber gut erhalten. Das funktionelle Ergebnis nach Hüftgelenksersatz ist sehr gut. Das Gangbild ist nicht beeinträchtigt und der freie Stand sicher. Es liegt somit keine erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit oder der Gangsicherheit vor.

Der Beschwerdeführer kann eine mittelweite Wegstrecke gut und sicher aus eigener Kraft zurücklegen. Ein sicheres Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ist möglich; sofern nötig ist auch Stufensteigen uneingeschränkt möglich. Haltegriffe- und Stangen können verwendet werden. Die Kraft in den oberen Extremitäten und Standsicherheit reichen aus, um einen sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu gewährleisten.

Es liegen beim Beschwerdeführer insgesamt keine entscheidungsrelevanten Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem darin einliegenden Datenstammblatt (Seite 48 des Verwaltungsaktes).

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31.05.2021 sowie der Stellungnahme vom 20.06.2021, welche in den Ausführungen zum Verfahrensgang im Detail wiedergegeben wurden.

Im Sachverständigengutachten vom 31.05.2021 geht der ärztliche Sachverständige nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein. In seinem Gutachten vom 31.05.2021 sowie in seiner Stellungnahme vom 20.06.2021 führt er aus, dass beim Beschwerdeführer keine Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken würden. In die Beurteilung des Sachverständigen sind sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegte medizinische Beweismittel eingeflossen. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen sind vor dem Hintergrund des aufgenommenen Untersuchungsbefundes, insbesondere zur Gesamtmobilität und zum Gangbild und den vorgelegten Befunden nachvollziehbar und schlüssig.

Der Sachverständige konnte im Ergebnis keine gesundheitlichen Einschränkungen beim Beschwerdeführer feststellen, die die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen ließen. Die Auswirkungen der bei ihm festgestellten Funktionseinschränkungen betreffend den Bewegungsapparat auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zeigen sich in keinem Ausmaß, welches deren Benützung verunmöglichen würde. Der Sachverständige hielt in seinem Untersuchungsbefund betreffend Gesamtmobilität und Gangbild fest, dass jeder Lagewechsel selbständig und mühelos durchgeführt werden könne, der freie Stand sicher und das Gangbild nicht beeinträchtigt sei; ebenso seien der Einbein-, Zehen- und Fersenstand beidseits sicher durchführbar gewesen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er leide bei bestimmten Bewegungsabläufen wie niederknien und wiederaufstehen sowie bei gebückten Tätigkeiten unter Schmerzen ist entgegenzuhalten, dass es sich dabei um keine typischen Bewegungsabläufe bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel handelt. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass die Möglichkeit Stufen zu steigen vom Sachverständigen bejaht, aber nicht geprüft worden sei. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer selbst gar nicht bestreitet Stiegen steigen zu können, ist diese Schlussfolgerung durch den Sachverständigen im Hinblick auf den Untersuchungsbefund, insbesondere zur Gesamtmobilität und zum Gangbild schlüssig nachvollziehbar; es finden sich darin keinerlei Hinweise auf eine eingeschränkte Mobilität des Beschwerdeführers. Der Sachverständige hält auch fest, dass die oberen Extremitäten suffizient zum Anhalten und Abstützen eingesetzt werden könnten, weshalb festgestellt werden konnte, dass das Überwinden von Niveauunterschieden (sofern nötig) möglich und der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer daher ausreichend sicher ist.

Vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige feststellte, dass eine mittelweite Strecke sicher und aus eigener Kraft zurückgelegt werden kann (vgl. Stellungahme vom 20.06.2021), ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke von 300-400 Metern innerhalb vom zehn Minuten zurücklegen kann.

Der vom Beschwerdeführer angegebene Zustand nach Nierenzellkarzinom rechts, die laufende Chemotherapie und pulmonale Sekundaria sind vom Sachverständigen unter der Funktionseinschränkung 1. berücksichtigt worden und in die Beurteilungen hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung eingeflossen. In seinem Gutachten vom 31.05.2021 konnte der Sachverständige eine Stabilisierung dieses führenden Leidens während laufender Chemotherapie feststellen. Es konnte keine wesentliche Einschränkung der pulmologischen Leistungsfähigkeit festgestellt werden.

Der Sachverständige berücksichtigte auch die beim Beschwerdeführer aufgrund der Chemotherapie vorliegenden Beschwerden in Form von Müdigkeit, Schwäche und Schmerzen und hielt dazu in seiner Stellungnahme vom 20.06.2021 nochmals fest, dass der Beschwerdeführer einen guten Allgemeinzustand aufweise und der funktionelle Gesamtzustand inklusive der körperlichen Belastbarkeit derzeit gut sei. Im Zusammenhang mit der Chemotherapie ist auch festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft kommt und der Beschwerdeführer in dieser kurzen Phase in einem stark reduzierten Allgemeinzustand ist, es resultiert daraus aber keine anhaltende Funktionseinschränkung. Vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemotherapien stellen keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar (vgl. die in den rechtlichen Ausführungen wiedergegebenen Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen). Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist somit auch unter der Berücksichtigung der laufenden Chemotherapie nicht objektivierbar.

Auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, im Knochenszintigramm vom 25.11.2019 sei von einer beginnenden Prothesenlockerung die Rede und habe das Landeskrankenhaus XXXX am 20.02.2020 eine weitere Physiotherapie und ein MRT der Lendenwirbelsäule empfohlen, lässt sich eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ableiten.

In die vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos, welches dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Folge ein Hand-Fuß-Syndrom zeigen, wurde vom Sachverständigen eingesehen und konnte auch darin keine dauerhafte Funktionseinschränkung festgestellt werden.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit insgesamt keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachtens vom 31.05.2021, sowie der Stellungnahme vom 20.06.2021. Diese werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A)

Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.

Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.

Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.

Der für die hier begehrte Zusatzeintragung relevante § 1 Abs. 4 Z 3 der zitierten Verordnung hat folgenden Wortlaut:

„§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 
1. ...         
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und         
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder         
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder         
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder         
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder         
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.“

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht):
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-        vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-        laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-        Kleinwuchs,

-        gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-        bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde im, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten vom 31.05.2021, sowie der Stellungnahme vom 20.06.2021 nachvollziehbar dargelegt, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm unzweifelhaft bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit – die laufende Chemotherapie wurde dabei berücksichtigt – und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen festzustellen gewesen.

Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen auf Basis einer persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass öffentliche Verkehrsmittel Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W135.2244299.1.00

Im RIS seit

14.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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