Entscheidungsdatum
02.12.2021Norm
BBG §40Spruch
L515 2245867-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Markus STEININGER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, VSNR.: 5069 080574, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesens – Sozialministerium-service, Landesstelle Oberösterreich, vom 06.04.2021 Zl. OB: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 04.08.2021, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend "bP") beantragte am im Akt ersichtlichen Datum beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines Behindertenpasses.
1.2. In der Folge wurde am 17.02.2021 (Begutachtung am 16.12.2020) ein ärztliches Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin erstellt. Das Gutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung („GdB“) von 40 v.H. Begründend führte die Sachverständige an, dass in Bezug auf die bP gem. lfd.Nr. 1 von einem chronischen Schmerzsyndrom – Spannungskopfschmerzen (Rückenschmerzen, Schulterschmerzen links, oberer Rahmensatz, entsprechend den Medikamenten, den dokumentierten wiederholten Schmerzen, der episodischen depressiven Verstimmung) gem. Pos.Nr. 04.11.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welches mit einem GdB von 40 vH zu bewerten sei, darüber hinaus gem. der lfd.Nr. 2 von COPD II, unterer Rahmensatz, da Ruheeupnoe, Spraybehandlung gem. Pos.Nr. 06.06.02 gem. der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welches mit einem GdB von 30 vH zu bewerten sei und letztlich gem. lfd.Nr. 3 von einer nicht insulinpflichtigen Diabetes Melitus II gem. Pos. Nr. 09.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 10 vH zu bewerten sei. Führend sei das Leiden gem. lfd.Nr.1, es erfolge keine Steigerung durch die Nummer 2 und 3 aufgrund der Geringfügigkeit.
1.3. Mit Schreiben vom 02.03.2021 wurde der bP das seitens der belangten Behörde eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
Eine Stellungnahme langte bei der bB nicht ein.
1.4. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 06.04.2021 wurde der Antrag der bP abgewiesen; mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40% erfülle sie die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Das Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 26.02.2021 wurde dem Bescheid beigelegt.
1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die bP mit einem bei der bB am 17.05.2021 eingelangten Schreiben Beschwerde und legte einen Befund des „Wagner Jargegg Krankenhaus“ (gemeint: Kepler Universitätsklinikum Neuromed Campus) vom 28.04.2021 betreffend eines Hypophysenmakroadenoms bei. Ihr Alter sei unrichtig angegeben. Auf Grund ihrer Sprachbarriere hätte sie ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht ausreichend beschreiben können. Sie habe nach wie vor Einschränkungen auf Grund ihres Hypophysen-makroadenoms, was der beigelegte Befund vom 28.04.2021 bestätige. Sie ersuche unter Berücksichtigung des neu vorgelegten Befundes um eine neuerliche Untersuchung und der Beigabe eines türkischen Dolmetschers.
1.6. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin eingeholt. In diesem Gutachten vom 27.07.2021 (Begutachtung am 06.07.2021) wurde ebenfalls ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH festgestellt. Die Begründung des Gutachtens entspricht im objektiven Aussagekern jener des unter Punkt 1.2. genannten Gutachtens.
1.7. In einer Stellungnahme der Administrative des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich vom 28.07.2021 wurde davon ausgegangen, dass der GdB von 40 auf 50 vH anzuheben sei. Das chronische Schmerzsyndrom werde durch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD II) um eine Stufe gesteigert und auf 50 v.H. angehoben. Die Notwendigkeit einer Nachuntersuchung wurde verneint.
Wortlaut der Stellungnahme:
„Stellungnahme der Administrative des Sozialministeriumservice, Landesstelle OÖ, vom 28.07.2021:
1. Chronisches Schmerzsyndrom Pos.Nr. 02.05.52, GdB 40v.H.
2. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD II), Pos. Nr. 06.06.02, GdB 30 v.H.
3.Diabetes Mellitus Typ II, Pos. Nr. 09.02.01, GdB 10 v.H.
Das Leiden unter Pkt. 1 chronisches Schmerzsyndrom wird durch das seit Jahren vorliegende Leiden unter Pkt. 2 chronische Lungenerkrankung (COPD II) auf 50 v.H. angehoben.
Es ist keine Nachuntersuchung notwendig.
…“
1.8.1. Mit Schreiben der bB vom 03.08.2021 wurde der bP mitgeteilt, dass auf Grund der Beschwerde vom 17.05.2021 das Ermittlungsverfahren die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses ergeben habe und im Zuge der Beschwerde-vorentscheidung der unbefristet ausgestellte Behindertenpass mit einem festgestellten GdB von 50 v.H. im Scheckkartenformat übermittelt werde.
1.8.2. Mit Schreiben der bB vom 04.08.2021 wurde der Behindertenpass im Scheckkartenformat der bP übermittelt.
1.9. Mit Schreiben vom 18.08.2021 stellte die bP fristgerecht einen Vorlageantrag, in welchem sie ausführte, dass sich ihre Lungenfunktion verschlechtert habe, was der beiliegende Befundbericht eines Lungenfacharztes vom 17.08.2021 bestätige.
1.10. Mit Schreiben vom 30.08.2021 erfolgte die Aktenvorlage, welche am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
1.11. Der gemäß der Geschäftsverteilung des ho. Gerichts zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichtes beschloss am 29.11.2021, den Antrag als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist türkischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen Adresse im Inland wohnhaft. Die bP ist nach niederlassungsrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältg.
1.2. Im Hinblick auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung erfolgte am 06.07.2021 im Auftrag des Sozialministeriumservice eine Begutachtung durch eine ärztliche Sachverständige (Allgemeinmedizinerin). Das betreffende Gutachten vom 27.07.2021 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf und wird zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben:
"...
Anamnese:
Vorgutachten 2/2021 mit GdB 40%.
Seither keine Operationen.
Anamnese schwierig, der Klient spricht kaum Deutsch, kein Dolmetsch anwesend.
Derzeitige Beschwerden:
Kopfschmerzen jede Stunde, jede Minute, Rückenschmerzen, immer stechen im Herz, kann ca. 500 Meter gehen, dann bekomme er Luftnot. Schmerzen der linken Schulter, geht nicht.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
anamnestsich: Antiflat, Berodual, Nitrolingual, Pantoprazol, Metformin, Seractil,
Sozialanamnese:
Kommt heute alleine mit Öffis aus Rainbach angereist, kein Dolmetsch mitgebracht.
Steinmetz, seit 2015 beim AMS gemeldet.
[…]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktion-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Chronisches Schmerzsyndrom - Spannungskopfschmerzen, episodischer Schwindel, Rückenschmerzen, Schulterschmerzen links
Wegen der Reizzustände und der Bewegungseinschränkungen, ohne aktuelle radiologische und neurologische Befundnachweise, keine neurologische Ausfälle, kein Kopfschmerz-tagebuch, Schwindelangabe ohne neurologisches Korrelat und ohne Abklärung
Pos. Nr. 04.11.02, GdB 40 %
2) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD II )
Wegen des bestätigten Grad II ohne aktuelle Befundnachweise und anamnestisch Behandlung mit einem Medikament ( Spray ), kein aktueller Lungenbefund
Pos. Nr. 06.06.02, GdB 30 %
3) Diabetes mellitus II
Anamnestisch einfache medikamentöse Behandlung, es können gute Langzeitwerte erzielt werden.
Pos. Nr. 09.02.01, GdB 10 %
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Punkt 1 wird durch Punkt 2 nicht gesteigert, weil gut kompensiert.
Punkt 3 steigert wegen Geringfügigkeit nicht weiter.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Osteoporose - vor 2 Jahren einmalig untersucht, keine Medikamente, kein Krankheitswert
Herzprobleme- klinisch ohne Befund, normale Funktion, kein KHW
Zustand nach Hypophysenadenomextirpation 2015 - durch die Operation ausgeheilt, laut aktuellen Befund : keine hormonale Störung, keine Medikamente, keine relevanten endokrinen Auffälligkeiten.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Das Vorgutachten ist schlüssig und korrekt, es ergeben sich in Zusammenschau der vorhandenen alten und der neuen Befunde keine Änderungen der Einzel- GdB .
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Keine Änderung des Gesamt - GdB von 40%.
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die derzeit bestehenden Erkrankungen schränken die Mobilität nicht in einem erheblichen Ausmaß. Kurze Wegstrecke von 400 m und Nieveauunterschiede von 30 cm können überwunden werden. Das Gehen und Stehen in einem öff. VKM ist bei ausreichender Kraft und Standsicherheit unter Benützung der Haltegriffe möglich Ebenso bestehen derzeit keine erhebliche kardiopulmonale Funktionsstörungen und damit ist eine körperliche Leistungsfähigkeit gegeben und die öff. VKM können benutzt werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? nein
[…]“
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungs-verfahrens.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Liegen sich widersprechende Gutachten (Anm.: bzw. dem Beweiswert eines Gutachtens gleichkommende Bescheinigungsmittel) vor, steht es dem Gericht frei, diese im Rahmen der Beweiswürdigung frei zu würdigen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (VwGH 11.9.2020, Ra 2018/040189).
Aus den oa. Erwägungen ergibt sich einzelfallbezogen Folgendes:
Das seitens der belangten Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin zeigt den aktuellen Gesundheitszustand der bP im Lichte des BBG bzw. der Einschätzungsverordnung in nachvollziehbarer Weise auf, ist ausführlich begründet und schlüssig. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von der Sachverständigen im Rahmen der klinischen Untersuchung am 06.07.2021 unter Berücksichtigung der im Zuge des Antrages und der Beschwerde vorgelegten Befunde sowie des Vorgutachtens samt Befunde erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet. Das zitierte Gutachten nimmt einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. an. Führendes Leiden stellt wie bereits im Vorgutachten die Funktionseinschränkung „Chronisches Schmerzsyndrom – Spannungskopfschmerzen, episodischer Schwindel, Rückenschmerzen, Schulterschmerzen links“ mit einem GdB von 40% dar, welches durch die „Chronisch obstruktive Lungenerkrankung“ mit einem GdB von 30 % sowie durch den „Diabetes Mellitus II“ mit einem GdB von 10 % auf Grund der fehlenden negativen Beeinflussung bzw. wegen Geringfügigkeit nicht gesteigert wird.
Bereits zuvor wurde am 17.02.2021 (Begutachtung am 16.12.2020) ein ärztliches Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin erstellt. Das Gutachten ergab ebenfalls einen Gesamtgrad der Behinderung („GdB“) von 40 v.H. Begründend führte die Sachverständige an, dass in Bezug auf die bP gem. lfd.Nr. 1 von einem chronischen Schmerzsyndrom – Spannungskopfschmerzen (Rückenschmerzen, Schulterschmerzen links, oberer Rahmensatz, entsprechend den Medikamenten, den dokumentierten wiederholten Schmerzen, der episodischen depressiven Verstimmung) gem. Pos.Nr. 04.11.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welches mit einem GdB von 40 vH zu bewerten sei, darüber hinaus gem. der lfd.Nr. 2 von COPD II, unterer Rahmensatz, da Ruheeupnoe, Spraybehandlung gem. Pos.Nr. 06.06.02 gem. der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welches mit einem GdB von 30 vH zu bewerten sei und letztlich gem. lfd.Nr. 3 von einer nicht insulinpflichtigen Diabetes Melitus II gem. Pos. Nr. 09.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 10 vH zu bewerten sei, vorliegt. Führend sei das Leiden gem. lfd.Nr.1, es erfolge keine Steigerung durch die Nummer 2 und 3 aufgrund der Geringfügigkeit.
Sowohl das im Beschwerdevorentscheidungsverfahren eingeholte Gutachten als auch jenes vom 17.2.2021 stellen sich als schlüssig und nachvollziehbar dar, sind begründet und decken sich inhaltlich in ihrem objektiven Aussagekern.
Das in der Beschwerde vom 12.05.2021 thematisierte Hypophysenmakroadenom wurde gutachterlich berücksichtigt, ist jedoch entsprechend der Befundlage nach einer vorgenommenen entsprechenden Operation ausgeheilt und erreicht keinen Grad der Behinderung. Laut dem mit der Beschwerde vorgelegten aktuellen Befund des Kepler Universitätsklinikums Neuromed Campus 4/2021, welcher von der Sachverständigen berücksichtigt wurde, liegen bei der bP keine hormonellen Störungen und auch keine verschriebene Medikation vor. Es konnten auch keine relevanten endokrinen Auffälligkeiten festgestellt werden. Selbst wenn die bP die Folgen der Erkrankung noch subjektiv wahrnehmen sollte, erreichen sie keinen GdB mehr.
Während die ärztlichen Sachverständigengutachten vom 17.2.2021 und 27.07.2021 keine Wechselwirkung zwischen dem chronischen Schmerzsyndrom – Spannungskopfschmerzen und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung festzustellen vermochten, ging die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 28.07.2021 begründungslos davon aus, dass zwischen dem chronischen Schmerzsyndrom – Spannungskopfschmerzen und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung eine Wechselwirkung bestehe und erhöhte den Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe auf 50 v.H.
Wie bereits erwähnt, erfolgte eine Begründung, bzw. entsprechende Ausführungen, warum die Behörde von der in den Gutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021 getroffene Einschätzung abgeht und zu einer anderen Einschätzung gelang, nicht und ist die Stellungnahme vom 28.7.2021 somit schon aus diesem Grund nicht schlüssig.
Ebenso ist der oa. Stellungnahme nicht entnehmbar, ob die auf eine der Gutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021 abweichende Einschätzung auf einem Akt der abweichenden Tatsachenbeurteilung oder einem Akt der rechtlichen Beurteilung beruht.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass sich die Stellungnahme vom 28.7.2021 als nicht schlüssig darstellt und somit nicht geeignet ist, den Feststellungen zu Grunde gelegt zu werden und eine von den Gutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021 abweichende Tatsachenfeststellung zu treffen. Das Gericht folgt daher den Ausführungen in den Sachverständigengutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021.
Soweit die bP nach der Einbringung der Beschwerdeschrift vorbringt, ihr Gesundheitszustand hätte sich verschlechtert und einen weiteren Befunde vorlegt, geht das ho. Gericht davon aus, dass dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot gem. § 46 letzter Satz BBG unterliegt und dies in einem allenfalls weiteren anzustrengenden Verfahren vor der bB vorzubringen wäre. Ungeachtet dessen erlaubt sich das ho. Gericht auf nachfolgende Umstände hinzuweisen:
In ihrem Vorlageantrag monierte die bP die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung, zumal sich ihr Gesundheitszustand im Hinblick auf ihre Lungenfunktion verschlechterte. Der im Rahmen des Vorlageantrages vorgelegte ärztliche Befundbericht vom 17.08.2021 vermochte jedoch keine Änderung der Einschätzung der Sachverständigen herbeiführen, zumal im genannten Befund von einer stabilen Lungenfunktion ausgegangen wird und die COPD-Komponente als nur gering ausgeprägt eingestuft wird. Darüber hinaus wird im Befund von COPD I – II, also von einer leichteren Form als in den Gutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021 festgestellt wurde –dort wurde von COPD II ausgegangen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Stufe „I – II“ der Anlage zur Einschätzungsverordnung fremd ist-, gesprochen, sodass der festgestellte GdB von 30 vH ohnehin schon die in dubio oberste Annahme des GdB entsprechend der Anlage zur Einschätzungsverordnung darstellen dürfte.
Das im Vorlageantrag erstattete Gutachten ist jedenfalls zum einen nicht geeignet, die Schlüssigkeit der Gutachten vom 17.2.2021 und 27.7.2021 in Zweifel zu ziehen und zum anderen die Schlüssigkeit der Stellungnahme der bB vom 28.7.2021 herbeizuführen und stand es dem Gericht frei, diesen Befund im Rahmen der Beweiswürdigung gemessen an der gutachterlichen Lage frei zu würdigen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (VwGH 11.9.2020, Ra 2018/040189).
Betreffend die Behauptung, es sei aufgrund nunmehr vorgebrachter eingeschränkter Deutschkenntnisse der bP eventuell zu einer unvollständigen verbalen Beschreibung ihrer Beschwerden gekommen, ist es nicht nachvollziehbar, dass ein derartiger Umstand das Gutachtensergebnis relevant beeinflusst haben könnte, da als Basis für die gutachterlichen Äußerungen die Befundlage und die objektivierbaren Untersuchungsergebnisse der medizinischen Sachverständigen vorrangig anzunehmen sind. Auch ergaben sich für die Sachverständigen mangels entsprechender Hinweise in den Gutachten sichtlich keine Hinweise, dass die Qualität der Anamnese aufgrund allfälliger Sprachdefizite derartig kausal beeinträchtigt worden wäre, dass die Erstellung eines ordnungsgemäßen Gutachtens nicht möglich gewesen wäre. Die bP beschrieb im Rahmen der den verfahrensgegenständlichen Gutachten vorausgehenden Anamnesen ihre Einschränkungen strotz Sprachdefiziten offensichtlich ausreichend und ist der Anamnese auch nicht entnehmbar, dass diese aufgrund von sprachlichen Barrieren nicht vollständig aufgenommen werden konnte, sodass nicht angenommen werden kann, dass relevante Beschwerden bei der Untersuchung unerwähnt bzw. unentdeckt und daher unberücksichtigt geblieben sein sollen. Auch in den von der bP vorgelegten medizinischen Befunden finden sich keine Hinweise auf weitere, nicht berücksichtigte Beschwerden und legte die bP auch nicht konkret dar, welche Beschwerden sie beabsichtigt hätte zu schildern, ihr dies aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse jedoch nicht möglich gewesen wäre.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass sich die bP seit dem Jahr 2000 im Bundesgebiet aufhält, sich seit März 2012 –also seit einem Zeitpunkt nach der Einführung der Integrations-vereinbarung in das österreichische Recht- nach den Bestimmungen des NAG im Bundesgebiet befindet und sich nach mehrfacher Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nunmehr im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte Rot-Weiß-Rot + befindet. Um in den Besitz einer solchen Karte zu kommen, musste die bP ursprünglich zumindest das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gem. § 9 des Integrationsgesetzes (bzw. die entsprechenden Übergangsbestimmungen und Verweis auf § 14 NAG a. F) erfolgreich absolviert haben (vgl. § 11 NAG), wozu der Nachweis von Deutschkenntnissen auf dem Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen gehört. Gemäß dieses Referenzrahmens kann die bP Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen (z. B. Informationen zur Person und zur Familie, Einkaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Sie kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Sie kann auch mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben. Der entscheidende Senat erlaubt sich auch darauf hinzuweisen, dass es als notorisch bekannt angesehen wird, dass die sprachliche Auseinandersetzung mit Standardsituationen, wie der Besuch beim Arzt zum fixen Teil von Sprachkursen auf anfängernahen Niveau gehören, wozu eine Sprachausbildung auf dem Niveau A2 jedenfalls zu zählen ist.
Es zeigt auch die vorgelegte umfangreiche Befundlage, dass die bP sichtlich auch in der Vergangenheit keine unüberwindbaren Probleme hatte, den sie behandelnden Ärzten ihre Leiden zu schildern bzw. diese in die Lage zu versetzen, eine Diagnose zu erstellen und bestehen für das ho. Gericht im Lichte der vorangegangenen Ausführungen keine Hinweise, dass sie im Rahmen der von der bB veranlassten Untersuchungen nicht ebenfalls dazu in der Lage gewesen wäre (so war sie sichtlich anlässlich einer Anamnese im Kepler Universitäts-klinikum Neuromed Campus, welche sich im Befund vom 28.4.2021 befindet, Spannungskopf-schmerzen und Schwindel zu beschreiben).
Soweit der im in Verfahren nach dem BBG anwendbare § 39a AVG für eine Partei oder eine zu vernehmende Person, welche der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, die Beiziehung eines Dolmetschers vorsieht, ist anzuführen, dass im gegenständlichen Fall im Lichte der bereits getroffenen Ausführungen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die bP der deutschen Sprache nicht so weit hinreichend kundig war, um an einer ärztlichen Untersuchung in angemessener Weise mitzuwirken, weshalb nicht gem. § 39a AVG vorzugehen gewesen war, zumal § 39a AVG auf jene konkreten Sprachkenntnisse abstellt, die erforderlich sind, um der entsprechenden Amtshandlung folgen zu können, bzw. sich in der Amtshandlung ausreichend artikulieren zu können und geht das ho. Gericht davon aus, dass die bP über solche Deutschkenntnisse verfügten muss, um dem Verlauf einer ärztlichen Untersuchung folgen zu können und sich darin ausreichend zu äußern.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass § 39a AVG nur im mündlichen Verkehr mit den Beteiligten und Parteien anzuwenden ist, der Schriftverkehr ist im gegenständlichen Fall jedenfalls von allen Verfahrensbeteiligten in der deutschen Sprache zu führen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38a Rz 3 mwN). Die bP kann sich daher in Bezug auf den Schriftverkehr zwischen der bB und der bP bzw. dem ho. Gericht und er bP jedenfalls nicht –unabhängig von ihren Sprachkenntnissen- auf mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache berufen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die der Entscheidungsfindung zu Grunde gelegten gutachterlichen Ausführungen von der bP weder substantiell bestritten wurden, noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne ein Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).
Im Rahmen einer Gesamtschau ist festzuhalten, dass die Sachverständigengutachten mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen, weshalb es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wird.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Zur Entscheidung in der Sache:
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Mangel des Parteiengehörs wird im Rechtsmittelverfahren durch die mit der Berufung [nunmhehr „Beschwerde“] gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert im gegenständlichen Einzelfall (VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).
Die Sachverständigengutachten vom 27.07.2021 sowie die Stellungnahme der Administrative des Sozialministeriumservice vom 28.07.2021 wurden der bP als Beilage mit dem Bescheid vom 04.08.2021 übermittelt. Ebenso wurde ihr das Sachverständigengutachten vom 17.2.2021 zur Kenntnis gebracht. Die bP hatte somit die Möglichkeit, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einerseits anlässlich der Einbringung der Beschwerde und andererseits anlässlich der Einbringung des Vorlageantrags Stellung zu nehmen und hat davon auch Gebrauch gemacht. Allfällige Verletzung des Parteiengehörs gem. § 45 Abs. 3 AVG wurde im gegenständlichen Fall im Rechtsmittelverfahren saniert.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Der von der bP eingebrachte Vorlageantrag erweist sich als fristgerecht.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der Behinderten (in § 19 Abs. 1 BEinstG) und für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. § 46 BBG in der Fassung BGBl. I 57/2015 bestimmt, dass im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeein-trächtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigen-gutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).
Die angeführten Sachverständigengutachten, die Stellungnahme der Administrative des Sozialministeriumservice und die Angaben der bP im Verfahren sowie der im Rahmen der Beschwerde vorgelegte Befund des Kepler Universitätsklinikums Neuromed Campus betreffend Hypophysenmakroadenoms wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Die zitierten Gutachten erfüllen sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Die von der ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet. Ebenfalls wurde in den genannten Gutachten schlüssig und nachvollziehbar begründet, warum sich das Leiden gem. lfd.Nr.2 nicht steigernd auf das führende Leiden gem. lfd.Nr. 1 auswirkt
Im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt des seitens der belangten Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung eingeholten Sachverständigengutachtens, sowie im Hinblick auf das bereits zuvor eingeholte Gutachten, ist –wie in der Beweiswürdigung bereits dargestellt wurde - im gegenständlichen Fall der bB nicht zu folgen und ist von einem Grad der Behinderung von vierzig (40) von Hundert (vH) auszugehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Abschließend sei festgehalten, dass das VwGVG das Verschlechterungsverbot im Beschwerdeverfahren nur in Bezug auf das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 42 VwGVG kennt, außerhalb des Verwaltungsstrafverfahrens ist die beschwerdeführende Partei vor einer Verschlechterung ihre Rechtsstellung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht geschützt und ist auch dem BBG das Verschlechterungsverbot im Beschwerdeverfahren fremd. Aufgrund dieser Umstände hatte das ho. Gericht zum Nachteil der bP zu entscheiden, dass der GdB nicht wie von der bB angenommen mit 50 vH, sondern mit 40 vH anzunehmen ist.
3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall hat die bP die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte – auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
- Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
- Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
- In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 46 BBG verstößt.
- Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, und für es im Rahmen der Gewährung des schriftlichen Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren auf den persönlichen Eindruck nicht ankam, da die Leiden der bP nicht in Zweifel gezogen wurden, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus lag der wesentliche Schwerpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses im Rahmen der Beweiswürdigung und hier insbesondere im Rahmen der Frage der Beweiskraft eines schlüssigen Gutachtens. Zu dieser Frage liegt umfangreiche und einheitliche Judikatur des VwGH vor, dies gilt ebenso in Bezug auf die Auslegung der Einschätzungsverordnung und die Ausführungen im gegenständlichen Erkenntnis zum Nichtvorliegen des Verschlechterungsverbotes. Das ho. Gericht verweist hier auf die Bereits zitierte einheitliche Judikatur des VwGH.
Im Rahmen der Frage des Umfanges der Ausnahme von der Verhandlungspflicht orientierte sich das ho. Gericht ebenfalls an der Judikatur des VwGH.
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L515.2245867.1.00