TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/6 L515 2245915-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2021
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Entscheidungsdatum

06.12.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L515 2245915-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Markus STEININGER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , VSNR.: XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesens – Sozial-ministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 29.03.2021, Zl. OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend "bP") ist seit 25.07.2018 Inhaberin eines Behindertenpasses aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung („GdB“) von 50 vH. Im Rahmen eines Gutachtens vom 10.7.2018 ging der Sachverständige unter Lfd.Nr. 1 von einer degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, zustand nach Bandscheibenoperation, (Rezidivbeschwerden mit chronischen Lumboischialgien bei Zustand nach Bandscheiben-operation L4/L5. Entsprechend den radiologischen Veränderungen und funktioneller Beeinträchtigung im LWS- und HWS-Bereich eingeschätzt) gem. Pos.Nr. 02.01.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, GdB 40 vH, unter lfd.Nr. 2 von Diabetes mellitus (entsprechend der Stoffwechsellage und mehrfacher Therapie eingeschätzt) gem. Pos Nr. 09.02.01 leg. cit., GdB 30 vH, unter lfd.Nr. 3 von einer depressiven Verstimmung (periodische Beschwerden, offensichtlich sozial integriert, unter Medikation stabil) gem. Pos.Nr. 03.06.01 leg. cit., GdB 20 vH, sowie unter lfd.Nr. 4 von Bluthochdruck (entsprechend der Druckregulationsstörungen und Therapie eingeschätzt) gem. Pos.Nr. 05.01.01 leg. cit, GdB 10 vH aus.

Führend wurde das Leiden gem. lfd.Nr. 1 qualifiziert, das Leiden gem. lfd.Nr. 2 steigere um eine Stufe, weshalb von einem gdB von 50 vH auszugehen war.

Die bP beantragte nunmehr am im Akt ersichtlichen Datum beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Neufestsetzung ihres Grades der Behinderung im Behindertenpass.

I.2. In der Folge wurde am 23.11.2020 (Begutachtung am 09.11.2020) ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie sowie für Allgemeinmedizin eingeholt. Das Gutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. In Bezug auf das Leiden gem. lfd.Nr. 1 wurden wiederum Wirbelsäulenbeschwerden (Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 vor vielen Jahren, bekannte mäßige degenerative Veränderungen (MR 06/2017), kein neurologisches Defizit, kein aktueller radiologischer Befund vorliegend), nunmehr gem. Pos.Nr. 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, GdB 30 vH festgestellt. Die lfd.Nrn. 2 – 4 decken sich im objektiven Aussagekern mit dem Gutachten vom 17.8.2018. Neu hinzugekommen sind in der lfd.Nr. 5 Schulterbeschwerden rechts (radiologisch geringgradige degenerative Verän-derungen am Schultergelenk (Röntgen 03/2019), Sehnenentzündung (…) zwischenzeitig ausgeheilt, gute Beweglichkeit, kein Impingement), GdB 10 vH.

Als führendes Leiden wurde wiederum das Leiden gem. lfd.Nr. 1 angenommen, das Leiden gem. lfd.Nr. 2 wirke um eine Stufe steigernd, weshalb von einem GdB von 40 vH auszugehen sei.

Der Sachverständige führte aus, die Bewertung der Leiden sei aufgrund der vorliegenden Befunde, der Medikamentenliste und des klinischen Zustandsbildes anhand der Ein-schätzungsverordnung im Vergleich zum Vorgutachten erfolgt. Zum Leiden gem. lfdNr. 1 führte der Sachverständige im Lichte dieser Determinanten aus, dass es zu einer Reduktion von 40 % auf 30 durch eine Neueinschätzung gekommen sei.

I.3. Mit Schreiben vom 24.11.2020 wurde der bP das seitens der belangten Behörde eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Am 11.12.2020 langte eine Stellungnahme ein, in welcher die bP ihre gesundheitlichen Einschränkungen beschreibt und den festgestellten GdB von 40 v.H. moniert, zumal sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe.

I.4. Mit Schreiben der bB vom 18.12.2020 wurde die bP um Übermittlung aktueller Befunde über ihre angemeldeten Gesundheitsschädigungen ersucht. Die bP übermittelte daraufhin ein Befundkonvolut.

I.5. In weiterer Folge wurde die bP am 16.03.2021 einer Begutachtung durch eine medizinische Sachverständige (FÄin für physikalische Medizin und Allgemeinmedizinerin) zugeführt und ein Gutachten weiteres erstellt. Dieses ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H.

I.6. Mit Bescheid der der bB vom 29.03.2021 wurde der Grad der Behinderung mit 30 v.H. neu festgesetzt. Das Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 19.03.2021 wurde dem Bescheid beigelegt.

I.7. Gegen den oa. Bescheid erhob die bP im Rahmen eins bei der bB am 07.05.2021 eingelangten Schreibens Beschwerde und legte neuerlich ein Befundkonvolut bei. Sie habe eine Neufestsetzung des Grades der Behinderung beantragt, weil sich einerseits ihre Beschwerden verschlechtert hätten und andererseits sei eine Schilddrüsenerkrankung neu hinzugekommen. Sie beantrage die Festsetzung eines Grades der Behinderung von mindestens 50 v.H. Darüber hinaus wird unter Beiziehung eines Dolmetschers für Bosnisch/Kroatisch/Serbisch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

I.8. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin f. Orthopädie und Allgemeinmedizinerin eingeholt. In diesem Gutachten vom 28.07.2021 (Begutachtung am 19.07.2021) wurde ebenfalls ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt und weist nachfolgenden Inhalt auf:

„„…

Derzeitige Beschwerden:

Das Anamnesegespräch wird mit Unterstützung von Fr. Prof. […] geführt, die dolmetscht.

Frau […] beschreibt als vordergründiges Problem Schmerzen im Bereich der LWS und des rechten Schultergelenkes, die LWS Schmerzen strahlen in beide Beine bis auf Höhe der Oberschenkel aus und sind besonders in den Abendstunden und bei der Arbeit stark ausgeprägt, während der Arbeit würden auch immer wieder Krämpfe in den Beinen auftreten.

Eine aktive Therapie wird nicht durchgeführt, beim Hausarzt würde sie Wärmetherapie erhalten.

Schmerzen im rechten Schultergelenk bei Überkopf Arbeiten und abendliche Schmerzen auch in Ruhe.

Die zurücklegbare Wegstrecke wird mit bis zu 500 m angegeben.

Bei angegebener depressiver Verstimmung wird eine medikamentöse Therapie eingenommen, der vorliegende fachärztliche Befund datiert mit 13.1.2012, lt. Antragstellerin würde es aktuelle Befunde geben, die sie nachreichen würde.

Auch auf Nachfrage werden keine weiteren Beschwerden angegeben.

[…]

Klinischer Status – Fachstatus:

[…]

WS-LWS: blande Narbe, Klopfschmerz über unterer LWS, ISG bds. druckschmerzhaft re>li; Lasegue rechts bei 45° positiv, Lendenlordose, Beckengeradstand; FBA: Hände erreichen die Kniescheiben.

Obere Extremität: KG 5 bds.; Sensibilität seitengleich und unauffällig.

Schulter: Ab/Adduktion: re: 140-0-60°, li: 160-0-70°, Außenrotation bei angelegtem Ellbogen: 60°; Schürzengriff tief gluteal;

Ellbogen-, Hand und Fingergelenke zeigen sich weitgehend unauffällig, frei von äußeren Entzündungszeichen und in ihren jeweiligen Richtungen uneingeschränkt beweglich.

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1) Wirbelsäulenbeschwerden

Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 2008, degenerative Veränderungen, kein Hinweis auf Wirbelkanalenge, Bandscheibenschäden, keine Lähmungserscheinungen, keine Nervenreizzeichen, mittelgradige Bewegungseinschränkung, keine aktive Therapie, einfache Schmerzmedikation

Pos. Nr. 02.01.02, GdB 30 %

2) Nicht insulinpflichtige Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus II)

Medikamentöse Mehrfachtherapie, erhöhter Langzeitzuckerwert

Pos. Nr. 09.02.01, GdB 30 %

3) Depression

Medikamentöse Einfachtherapie, kein durchgängiger Behandlungsnachweis, soziale Integration, kein aktueller Facharztbefund vorliegend (letzte Begutachtung Dr. […] 01/2012)

Pos. Nr. 03.06.01, GdB 20 %

4) Bluthochdruck

unter Einfachtherapie

Pos. Nr. 05.01.01, GdB 10 %

5) Schultergelenksbeschwerden rechts

Geringe Abnützungszeichen in der bildgebenden Diagnostik, endgradige Bewegungseinschränkung, einfache Schmerzmedikation, keine aktive Therapie

Pos. Nr. 02.06.01, GdB 10 %

6) Schilddrüsenvergrößerung (Struma)

medikamentöse Therapie

Pos. Nr. 09.01.01, GdB 10 %

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Hauptleiden ist das Leiden in Position 1, die weiteren Leiden erhöhen den GdB bei fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit nicht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

CTS OP rechts ca. 2010.

Z.n. Gallenblasenentfernung.

Dorsaler und plantarer Fersensporn.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Der vorliegende psychiatrisch fachärztliche Befund von Fr. Dr. […] datiert von 13.1.2012 und kann daher nicht als aktueller Befund angesehen werden und damit das psychische Leiden auch nur unverändert zum Vorgutachten eingeschätzt werden, der von der Antragstellerin angekündigte aktuelle Befund wurde bislang nicht nachgereicht.

Laut vorliegendem Orthopädischen Fachbefund Dr. […] vom 30.6.2021 wurde eine Magnetresonanzuntersuchung der LWS und des rechten Schultergelenkes veranlasst, entsprechende Befunde sind nicht vorliegend, in den vorliegenden Nativradiologischen Befunden der LWS von 1/2021 zeigt sich kein Hinweis auf eine Wirbelkanalstenose und im RÖ des rechten Schultergelenkes geringe Abnützung.

Die Bewertung der Leiden erfolgt aufgrund der vorgelegten Befunde, der Medikation und des klinischen Zustandsbildes anhand der derzeit gültigen Einschätzungsverordnung.

Bei aktuell klinisch unauffälligem Befund im Bereich des rechten Handgelenkes nach Operation bei Carpaltunnelsyndrom wird diese Position aus der Einschätzung heraus genommen, die weiteren Leiden sind unverändert zum Vorgutachten, keine neu hinzugekommenen Leiden.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Mit insgesamt 30% keine Änderung im Vergleich zum Vorgutachten vom 19.3.2021 Dr. Caterina […] /FÄ physikalische Medizin.

Nachuntersuchung 07/2023 - Besserungsmöglichkeit Wirbelsäulenleiden durch regelmäßige adäquate, aktive Therapiemaßnahmen

…“

I.9. In weiterer Folge übermittelte die bP den Befund einer Fachärztin für Psychiatrie vom 27.07.2021, worauf ein weiteres Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage eingeholt wurde. Dieses Gutachten vom 26.08.2021 ergab nunmehr einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.

I.10. Die bB erließ keine Beschwerdevorentscheidung.

Mit Schreiben vom 31.08.2021 erfolgte die Beschwerdevorlage, welche am 01.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.

I.11. Mit ho Schreiben vom 08.09.2021 wurden der bP die unter Pkt. I.8. und I.9. angeführten Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Mit ihrer Stellungnahme vom 21.09.2021 übermittelte die bP zwei neue Befunde vom 23.08.2021 betreffend MRT der rechten Schulter und MRT der LWS. Mit E-Mail vom 1.10.2021 folgte ein weiterer Befund eines FA für HNO, sowie die Verordnung eines Hörgeräts wegen Trommelfellperforation rechts und Innenohr-hochtonschwerhörigkeit links.

I.12. Der gemäß der Geschäftsverteilung des ho. Gerichts zuständige Senat des Bundes-verwaltungsgerichts beschloss am 1.12.2021, die Beschwerde abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. In Bezug auf den relevanten Sachverhalt wird auf den beschriebenen Verfahrensgang verwiesen.

1.2. Die bP ist slowenische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen Adresse im Inland wohnhaft.

1.5. Nachdem die bP einen fachärztlichen Befund einer FÄin f. Psychiatrie und Allgemein-medizinerin vom 27.07.2021 übermittelte und dieser in der bisherigen gutachterlichen Lage keine Berücksichtigung fand, wurde im Auftrag der bB ein neuerliches Gutachten von einer medizinischen Sachverständigen basierend auf der Aktenlage erstellt. Das Gutachten vom 26.08.2021 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf und wird zu den Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben:

"....

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Vorgutachten Dr. […]/ AM+Orthopädie vom 8.8.2021 (30%).

Wirbelsäulenbeschwerden (30%).

Nicht insulinpflichtige Zuckerkrankheit (30%)

Depression (20%)

Bluthochdruck (10%)

Schultergelenksbeschwerden rechts (10%)

Schilddrüsenvergrößerung (Struma) (10%).

Im Vorgutachten wurde der fachärztl. Befund Dr. […] datiert 13.1.2012 nicht als aktueller Befund angesehen und das psychische Leiden konnte nur unverändert zum Vorgutachten eingeschätzt werden, da der von der Antragstellerin angekündigte Befund bis zur Gutachtenserstellung nicht nachgereicht wurde.

Das SV-Gutachten wurde am 28.7.2021 erstellt. Am 29.7.2021 wurde ein aktueller Befund v. Dr. […] (2021-07) an den ÄD nachgereicht.

Nachgereichter Befund Dr. […]/FÄ Psychiatrie vom 27.7.2021 :

Diagnose:

Angst und Depression, gemischt anhaltend somatoforme Schmerzstörung bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und anamnestisch Bandscheibenoperation L4/5 2008.

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1) Wirbelsäulenbeschwerden

Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 2008, degenerative Veränderungen, kein Hinweis auf Wirbelkanalenge, Bandscheibenschäden, lt. Vorgutachten mit Untersuchung keine Lähmungserscheinungen, keine Nervenreizzeichen, mittelgradige Bewegungseinschränkung, keine aktive Therapie, einfache Schmerzmedikation

Pos. Nr. 02.01.02, GdB 30 %

2) Depression, Angst und somatoforme Schmerzstörung

Medikamentöse Einfachtherapie, nun aktueller Fachbefund vorliegend, soziale Integration, psychotherapeutische Behandlung in Muttersprache wurde empfohlen

Pos. Nr. 03.06.01, GdB 30 %

3) Nicht insulinpflichtige Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus II) Medikamentöse Mehrfachtherapie, erhöhter Langzeitzuckerwert

Pos. Nr. 09.02.01, GdB 30 %

4) Schultergelenksbeschwerden rechts

Geringe Abnützungszeichen in der bildgebenden Diagnostik, endgradige Bewegungs-einschränkung, einfache Schmerzmedikation, keine aktive Therapie

Pos. Nr. 02.06.01, GdB 10 %

5) Bluthochdruck unter Monotherapie

Pos. Nr. 05.01.01, GdB 10 % 

6) Schilddrüsenvergrößerung (Struma)

medikamentöse Therapie

Pos. Nr. 09.01.01, GdB 10 %

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Hauptleiden ist das Leiden in Position 1, durch gegenseitig negative Beeinflussung und zusätzliche erhebliche Einschränkung erhöht das Leiden in Position 2 den GdB um 1 Stufe auf insgesamt 40%, die weiteren Leiden erhöhen den GdB bei fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit nicht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

CTS OP rechts ca. 2010.

Z.n. Gallenblasenentfernung.

Dorsaler und plantarer Fersensporn.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erhöhung der Einschätzung des psychischen Leidens durch nun vorliegendes aktuelles Fachgutachten um 1 Stufe, weitere vorbekannte Leiden unverändert.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Durch Erhöhung der Einschätzung des psychischen Leidens durch nun vorliegendes aktuelles Fachgutachten mit nun insgesamt 40% um 1 Stufe höher eingeschätzt als Vorgutachten Dr. […]/ AM+Orthopädie vom 8.8.2021 (30%).

Nachuntersuchung 08/2023 - Besserungsmöglichkeit Wirbelsäulenleiden durch regelmäßige adäquate, aktive Therapiemaßnahmen und Besserungsmöglichkeit psychisches Leiden durch ebenfalls entsprechende Therapiemaßnahmen, diese sind keinesfalls ausgeschöpft

…“

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Der beschriebene Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Aktes des ho. Gerichts.

2.2. Aufgrund der vorliegenden Akte ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungs-relevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens einer bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Ebenso kann die Partei ein Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Liegen sich widersprechende Gutachten (Anm.: bzw. dem Beweiswert eines Gutachtens gleichkommende Bescheinigungsmittel) vor, steht es dem Gericht frei, diese im Rahmen der Beweiswürdigung frei zu würdigen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (VwGH 11.9.2020, Ra 2018/040189).

Fallbezogen ergibt sich aus den vorgegangenen Ausführungen Folgendes:

Im gegenständlichen Fall holte die bB 3 Gutachten ein, wobei das erste von einem GdB von 40 vH, das zweite einen GdB von 30 vH und das letzte Gutachten vom 27.7.2021 einen GdB von 40 vH ergab.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die jüngeren Gutachten auf einer jeweils jüngeren, aktuelleren und breiteren Befundlage fußen als die vorausgehenden und letztlich dem Gutachten vom 27.7.2021 die breiteste und aktuellste Befundlage zu Grunde liegt. Schon aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das zweite und dritte Gutachten dem ersten in Bezug auf seinen Beweiswert vorzuziehen sind, soweit sich darin Abweichung ergeben.

Wie bereits erwähnt, ergibt sich der im Letztgutachten festgestellte höhere GdB nachvoll-ziehbar aus dem Umstand, dass der Gutachterin eine aktuellere und breitere Befundlage vorlag wie den vorausgehenden Gutachten, weshalb ihm der Vorzug gegeben wird und sich das ho. Gericht diesen Ausführungen anschließt. Es weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass in Bezug auf die Vorgutachten in Bezug auf den objektiven Aussagekern in Bezug auf den festgestellten Sachverhalt kein Widerspruch vorliegt, soweit es sich nicht um den psychischen Zustand der bP handelt, zumal die dem Gutachten vom 27.7.2021 zu Grunde liegende Befundlage nur in Bezug auf diesen psychischen Zustand von der vorausgehenden gutachterlichen Lage in tatsächlicher Hinsicht in Bezug auf den relevanten und aktuellen GdB abweicht. Das Gutachten vom 27.7.2021 erweist sich somit auch nicht aus unschlüssig, soweit es auf die Vorgutachten verweist.

Das seitens der belangten Behörde im Rahmen eines Verfahrens zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Orthopädie und Allgemeinmedizin zeigt den aktuellen Gesundheitszustand der bP im Lichte des BBG bzw. der Einschätzungsverordnung in nachvollziehbarer Weise auf, ist ausführlich begründet und schlüssig. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von der Sachverständigen auf Grund der Aktenlage unter Berücksichtigung des Vorgutachtens vom 28.07.2021 mit einer klinischen Untersuchung am 19.07.2021 samt Befunde sowie der im Zuge des Antrages, der Stellungnahme und der Beschwerde vorgelegten Befunde erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet. Im zitierten Gutachten wird eine Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH festgestellt. Führendes Leiden stellt wie bereits im Vorgutachten die Funktionseinschränkung „Wirbelsäulen-beschwerden“ mit einem GdB von 30 vH dar, welcher durch die „Depression, Angst und somatoforme Schmerzstörung“ mit einem GdB von 30 vH durch gegenseitig negative Beeinflussung und zusätzliche erhebliche Einschränkung um eine Stufe auf 40 v.H. gesteigert wird. Der Diabetes mellitus II (30 %), die Schultergelenksbeschwerden rechts (10 %), der Bluthochdruck (10 %) und die Schilddrüsenvergrößerung (10 %) vermochten den GdB auf Grund der fehlenden zusätzlich erhebender Einschränkungen bzw. wegen Geringfügigkeit nicht weiter zu steigern.

Die CTS OP rechts ca. 2010, der Z.n. Gallenblasenentfernung sowie der dorsale und plantare Fersensporn erreichen keinen Grad der Behinderung.

Die in der Beschwerde beschriebene Verschlechterung des Diabetes-Wertes wurden von der Sachverständigen entsprechend der medikamentösen Mehrfachtherapie der Pos. Nr. 09.02.01 als ‚nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus‘ zugeordnet und mit dem obersten Rahmensatz von 30 v.H. eingeschätzt (Anm.: der Pos.Nr. 09.02.02 entspricht bereits die insulinpflichtige Diabetes). Entscheidend für diese Einordnung ist nach der Einschätzungs-verordnung das Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c-Wertes. Eine höhere Einschätzung erfordert Insulinpflicht, wobei eine geringe zweimalige Insulindosis und gutem Allgemeinzustand ebenfalls mit einem GdB von 30 v.H. eingeschätzt wird. Dass bei der bP insulinpflichtige Diabetes mit höherer zweimaliger Insulindosis diagnostiziert wurde, wurde nicht dargelegt und konnte auch nicht den vorliegenden befunden entnommen werden.

Die in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 21.09.2021 monierte zu geringe Einschätzung der Wirbelsäulenbeschwerden wurde von der Sachverständigen basierend auf dem Vorgutachten und der dort erfolgten klinischen Untersuchung sowie unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde als mittelgradige Bewegungseinschränkung der Pos. Nr. 02.01.02 zugeordnet und im Hinblick auf die degenerativen Veränderungen, aber ohne Hinweis auf Wirbelkanalenge, auf Bandscheibenschäden, keine Lähmungser-scheinungen, keine Nervenreizzeichen, mittelgradige Bewegungseinschränkung, keine aktive Therapie, einfache Schmerzmedikation, schlüssig mit dem unteren Grenzwert eingeschätzt. Entscheidend für die Einstufung einer Funktionseinschränkung nach Pos. 02.01.02 mit dem oberen Rahmensatz ist aber das Vorliegen von rezidivierenden und anhaltenden Funktions-einschränkungen, Dauerschmerzen, eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen, maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben; diese stellen nach der Einschätzungsverordnung das Abgrenzungs-kriterium dar. Einer Einstufung der Wirbelsäulenerkrankung der bP als Funktionsein-schränkung mittleren Grades mit dem oberen Rahmensatz stehen daher - wie oben erwähnt - die fehlenden rezidiverenden und anhaltenden Funktionseinschränkungen, Dauer-schmerzen, eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen sowie maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeits-leben entgegen.

Ungeachtet des Umstandes, dass sich das Schmerzempfinden individuell und subjektiv darstellt, existiert ein internationales und objektiviertes Stufenschema der WHO zur Therapie chronischer Schmerzen, wobei im Fall von leichten Schmerzen die Einnahme von NSAR – nicht steroidale Antirheumatika (zB Seractil), indiziert sind. Erst bei stärkeren Schmerzen wird die Gabe von Opioiden empfohlen. Da im Falle der bP nichtsteroidales entzündungshemmendes Arzneimittel (NSAR) und Antirheumatikum verwendet wird, ist entsprechend diesem objektivierten Stufenschema von leichten Schmerzen auszugehen.

Die Schultergelenksbeschwerden rechts wurden auf Grund geringer Abnützungszeichen in der bildgebenden Diagnostik mit einer endgradigen Bewegungseinschränkung und einer einfachen Schmerzmedikation ohne aktive Therapie als Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig der Pos. Nr. 02.06.01 zugeordnet und mit dem untersten Rahmensatz eingeschätzt. In der klinischen Untersuchung am 19.07.2021 wurde bei der Schulter rechts eine Ab/Adduktion von 140-0-600 und bei der Schulter links eine Ab/Adduktion von 160-0-700 sowie die Außenrotation bei angelegtem Ellbogen 600 mit einem tief glutealen Schürzengriff festgestellt. Die für eine höhere Einschätzung geforderte Abduktion und Elevation bis maximal 120° mit entsprechender Einschränkung der Außen- und Innenrotation konnte bei der bP nicht festgestellt werden.

Während das ärztliche Sachverständigengutachten vom 28.07.2021 die Depression mangels aktuellen Facharztbefundes der Pos. Nr. 03.06.01 zuordnete und mit dem mittleren Rahmensatz von 20 v.H. einschätzte, wurde im ärztlichen Sachverständigengutachten die Depression auf Grund eines vorgelegten Fachgutachten der Pos. Nr. 03.06.01 zugeordnet und mit einem höheren Rahmensatz von 30 v.H. eingeschätzt. Die Gutachterin stellte auch fest, dass sich die Depression und die Wirbelsäulenbeschwerden gegenseitig negativ beeinflussen und daraus zusätzlich erhebliche Einschränkungen resultieren, weshalb der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe gesteigert wird.

Der im Rahmen der Stellungnahme vom 21.09.2021 vorgelegte Befund vom 23.08.2021 betreffend MRT der rechten Schulter und MRT der LWS, sowie des Schreibens vom 1.10.2021 mitsamt den beschriebenen Beilagen wird festgehalten, dass diese Bescheinigungsmitel gem. § 46 letzter Satz BBG dem Neuerungsverbot unterliegen. Ungeachtet dessen steht es der bP frei diese Befunde allenfalls in einem neuen, bei der bB anzustrengenden Verfahren vorzulegen.

Resümierend ist festzuhalten, dass die beschriebenen gutachterlichen Ausführungen von der bP weder substanttiert bestritten wurden, noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, und trat sie in jenem Stand des Verfahrens, in welchem § 46 letzter Satz BBG nicht zur Anwendung kam, den gutachterlichen Ausführungen nicht auf gleichem fachlichen Niveau –etwa durch die Vorlage von das Gegenteil bescheinigende Unterlagen- entgegen (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).

Mit ihren Ausführungen in der Beschwerde bzw. Stellungnahme erweckt die bP keine Zweifel an den nicht als unschlüssig zu erkennenden, der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung zu Grunde liegenden Sachverständigengutachten. Da das sachverständigen Ausführungen auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen, werden sie in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Berufung [nunmehr: „Beschwerde“] gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).

Die Sachverständigengutachten vom 28.07.2021 sowie vom 26.08.2021 wurden der bP als Beilage mit dem ho Schreiben vom 08.09.2021 übermittelt. Die bP hatte somit die Möglichkeit, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Beschwerdeverfahren Stellung zu nehmen und hat davon auch Gebrauch gemacht. Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs gem. § 45 Abs. 3 AVG wurde im gegenständlichen Fall durch die Möglichkeit der Einbringung eines Vorlageantrages saniert.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde vom 07.05.2021 erweist sich angesichts des Bescheiddatums vom 29.03.2021 als fristgerecht im Sinne der Rechtsmittelfrist des BBG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der Behinderten (in § 19 Abs. 1 BEinstG) und für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. § 46 BBG in der Fassung BGBl. I 57/2015 bestimmt, dass im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.

Falls sich der Leidenszustand des Beschwerdeführers maßgebend verschlechtert hat bzw. sich die Funktionseinschränkungen künftig verschlechtern, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeein-trächtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).

Die angeführten Sachverständigengutachten vom 28.07.2021 und vom 26.08.2021 und die Angaben der bP im Verfahren sowie der im Rahmen der Beschwerde vorgelegte Befund einer Allgemeinmedizinerin vom 05.01.2021 betreffend Röntgen der gesamten Wirbelsäule, Röntgen rechte und linke Schulter sowie ein Laborblatt vom 01.04.2021 und der ärztliche Befundbericht vom 21.01.2021 betreffend AC-Arthrose re, Lumboischialgia, wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Die zitierten Gutachten erfüllen sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Die von der ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 – also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.

Da im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt des seitens der belangten Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung eingeholten Sachverständigengutachtens ein Grad der Behinderung von vierzig (40) von Hundert (vH) festzustellen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).

Im vorliegenden Fall hat die bP die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte – auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte und legte die bP auch in der Beschwerde nicht konkret dar, welches weitere relevante Vorbringen sie in er Beschwerdeverhandlung zu erstatten beabsichtige. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

-        Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-        Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

-        In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gemäß dem Neuerungsverbot gem. § 46 BBG letzter Satz nicht zu berücksichtigen ist.

-        Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, und für es im Rahmen der Gewährung des schriftlichen Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren auf den persönlichen Eindruck nicht ankam, da die Leiden der bP nicht in Zweifel gezogen wurden, konnte eine Beschwerde-verhandlung unterbleiben.

3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Ein wesentlicher Schwerpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses lag im Rahmen der Beweiswürdigung und hier insbesondere im Rahmen der Frage der Beweiskraft eines schlüssigen Gutachtens. Zu dieser Frage liegt umfangreiche und einheitliche Judikatur des VwGH vor. Drüber hinaus ist der Wortlaut der hier anzuwendenden Bestimmungen, so weit keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt, als eindeutig zu bezeichnen und lässt sie keine andere als die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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