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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache des Mag. K in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Dem Vorbringen in der am 9. September 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde zufolge hat der Beschwerdeführer gegen den (am 24. Jänner 1994 zugestellten) "Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 20.1.1994, Zl. 5/02-25.008/50-1994" - mit dem der S-AG die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage (Heizkraftwerk) erteilt worden sei - am 7. Februar 1994 Berufung erhoben. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sei jedoch untätig geblieben und habe über die Berufung des Beschwerdeführers nicht entschieden.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1994 wurde über diese Säumnisbeschwerde das Vorverfahren gemäß § 35 Abs. 3 VwGG eingeleitet.
Die belangte Behörde erklärte mit einem am 8. Februar 1996 (beim Verwaltungsgerichtshof) eingelangten Schreiben, daß die ihr (mit den Verfügungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1994 und zuletzt 28. November 1994) bis 7. Jänner 1996 eingeräumte Frist zur Erlassung des versäumten Bescheides (§ 36 Abs. 2 VwGG) nicht habe eingehalten werden können.
Über Aktenbetreibung des Verwaltungsgerichtshofes erklärte die belangte Behörde mit einem am 25. März 1996 eingelangten Schreiben, daß "sämtliche bezughabenden Verfahrensakten vorgelegt wurden". Im Gegensatz zu dieser Erklärung wurden dem Verwaltungsgerichtshof jedoch unvollständige Aktenunterlagen zur Verfügung gestellt. Da unter anderem die (nach dem Beschwerdevorbringen) an die belangte Behörde erhobene Berufung des Beschwerdeführers in den vorgelegten Verwaltungsakten fehlte, wurde dem Beschwerdeführer mit ergänzendem Mängelbehebungsauftrag vom 4. September 1996 die Vorlage seiner (nach den Beschwerdebehauptungen) erhobenen Berufung aufgetragen. Diesem Auftrag ist der Beschwerdeführer nunmehr nachgekommen.
Dieser Berufung ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer (im Rahmen der Berufungsausführungen) an die belangte Behörde den Berufungsantrag gestellt hat, den erstinstanzlichen Bescheid (in bestimmter Weise) abzuändern.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde erweist sich im Hinblick auf folgende Überlegungen als unzulässig:
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. In Verwaltungsstrafsachen ist eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nicht zulässig; dies gilt nicht für Privatanklage- und für Finanzstrafsachen.
§ 27 Abs. 1 VwGG bestimmt, daß Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden kann, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelene Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, kann Gegenstand einer Säumnisbeschwerde nur das sein, was Gegenstand des Verwaltungsverfahrens in oberster Instanz war, weil nur diesbezüglich Säumigkeit der Behörde vorliegen kann, weshalb das bestimmte Begehren, das auch eine Säumnisbeschwerde zu enthalten hat, identisch mit dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gestellten Sachbegehren sein muß (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 13. Oktober 1980, Slg. NF. Nr. 10.263/A, vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/04/0264, und vom 25. November 1994, Zl. 94/19/1143).
Der Beschwerdeführer hat in der vorliegenden Säumnisbeschwerde folgendes bestimmt bezeichnete Begehren an den Verwaltungsgerichtshof gestellt:
"Der Verwaltungsgerichtshof möge über eine Berufung vom 7.2.1994 selbst in der Sache entscheiden und den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 20.1.1994, Zl. 5/02-25.088/50-1994, aufheben in eventu abändern und insbesondere ..."
Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer abweichend von seinem an die belangte Behörde gestellten Berufungsantrag (Abänderungsantrag) in der Säumnisbeschwerde (an den Verwaltungsgerichtshof) erstmals einen Antrag stellt, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben (Aufhebungsantrag). Zudem geht der Beschwerdeführer aber über seine Berufung auch hinaus und stellt in der Säumnisbeschwerde folgende Anträge an den Verwaltungsgerichtshof:
"... und insbesondere die von mir erhobenen Einwendungen hinsichtlich der Projektunterlagen (Vollständigkeit, Genauigkeit, falsche Information bezüglich Vergebührung, zu kurze Zeiten ...) Leistungssteigerung von 12 MW auf 13,575 MW Vorkommen bei der Verhandlung selbst Sanktionen bei Überschreitungen Gefährdung durch Störfälle insbesondere im Hinblick auf die nicht bekannte Sicherheitsanalyse in nachvollziehbarer Form im Bescheid behandeln, und
das Versäumnis des Verhandlungsleiters, hinsichtlich des Hinwirkens auf eine Einigung bei privatrechtlichen Einwendungen im Verwaltungsverfahren, beheben und
das Versäumnis der Amtssachverständigen, die von der Akteneinsicht ausgenommene Sicherheitsanalyse bei der gewerberechtlichen Verhandlung im Detail zu kennen, daraus mir als Partei Auskunft geben zu können, damit ich die notwendigen Anträge stellen kann, beheben, und
feststellen, ob die Ansicht des Verhandlungsleiters, es handle sich um ein neues Projekt, oder die Meinung des chemischen und umwelttechnischen Amtssachverständigen, der von einer Identität des Projekts mit dem von 1988/1989 ausgeht, den Tatsachen entspricht, und
bei Vorlage einer Identität des Projektes mit dem von 1989 die Begründung der Abweisung des diesbezüglichen Einwandes korrigieren, und
das Versäumnis des Verhandlungsleiters bezüglich der Trennung von Amtssachverständigen und Anrainern bei der Durchführung des Augenscheines beheben, und
meinen Einspruch bezogen darauf, daß in der Gewerbeverhandlung und in den dabei zur Verfügung gestellten Unterlagen von einer Leistung von 12 MW ausgegangen wurde, im Bescheid aber - trotz meines Einspruches gegen eine Erhöhung der Leistung bei der Gewerbeverhandlung - plötzlich und ohne Begründung eine Leistung von 13,575 MW genehmigt wurde, stattgeben, und ..."
Der Beschwerdeführer ist somit mit seinem in der Säumnisbeschwerde gestellten Begehren von dem bei der "säumigen" Verwaltungsbehörde geltend gemachten Verfahrensgegenstand (Anspruch) abgewichen. Aufgrund der solcherart mangelnden Identität des Verfahrensgegenstandes erweist sich die vorliegende Säumnisbeschwerde daher aus den dargelegten Gründen als unzulässig. Sie war daher in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Inhalt der Säumnisbeschwerde Parteistellung Parteienantrag Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994040182.X00Im RIS seit
20.11.2000