Entscheidungsdatum
14.12.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde der Frau AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Z, vom 28.09.2021, Zl ***, wegen Zurückweisung eines Einspruchs,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Z vom 01.09.2021, Zl ***, gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Strafverfügung laut Zustellnachweis (RSb-Rückschein) am 10.09.2021 beim Postamt **** hinterlegt wurde und mit diesem Datum als zugestellt galt. Der am 28.09.2021 eingebrachte Einspruch sei damit erst nach Fristablauf eingebracht worden.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht ein Mail an die belangte Behörde gerichtet und darin vorgebracht, dass sie ihren Überweisungsbeleg ihres Lohnerhalts übermittle. Diese besage, dass sie für ihre erbrachte Arbeit am Wochenende des 17. bis 19.09.2021 Lohn erhalten habe. Die Tätigkeit sei vom Verein BB organisiert und bezahlt worden. Sie sei eine Reisebegleitung im Y-Wochenende gewesen. Sie ersuche, den Einspruch als innerhalb der zweiwöchigen Frist eingegangen anzusehen und dementsprechend zu bewerten. Gemeinsam mit diesem E-Mail übermittelte die Beschwerdeführerin zwei Urkunden, aus welcher sich ergibt, dass seitens der Firma BB von 17.09.2021 bis 19.09.2021 ein Wanderwochenende im Y durchgeführt wurde und die Beschwerdeführerin hiefür ein Honorar seitens des genannten Unternehmens erhalten hat.
Seitens der belangten Behörde wurde angefragt, ob dieses E-Mail als Beschwerde zu verstehen sei. Mit E-Mail vom 11.10.2021 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie dieses Schreiben als Beweis eingereicht habe, dass sie sich in der zweiwöchigen Frist bewegt habe. Mit E-Mail vom 14.10.2021 teilte sie mit, dass das Schreiben als Antrag für Wiedereinsetzung der Frist anzusehen sei. In Z lebe sie erst seit kürzerer Zeit fest und habe eine falsche Rechtsmittelbelehrung erhalten. Die bereits eingereichten Beweise für ihre Abwesenheit zu dieser Zeit in der die Zustellung erfolgt sei, könne sie erweitern, wolle aber klarstellen, dass sie in dem Wissen gehandelt habe, sich im rechtsgültigen Rahmen zu bewegen und die zweiwöchige Frist erst beginne, wenn sie den Brief bei der Poststelle abhole.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichts.
II. Sachverhalt:
Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 01.09.2021, Zl ***, wurde der Beschwerdeführerin eine Übertretung der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung zur Last gelegt. Diese Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin nach einem Zustellversuch am 09.09.2021 durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 10.09.2021 zugestellt. In der Rechtsmittelbelehrung der genannten Strafverfügung ist darauf hingewiesen, dass er Einspruch innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich (nicht telefonisch) bei der belangten Behörde einzubringen ist. Mit E-Mail vom 28.09.2021 hat die Beschwerdeführerin Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben.
Mit E-Mail vom 11.10.2021 hat die Beschwerdeführerin einen Nachweis erbracht, dass sie am Wochenende des 17. bis 19.09.2021 ortsabwesend (Wanderwochenende im Y) gewesen war. Weitere Nachweise für eine Ortsabwesenheit zu einem anderen Zeitpunkt hat die Beschwerdeführerin nicht erbracht.
III. Beweiswürdigung:
Die vor erwähnten Feststellungen ergeben sich in eindeutiger Weise aus dem behördlichen Akt, insbesondere aus dem in Akt einliegenden Rückschein und dem per E-Mail übermittelten Einspruch.
IV. Rechtslage:
Die wesentlichen Bestimmungen des AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:
„5. Abschnitt: Fristen§ 32
(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.“
Die wesentlichen Bestimmungen des VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:
„§ 49
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“
Die wesentlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 42/2020, lauten:
„Hinterlegung§ 17
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“
V. Erwägungen:
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die angefochtene Strafverfügung der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 10.09.2021 zugestellt wurde. Die Frist für die Einbringung eines Einspruches endete damit am 24.09.2021. Der erst am 28.09.2021 per E-Mail übermittelte Einspruch erweist sich damit als verspätet.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrem E-Mail vom 14.10.2021 zwar angeführt, dass ihr E-Mail vom 11.10.2021 als „Antrag für Wiedereinsetzung der Frist“ zu werten sei, jedoch ist aus Rechtsschutzsgründen im gegenständlichen Fall von einer Beschwerde auszugehen. Die fehlerhafte Bezeichnung ist dabei unbeachtlich. Würde das E-Mail rein als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Einbringung des Einspruchs angesehen werden, würde sich dies als unzulässig erweisen. Aus den E-Mails der Beschwerdeführerin ergibt sich jedoch zweifellos, dass sie sich darin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 28.09.2021, ***, wendet und die dort geäußerte Rechtsansicht, der Einspruch sei verspätet, bestreitet.
Mit den vorgelegten Urkunden weist die Beschwerdeführerin lediglich nach, am Wochenende von 17. bis 19.09.2021 nicht an der Abgabestelle anwesend gewesen zu sein. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass es diesbezüglich nicht darauf ankommt, dass sie nach erfolgter Zustellung ortsabwesend war, sondern es lediglich von Bedeutung wäre, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung ortsabwesend gewesen wäre.
Sofern die Beschwerdeführerin angibt, dass eine falsche Rechtsmittelbelehrung vorgelegen wäre, ist darauf hinzuweisen, dass die in der angefochtenen Strafverfügung angegebene Rechtsmittelbelehrung gänzlich den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Sofern die Beschwerdeführerin meint, sich im rechtsgültigen Rahmen zu bewegen und meint, dass die zweiwöchige Frist erst beginne, wenn sie den Brief bei der Poststelle abhole, so ist sie im Hinblick auf den klaren gesetzlichen Wortlaut des § 17 Zustellgesetz im Irrtum. Der Fristlaut beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, wie dies § 17 Abs 3 Zustellgesetz entnehmen lässt.
Die belangte Behörde hat den Einspruch sohin zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Rosenkranz
(Richter)
Schlagworte
Verspäteter Einspruch,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.27.3108.1Zuletzt aktualisiert am
12.01.2022