Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1994 §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 13. Februar 1996, Zl. VwSen-221208/8/Le/La, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben zumindest von 05.06.1994 bis 26.07.1994 beim Haus F-Weg 27, G, die Unterdachschalung, Balkone und andere Holzverschalungen gestrichen, sohin das Maler- und Anstreichergewerbe ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."
Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 i.V.m.
§ 94 lit. a Z. 9 GewO 1994 begangen und es wurde hiefür über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.
Einer seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung gab der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Bescheid vom 13. Februar 1996 mit der Maßgabe keine Folge, daß als Strafsanktionsnorm § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 angewendet werde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Berufung im wesentlichen vorgebracht, er sei lediglich im Interesse der Miteigentümergemeinschaft tätig gewesen, um dieser Kosten zu ersparen. Er habe aber nicht in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er sei auch in keinem anderen Fall als Maler und Anstreicher tätig gewesen und habe sich in diesem Zusammenhang auch nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb beteiligt. Der Beschwerdeführer habe auch gerügt, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht dem Bestimmtheitserfordernis der einschlägigen Bestimmungen des VStG entspräche, weil ein Hinweis darauf fehle, daß er diese Tätigkeit gegen Entgelt in Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt hätte. Der Beschwerdeführer habe nach Auffassung der Berufungsbehörde gewerbsmäßig gehandelt, weil er durch seine Tätigkeit den Instandhaltungsfond, der zur Erhaltung des Hauses F-Weg 27 eingerichtet und von allen Miteigentümern finanziert worden sei, so wenig wie möglich habe belasten wollen, und andererseits, sich diese Arbeit auch entsprechend honorieren habe lassen wollen. Damit sei der wirtschaftliche Vorteil dieser Tätigkeit jedenfalls den Miteigentümern des gegenständlichen Hauses zugute gekommen, weil sich diese einen erheblichen Geldbetrag erspart hätten, den sie ansonsten in den Instandsetzungsfond bzw. an einen befugten Gewerbetreibenden hätten bezahlen müssen. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer nicht bestritten, daß ihm als Lohn seiner Arbeit netto immerhin S 60.000,-- verblieben seien. Den Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit werde dahingehend entkräftet, daß im Spruch eindeutig die konsenslose Ausübung des Gewerbes der Maler und Anstreicher vorgeworfen worden sei und damit zwangsläufig die "gewerbsmäßige" Ausübung im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu zunächst vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht dem von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes normierten Bestimmtheitserfordernis. Dies deshalb, da im Spruch die Tatbestandsvoraussetzungen für die "Ausübung eines Gewerbes" im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994 (selbständige, regelmäßige und mit Ertragsabsicht verbundene Tätigkeit) nicht angeführt und beschrieben seien. Der bloße Verweis auf die Bestimmung des § 94 lit. a Z. 9 leg. cit. vermöge die konkrete Anführung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 GewO 1994 im Spruch nicht zu ersetzen. Schon auf Grund der mangelhaften Spruchformulierung sei der angefochtene Bescheid der belangten Behörde inhaltlich rechtswidrig.
Schon diesem Beschwerdevorbringen kommt Berechtigung zu.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Nach § 94 lit. a Z. 9 leg. cit. ist das Maler- und Anstreichergewerbe ein Handwerk.
Gemäß § 1 Abs. 2 erster Satz GewO 1994 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke diese bestimmt ist.
Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 enthält u.a. das Tatbestandselement, daß jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch noch nicht, daß - aus der Sicht des Beschwerdefalles - eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Handwerkes (Gewerbes) vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994 vorliegen.
Die im Spruch des angefochtenen Bescheides (in Verbindung mit dem Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses) enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z. 1 VStG) geht dahin, daß der Beschwerdeführer an einem näher bezeichneten Haus "die Unterdachschalung, Balkone und andere Holzverschalungen gestrichen" habe. Dieser Tatumschreibung läßt sich keine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994 entnehmen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 90/04/0315). Es fehlt insbesondere ein hinlänglicher Ansatzpunkt dafür, daß die Tätigkeit "in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist". Derart reicht die Tatumschreibung aber nicht für den anschließenden zusammenfaßenden Schuldvorwurf hin, daß der Beschwerdeführer "sohin" das Maler- und Anstreichergewerbe ausgeübt habe.
Da die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug gleichwohl einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 iVm § 94 lit. a Z. 9 GewO 1994 schuldig erkannte, wurde der Beschwerdeführer in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht verletzt.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Prüfungsverfahrens war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Spruch der BerufungsbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040081.X00Im RIS seit
20.11.2000