Entscheidungsdatum
16.12.2021Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §97 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA, über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z, gegen ein erzwungenes Anhaltemanöver durch – der Bezirkshauptmannschaft Z (belangte Behörde) zurechenbare – Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 3.8.2021 auf der B *** in Z, in der mündlichen Verhandlung vom 3.11.2021,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwandersatzVO wird dem Antrag der belangten Behörde auf Ersatz ihrer Aufwendungen Folge gegeben. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde als obsiegende Partei ihre Aufwendungen von € 426,20 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
A. Beschwerde
In seiner Maßnahmenbeschwerde vom 3.8.2021 rügte der Beschwerdeführer – zusammengefasst – ein von Polizeibeamten am gleichen Tag im Kreuzungsbereich der Ausfahrt des BB-Tunnels, in Z Fahrtrichtung Y, durchgeführtes, riskantes Überholmanöver. Der Lenker der Landesverkehrsabteilung Tirol mit der Dienstnummer *** hätte ein Zivilstreifenfahrzeug gelenkt und eine Kolonne ohne eindeutiges Einsatzsignal bzw Signalhorn überholt. Er sei auf der Gegenfahrbahn gefahren, hätte im Kreuzungsbereich der Ausfahrt des BB-Tunnels in Fahrtrichtung Y überholt und sich mit einer Einreihung im Abstand von gemessenen 40 cm die Vorfahrt erzwungen. Durch eine Totalbremsung hätte der Beschwerdeführer einen Unfall zwischen seinem LKW und dem PKW verhindert. Der Beschwerdeführer habe ein Notstromaggregat geladen gehabt, welches bei der derartigen Bremsung das 0,8-fache des Eigengewichtes als Schubkraft auf das Fahrzeuggewicht einwirke, trotz ordnungsgemäßer Sicherung. Nach Abgabe einer Lichthupe hätten die Beamten schön langsam ihre Beleuchtung im Heck mit Polizei gezeigt. Bei der Amtshandlung sei kein Blaulicht oder Frontblitz ersichtlich gewesen. Auf Anfrage, wie viel PS das Fahrzeug habe, habe der zweite Beamte geantwortet, sie hätten keine Zulassung im Fahrzeug und er wisse es deshalb nicht, weil er nicht hineinsehen könne. Laut KFG habe sich jeder Lenker somit auch ein Einsatzfahrzeugführer vor Fahrtantritt zu vergewissern, ob alle fahrzeugspezifischen Dokumente an Bord sein. So hätte es der Beschwerdeführer als Einsatzfahrzeugführer und CC beim Bundesheer DD gelernt und sei auch kommissionell darauf geprüft worden. Als weiterer Punkt stehe in der Dienstanweisung für einen Fahrzeugführer eines Einsatzfahrzeugs, dass man dieses bei eingeschaltetem Signal so zu lenken habe, dass man Dritte am Verkehr beteiligte Personen nicht gefährde. Es bleibe gleich, ob dies willentlich, wie im gegenständlichen Fall, oder unbewusst erfolge.
In weiterer Folge konkretisierte der Beschwerdeführer telefonisch am 4.8.2021, das Zivilstreifenfahrzeug hätte ihn durch das riskante Fahrmanöver zum Anhalten bringen wollen, da er einen eingeklappten Seitenspiegel gehabt habe.
Wiederum telefonisch am 5.8.2021, 11:48 Uhr, ergänzte der Beschwerdeführer, sein Fuß schwelle mittlerweile an, was Folge des Kupplung-Tretens aufgrund des Abbremsmanövers sein könne, laut Auskunft der behandelnden Ärzte.
Mit E-Mail vom 11.8.2021, datiert auf den 3.8.2021, ergänzte der Beschwerdeführer wiederum er hätte sich aufgrund der durch Zwangsgewalt erwirkte Abbremsung, bei dem ihn der Fahrer geschnitten habe, „laut Unfallchirurgie BKH Y eine Verletzung der Gelenkskapsel am linken Großzehengrundgelenk“ zugezogen. Er habe mit einer Schwellung und unerträglichen Schmerzen in der Nacht zu kämpfen. Eine Genesung werde laut Ärzten langwierig und mit massivem Therapieaufkommen begleitet sein. Da er aus der Krankenversicherung ausgeschlossen sei, würden somit Privathonorare für Untersuchung, Röntgen und Behandlung anfallen. Er werde gesondert ein Verfahren auf dem Zivilrechtsweg wegen Erstattung der Kosten, Schmerzengeld und Verdienstentgang anstreben.
B. Gegenschriften
Nach entsprechender Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol erstattete die Landespolizeidirektion Tirol am 27.8.2021 eine Gegenschrift und führte darin – zusammengefasst – aus, die Landespolizeidirektion Tirol sei nicht belangte Behörde, die Amtshandlung sei im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Z erfolgt. Diese müsse somit gemäß § 98b StVO als belangte Behörde fungieren. Trotzdem übermittelte die Landespolizeidirektion Tirol Stellungnahmen der einschreitenden Sicherheitsorgane und fasste zusammen, es sei eine nachvollziehbare und rechtskonforme Amtshandlung gewesen. Abschließend beantragte die Landespolizeidirektion Tirol die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, in eventu als unzulässig zurückzuweisen und dem Beschwerdeführer Kosten aufzuerlegen.
Nach entsprechender Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol erstattete die Bezirkshauptmannschaft Z am 9.9.2021 eine Gegenschrift und führte unter Wiedergabe der Stellungnahmen der einschreitenden Sicherheitsorgane – zusammenfassend – aus, es sei von keinem Fehlverhalten auszugehen. Die Angaben der Beamten seien in sich schlüssig und nachvollziehbar, womit die Angaben des Beschwerdeführers widerlegt seien. Abschließend beantragte die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab- bzw unberechtigt zurückzuweisen und dem Beschwerdeführer gemäß § 35 VwGVG die entsprechenden Kosten aufzuerlegen. Dahingehend wurden Vorlageaufwand und Schriftsatzaufwand verzeichnet.
Am 27.9.2021 reichte die belangte Behörde weitere Unterlagen nach, die dem Beschwerdeführer – nach Nichtbehebung der schriftlichen Übermittlung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol – in der mündlichen Verhandlung in Kopie ausgehändigt wurden.
C. Weiteres Verfahren
Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 3.11.2021 eine mündliche Verhandlung durch. Zu dieser erschien der Beschwerdeführer, niemand für die belangte Behörde. Der Polizist EE wurde als Zeuge einvernommen. Der zweite Polizist und Lenker des Einsatzfahrzeugs FF entschlug sich aufgrund eines kürzlich eingestellten, gegen ihn geführten Strafverfahrens der Aussage, da der Beschwerdeführer ankündigte, einen Fortsetzungsantrag zu stellen.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündete das Landesverwaltungsgericht Tirol mündlich die Entscheidung. Der Beschwerdeführer beantragte unverzüglich die ungekürzte Ausfertigung.
II. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer lenkte am 3.8.2021 um 10:00 Uhr seinen Pritschenwagen auf der B *** im Gebiet der Stadtgemeinde Z. Im Zuge der Schwerpunktkontrolle Gurten/Handy/Kindersicherung stellten die Polizeibeamten FF und EE fest, der vorbeifahrende Beschwerdeführer war nicht angegurtet. Deshalb nahmen sie mit dem von FF gelenkten Zivilfahrzeug die Verfolgung auf, wobei das Blaulicht eingeschalten war. Während des Nachfahrens stellten sie fest, der Seitenspiegel auf der Fahrerseite des Pritschenwagens war eingeklappt.
Auf Höhe der Bahnhofskreuzung überholte das Einsatzfahrzeug in mäßiger Geschwindigkeit das in einer Kolonne stehende Fahrzeug des Beschwerdeführers und ordnete sich vor diesem ein. Dabei wurde der Beschwerdeführer nicht zu einer Abbremsung seines Fahrzeugs gebracht. Mittels Signalisierung per Handzeichen, sowie durch die am Heck des Fahrzeuges angebrachten Schriftzüge wurde der Beschwerdeführer auf seine Verpflichtung zum Anhalten hingewiesen. In weiterer Folge führten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts eine Fahrzeugkontrolle auf einem nahegelegenen Parkplatz durch und setzten den Beschwerdeführer von der Anzeigenerstattung in Kenntnis. Der Beschwerdeführer beschwerte sich dabei nicht über die Amtshandlung.
III. Beweiswürdigung
Hinsichtlich des Sachverhaltes gehen die Schilderungen des Beschwerdeführers und der einschreitenden Polizeibeamten EE, jeweils in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht, eklatant auseinander.
In diesem Zusammenhang erschient die Aussage des Polizeibeamten EE als glaubwürdiger. So schilderte er nachvollziehbar die Amtshandlung. Auch konkrete Nachfragen zB hinsichtlich des Abstand zum vor dem Beschwerdeführer fahrenden Kraftfahrzeuges waren überzeugend.
Demgegenüber zog der Beschwerdeführer in keiner einzigen Frage an den Zeugen EE dessen Version des zentralen Aspektes der Amtshandlung in Zweifel. Er verstrickte sich vielmehr in Details, die nur am Rande für den Sachverhalt relevant waren. Im Gesamtzusammenhang waren die Aussagen des Beschwerdeführers unglaubwürdig.
Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Polizisten zuerst über eine längere Strecke hinter dem Beschwerdeführer nachfahren sollten, um diesen dann riskant zu überholen. Vielmehr lebensnah ist, dass diese auf eine geeignete Gelegenheit gewartet haben, um das Fahrzeug des Beschwerdeführers risikolos zu überholen. Auch wäre es lebensnah, dass sich der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Überholvorgang und somit schon bei der Verkehrskontrolle bei den Polizisten beschwert hätte, wenn das Überholmanöver tatsächlich so riskant gewesen wäre. Dies gab weder der Beschwerdeführer selbst noch der Polizist EE als Zeuge an. So mag die Verletzung des Beschwerdeführers möglicherweise tatsächlich durch einen Kupplungsvorgang aufgetreten sein. Das von ihm geschilderte riskante Überholmanöver fand jedoch nicht statt.
IV. Rechtslage
Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO, BGBl 1960/159 idF I 2015/123)
§ 94b Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
a) für die Verkehrspolizei, das ist die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen, nicht jedoch für die Verkehrspolizei auf der Autobahn,
§ 97 Organe der Straßenaufsicht
(1) Die Organe der Straßenaufsicht, insbesondere der Bundespolizei und im Falle des § 94c Abs. 1 auch der Gemeindewachkörper, haben die Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) zu handhaben und bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch
a) Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
b) Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind,
c) Anwendung körperlichen Zwanges, soweit er gesetzlich vorgesehen ist,
mitzuwirken.
Darüber hinaus können Mitglieder eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen Organe der Straßenaufsicht zur Mitwirkung bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die in lit. a bis c angeführten Maßnahmen ermächtigt werden. In diesem Fall unterstehen die Mitglieder des Gemeindewachkörpers in fachlicher Hinsicht der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.
…
(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen (zB sogenannte Geschwindigkeitstrichter) anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Art, Zeit und Dauer der angeordneten Verkehrsbeschränkungen sind in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.
IV. Erwägungen
A. Bezirkshauptmannschaft Z als belangte Behörde
Im gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahren handelt es sich um eine Verkehrskontrolle aufgrund einer Verletzung der Gurtenpflicht und eines eingeklappten Seitenspiegels, was ein Einschreiten aufgrund der Straßenverkehrsordnung (StVO) indiziert.
Gemäß § 94b Abs 1 lit a StVO ist Behörde im Sinne der Straßenverkehrsordnung, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde für die Verkehrspolizei. Gemäß § 97 Abs 1 StVO haben die Organe der Straßenaufsicht, insbesondere Bundespolizei, die Verkehrspolizei (§ 94b Abs 1 lit a) zu handhaben und bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch (a) Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretung, (b) Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind, (c) Anwendung körperlichen Zwanges, sofern gesetzlich vorgesehen ist, mitzuwirken.
Aus dem Regelungszusammenhang der Straßenverkehrsordnung ergibt sich, dass Organe der Bundespolizei im Rahmen der Verkehrspolizei mitwirken. Deren Verhalten ist der zuständigen Verkehrsbehörde zurechenbar.
Vor diesem Hintergrund ist die Bezirkshauptmannschaft Z als belangte Behörde im gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahren anzusehen.
B. Rechtmäßigkeit der Verkehrskontrolle
Gemäß § 97 Abs 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.
Demzufolge ist die Aufforderung zum Anhalten rechtsverbindlich, wenn sie von einem als solches erkennbare Organ der Straßenaufsicht gegeben wird. Aus der Bestimmung des Abs 5 im Zusammenhang mit Abs 4 lässt sich entnehmen, dass bei Ausübung der Befugnis der Straßenaufsichtsorgane, Fahrzeuglenker zum Anhalten aufzufordern, Verkehrssicherheitsaspekte zu beachten sind. In analoger Anwendung der Bestimmung des Abs 4 darf daher auch die Aufforderung zum Anhalten durch Straßenaufsichtsorgane nur erfolgen, wenn ihre Befolgung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Die Anordnung muss durch ein deutlich sichtbares Zeichen, zB Arm- oder Handzeichen oder ein Zeichen mit einer roten Signallampe oder Signalscheibe (Pürstl, StVO-ON15.00 § 97, Rz 13). Die Organe der Straßenaufsicht sind ohne jede weitere Voraussetzung zur Durchführung einer Lenker- oder Fahrzeugkontrolle gem Abs 5 berechtigt (vgl VwGH 30.6.1993, 93/02/0070; Pürstl, StVO-ON15.00 § 97, E 40).
Nachdem vom Landesverwaltungsgericht Tirol zweifelsfrei festgestellten Sachverhalt stellten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beim vorbeifahrenden Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung fest. Sie nahmen in einem Zivilfahrzeug die Verfolgung auf, wobei das Blaulicht eingeschalten war. Dabei stellten sie eine weitere Verwaltungsübertretung fest. Bei einer geeigneten Gelegenheit überholte das Einsatzfahrzeug in mäßiger Geschwindigkeit das in einer Kolonne stehende Fahrzeug des Beschwerdeführers und ordnete sich vor diesem ein. Dabei wurde der Beschwerdeführer nicht zu einer Abbremsung seines Fahrzeugs gebracht. Mittels Signalisierung per Handzeichen sowie durch die am Heck des Fahrzeuges angebrachten Schriftzüge wurde der Beschwerdeführer auf seine Verpflichtung zum Anhalten hingewiesen. In weiterer Folge führten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts eine Fahrzeugkontrolle durch und setzten den Beschwerdeführer von der Anzeigenerstattung in Kenntnis.
Im Kern des gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahrens steht eine strittige Sachverhaltsfrage. Diese wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol zweifelsfrei geklärt. Dem festgestellten Sachverhalt zufolge ergibt sich, dass die durchgeführte Aufforderung zur Anhaltung mittels Lichtsignals und Handzeichen rechtmäßig war. Die Anhaltung durch die Beamten EE und FF in oben beschriebener Weise war somit zulässig und gesetzeskonform.
Da somit der gerügte Überholvorgang nicht in der vom Beschwerdeführer geschilderten riskanten Form erfolgte, handelt es sich um eine gewöhnliche und vollkommen rechtskonforme Fahrzeugkontrolle im Sinne des § 97 Abs 5 StVO.
Die Maßnahmenbeschwerde ist als unbegründet abzuweisen.
C. Kosten
Gemäß § 35 VwGVG hat die im Verfahren über Maßnahmenbeschwerden obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Als Aufwendungen gelten (Z 1) Kommissionsgebühren und Barauslagen, (Z 2) Fahrtkosten sowie (Z 3) durch die VwG-AufwandersatzVO festgesetzte Pauschalbeträge (§ 35 Abs 4 VwGVG). Dieser Aufwandersatz ist gemäß § 35 Abs 7 VwGVG auf Antrag der Partei zu leisten.
In ihrer Gegenschrift vom 9.9.2021 beantragte die belangte Behörde Kostenersatz für Vorlageaufwand und Schriftsatzaufwand.
Der Vorlageaufwand von € 57,40 (§ 1 Z 3 VwG-Aufwandersatzverordnung) und der Schriftsatzaufwand von € 368,80 (§ 1 Z 4) der belangten Behörde als obsiegende Partei ergeben insgesamt einen Aufwandersatzanspruch der belangten Behörde von € 426,20.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Fragen der Beweiswürdigung kommt regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu (VwGH 21.4.2017, Ro 2016/11/0004; 18.8.2017, Ra 2017/11/0218; 13.11.2017, Ra 2017/02/0217). Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen (VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012 mwN; 25.9.2017, Ra 2017/20/0282).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von € 240 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
M i t t e i l u n g
Der Beschwerdeführer hat nach § 14 Tarifpost 6 Abs 5 Z 1 lit b Gebührengesetz 1957, BGBl 1957/276 idF I 2019/103 iVm der Eingabengebührverordnung, BGBl II 2014/387 idF 2017/118, für die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde eine Eingabengebühr von € 30 zu entrichten. Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe.
Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (IBAN: AT83 0100 0000 0550 4109, BIC: BUNDATWW) zu entrichten. Zum Nachweis der Zahlung der Pauschalgebühr ist dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine Kopie des Zahlungsbeleges oder des Ausdruckes über die erfolgte Erteilung einer Zahlungsanweisung zu übersenden.
Die Entrichtung der Gebührenschuld hat ehestmöglich, jedenfalls innerhalb von 10 Tagen ab Zustellung dieses Schriftsatzes zu erfolgen. Wird die Gebühr nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet, wird eine zwingende Gebührenerhöhung um 50 % der verkürzten Gebühr erfolgen (§ 9 Gebührengesetz). Für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung dieser mitgeteilten Gebühren erfolgt gemäß § 34 Gebührengesetz eine Meldung an das Finanzamt, welches die Gebühren mit Bescheid vorschreiben wird.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA
(Richter)
Schlagworte
Anhaltung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.14.2019.14Zuletzt aktualisiert am
12.01.2022