TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/20 LVwG-2021/26/0666-31, LVwG-2021/26/0667-31

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Veröffentlicht am 20.12.2021
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Entscheidungsdatum

20.12.2021

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol

Norm

WRG 1959 §104a
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2 lita Z2
NatSchG Tir 2005 §29 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerden

a)  des AA als wasserwirtschaftliches Planungsorgan, Adresse 1, **** Z, gegen den Spruchpunkt III. und

b)  des BB, Adresse 2, **** Z, gegen den Spruchpunkt II.

des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.01.2021, Zl ***, betreffend die forst-, naturschutz- und wasserrechtliche Bewilligung für das Projekt „CC“, nach Durchführung von drei öffentlichen mündlichen Verhandlungen,

zu Recht:

1.       Die beiden Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

2.       Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens wird die Bauvollendungsfrist mit 31.12.2025 neu festgelegt.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.01.2021 wurde über Antrag der DD

-   unter Spruchpunkt I. die Rodungsbewilligung nach dem Forstgesetz 1975,

-   unter Spruchpunkt II. die naturschutzrechtliche Bewilligung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 und

-   unter Spruchpunkt III. die wasserrechtliche Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959

für das Projekt „CC“ erteilt, wobei

-   unter den nachfolgenden Spruchteilen A) bis H) verschiedene Auflagen bzw Nebenbestimmungen für die Errichtung und den Betrieb der Kleinwasserkraftanlage erteilt wurden,

-   unter Spruchteil I) der Wasserrechtskonsens näher mit einer maximalen Wasserentnahme von 300 l/s aus dem X und einer Pflichtwasserabgabe an der Wasserfassung mit 10 % der dort ankommenden Wassermenge und zusätzlich 20 l/s von Oktober bis April und 40 l/s von Mai bis September eines jeden Jahres festgesetzt wurde und

-   unter Spruchteil J) eine Bauvollendungsfrist bis spätestens 31.12.2024 und die Befristung des Wasserbenutzungsrechtes bis zum 31.12.2054 festgelegt wurden.

Zur Begründung ihrer (bewilligenden) Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass gegenständlich aufgrund der gewässerökologischen Beurteilung des Vorhabens davon auszugehen sei, dass beim projektbetroffenen Fließgewässer „X“ in Bezug auf die hydromorphologische Qualitätskomponente „Wasserhaushalt“ und in Bezug auf die biologische Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“ Verschlechterungen eintreten werden, wobei das Qualitätselement „Makrozoobenthos“ sich vom sehr guten Zustand in den guten Zustand verschlechtern werde.

Diese prognostizierten Verschlechterungen seien auch nicht durch Nebenbestimmungen abzuschwächen.

Deshalb sei eine Prüfung des Vorhabens nach den Vorgaben des § 104a Abs 2 Z 1 bis 3 Wasserrechtsgesetz 1959 vorzunehmen.

Nachdem das vorliegende Kraftwerksprojekt einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Tiroler Energie- und Klimaziele zu leisten imstande sei, derzeit bei der Almbewirtschaftung eingesetzte fossile Energieträger ersetzt werden könnten und damit auch Verbesserungen für die menschliche Gesundheit durch Vermeidung von Emissionen (Abgase/Schadstoffe, Lärm) erreicht werden könnten und die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung für die antragstellende Skiliftgesellschaft gewährleistet werden könne, seien die besonderen Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 gegeben, zumal auch wirkliche Alternativen zum Projekt nicht hervorgekommen seien.

Die vorstehenden Überlegungen ermöglichten auch eine naturschutzrechtliche Genehmigung im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung, seien doch entsprechende langfristige öffentliche Interessen am Vorhaben anzunehmen.

2)

Gegen diese genehmigende Entscheidung richten sich die beiden vorliegenden Beschwerden des AA als wasserwirtschaftliches Planungsorgan und des BB.

a) Beschwerde des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes:

Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan wandte sich gegen die wasserrechtliche Bewilligung für das gegenständliche Kleinwasserkraftwerk, weil dieses Vorhaben nicht im übergeordneten öffentlichen Interesse stehe, womit der in § 104a Abs 2 Z 2 Wasserrechtsgesetz 1959 angeführten Abwägung zwischen dem Nutzen für die nachhaltige Entwicklung und dem Schaden einer Verschlechterung des Gewässers besondere Bedeutung zukomme.

Eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung sei vorliegend aber nicht geschehen.

So sei im Verfahren die Frage unbeantwortet geblieben, welche Rolle das Kraftwerksprojekt in Bezug auf die überregionale und regionale Versorgungssicherheit spiele.

Von der belangten Behörde seien auch Alternativen zu wenig geprüft worden.

Als Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens sei auch anzusehen, dass eine Bachbegradigung im betroffenen Gewässerabschnitt keine Erwähnung gefunden habe. Dieser Umstand hätte eine andere gewässerökologische Bewertung wohl nach sich gezogen.

b) Beschwerde des BB:

Mit seiner Beschwerde begehrt der BB die Versagung der (naturschutzrechtlichen) Bewilligung für das beantragte Projekt. In eventu wurde beantragt, das Ermittlungsverfahren entsprechend den Beschwerdeausführungen zu vervollständigen und anschließend die (naturschutzrechtliche) Genehmigung zu versagen.

Zur Begründung seines Rechtsmittels führte der BB kurz zusammengefasst aus, dass das geplante Vorhaben einen vielfältigen und artenreichen Gewässerlebensraum mit noch vorhandenem unbeeinträchtigten und leistungsfähigen Naturhaushalt langfristig und erheblich beeinträchtigen werde.

Das antragsgegenständliche Kleinwasserkraftwerk werde zur erneuerbaren Tiroler Stromproduktion nur einen äußerst minimalen Beitrag beisteuern können. Demgegenüber komme es durch das Vorhaben zu einer eindeutigen Verschlechterung von sehr guten ökologischen und abiotischen Zuständen der betroffenen Ausleitungsstrecke und werde damit das Verschlechterungsverbot im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie durchbrochen. Infolgedessen könne dem Vorhaben keine nachhaltige Entwicklung unterstellt werden.

Es seien durch das Projekt starke und wesentliche Beeinträchtigungen der Schutzgüter „Lebensraum heimischer Tier- und Pflanzenarten“ sowie „Naturhaushalt“ zu erwarten.

Von der belangten Behörde sei unberücksichtigt geblieben, dass durch den Wassereinzug für das Kleinwasserkraftwerk in der unterhalb der Wasserfassung anschließenden Flachstrecke es zu einer Ablagerung von Sedimenten von durchschnittlich 400 m³ pro Jahr kommen werde, was einen erhöhten maschinellen Räumaufwand bedingen werde.

Dies ziehe natürlich zusätzliche naturkundliche und gewässerökologische Beeinträchtigungen nach sich (erhöhtes Verkehrsaufkommen, Lärm- und Staubbelastung, Eintrübung der fließenden Welle, usw).

Außerdem habe die belangte Behörde in Bezug auf die angesprochene Flachstrecke nicht berücksichtigt, dass hier ursprünglich stark verzweigte Bachläufe gegeben gewesen seien, nunmehr aber nur noch ein gestreckter Bachlauf mit künstlich aufgeschütteten Ufern vorhanden sei.

Natürlich verzweigte Bachabschnitte bedürften einer deutlich höheren Restwasserbemessung. Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für diese Änderung des Gewässerzustandes sei nicht bekannt. Anzunehmen sei, dass die Bewirtschafter der „EE“ für den Gewässerzustand verantwortlich seien, der unrechtmäßige Zustand am Gewässer könne nicht der Festlegung der Restwassermenge zugrunde gelegt werden.

Der Beitrag von Kleinwasserkraftwerken zur Erreichung der Energie- und Klimaziele Tirols sei vergleichsweise sehr bescheiden. Sollten diese Ziele tatsächlich durch solche Kleinstanlagen erreicht werden, würden dafür alle noch verfügbaren Gewässerstrecken in Tirol bei weitem nicht ausreichen. Derzeit sei in Tirol der Kraftwerksausbau ohnehin in vollem Gange.

Die gegenständliche Anlage mit einer nur sehr geringen erwartbaren Stromerzeugung vermöge kein überwiegendes, langfristiges öffentliches Interesse darzutun.

Im Verfahren der belangten Behörde sei der Kriterienkatalog „Wasserkraftnutzung in Tirol“ nicht ausreichend beachtet worden, dieser Kriterienkatalog sei allerdings verpflichtend anzuwenden, dies bei der Abwägung der allfälligen öffentlichen Interessen. Dies stelle einen schweren Mangel des Verfahrens der Erstinstanz dar.

Was die geplante Mitverlegung eines Stromleitungskabels zur Versorgung der „EE“ im Zuge der beim Kraftwerksbau notwendigen Grabungsarbeiten anbelangt, sei auszuführen, dass die Alm auch ohne Wasserkraftwerk mit Strom aus dem öffentlichen Netz versorgt werden könnte, lediglich in Bezug auf zwei Drittel des erforderlichen Kabelgrabens ergäben sich bei einem Kraftwerksbau entsprechende Synergieeffekte. Dies allein könne kein langfristiges öffentliches Interesse am Vorhaben begründen.

Die belangte Behörde habe die notwendige Interessenabwägung nur mangelhaft durchgeführt und sei dabei weitgehend den Angaben der Antragstellerin gefolgt.

Eine ausreichende Variantenprüfung im Sinne des § 29 Abs 4 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 sei nicht durchgeführt worden.

3)

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurden in der vorliegenden Rechtssache drei öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlungen durchgeführt. In deren Rahmen wurden mehrere Sachverständige näher zur Sache befragt, und zwar insgesamt sieben Amtssachverständige aus den Fachgebieten der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Geologie bzw Hydrogeologie, der Siedlungswasserwirtschaft, der Wasserbautechnik, der Naturkunde, der Gewässerökologie und der Elektrotechnik sowie Energiewirtschaft.

Außerdem wurde der Obmann der Agrargemeinschaft „FF“ zu den Gegebenheiten der Bewirtschaftung dieser Alm einer Befragung unterzogen.

Für die Verfahrensparteien bestand dabei die Gelegenheit, Fragen an die einvernommenen Personen zu richten. Zudem erhielten sie die Gelegenheit, ihre Verfahrens- und Rechtsstandpunkte argumentativ auszuführen.

II.      Sachverhalt:

Gegenstand der vorliegenden Beschwerdesache ist ein administrativrechtliches Genehmigungsverfahren einerseits nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 und andererseits nach den Regelungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, wobei das Bewilligungsverfahren eine geplante Kleinwasserkraftanlage am „X“ betrifft.

Die von der belangten Behörde zugleich mit dem angefochtenen Bescheid erteilte forstrechtliche Bewilligung ist hingegen – da nicht anfechtungsgegenständlich – nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol, der diesbezügliche Spruchteil I. des bekämpften Bescheides ist bereits in Rechtskraft erwachsen.

Die projektierte und antragsgegenständliche Kleinwasserkraftanlage lässt sich kurz wie folgt beschreiben:

Die DD beabsichtigt die Errichtung einer Wasserkraftanlage am X zwischen km 12,13 und km 14,20. Die Anlage besteht aus den Anlagenteilen Wasserfassung, Druckrohrleitung und Krafthaus mit Unterwasserkanal. Die Wasserfassung ist am X bei km 14,20 situiert und als Sohlentnahme mit anschließendem Entsander konzipiert.

Die Druckrohrleitung führt orographisch links des X zunächst parallel zu einem Fahrweg zu einem Tiefpunkt und von dort hinauf zum Forstweg. Vom dortigen Hochpunkt verläuft die Trasse entlang des Fahrweges, umfährt dann den EE Niederleger und mündet wieder in den Fahrweg. Diesem folgt sie mit Ausnahme eines kurzen Abschnittes, in dem eine Kehre abgeschnitten wird, bis zum Krafthaus.

Im Krafthaus befinden sich zwei 2-düsige Peltonturbinen mit Ausbaudurchflüssen von 200 l/s bzw. 100 l/s. Mit den Maschinensätzen soll eine Engpassleistung von 416 kW und ein Regelarbeitsvermögen von 1,58 GWh erzeugt werden.

Zur geplanten Energieableitung ist Folgendes festzustellen:

Die erzeugte elektrische Energie wird im Hauptverteiler des genutzten Bestandsgebäudes und somit in die bestehende Leitungsinfrastruktur der DD eingespeist. Sowohl die gebäudetechnische Ausrüstung der Lagerhalle, die 8erJet-Bergbahn (Talstation) und das Panoramarestaurant sollen über die Kleinwasserkraftanlage versorgt werden. Die zu versorgenden Objekte und die Leitungsinfrastruktur befinden sich im Eigentum der Projektwerberin.

Überschussstrom wird über das bestehende 25 kV-Leitungsnetz der Betreiberin zur Anschlussstation der GG geleitet und dort in das öffentliche Spannungsnetz eingespeist.

Die Eigentumsgrenze zwischen der Skiliftgesellschaft und dem Netzbetreiber bleibt unverändert.

Des Weiteren wird innerhalb des geplanten Druckrohrleitungsgrabens ein Erdkabel bis zur Wasserfassung mitverlegt. Die „EE“ soll über diese Direktleitung mit elektrischer Energie versorgt werden.

Der „X“ stellt im projektbetroffenen Gewässerabschnitt ein öffentliches Gewässer dar, das Gewässergrundstück **1 KG W steht im Eigentum der Republik Österreich/öffentliches Wassergut.

Etwas unterhalb der geplanten Wasserfassung ist im Bereich der dortigen Flachstrecke des X die Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens beabsichtigt, wobei die Gemeinden V, W und U die Konsensträgerinnen dieser Hochwasserschutzmaßnahme sein sollen. Diese Retentionsanlage am X ist bereits im Detail geplant, wobei die Einreichung dieses Verbauungsprojektes zur wasserrechtlichen Genehmigung in den kommenden 5-10 Jahren in Aussicht genommen ist. Derzeit besteht noch keine wasserrechtliche Bewilligung für dieses Hochwasserrückhaltebecken.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die Flachstrecke des X unterhalb der geplanten Wasserfassung für das verfahrensgegenständliche Kleinwasserkraftwerk in einem rechtswidrigen Gewässerzustand befindet, dies zufolge von Maßnahmen durch die dortigen Almbewirtschafter.

Die „EE“ hat ein Flächenausmaß von rund 576 ha, wobei sich diese Alm in einen Niederleger, einen Mittelleger und einen Hochleger gliedert. Am Niederleger und am Mittelleger befinden sich entsprechende Almgebäude, also Stallgebäude und Unterkünfte, während am Hochleger nur eine Hütte steht.

Durchschnittlich werden auf die EE 180 Rinder (davon 130 Kühe) und 100 Schafe bzw Geißen aufgetrieben.

Beabsichtigt ist, im Zuge des Kraftwerksbaus im Leitungsgraben für die Druckrohrleitung ein Erdkabel zur Stromversorgung der „EE“ mitzuverlegen. Sowohl Niederleger als auch Mittelleger der „EE“ sollen mit Strom versorgt werden.

Die Länge des Druckrohrleitungsgrabens zwischen Wasserfassung und Krafthaus beträgt rund 1950 Meter, die in diesem Leitungsgraben mitzuverlegende Stromleitung führt dementsprechend knapp am Niederleger der EE vorbei, der sich in etwa mittig zwischen Wasserfassung und Krafthaus befindet. Zur Stromversorgung auch des Mittellegers der „EE“ ist von der Wasserfassung weg ein eigener nur für das Stromkabel anzulegender Leitungsgraben in einer Länge von rund 860 Metern erforderlich.

Der Strom bei der Almbewirtschaftung sowohl auf dem Niederleger als auch auf dem Mittelleger wird zum Melken der Kühe und auch zur Kühlung der Milch benötigt, außerdem soll Strom in den Almunterkünften – etwa für die Belichtung – eingesetzt werden.

Bislang wurde der notwendige Strom zum Melken und zur Kühlung der Milch zum einen mit eigenen mit Diesel angetriebenen Stromerzeugungsgeräten hergestellt und zum anderen wurden diese Stromerzeugungsaggregate mit dem Traktor (über die Zapfwelle) angetrieben.

Für Zwecke der Milchkühlung und für das Melken werden jährlich ungefähr 10.000 Liter Diesel verbraucht.

Zu den Auswirkungen des gegenständlichen Kleinwasserkraftwerkes und zu dessen Bewertung anhand von Kriterien des Kriterienkatalogs des Bundesministeriums „Österreichischer Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen“ ist wie folgt festzustellen:

a)   aus gewässerökologischer Sicht:

Der durch das Vorhaben am X vorwiegend betroffene Detailwasserkörper DWK *** befindet sich laut den Projektunterlagen im guten gesamtökologischen Zustand. Die geplante Pflichtwasserabgabe von 10 % der an der Wasserfassung ankommenden Wassermenge und zusätzlich 20 l/s von Oktober bis April bzw 40 l/s in den Monaten Mai bis September berücksichtigt auch die Richtwerte zum Erhalt des guten hydromorphologischen Zustandes gemäß § 13 QZV Ökologie OG.

Darüber hinaus wird die Restwasserstrecke ca 440 m unterhalb der Wasserfassung durch die Einmündung des Sonntagerbachs um mindestens 6,6 l/s aufdotiert. Bei der geplanten Betriebsweise ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der derzeitige gute gesamtökologische Zustand des DWK *** erhalten bleibt.

Durch den Kraftwerksbetrieb ergeben sich für die betroffene Gewässerstrecke bzw den DWK *** Beeinträchtigungen hinsichtlich der Hydrologie. So ist - wie auch im gewässerökologischen Bericht des Projekts dargestellt - eine Verschlechterung der Qualitätskomponente „Wasserhaushalt“ zu erwarten.

Durch das stark reduzierte Fließgeschwindigkeitsspektrum in der Ausleitungsstrecke ist auch mit einer Beeinträchtigung der für Oberläufe von Bergbächen charakteristischen Referenzarten des Makrozoobenthos zu rechnen.

Da der sehr gute Zustand eng definiert ist und sowohl die beantragten Entnahmemengen deutlich über der Geringfügigkeit (§ 12 QZV Ökologie OG) als auch die Entnahmestrecke über der Kleinräumigkeit (Erlass QZV Ökologie OG) liegen, ist auch für das biologische Qualitätselement „Makrozoobenthos“ mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Verschlechterung vom sehr guten in den guten Zustand auszugehen.

Es ergeben sich somit für die hydromorphologische Qualitätskomponente „Wasserhaushalt“ und die biologische Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“ voraussichtlich Verschlechterungen der bestehenden Zustandsklassen im DWK ***.

Die prognostizierten Verschlechterungen der Teilkomponenten „Wasserhaushalt“ und „Makrozoobenthos“ können nicht durch Nebenbestimmungen abgeschwächt werden. Die vorgeschlagenen Nebenbestimmungen dienen dem Erhalt des gesamtökologisch guten Zustandes im X bei etwaiger Umsetzung des gegenständlichen Kraftwerkprojekts.

ÖK1 Natürlichkeit

Für den zum größten Teil betroffenen DWK *** ist bei projektgemäßer Umsetzung des Kraftwerks mit dem Fortbestand des derzeitigen guten Zustandes zu rechnen. Die Natürlichkeit der Fließstrecke bleibt demnach, gemessen am Indikator „Zustand des Wasserkörpers“, unverändert bei einer mittleren ökologischen Wertigkeit.

Gemessen am Indikator „Morphologie“ ergibt sich für die Natürlichkeit im Ist-Zustand die Bewertung „hoch“, da in der geplanten Restwasserstrecke laut TIRIS 1280 m Sohl- und Uferdynamik als natürlich bewertet werden.

Die vorgesehene Wasserfassung befindet sich oberhalb dieser Fließstrecke und für die Rückleitung sind keine Einbauten vorgesehen, die rein morphologisch betrachtet die Natürlichkeit der Ufer- und Sohldynamik auf dieser Strecke herabsetzen könnten. Daher ist das Kriterium Natürlichkeit gemessen am Indikator Morphologie auch bei Umsetzung des Kraftwerksprojektes mit hoher Wertigkeit einzustufen.

ÖK2 Seltenheit

Durch das geplante Kraftwerk ändern sich weder der Gewässertyp noch der gute gesamtökologische Zustand der berührten Fließstrecke, weshalb bezüglich Seltenheit keine Auswirkungen auf die Bewertungen dieser Indikatoren zu erwarten sind. Da es sich bei den gegenständlichen DWK nicht um natürlichen Fischlebensraum handelt, ist der Aspekt zur barrierefreien Fließstrecke für Fische weiterhin nicht relevant.

ÖK3 Ökologische Schlüsselfunktion

Da es sich bei der geplanten Restwasserstrecke um keinen natürlichen Fischlebensraum handelt und kein Vorkommen anderer FFH- oder Rote-Liste-Arten bekannt ist, ändert sich die Bewertung hinsichtlich sensibler Fischarten oder anderer aquatischer Arten bei Kraftwerksbetrieb nicht. Auch die ökologische Funktionsfähigkeit mit Fließgewässercharakter bleibt weiterhin erhalten, da keine Stauanlage vorgesehen wird und eine Mindestdotation vorgesehen wird. Da die Restwasserstrecke hinsichtlich der biologischen Qualitätskomponenten voraussichtlich immer noch die guten Zustände haben wird, kann auch weiterhin von einer relevanten Auswirkung auf unterhalb gelegene Gewässerstrecken ausgegangen werden, sodass die ökologische Wertigkeit als Ausstrahlstrecke noch als hoch anzusehen ist.

Die ökologische Sensibilität des X hinsichtlich der Gewährleistung der gewässertypischen ökologischen Mindestfunktion ist als hoch bewertet. Dieser Indikator ändert sich nicht bei Umsetzung des Kraftwerkprojektes, die Sensibilität bleibt weiterhin bestehen und es sind durch die geplante Ausleitung erhebliche Auswirkungen auf die ökologische Funktionsfähigkeit der Fließstrecke zu erwarten.

ÖK4 Räumliche Ausdehnung der negativen Wirkung

Dieser Aspekt bewertet bereits den Einfluss des Projektes auf die bestehende Fließstrecke, daher können keine zusätzlichen Auswirkungen abgeschätzt werden.

WK8 Auswirkungen auf die Fischerei

Dem Projekt sind keine Unterlagen zum Fischbestand oder Fischbesatz beigefügt. Es liegen somit keine Daten vor, die belegen, dass im X ein vitaler Fischbestand besteht und es können keine Einschätzung über die Auswirkungen des Kraftwerkes auf die Fischerei gemacht werden.

Es bleibt diesbezüglich aber festzustellen, dass die betroffene Gewässerausleitungsstrecke des X keinen natürlichen Fischlebensraum darstellt.

Tabelle: Kriterien, Indikatoren und die jeweilige Bewertung für die gegenständliche Fließstrecke am X gemäß dem Kriterienkatalog „Österreichischer Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen“ für den Ist-Zustand und bei Umsetzung des geplanten Kraftwerksprojekts. * kennzeichnet jene Indikatoren, deren Bewertung bereits den Einfluss des Projektes auf eine Fließstrecke darstellt.

„Tabelle im pdf ersichtlich“

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Sensibilität und Wertigkeit der Fließstrecke im X durch das geplante Kraftwerk gemessen an den Kriterien des „Österreichischen Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen“ nicht in einem Maß herabgesetzt werden, dass es zu einer Änderung der jeweiligen Einstufungen kommt.

Wie am gegenständlichen Beispiel ersichtlich, ändern sich die Wertigkeit und Sensibilität einer Gewässerstrecke nicht zwangsläufig durch Wasserkraftnutzung und können dabei trotzdem in der jeweiligen Stufe fortbestehen.

Das bedeutet aber nicht, dass sich dadurch keine Veränderungen bzw. Verschlechterungen ergeben. Als Maß für den Einfluss anthropogener Veränderungen auf ein Fließgewässer wird prinzipiell der ökologische Zustand bzw. der Zustand der hydromorphologischen und biologischen Qualitätskomponenten als geeigneter angesehen.

b)   aus naturkundefachlicher Sicht:

Terrestrische Sonderlebensräume wie Moore, Kleingerinne etc. werden kaum berührt. Die Druckwasserleitung befindet sich zum überwiegenden Teil in einem Wirtschaftsweg bzw der „Talstraße“. Lediglich ein degradierter Feuchtstandort wird gequert. Die Querung befindet sich hier jedoch auf einer bestehenden Wirtschaftsberme. Insofern sind die Beeinträchtigungen für die Schutzgüter „Naturhaushalt“ und „Lebensraum“ bezogen auf terrestrische Systeme sehr gering.

Die Beeinträchtigungen für das Gewässer richten sich weitgehend nach der gewässerökologischen Stellungnahme. Aufbauend auf den Verschlechterungen für „Wasserhaushalt“ und „Makrozoobenthos“ ergeben sich starke Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Naturhaushalt und Lebensraum.

Im untersten Abschnitt der Restwasserstrecke führt der Wanderweg direkt entlang des X und ist somit ein Sichtbezug gegeben. Hier weist der Bach ein deutliches Gefälle auf und wird auch bei geringeren Wassermengen eine turbulente Strömung mit hohem Weißwasseranteil unterstellt. Insbesondere in den Verebnungen, in denen ein eher laminarer Strömungsverlauf gegeben ist, ist der Wirtschafts-/Wanderweg weiter vom Bach entfernt.

Die Wandersaison erreicht aufgrund der Höhenlage laut Bergbahn in den Monaten Mai bis September ihren Höhepunkt. Durch die gestaffelte Restwassermenge ist in diesen Monaten eine erhöhte Restwassermenge gegeben, wie der Abbildung 2 im Naturkundefachteil zu entnehmen ist. Somit kann im Hinblick auf das „Landschaftsbild“ und den „Erholungswert“ auch nach wie vor von einem „lebendigen Wildbach“ gesprochen werden.

Auswirkungen auf bereits sanierte/renaturierte Gewässerstrecken sind nicht anzunehmen, da solche Gewässerstrecken nicht gegeben sind.

Wassersport wird in der geplanten Restwasserstrecke nicht betrieben, Auswirkungen des Vorhabens sind also diesbezüglich nicht anzunehmen. Was die Nutzungsinteressen „Erholung/Wandertourismus“ anbelangt, ist festzustellen, dass im Projektbereich Wandertourismus stattfindet, einerseits spazieren hier Menschen mit eingeschränkten alpinistischen Fähigkeiten, sie können mit dem Auto bis ins Skigebiet anreisen und dann einen Spaziergang in Richtung „EE“ machen. Andererseits führt eine Weitwanderroute in Richtung JJ.

Dabei verläuft der Fahr-/Wanderweg ca 350 m entlang des X. Restwasserstrecken weisen eine geringere Wasserführung auf, insofern ist eine Beeinträchtigung durch das Projekt für die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert gegeben, welche Beeinträchtigung dadurch relativiert wird, dass der betreffende Gewässerabschnitt durch den dort verlaufenden Fahrweg bereits optisch vorbelastet ist und dieser Gewässerabschnitt nicht zum Verweilen einlädt. In Verweilzonen besteht wiederum kein unmittelbarer Sichtbezug zum Bach. In der Wandersaison ist zudem das höchste Wasserdargebot gegeben.

c)   aus geologischer/hydrogeologischer Sicht:

Das gegenständlich geplante Bauvorhaben befindet sich aus geologisch-tektonischer Sicht in der Einheit des so genannten Innsbrucker Quarzphyllits. Prinzipiell wird der Festgesteinsuntergrund aus Phylliten und Schiefern gebildet, für das gegenständliche Vorhaben ist aber die auf dem Festgestein auflagernde Lockermaterialdecke in Form von fluviatilen Sedimenten und Hangschutt relevant. Diese Lockersedimente sind über maßgebliche Bereiche feinkörnig ausgebildet und weisen oft einen glimmerreichen Mineralbestand auf.

Im gegenständlichen Festgesteinsuntergrund ist aufgrund der pyllitisch-schiefrigen Gesteinsausbildung ohne Porenhohlräume kein zusammenhängender Grundwasserhorizont ausgebildet, örtlich kann eine Wasserführung in etwaigen Klüften auftreten, diese Wässer stehen dann aber in keinen Zusammenhang mit dem X.

Im auflagernden Lockermaterial ist auch kein großräumiger zusammenhängender Grundwasserhorizont ausgebildet, da aufgrund der petrografischen Zusammensetzung der Sedimente von einem über weite Bereiche hohen Feinkornanteil (glimmerreich) und somit von wenig bis nicht durchlässigen Verhältnissen auszugehen ist. Örtlich kann ein Wassereintrag vom X in die angrenzenden ufernahen Sedimente zwar nicht ausgeschlossen werden, dabei handelt es sich aber um isolierte Bereiche, die lokalen Vernässungen oder wassergesättigten Sedimente haben ihren Ursprung zumeist im Eintrag zurinnender Oberflächen- und/oder Hangwässer von den Hangflanken.

Aus fachlicher Sicht ist im gegenständlichen Projektgebiet kein zusammenhängender Grundwasserhorizont ausgebildet und insofern kann es durch das geplante Vorhaben auch keine quantitativen und keine qualitativen Auswirkungen bzw Beeinträchtigungen geben.

Somit werden die Auswirkungen des geplanten Vorhabens hinsichtlich der Kriterien WK 3 Grundwasserquantität und WK 4 Grundwasserqualität in Bezug auf die 5-stufige Beurteilungsskala im österreichischen Wasserkatalog jeweils mit 0/neutral/keine Auswirkungen beurteilt.

d)   aus Sicht der Siedlungswasserwirtschaft:

Schutz- und Schongebiete:

Im Bereich der Anlage und der Restwasserstrecke inklusive einem 500 m Puffer werden keine Schutz- und Schongebiete berührt. Es sind auch keine Planungen für Schutz- und Schongebiete bekannt.

Die Wasserversorgungsanlage T wird saniert. Der im Gutachten angeführte Bedarf beträgt ca. 3,9 l/s. Laut dem WIS beträgt die minimale Schüttung der bewilligten Quellen mehr als 5 l/s. Großquellen für eine zukünftige Nutzung weiter entfernter Gebiete sind nicht bekannt.

Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan:

Für den Bereich ist kein wasserwirtschaftlicher Rahmenplan vorhanden.

Qualitative Belastungen:

Oberhalb der Rückgabe befinden sich keine wasserrechtlich bewilligten Abwasser- bzw Kühlwassereinleitungen.

Staubereich:

Durch die Anlage entsteht kein relevanter Staubereich.

Wasserversorgung:

Ober- bzw. innerhalb beider Almen - somit auch oberhalb der Leitungstrasse - werden Quellen für die Alm genützt.

Mehrere Viehtränken mit direkter Fassung von oberflächennahem Wasser befinden sich entlang des Weges.

Abwasseremissionen:

Bei der EE (Nieder- und Hochleger) und entlang der Restwasserstrecke wurden keine Schmutzwassereinleitungen in ein Oberflächengewässer identifiziert.

Die Wegentwässerung leitet teils direkt und teilweise über die Böschung Oberflächenwässer in den Bach ein.

Zudem werden Kühlwässer bei beiden Almen in Seitenbäche eingeleitet.

Wasserversorgung:

Es sind durch die Anlage keine Schutz- und Schongebiete berührt. Für T besteht auch kein zusätzlicher Wasserbedarf. Im Projektgebiet sind keine wichtigen Großquellen bekannt. Deshalb wird das Kriterium „Auswirkung auf die Wasserversorgung“ mit 0 „keine Auswirkungen“ bewertet.

Abwasseremissionen:

Nach aktuellem Wissensstand werden keine (gereinigten) Schmutzwässer in ein Oberflächengewässer eingeleitet. Die Kühlwässer für die Alm-Milch spielen quantitativ und somit auch qualitativ keine Rolle. Der Weg ist sehr schwach frequentiert. Deshalb ist keine messbare Auswirkung auf die derzeitige Immissionssituation möglich. Das Kriterium wird mit 0 „keine Auswirkungen“ beurteilt.

e)   aus Sicht der Wildbach- und Lawinenverbauung:

Die Auswirkungen des gegenständlichen Kleinwasserkraftwerkes auf die Hochwassersituation am X sind unerheblich, da bei einem Hochwasserereignis im Regelfall durch die entsprechende Geschiebeführung der Wassereinzug geschlossen wird und zudem das Kraftwerk als Ausleitungskraftwerk mit Einleitung in das Entnahmegewässer konzipiert wird und somit nur für einen Teilbereich des Gewässers (die Ausleitungsstrecke) mit einer reduzierten Hochwasserführung zu rechnen ist. Für die Beurteilung der Hochwassersituation am Schwemmkegel ist das gegenständliche Kraftwerk unerheblich. Zudem stellt die max. Ausbauwassermenge von 278 l/s im Vergleich zum möglichen Erwartungswert eines Hochwasserereignisses am X (HQ150 ca 120 m³/s) eine zu vernachlässigende Größe dar.

Zu den Auswirkungen auf den Geschiebetransport (Feststoffhaushalt) lässt sich zusammenfassend für den Standort der Ausleitung feststellen, dass durch den Wasserentzug es in der bachwärts liegenden Flachstrecke zu einer erhöhten Akkumulation von Geschiebe kommen wird. Diese Geschiebemenge kann naturgemäß stark schwanken und wurde mit durchschnittlich 400 m³/a angeschätzt.

f)   aus Sicht der Wasserbautechnik:

Potentialnutzung

Hinsichtlich des Indikators Potentialnutzung des „Österreichischen Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen – Kriterien zur Beurteilung einer nachhaltigen Wasserkraftnutzung“ ist die Frage von Relevanz, ob verfügbares Einzugsgebiet und verfügbare Fallhöhen optimal genutzt werden. Gemäß dem „Österreichischen Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen – Kriterien zur Beurteilung einer nachhaltigen Wasserkraftnutzung“ erfolgt die Beurteilung des Indikators Potentialnutzung gemäß der nachfolgend angeführten Intervallgrenzen:

Tabelle: Intervallgrenzen zur Beurteilung des Indikators Potenzialnutzung für Lauf- und Speicherkraftwerke

Indikator

Einheit

gering

mittel

hoch

Potenzialnutzung

(Laufkraft)

[-]

unzureichende Nutzung mit Blockierung einer optimalen Nutzung bzw kein Speicher trotz Möglichkeit/Sinnhaftigkeit

weitere Teilnutzungen möglich, aber optimale Nutzung nicht mehr erreichbar

optimale lokale Nutzung erreicht und spätere Er-reichbarkeit einer regional optimalen Nutzung unter Berücksichtigung der Speicheroption nicht behindert

Die projektierte Anlage befindet sich im obersten Einzugsgebiet des X und nutzt an der Wasserfassung ein Einzugsgebiet von lediglich 5,0 km². Abbildung 3 des Gesamtberichtes legt nahe, dass ein um rund 20 % größeres Einzugsgebiet bei einer Reduktion der Fallhöhe von nur rund 10 % möglich wäre. Aus rein topographischer Sicht würde sich in diesem Bereich auch eine Speicherung anbieten, bei der sich bezogen auf den mittleren Abfluss MQ bereits bei geringen Stauhöhen (10-20 m), ein Wochen- bis Monatsspeicher ergebe würde. Ob eine tatsächliche Umsetzung und Nutzung eines derartigen Speichers technisch möglich ist, kann ohne weitere Untersuchungen nicht beurteilt werden. Aufgrund der Lawinenexposition (vgl auch aktueller Standort der Wasserfassung) und der damit verbundenen Anfälligkeit für Impulswellen wird derzeit jedoch davon ausgegangen, dass eine Umsetzung aufwändig wäre oder zumindest deutliche betriebliche Einschränkungen im Winter zu erwarten wären.

Aufgrund des kleinen Einzugsgebietes und der damit verbundenen geringen Bedeutung einer Speicherung sowie des dabei zu erwartenden großen Aufwandes wird die Option einer Speicherung derzeit als nicht realistisch betrachtet. Die vorliegende Potentialnutzung der Wasserkraftanlage T wird daher als „hoch“ beurteilt.

Ausbaugrad

Gemäß dem „Österreichischen Wasserkatalog Wasser schützen – Wasser nutzen – Kriterien zur Beurteilung einer nachhaltigen Wasserkraftnutzung“ erfolgt die Beurteilung des Indikators Ausbaugrad gemäß den nachfolgend angeführten Intervallgrenzen:

Tabelle 10-11: Intervallgrenzen zur Beurteilung des Indikators Ausbaugrad für Laufkraftwerke

Indikator

Einheit

gering

mittel

hoch

Ausbaugrad

Laufkraftwerk ohne Ausleitung

[Tage]

> 100

100-60

< 60

Ausbaugrad

Laufkraftwerk mit Ausleitung

[Tage]

> 150

150-100

< 100*

* < 75 Tage in der Regel betriebswirtschaftlich nicht darstellbar

Bei der projektierten Anlage handelt es sich um ein Laufkraftwerk mit Ausleitung. Die Überschreitungsdauer beträgt gemäß Gesamtbericht unter Berücksichtigung der Pflichtwasserabgabe 57 Tage. Der Indikator Ausbaugrad ist bei der Wasserkraftanlage T daher als „hoch“ zu beurteilen.

g)   aus Sicht der Elektrotechnik und Energiewirtschaft:

Kriterium EK1: „Versorgungssicherheit“:

In der Energiestrategie Österreich wird die Versorgungssicherheit als eines der primären Ziele genannt, wobei zwischen einer kurz- und einer langfristigen Ausprägung unterschieden wird. Während langfristig eine zu stark ausgeprägte Abhängigkeit von einzelnen Energieträgern, Lieferländern oder Transportrouten vermieden werden soll, um damit die Sicherstellung ausreichend verfügbarer Energie zu garantieren, zielt die kurzfristige Dimension der Versorgungssicherheit darauf ab, dass Energie jederzeit in gleich guter Qualität und Quantität an den Orten zur Verfügung steht, wo sie gebraucht wird. Vor diesem Hintergrund wird für die weitere Beurteilung der energiewirtschaftlichen Eigenschaften von Wasserkraftanlagen zwischen den Kriterien Versorgungssicherheit (Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern) und Versorgungsqualität (Beitrag zur Systemstabilität und sicheren Lastdeckung) unterschieden. Das Kriterium Versorgungssicherheit wird dabei durch die Indikatoren Erzeugungsmenge (Lauf- und Speicherkraftwerke) sowie Herstellung Eigenversorgung (nur für Laufkraftwerke relevant) charakterisiert.

Indikator Erzeugungsmenge:

Im Kriterienkatalog sind zur Beurteilung folgende Intervallgrenzen angeführt:

Tabelle: Intervallgrenzen zur Beurteilung des Indikators Erzeugungsmenge für Lauf- und Speicherkraftwerke

Indikator

Einheit

gering

mittel

hoch

Erzeugungsmenge (RAV)

[GWh/a]

< 5

5-50

> 50

Das gegenständliche Wasserkraftwerk weist ein Regelarbeitsvermögen von 1,58 GWh auf. Der Indikator Erzeugungsmenge ergibt somit eine Einstufung „gering“.

Indikator Herstellung Eigenversorgung:

Der Kriterienkatalog führt zu diesem Indikator aus, dass mit diesem die Herstellung einer Stromversorgung für Objekte bewertet wird, die keinen Anschluss an das öffentliche Stromversorgungsnetz besitzen und ein solcher technisch oder wirtschaftlich nicht möglich ist – also beispielsweise Alm- oder Schutzhütten. In diese Definition ausdrücklich nicht eingeschlossen sind Wasserkraftanlagen, die in ein Privat- oder Industrienetz einspeisen, das mit dem öffentlichen Netz verbunden ist (zB Eigenversorgung eines Gewerbe-/Industriebetriebs). Die Beurteilung erfolgt durch „Hochstufung“ des Ergebnisses der Beurteilung für den Indikator Erzeugungsmenge um eine Intervallgrenze.

Dieser Indikator schließt ausdrücklich Wasserkraftanlagen aus, die - wie im gegenständlichen Fall - in ein eigenes Verteilnetz einspeisen, welches mit dem öffentlichen Netz verbunden ist.

Allerdings scheint im gegenständlichen Fall ein gewisser Interpretationsspielraum vorhanden zu sein, da aufgrund dieses Projektes eine Stromversorgung einer Alm mittels Direktleitung hergestellt werden kann (soll), welche keinen Anschluss an das öffentliche Netz besitzt und derzeit mittels Dieselaggregat versorgt wird. Die elektrische Höchstlast betrage ca. 70 kW. Der Treibstoffbedarf betrage ca. 10.000 Liter Diesel pro Saison.

Im Projekt wurde angegeben (Gesamtbericht Seite 32), dass mittels einer Stromversorgung rd. 8.500 EUR pro Jahr Energiekosten eingespart werden könnten. Die Herstellung einer Energieversorgung belaufe sich aber auf mehrere hunderttausend Euro, welche in keiner Verhältnismäßigkeit zum Nutzen stehen würde.

Diese Aussage ist aufgrund einer Eigenabschätzung plausibel.

Somit könnte eine „Hochstufung“ des Kriteriums Versorgungssicherheit und damit ein Vorteil im allgemeinen Interesse abgeleitet werden, wenn ein Interpretationsspielraum zugelassen wird.

Kriterium EK 2 „Versorgungsqualität“

Grundsätzlich muss der Kraftwerkspark eines Versorgungsgebiets in der Lage sein, die auftretende Last unter Berücksichtigung ggf. bestehender Netzrestriktionen sowie von Schwankungen auf der Erzeugungs- und Verbraucherseite jederzeit zuverlässig zu decken. Wasserkraftanlagen tragen dann zur Gewährleistung einer hohen Versorgungsqualität bei, wenn sie einerseits zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast (November/Dezember) verfügbar sind und andererseits ihre Erzeugung flexibel an die schwankende Nachfrage bzw fluktuierende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie anpassen können.

Im Kriterienkatalog wird zwischen Lauf- und Speicherkraftwerken unterschieden. Für Laufkraftanlagen erfolgt die Beurteilung anhand des Indikators Erzeugungscharakteristik.

Das Kriterium Versorgungsqualität wird für dieses Vorhaben anhand des Indikators „Erzeugungscharakteristik“ abgeleitet, da es sich um ein Ausleitungs-(Lauf-)kraftwerk handelt.

Laufkraftwerke können in Abhängigkeit von ihrer Erzeugungscharakteristik einen Beitrag zur gesicherten Deckung der Jahreshöchstlast leisten. Dieser Beitrag wird auf Grund der dargebotsabhängigen und damit saisonal z. T. stark schwankenden Erzeugung unter der installierten Engpassleistung liegen. Im Gegensatz zu Speicherkraftwerken, die auf Grund des begrenzten Speichervolumens nur für eine bestimmte Zeit betrieben werden können, sind Laufkraftwerke in der Lage, auch über einen längeren Zeitraum zur Deckung der Nachfrage beizutragen. Die Beurteilung des Kriteriums Versorgungsqualität erfolgt für Laufkraftanlagen anhand des Beitrags zur gesicherten Leistung zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast. Der Zeitpunkt der Jahreshöchstlast war in Österreich in den Jahren 2002 bis 2008 jeweils in den Monaten Dezember oder Jänner. Für die Beurteilung des Indikators Erzeugungscharakteristik einer Laufkraftanlage wird daher das Verhältnis des mittleren monatlichen Regelarbeitsvermögens (RAV) der Monate Dezember und Jänner zum mittleren monatlichen RAV des Gesamtjahres herangezogen [(RAVDez+RAVJän)/2) / (RAVJahr/12].

Im Kriterienkatalog sind zur Beurteilung folgende Intervallgrenzen angeführt:

Tabelle: Intervallgrenzen zur Beurteilung des Indikators Erzeugungscharakteristik für Laufkraftwerke

Indikator

Einheit

gering

mittel

hoch

Erzeugungscharakteristik

[-]

< 0,35

0,35-0,65

> 0,65

Für das gegenständliche Vorhaben kann ein Wert für die Erzeugungscharakteristik von 0,25 ermittelt werden und ergibt somit eine Einstufung „gering“.

Kriterium EK2: Klimaschutz

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien substituiert konventionelle Erzeugung in kohle-, gas- oder ölbefeuerten Kraftwerken, wodurch auch der Wasserkraft ein entsprechendes CO2-Vermeidungspotenzial angerechnet werden kann. Zusätzlich können durch Speicherkraftwerke weitere Klimaschutzpotenziale gehoben werden, wenn bspw. die Integration der fluktuierenden Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie unterstützt wird.

Indikator CO2-Vermeidung:

Durch den Neubau eines Wasserkraftwerks wird die Stromerzeugung des sog. Grenzkraftwerks verdrängt, d. h. im „letzten“ Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage gerade noch eingesetzt werden muss. Durch ein zusätzliches Wasserkraftwerk werden also bestehende Kraftwerke weniger häufig eingesetzt. Auf Grund der unterschiedlichen saisonalen und tageszeitlichen Stromnachfrage sowie Verfügbarkeiten der einzelnen Kraftwerke (Wind-, Wasser- und solares Dargebot; Revisionen und Ausfälle von Anlagen) ändert sich dabei das Grenzkraftwerk kontinuierlich – im westeuropäischen Regionalmarkt kann das Grenzkraftwerk z. B. ein deutsches Steinkohlekraftwerk, ein holländisches Gaskraftwerk oder ein Wiener Ölkraftwerk sein. Mittel- und langfristig wird diesem sog. Merit-Order-Effekt jedoch die „allgemeine“ Kapazitäts- und Technologieentwicklung im konventionellen Kraftwerkspark überlagert, so dass sich beim Ausbau der österreichischen Wasserkraft der konventionelle Kraftwerkspark anders entwickeln wird als ohne diesen Ausbau. Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass Laufkraftwerke andere konventionelle Technologien verdrängen werden als Speicherkraftwerke. Damit kann grundsätzlich zwischen kurz- und langfristigen CO2-Vermeidungseffekten unterschieden werden.

Im Kriterienkatalog sind für dieses Kriterium folgende Intervallgrenzen angeführt:

Tabelle: Intervallgrenzen zur Beurteilung des Indikators CO2-Vermeidung für Lauf- und Speicherkraftwerke (bezogen auf ca. 5.000 Volllaststunden)

Indikator

Einheit

gering

mittel

hoch

CO2-Vermeidung

[ktCO2eq.]

< 3

3-30

> 30

Für das gegenständliche Kraftwerk kann hierfür ermittelt werden:

Volllaststunden = 1580 MWh/0,416 MW = 3798 h

CO2-Äquivalentemissionen bei Volllaststunden < 4.000 h/a:

CO2eq-Emissionen = -0,0531*Volllaststunden+615,8 = 414 gCO2eq/kWh für Verdrängungsmix (Merit-Order-Effekt)

CO2-Vermeidung: 0,65 ktCO2eq

Anhand dieses Wertes ergibt sich eine Einstufung „gering“.

Indikator Netzanbindung

Der Indikator Netzanbindung ist ein Indikator innerhalb des Kriteriums „Technische Effizienz“ und wird aus dem Verhältnis des Jahresregelarbeitsvermögens zur Länge der Netzanschlussleitung abgeleitet.

Im Kriterienkatalog sind zwar zur Intervallgrenzen (GWh/km) angeführt, es wird allerdings auch angeführt, dass bei einer Erweiterung bestehender Anlagen und Nutzung des vorhandenen Netzanschlusses der Indikator „hoch“ bewertet wird.

Da die erzeugte elektrische Energie in den Hauptverteiler des genutzten Bestandsgebäudes und somit in die bestehende Leitungsinfrastruktur (der vorhandene Netzanschluss soll somit genutzt werden) der DD eingespeist werden kann, ergibt sich dieser Indik

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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