Entscheidungsdatum
23.12.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §44Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Schaber über die Beschwerde des AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 16.08.2021, Zl ***, betreffend zweier Übertretungen nach dem Meldegesetz, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 16.08.2021, Zl ***, legte die Bezirkshauptmannschaft Y AA in zwei Spruchpunkten zur Last, er habe, obwohl er als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Unterkunftgeberin Grund zur Annahme hatte, dass die Unterkunftnehmerin CC, geb. XX.XX.XXXX (Spruchpunkt 1.) bzw der Unterkunftnehmer DD, geb. XX.XX.XXXX (Spruchpunkt 2.), ihre Meldepflicht nicht erfüllt haben, es verabsäumt, dies bis zum 14.04.2021 der Meldebehörde Gemeinde Y binnen 14 Tagen mitzuteilen. Beide Personen, denen AA Unterkunft gewährt habe, seien seit November 2020 unter der Anschrift **** Y, Adresse 2 aufhältig, ohne sich anzumelden.
Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, er habe gegen § 9 Abs 1 VStG iVm § 22 Abs 2 Z 5 iVm § 8 Abs 2 Meldegesetz 1991 verstoßen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von gesamt Euro 80,00 (gesamt 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 22 Abs 2 Meldegesetz 1991 verhängt wurde. Die Verfahrenskosten wurden mit Euro 10,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 14.09.2021. In der Beschwerde wurde auf das Wesentlichste zusammengefasst ausgeführt, dass im Straferkenntnis fälschlicherweise vom Beschwerdeführer als Unterkunftgeber die Rede sei. Weiters hätten die beiden Mieter zwar mit Beginn im November 2020 einen Mietvertrag abgeschlossen, jedoch zu verstehen gegeben, dass sie erst später einziehen würden. Für den Beschwerdeführer habe jedenfalls kein Grund zur Annahme bestanden, dass die beiden Mieter ihre Meldepflicht nicht erfüllen würden.
Beantragt ist, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben in eventu unter Erteilung einer Ermahnung einzustellen in eventu die Strafhöhe herabzusetzen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und die Abhaltung einer Beschwerdeverhandlung vor Gericht am 20.12.2021, in welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde.
II. Sachverhalt:
Die Liegenschaft in Einlagezahl *** GB *** Y mit der Anschrift Adresse 2, **** Y steht im Alleineigentum der Karre Immobilien GmbH (FN ***). Handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA Immobilien GmbH ist AA, geb. am XX.XX.XXXX. Unterkunftsgeber der CC (Spruchpunkt 1.) bzw DD (Spruchpunkt 2.) zur Verfügung gestellten Unterkunft an der Anschrift Adresse 2, **** Y, ist die AA Immobilien GmbH.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellung betreffend das Eigentum an der Liegenschaft Adresse 2, **** Y, ergibt sich aus dem eingeholten Grundbuchsauszug. Die übrigen Feststellungen ergeben sich einerseits bereits aus dem unbedenklichen Inhalt des verwaltungsbehördlichen Aktes, insbesondere dem dort einliegenden Mietvertrag, abgeschlossen zwischen CC bzw DD und der AA Immobilien GmbH, dem eingeholten Firmenbuchauszug der AA Immobilien GmbH und andererseits auch aus den glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung am 20.12.2021.
IV. Rechtslage:
Die wesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991), BGBl Nr 52/1991, idgF BGBl I Nr 58/2018 lauten auszugsweise wie folgt:
Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9.
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(…)
§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
V. Erwägungen:
Im Straferkenntnis ist gemäß § 44a Z 1 VStG 1991 die als erwiesen angenommene Tat anzuführen. Bei der Bestrafung außenvertretungsbefugter Organe muss bei der Umschreibung der Tat und bei der Bezeichnung der angewendeten Gesetzesbestimmung bei sonstiger Rechtswidrigkeit zum Ausdruck kommen, dass der Beschuldigte nicht als unmittelbarer Täter, sondern als verantwortliches Organ einer bestimmten juristischen Person bestraft wird (siehe auch VwGH 28.03.2008, Zl 2007/02/0147, mwN).
Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG bestraft, so erfordert es § 44a Z. 1 VStG weiters, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl. das Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0148, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht den dargelegten Anforderungen nicht.
Im Spruch des Straferkenntnisses wird zwar klargestellt, dass der Beschwerdeführer nicht als natürliche Person sondern als „…Organ der Unterkunftgeberin…“ verwaltungsstrafrechtlich belangt wird. Es fehlt jedoch eine zweifelsfreie Bezeichnung der Unterkunftgeberin, das heißt jener juristischen Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, in deren Geschäftsbetrieb die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Bei der Bezeichnung „…Organ der Unterkunftgeberin…“ bleibt offen, wer Unterkunftgeber ist. Eine diesbezügliche Klarstellung ist auch der Begründung des Straferkenntnisses nicht zu entnehmen, zumal die AA Immobilien GmbH als Unterkunftgeberin nur in der zitierten Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom 28.05.2021 vor kommt, nicht jedoch in den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde.
Anders als im Spruch ausgeführt, gewährt auch nicht der Beschwerdeführer, sondern die AA Immobilien GmbH CC bzw DD Unterkunft.
Festzuhalten ist auch, dass sich eine Strafanlastung gegen den Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA Immobilien GmbH im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht findet.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es erübrigte sich daher ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdegründe.
Es war damit spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Schaber
(Richter)
Schlagworte
Konkretisierungsgebot,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.42.2668.4Zuletzt aktualisiert am
13.01.2022