Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Mag. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Februar 1995, Zl. 04-15 Pe 13-93/15, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: P in K, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in V), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund des Ansuchens der mitbeteiligten Partei vom 30. Dezember 1994 um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Kaffeehauses in K Nr. 22 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg mit Kundmachung vom 9. Jänner 1995 gemäß "§§ 40 bis 44 AVG 1950 idgF und der §§ 74 und 356 der Gewerbeordnung 1994" eine Augenscheinsverhandlung für den 18. Jänner 1995 an.
Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 1994 (bei der Behörde eingelangt am 16. Jänner 1995) machte der Beschwerdeführer geltend:
"Sollte es mir am 18.1.1995 um 14.30 Uhr wegen schwerer
Krankheit nicht möglich sein beim Zusammentritt im Gemeindeamt
K teilzunehmen, teile ich Ihnen meine und die ganz großen
Sorgen wegen dieses Kaffees mit. Seit 29.7.1994 bis zum
heutigen Tage wird meine Familie und ich ständig belästigt,
bedroht, und vieles mehr, es ist unmöglich von 22 Uhr bis 0h5
zu schlafen wegen der allzu großen Lärmbelästigung auch der
Gastgarten der vom Bundesministerium für wirtschaftliche
Angelegenheiten behoben wurde und bis heute dafür noch keine
Baukommission durchgeführt wurde. Hier möchte ich und ich bin
offen und ehrlich sagen man drückt von diversen Behördenstellen
beide Augen zu, damit Frau P ihr Kaffee das hauptsächlich nach
22.00 Uhr bis 05.00 Uhr von jungen Leuten und teilweise auch
schon Betrunkenen, die dann noch ihre Fahrzeuge benutzen um
irgendwie nach Hause zu kommen, was gesetzlich nicht erlaubt
ist geduldet wird. Weiters dürfte dieses Kaffee nach dem Gesetz
gar nicht geöffnet sein. Ich erstatte hiemit Anzeige, daß das
betriebene Kaffeehaus seit 21.12.1994 unerlaubt geöffnet ist
und dies öfters bis 04.00 Uhr früh, trotz das der
Bürgermeister ... die Sperrstunde auf mein Ersuchen auf
22.00 Uhr vorverlegt hat. Ich bin mit einem Betrieb dieses
Kaffees und dies auch meine Familie von 07.00 Uhr bis 22.00 Uhr
einverstanden. Weiters muß mein Servitutsweg in der Breite von
70 cm vom Hause ... bis zur Straße so abgegrenzt sein, durch
Pfähle mit einem Seil, daß es meiner Familie und mir sowie den
übrigen Personen, die berechtigt sind, diesen Weg zu gehen, wie
alle ungehindert vorbeizukommen. Sehr geehrter Herr
Oberregierungsrat Dr. ... ich ersuche wie schon so oftmals nach
dem Gesetz zu handeln und dies am 18.1.1995 um 14.30 Uhr."
In der mündlichen Augenscheinsverhandlung am 18. Jänner 1995 gab der Beschwerdeführer folgende Stellungnahme ab:
"Ich verweise auf meine schriftliche Eingabe vom 15.1.1995 und führe dahingehend näher aus, daß die Lärmbeeinträchtigung durch das Verhalten der Gäste vor der Betriebsanlage (Zu- und Abfahren von Kraftfahrzeugen, Türenschlagen bei Pkws, laute Unterhaltung) verursacht wird. Eine Lärmbeeinträchtigung die unmittelbar aus der Betriebsanlage kommt, entsteht dadurch, daß zwei an der Südseite des Betriebsgebäudes gelegene Fenster im Sommer fallweise offengehalten werden. Bei geschlossenen Fenstern dringt kein Lärm aus dem Lokal. Außerdem muß mein 70 cm breiter Servitutsweg stets freigehalten werden."
Mit Bescheid vom 20. Jänner 1995 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer gastgewerblichen Betriebsanlage in der Betriebsart "Kaffeehaus" nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektunterlagen unter Zugrundelegung einer Betriebsbeschreibung (Abschnitt A des Spruches) sowie einer Reihe von Auflagen (Abschnitt B des Spruches).
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Februar 1995 wurde folgender Abspruch getroffen:
"Spruch
Die Berufung des Herrn E gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 20. Jänner 1995, GZ. 4 Pe 120/1994, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 359 Abs. 4 und 356 Abs. 3 GewO 1994 als unzulässig
ZURÜCKGEWIESEN,
soweit sich die Einwendungen auf eine Lärmbelästigung aus der Betriebsanlage beziehen gemäß zitierter gesetzlicher Bestimmungen i.V.m. § 74 Abs. 2 GewO 1994
ABGEWIESEN.
Der bekämpfte Bescheid wird zur Gänze bestätigt."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, zum Einwand des Beschwerdeführers, er werde durch Lärm volltrunkener Leute vor dem Kaffee und durch das Wegfahren der Kraftfahrzeuge beeinträchtigt, sei auszuführen, daß das Verhalten von Kunden außerhalb einer gewerblichen Betriebsanlage für eine Zurechnung zur Betriebsanlage nicht in Betracht komme. Die Zufahrt zum gegenständlichen Gastgewerbebetrieb sowie allfällige Parkmöglichkeiten seien nicht vom gegenständlichen Projekt umfaßt und folglich auch nicht der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage zuzurechnen. § 152 GewO 1994 biete jedoch die Handhabe, durch Einzelmaßnahmen hinsichtlich der Sperrstunde eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft "durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen unmittelbar vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebs" zu vermeiden. Die seitens des Beschwerdeführers vorgebrachten Einwendungen könnten in einem gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren nicht berücksichtigt werden. Eine Einwendung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 liege nur vor, wenn die Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes geltend gemacht werde. Nur dann sei die Gewerbebehörde nach ihrem Zuständigkeitsbereich zur Handhabung berufen. Da im vorliegenden Fall jedoch derart qualifizierte Einwendungen nicht vorlägen, habe der Beschwerdeführer keine Parteistellung erlangt. Betreffend den Einwand der Beschimpfungen, Verrichtung der Notdurft und des Werfens von Gläsern und Flaschen sei festzuhalten, daß auch diese Verhaltensweisen außerhalb der Betriebsanlage gesetzt würden und folglich dem gegenständlichen Gastgewerbebetrieb nicht zugerechnet werden könnten. Auch mit dem Einwand des Nichtvorliegens einer Baubewilligung habe der Beschwerdeführer keine Parteistellung erlangt. Zum Einwand betreffend des Einleitens der Abwässer in den Schloßbach sei auszuführen, daß es sich hiebei wohl um eine subjektiv öffentliche Einwendung handeln könne, im konkreten Fall jedoch kein subjektives Interesse geltend gemacht worden sei. Zur Wahrung des Schutzes der Wasserberechtigten könnten gegen nachteilige Einwirkungen Einwände erhoben werden, die auch als rechtlich qualifiziert anzusehen wären, um Parteistellung zu erlangen. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um mögliche Ein- und Auswirkungen auf den Schloßbach als "öffentliches Gut"; dem diesbezüglichen Einwand mangle es daher am subjektiven Interesse. Durch die Vorschreibung des Auflagenpunktes 1. des bekämpften Bescheides sei bereits im Verfahren erster Instanz dem Einwand des Beschwerdeführers wegen befürchteter Lärmbeeinträchtigungen aus dem Lokal Rechnung getragen worden. Wenn nunmehr in der Berufungsschrift der Einwand einer Lärmbeeinträchtigung bei geöffneten Fenstern abermals vorgebracht werde, so sei dem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer diesbezüglich nunmehr jedwede Beschwer fehle. Es sei dieser Einwand folglich als unbegründet abzuweisen gewesen. Zum Einwand einer Beeinträchtigung durch Lärm aus dem Lokal durch geöffnete Türen sei auszuführen, daß dieser Einwand erstmals in der Berufungsschrift geltend gemacht werde. Gemäß "zitierter gesetzlicher Bestimmungen" sei der Beschwerdeführer mit diesem Einwand präkludiert, das heißt, der Beschwerdeführer könne diesen Einwand nicht mehr geltend machen. Gegenstand des Berufungsverfahrens könnten nur diejenigen Einwendungen sein, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung erhoben worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten auf Wahrung der Nachbar- bzw. Anrainerrechte gemäß § 74 GewO" verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er im wesentlichen vor, die belangte Behörde sowie die Behörde erster Instanz hätten sich mit dem vorliegenden lärmtechnischen Gutachten vom 25. Jänner 1993 und dem darauf fußenden amtsärztlichen Gutachten vom 22. Februar 1993 überhaupt nicht auseinandergesetzt "und wurde vielmehr von der Erstbehörde zu 4 Pe 100/1992, nunmehr 4 Pe 120/94, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Ia, am 1.9.1994 ein weiters lärmschutztechnisches Gutachten angefordert, welches nunmehr zwischenzeitig auch einlangend bei der Erstbehörde am 21.8.1995 erstellt wurde". Dieses Gutachten sei der Erstbehörde erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zugegangen. Bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sei daher auch die Erstbehörde der Ansicht gewesen, daß eine neuerliche lärmschutztechnische Begutachtung des Projektes durch einen Sachverständigen notwendig sei. Es wurde jedoch unverständlicherweise dieses Gutachten nicht abgewartet und auch noch ein amtsärztliches Gutachten zu diesem Lärmschutzgutachten erstellt. Da somit der Behörde jedenfalls bewußt gewesen sei, daß auf Grund des Projektsumfanges der konkreten Betriebsanlage eine lärmschutztechnische Begutachtung notwendig und diese auch durchgeführt worden sei, hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Einlangen dieses neuen Gutachtens abgewartet werden müssen, da nach ständiger Judikatur nicht vollkommen ohne Begründung von einer einmal gewählten Vorgangsweise (Bestellung eines Sachverständigen) abgegangen werden könne. Die Erstbehörde habe aber entgegen dieser gebotenen Vorgangsweise den erstinstanzlichen Bescheid ohne Abwarten hinsichtlich des Lärmschutzgutachtens und eines notwendigen darauf fußenden medizinischen Gutachtens erlassen und sei auch die belangte Behörde auf die Einwendungen hinsichtlich der Ortsunüblichkeit des Lärms des Beschwerdeführers nicht eingegangen. Wenn weiters zur Lärmproblematik im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, daß der Einwand betreffend Lärm aus dem Lokal durch geöffnete Fenster präkludiert sei, weil dies erstmals in der Berufungsschrift geltend gemacht werde, so entspreche diese Ansicht sicherlich nicht dem Gesetz, weil der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren, wie aus der Aktenlage ersichtlich, in allen Verhandlungen immer primär Einwendungen hinsichtlich des zu erwartenden Lärmes auf Grund der Betriebsanlage erstattet habe. Es wäre jedenfalls zuviel verlangt bzw. entspreche es auch nicht dem Gesetz, wenn man verlangen würde, daß Parteistellung erlangt werde bzw. eine Präklusion nur ausgeschlossen sei, wenn konkret sämtliche Lärmquellen bzw. Lärmaustrittsöffnungen (Türen, Fenster) in den Einwendungen angeführt seien, um eine Präklusion zu vermeiden. Der Beschwerdeführer habe weiters in seiner Berufung vorgebracht, daß von der Konsenswerberin Abwässer ungeklärt in den S-Bach eingeleitet würden, und er sich daher gegen eine Genehmigung ausspreche. Die belangte Behörde gehe in diesem Punkt von der irrigen Ansicht aus, daß kein subjektives Interesse des Beschwerdeführers vorliege, weil es sich beim S-Bach um öffentliches Gut handle. Schon aus dem im "ersten" Lärmgutachten im Akt erliegenden Lageplan ergebe sich, daß der S-Bach zwischen dem Grundstück des Beschwerdeführers und der Betriebsanlage liege. Es seien daher Abwassereinbringungen schon allein wegen der Geruchsbelästigung und der allfälligen negativen Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers als Beeinträchtigung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers zu sehen. Die Behörde hätte sich mit dieser Einwendung jedenfalls auseinandersetzen müssen, weil durch ein Kaffee auch unstrittig wesentlich mehr Abwässer als durch ein Wohnhaus anfielen.
Soweit der Beschwerdeführer Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend macht, ist er darauf zu verweisen, daß Verfahrensmängel bei Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof nur beachtlich sind, wenn sie im letztinstanzlichen Verfahren unterlaufen sind (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 592 zitierte Rechtsprechung). Soweit dabei geltend gemacht wird, (auch) die belangte Behörde habe sich mit dem vorliegenden lärmtechnischen Gutachten vom 25. Jänner 1993 und dem darauf fußenden amtsärztlichen Gutachten vom 22. Februar 1993 nicht auseinandergesetzt, so genügt schon der Hinweis, daß Verfahrensmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a bis c VwGG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen können, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. die bei Dolp, a.a.O., S 591 zitierte Rechtsprechung), was vom Beschwerdeführer nicht unternommen wird.
Im Recht ist der Beschwerdeführer aber, wenn er sich gegen die Auffassung der belangten Behörde wendet, er sei mit dem Einwand betreffend "Lärm aus dem Lokal durch geöffnete Türen" präkludiert.
Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1994 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 sind im Verfahren gemäß Abs. 1 - die Ausnahme des § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht - nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Eine dem § 356 Abs. 3 GewO 1994 entsprechende Einwendung liegt dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem Vorbringen des Nachbarn muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist; das heißt, es muß auf einen oder mehrere der in § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein. Wer eine solche Einwendung rechtzeitig erhebt erlangt - im Rahmen dieser Einwendung - als Nachbar Parteistellung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0039).
Gemessen an dieser Rechtslage erlangte der Beschwerdeführer mit seinem oben dargestellten Vorbringen im Rahmen des Alternativtatbestandes "Lärm" Parteistellung und stand ihm auch in diesem Umfang das Berufungsrecht zu. Aus welchen Gründen ein solcherart zur Berufung Berechtigter den mit diesem Rechtsmittel angefochtenen Bescheid für rechtswidrig hält, ist für die Frage der Zulässigkeit dieser Berufung allerdings ohne Belang. Denn weder folgt aus dem Erfordernis des § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, daß die Begründung auch stichhältig sein müsse (vgl. z.B. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung), noch läßt sich aus dem § 359 Abs. 4 GewO 1994 entnehmen, daß eine Berufung, die nicht im Rahmen des - Parteistellung vermittelnden - erstinstanzlichen Vorbringens begründet wird, als unzulässig anzusehen wäre. Vielmehr vermag selbst eine - aus objektiver Sicht - ganz und gar unzutreffend begründete Berufung die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels nicht zu bewirken (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994).
Es vermag daher der Umstand, daß sich das zur Begründung der Berufung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers "einer Beeinträchtigung durch Lärm aus dem Lokal, durch geöffnete Türen" außerhalb des Bereiches einer (in der mündlichen Augenscheinsverhandlung) geltend gemachten Beeinträchtigung durch Lärm aus dem Lokal "bei geöffneten Fenstern" bewegte, nicht zu bewirken, der Beschwerdeführer sei "mit diesem Einwand präkludiert".
Im übrigen entspricht der angefochtgene Bescheid nicht dem im § 59 Abs. 1 AVG verankerten Gebot der Bestimmtheit des Bescheidabspruches, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß Spruch und Begründung eines Bescheides eine Einheit bilden, weshalb im Zweifel aus dem Zusammenhalt beider der nähere Sinn und Inhalt der Entscheidung zu erschließen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1985, 85/05/0114). Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wird nämlich die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen, demgegenüber aber die Berufung des Beschwerdeführers insoweit abgewiesen, als sie sich auf "Einwendungen auf eine Lärmbelästigung aus der Betriebsanlage" bezieht; in der Begründung ist wiederum hinsichtlich einer Abweisung der Berufung nur in Ansehung des "Einwandes" hinsichtlich einer "Lärmbeeinträchtigung bei geöffneten Fenstern" die Rede.
Der Vollständigkeit halber ist auch anzumerken, daß mit dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich "Einleiten von Abwässern in den S-Bach" eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht aufgezeigt wird. Wenn nämlich der Beschwerdeführer aus der Abwässereinbringung eine Geruchsbelästigung und "allfällige negative Auswirkung auf das Grundstück des Beschwerdeführers" abzuleiten sucht, so genügt der Hinweis, daß mangels diesbezüglicher Einwendungen der Beschwerdeführer weder hinsichtlich des Alternativtatbestandes "Geruch" noch hinsichtlich des Schutzes des Eigentums eines Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 75 Abs. 1 GewO 1994 Parteistellung erlangt hat.
Aus den oben dargelegten Gründen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid jedoch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995040196.X00Im RIS seit
20.11.2000