TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/11 LVwG-AV-1637/001-2021

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Entscheidungsdatum

11.11.2021

Norm

BAO §229
AbgEO §4
AbgEO §15

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, vom 30. Juli 2021 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 17. Juni 2021, Zl. ***, mit dem in Spruchpunkt 1.) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 21. Dezember 2020, Zl. ***, mit dem Einwendungen des Beschwerdeführers gegen einen Rückstandsausweis abgewiesen worden waren, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 9. August 2017 wurde Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) darüber informiert, dass für das in seinem Eigentum befindliche Objekt mit der Anschrift ***, ***, offene Abgabenbeträge in der Höhe von € 5.417,59 (inkl. Seuchenvorsorgeabgabe von € 20,28) aushaften. Diesem Schreiben war folgende Aufstellung beigefügt:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.1.2.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2019 wurde dem Beschwerdeführer ein vom Bürgermeister der Stadtgemeinde *** ausgestellter Rückstandsausweis mit einer Aufstellung der offenen Abgabenrückstände übermittelt:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.1.3.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2019 ergriff der Beschwerdeführer ein als „Antrag auf Nachsicht“ bezeichnetes Rechtsmittel und führte begründend im Wesentlichen aus, dass er den Erwerb der Liegenschaft mit der Anschrift *** in *** der Stadtgemeinde umgehend schriftlich angezeigt habe und seither seinerseits keine Abgabenrückstände angewachsen wären. Gemäß dem Rückstandsausweis gebe es eine Aufrollung der Grundsteuer ab 2010 mit einem Nachforderungsbetrag von € 2.370,08. Dieser Betrag sei am 14. Oktober 2015 fällig geworden. Der diesbezügliche Bescheid sei ihm aber nie zugegangen, obwohl er seit 2. September 2015 im Grundbuch als Eigentümer einverleibt sei. Die Forderung aus der Nachtragsvorschreibung für den Kanal in Höhe von € 688,77 sei am 29. Oktober 2013 fällig geworden. Diesbezüglich sei bereits Einhebungsverjährung eingetreten. Am 11. August 2015 sei er persönlich um 10:00 Uhr in Begleitung seines Beraters im Rathaus gewesen und habe sein Mitteilungsschreiben über den Eigentümerwechsel betreffend die Liegenschaft abgegeben. In diesem Zusammenhang habe er sich auch erkundigt, ob es allfällige Zahlungsrückstände seitens des Voreigentümers gebe. Dazu habe er jedoch keine Auskunft erhalten. Die geringste Andeutung hätte ihm zum damaligen Zeitpunkt ermöglicht, den Zahlungsrückstand vom Voreigentümer einbringlich zu machen, was jetzt nicht mehr der Fall sei. Aus all diesen Gründen wäre die Einhebung der Schulden des Voreigentümers bei ihm unbillig. Er beantrage daher die Nachsicht des vollen Abgabenrückstandes in Höhe von € 5.417,59. In eventu möge aber zumindest der Betrag von € 3.058,85 (i.e. Grundsteuer und Kanal) nachgesehen werden.

1.1.4.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 21. Dezember 2020, Zl. ***, wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers abgewiesen und begründend nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. Juli 2019 ein vom Bürgermeister der Stadtgemeinde *** ausgestellter Rückstandsausweis mit einer Aufstellung der offenen Abgabenrückstände im Gesamtausmaß von € 5.417,59 (inkl. offener Seuchenvorsorgeabgabe in der Höhe von € 20,28) übermittelt worden sei. Zur Einwendung, dass sämtliche ausgewiesenen Rückstände aus der Zeit des Voreigentümers resultierten und die Einhebung unbillig wäre, wird ausgeführt, dass die Einhebung der Schulden des Voreigentümers nach § 236 Abs. 1 BAO keine Unbilligkeit darstelle. Es sei auch keine konkrete Unbilligkeit vorgebracht oder näher begründet worden. Zur erhobenen Verjährungseinrede wurde ausgeführt, dass iSd
§ 238 Abs. 2 BAO Unterbrechungshandlungen erfolgt wären, da folgende Amtshandlungen zur Einbringlichmachung der offenen Abgaben durchgeführt worden sind:

?    Mahnbescheid vom 9. Dezember 2014

?    Bescheid Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom 23. März 2015

?    Grundsteuerbescheid vom 12. Oktober 2015

?    Bescheid Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom 16. Dezember 2015

?    Schreiben vom 6. April 2017

?    Rückstandsausweis vom 23. Mai 2017

?    Schreiben vom 9. August 2017

?    Rückstandsausweis vom 28. November 2017

?    Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution vom 5. Dezember 2017

Durch die oben angeführten Amtshandlungen sei die Verjährungsfrist jeweils unterbrochen worden. Der Rückstandsausweis sei nachweislich zugestellt worden, die eingewendete Verjährung sei nicht eingetreten.

1.1.5.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom
21. Jänner 2021 ein als „Berufung“ tituliertes Rechtsmittel und führte begründend aus, dass er Einwendungen dahingehend erhebe, dass der Abgabenrückstand anlässlich seiner diesbezüglichen Rückfrage bei der Gemeinde am 11. August 2015 bewusst verschwiegen worden sei. Durch die Nichtbetreibung des Abgabenrückstandes für die Dauer von vier Jahren sei das Verhalten der Abgabenbehörde ihm gegenüber als ein Verzicht auf die Vollstreckung zu werten. Die Stadtgemeinde behaupte, ihn angeblich bereits mit Schreiben vom
9. August 2017 von einem Abgabenrückstand in Kenntnis gesetzt zu haben, was von ihm aber wiederholt bestritten worden sei. Ihm sei dieses Schreiben nicht bekannt. Die Gemeinde führe im angefochtenen Bescheid aus, dass dieses Schreiben am
16. August 2017 vom „Mitbewohner" übernommen worden sei. Dem entgegne er, dass er keinen Mitbewohner habe. Er habe einen Teil seines großen Hauses als Büro vermietet. Möglicherweise habe der Mieter dieses Schreiben übernommen, jedenfalls aber nicht an ihn weitergeleitet. Somit gelte gemäß § 16 Abs. 5 Zustellgesetz eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt.

1.1.6.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 17. Juni 2021, Zl. ***, wurde unter Spruchpunkt 1.) die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. August 2017 u.a. davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass für das verfahrensgegenständliche Objekt offene Abgaben für den Zeitraum 4. Quartal 2013 bis 3. Quartal 2015 im Gesamtbetrag von € 5.417,59 aushafteten. Mit Schreiben vom 23. Juli 2019, sei dem Beschwerdeführer ein vom Bürgermeister der Stadtgemeinde *** ausgestellter Rückstandsausweis mit einer Aufstellung der offenen Abgabenrückstände übermittelt worden. Die mit Schreiben vom 30. Juli 2019 erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers seien mit dem Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 21. Dezember 2020 abgewiesen worden. Durch den Rückstandsausweis vom 23. Juli 2019 (zugestellt per RSb an Empfänger am
24. Juli 2019) sei ein Vollstreckungstitel geschaffen worden. Aufgrund der dinglichen Wirkung von Bescheiden und der nicht verjährten offenen Abgaben sei es irrelevant, ob das Schreiben vom 9. August 2017 zugestellt wurde oder nicht. Hinsichtlich der Ersatzzustellung sei der guten Ordnung halber jedenfalls auszuführen, dass der Stadtgemeinde *** ein Rückschein der Post (Stempel *** 16.08.17-00 2100) vorliege, auf welchem der Mitbewohner angekreuzt sei und daher die Zustellung für die Stadtgemeinde *** erfolgt ist. Weiters sei irrelevant, ob eine mündliche Auskunft bei der Vorsprache erfolgt sei oder nicht. Die Verjährung fälliger Abgaben werde durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Da die Abgaben auf dem Steuergegenstand selbst hafteten, könnte diese gegen den jeweiligen Eigentümer durchgesetzt werden. Gemäß § 11 Grundsteuergesetz, § 30 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 und § 10 NÖ Kanalgesetz 1977 wirkten die an Eigentümer von Grundstücken oder Baulichkeiten erlassenen Bescheide auch gegen alle späteren Eigentümer (dingliche Wirkung). Nach § 4 Abgabenexekutionsordnung kämen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise als Exekutionstitel für die Vollstreckung in Betracht. Den Abgaben laut Rückstandsausweis läge im vorliegenden Fall

?    Abgabenbescheid Kanalbenützungsgebühr vom 11.10.2013 Jahresbetrag € 899,55

?    Abgabenbescheid Kanalbenützungsgebühr vom 15.01.2014 Jahresbetrag € 914,71

?    Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr und -abgabe vom 15.01.2013 Jahresbetrag € 314,60

?    Grundsteuerbescheid vom 11.10.2011 Jahresbetrag € 72,75

?    Grundsteuerbescheid vom 12.10.2015 Aufrollung € 2.370,08

zugrunde. Nach § 238 Abs. 2 BAO werde die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbarer Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen. Im vorliegenden Fall seien folgende Amtshandlungen zur Einbringlichmachung der offenen Abgaben durchgeführt worden, wobei sämtliche Quartalsvorschreibungen mit allen offenen Abgabenresten ausgeschickt würden:

?    Mahnbescheid vom 9. Dezember 2014

?    Bescheid Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom 23. März 2015

?    Grundsteuerbescheid vom 12. Oktober 2015

?    Bescheid Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom 16. Dezember 2015

?    Schreiben vom 6. April 2017

?    Rückstandsausweis vom 23. Mai 2017

?    Schreiben vom 9. August 2017

?    Rückstandsausweis vom 28. November 2017

?    Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution vom 5. Dezember 2017

?    Rückstandsausweis vom 23. Juli 2019

Durch diese jeweils vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist vorgenommenen Amtshandlungen sei die Verjährungsfrist jeweils unterbrochen worden.

1.2.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2021 brachte der Beschwerdeführer ein ausdrücklich als „Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht“ tituliertes Rechtsmittel „gegen den abweisenden Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 17.6.2021, GZ ***,“ über seinen Antrag auf Nachsicht vom 22. Jänner 2021 ein und begründete diese hinsichtlich des Spruchpunktes 1.) des angefochtenen Bescheides damit, dass er von all diesen im angefochtenen Bescheid angeführten Amtshandlungen keinerlei Kenntnis gehabt habe, weil diese ihm gegenüber nicht dokumentiert worden wären. Erstmals seit meinem Liegenschaftsankauf im August 2015, welchen er der Gemeinde ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht habe, hätte ihn die Abgabenbehörde durch Übersendung des Rückstandsausweises vom 23. Juli 2019 vom Abgabenrückstand seines Rechtsvorgängers informiert. Eine angeblich bereits im Jahre 2017 erfolgte Information vom Abgabenrückstand sei ihm niemals zugegangen. Das Verschweigen eines Abgabenrückstandes durch 4 Jahre hindurch sei keineswegs irrelevant, sondern stelle den Verzicht auf eine Vollstreckung iSd § 13 Abs. 1 AbgEO dar.

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 13. August 2021 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtrates) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Stadtgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.4. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, ***, auf der ein Wohngebäude errichtet ist. Diese Liegenschaft wurde vom Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 7. August 2015 erworben. Die grundbücherliche Intabulation erfolgte am 2. September 2015.

Mit Abgabenbescheiden des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2013 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 899,55), vom
15. Jänner 2014 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 914,71), vom
15. Jänner 2013 (Abfallwirtschaftsgebühr und –abgabe mit Jahresbetrag von
€ 314,60), vom 11. Oktober 2011 (Grundsteuer mit Jahresbetrag von € 72,75), vom 12. Oktober 2015 (Grundsteuer Aufrollung mit einem Betrag von € 2.370,08) waren dem Voreigentümer Abgaben vorgeschrieben worden. Die in der Folge ergangenen Quartalsvorschreibungen wurden vom Voreigentümer bezahlt. Die für den Zeitraum 4. Quartal 2013 bis 3. Quartal 2015 ergangenen Vorschreibungen im Gesamtbetrag von € 5.387,31 wurden nicht bezahlt.

1.5. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. NÖ Kanalgesetz 1977 idF LGBl. 8230-9:

Kanalbenützungsgebühr

§ 5. (1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

Dingliche Wirkung von Entscheidungen

10. Die nach diesem Gesetz an Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber erlassenen Entscheidungen, mit Ausnahme jener nach § 15, wirken auch gegen alle späteren Eigentümer.

Abgabenbescheid

§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);

b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;

d) die Kosten für die Behebung von Kanalverstopfungen (§ 17 Abs. 5) und der Behebung von Schäden auf fremden Liegenschaften (§ 18 Abs. 1).

(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;

b) den Grund der Ausstellung;

c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;

d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;

e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der jeweiligen Teilbeträge;

f) die Rechtsmittelbelehrung und

g) den Tag der Ausfertigung.

(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit.c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

§ 19. Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und des Vollstreckungsverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

2.2. NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 idF LGBl. 8240-6:

Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe

23. (1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 F-VG 1948 und gemäß bundesgesetzlichen Bestimmungen ermächtigt, folgende Abgaben zu erheben:

1. Eine Abfallwirtschaftsgebühr für die Bereitstellung von Abfallentsorgungseinrichtungen sowie für die Erfassung und die Behandlung von Abfall und

2. eine Abfallwirtschaftsabgabe.

(2) Die auf Grund des Absatzes 1 ausgeschriebenen Gebühren und Abgaben sind in der Abfallwirtschaftsverordnung (§ 28) näher auszuführen.

Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr

§ 24. (1) Die Abfallwirtschaftsgebühr besteht jedenfalls aus

- einem Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall.

Überdies darf die Gemeinde festlegen, daß ein Teil der Abfallwirtschaftsgebühr als

- Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft eingehoben wird.

(2) Die Höhe der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr ist wie folgt zu errechnen: …

Dingliche Wirkung der Entscheidungen

§ 30. Die nach diesem Gesetz an Eigentümer von Grundstücken oder Baulichkeiten erlassenen Entscheidungen wirken auch gegen alle späteren Eigentümer.

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinden

§ 32. Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.

2.3. Grundsteuergesetz 1955 idF BGBl. I Nr. 34/2010:

Steuergegenstand

§ 1. (1) Der Grundsteuer unterliegt der inländische Grundbesitz. ….

Festsetzung des Jahresbetrages

§ 28. Der Jahresbetrag der Steuer ist mit Steuerbescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermeßbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Steuerbescheid zu erlassen ist.

Grundsteuerbescheid

§ 28c. Ein Grundsteuerbescheid wirkt auch gegen den Rechtsnachfolger, auf den der Steuergegenstand nach dem Feststellungszeitpunkt übergegangen ist oder übergeht. Das gleiche gilt bei Nachfolge im Besitz. In diesen Fällen gilt mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger) als vollzogen.

2.4. Finanzausgleichsgesetz 2017 idF BGBl. I Nr. 140/2021:

C. Ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben

§ 16. (1) Ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben sind insbesondere:

1. die Grundsteuer; …

§ 20. (1) Die Regelung der Erhebung und Verwaltung der Grundsteuer (§ 16 Abs. 1 Z 1) und der Feuerschutzsteuer (§ 16 Abs. 1 Z 5) erfolgt durch die Bundesgesetzgebung mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der Grundsteuer bis zum Inkrafttreten einer landesgesetzlichen Regelung auf Grund eines Grundsatzgesetzes des Bundes (Art. 12 und 15 B-VG) die Regelung

1. der zeitlichen Befreiung für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten (Bundesgesetz vom 11. Juli 1951, BGBl. Nr. 157/1951), und

2. der Erhebung und der Verwaltung

der Landesgesetzgebung insoweit überlassen wird, als nicht bundesgesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Die Feststellung der Dauer und des Ausmaßes der zeitlichen Grundsteuerbefreiungen im Sinne der beiden vorstehend genannten Bundesgesetze obliegt den Gemeinden. Die Bestimmungen der §§ 186 Abs. 1 und 194 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, stehen dieser Sonderregelung nicht entgegen. Für die Berechnung und Festsetzung des Jahresbetrages der Grundsteuer sowie für die Einhebung und zwangsweise Einbringung sind die Gemeinden zuständig. ….

§ 22. Die im § 17 Abs. 1 und 3, § 18 Abs. 2 und § 19 Abs. 1 sowie im § 20 Abs. 1 letzter Satz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind mit Ausnahme der zwangsweisen Einbringung der Grundsteuer solche des eigenen Wirkungsbereiches.

2.5. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

§ 229. Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, daß die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

§ 238. (1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.6. Abgabenexekutionsordnung - AbgEO:

§ 2. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten nach Maßgabe des Abs. 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

§ 3. (1) Die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche werden nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.

§ 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

§ 13. (1) Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, daß die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, daß das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt (§ 12, Abs. (2)) geltend zu machen.

§ 15. (1) Im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten sind von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen.

(2) Eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist vom Finanzamt, das den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Mit diesem Antrag kann der Antrag auf Einstellung oder Aufschiebung der Vollstreckung verbunden werden.

2.7. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1. Grundsätzliches zum Rückstandsausweis:

Grundsätzlich ist auszuführen, dass – entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers – ein Rückstandsausweis den Bestand und die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld bestätigt und somit weder ein dem Abgabenschuldner noch ein dem Verpflichteten im Exekutionsverfahren zuzustellender Bescheid ist (vgl. VwGH VwSlg. 2252 A/1951, sowie VwGH 2000/17/0100 und VwGH 2000/15/0141). Der Erledigung vom 23. Juli 2019 kommt somit keine Bescheidqualität zu. Der Rückstandsausweis ist gemäß § 229 BAO Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde (vgl. VwGH 96/17/0454 und VwGH 2000/15/0141). Rückstandsausweise bilden als Exekutionstitel die Grundlage der finanzbehördlichen und gerichtlichen Vollstreckung. Zudem sind sie öffentliche Urkunden über Bestand und Vollstreckbarkeit von Abgabenschulden, nicht aber rechtsmittelfähige Bescheide. Sie stellen bloß aus den Rechnungsbehelfen der Behörde gewonnene Aufstellungen über Zahlungsverbindlichkeiten dar. Wohl sind sie aber rechtserheblich und zufolge des § 4 AbgEO unabdingbare Voraussetzung im Vollstreckungsverfahren (Exekutionstitel). Der Rückstandsausweis muss die Person des Verpflichteten sowie die Art und den Umfang der geschuldeten Leistung eindeutig bezeichnen. Die Nennung der Person, die die Leistung zu erbringen hat, und die Art der Leistung müssen mit den Leistungsgeboten übereinstimmen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2378; vgl. VwGH 96/17/0454).

3.1.2. Zu den Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis:

Die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen ist mit Einwendungen geltend zu machen (vgl. z.B. VwGH 85/17/0116, VwGH 2002/17/0063 und VwGH 2000/15/0141).

Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben (Abgabenexekutionsordnung – AbgEO), BGBl. Nr. 104/1949, in der Fassung BGBl. I Nr. 105/2014, gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch für die Einbringung der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus der AbgEO nichts anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

Gemäß § 3 Abs. 1 AbgEO werden die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.

Im Falle eines abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens sind die Rechte, die dem Abgabenschuldner zur Geltendmachung behaupteter Unrichtigkeiten des Rückstandsausweises oder des Fehlens der Vollstreckbarkeit der Abgabenschuld zustehen, in den §§ 13 und 15 AbgEO umschrieben (vgl. VwGH 2002/17/0063).

§ 13 AbgEO regelt die Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung wegen Fehlens der Vollstreckbarkeit. Gemäß § 15 Abs. 2 AbgEO ist eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit vom Finanzamt (der Abgabenbehörde), das den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Die dem § 15 Abs. 2 AbgEO entsprechende Bestimmung findet sich in § 7 Abs. 4 EO – Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, in der Fassung BGBl. I Nr. 69/2014 (vgl. VwGH 2002/17/0063); gemäß § 7 Abs. 4 EO ist die gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen der in § 1 Z 13 EO genannten Titel auf Antrag von jener Stelle aufzuheben, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist (die Anordnung, dass der Antrag auf Aufhebung der Bestätigung bei jener Stelle einzubringen sei, von der der Exekutionstitel ausgegangen sei, wird dahin gehend verstanden, dass diese Stelle auch zuständig sei, über diese Einwendung zu entscheiden).

Der in § 7 Abs. 4 EO bezogene § 1 Z 13 EO (der die Exekutionstitel im Sinne der EO aufzählt) lautet:

"13. die über direkte Steuern und Gebühren sowie über Landes-, Bezirks- und Gemeindezuschläge ausgefertigten, nach den darüber bestehenden Vorschriften vollstreckbaren Zahlungsaufträge und Rückstandsausweise;".

Daraus folgt, dass die Eingabe des Beschwerdeführers vom 30. Juli 2019, mit welcher Einwendungen gegen den Rückstandsausweis vom 23. Juli 2019 erhoben wurde bzw. die Vollstreckbarkeit der in gerichtliche Exekution gezogenen Verbindlichkeiten bestritten wurde, als Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit gemäß § 7 Abs.4 EO zu qualifizieren ist.

3.1.3. Zum Instanzenzug:

Über diesen Antrag des Beschwerdeführers (betreffend Aufhebung des Rückstandsausweises) wurde letztlich mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 20. Dezember 2020 (abschlägig) entschieden. Dieser Bescheid wurde mit Berufung bekämpft, über die der Stadtrat der Stadtgemeinde *** nunmehr in Spruchpunkt 1.) des Bescheides vom 17. Juni 2021 entschieden hat. Dieser Bescheid wurde mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung über Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis gemäß § 229 BAO und die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung liegt auch im Falle einer gerichtlichen Exekution jedenfalls bei der Titelbehörde (vgl. VwGH 2004/17/0168).

3.1.4.

Ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit eines Rückstandsausweises ist der Sache nach auch die Bestreitung der Richtigkeit des Rückstandsausweises, dessen Teil die Vollstreckbarkeitsklausel ist. In diesem Sinne ist umgekehrt der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises jedenfalls als Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsklausel, die Teil des Rückstandsausweises ist, zu verstehen. In der Bestreitung der Rechtmäßigkeit der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung liegt gleichzeitig die Bestreitung, dass die Ausstellung des Rückstandsausweises über die konkrete, in ihm genannte Summe nicht rechtmäßig ist, weil der Rückstandsausweis nur rechtmäßig ist, wenn er ausschließlich vollstreckbare Forderungen berücksichtigt. Es handelt sich dabei insgesamt um einen (negativen) Feststellungsantrag, dass die (vollstreckbare) Zahlungspflicht in dieser Höhe nicht zu Recht bestehe, somit die Vollstreckbarkeitsbestätigung zu Unrecht ausgestellt worden sei.

Erweisen sich die im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenforderungen dem Grunde und der Höhe nach als richtig, so hat die Abgabenbehörde den Feststellungsantrag abzuweisen bzw. die Vollstreckbarkeit des ausgewiesenen Rückstandes zu bestätigen. Widrigenfalls – wenn sich nicht alle im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenforderungen dem Grunde und der Höhe nach als richtig erweisen - wäre die Rechtswidrigkeit des Rückstandsausweises festzustellen bzw. der Rückstandsausweis aufzuheben. Da es sich bei einem Rückstandsausweis selbst nicht um einen Bescheid handelt, kommt dessen Abänderung bzw. Berichtigung durch Bescheid jedenfalls nicht in Betracht. Erweist sich die Höhe des ausgewiesenen Rückstandes als unrichtig, so hat die Abgabenbehörde die Rechtswidrigkeit des Rückstandsausweises festzustellen und den Rückstandsausweis aufzuheben.

3.1.5. Zur Abgabenfestsetzung:

Bei dem gegenüber dem Voreigentümer erlassenen Abgabenbescheiden des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2013 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 899,55), vom 15. Jänner 2014 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 914,71), vom 15. Jänner 2013 (Abfallwirtschaftsgebühr und –abgabe mit Jahresbetrag von € 314,60), vom
11. Oktober 2011 (Grundsteuer mit Jahresbetrag von € 72,75), vom
12. Oktober 2015 (Grundsteuer Aufrollung mit einem Betrag von € 2.370,08) waren dem Voreigentümer Abgaben nach dem klaren Wortlaut der Bescheidsprüche bestimmte Jahresgebühren vorgeschrieben worden. Die in diesen Abgabenbescheiden festgesetzten Gebühren waren bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides in unveränderter Höhe zu entrichten. Ungeachtet des Umstandes, dass diese, eine "laufende" Abgabe bemessenden Bescheide - wie auch jeder andere Abgabenfestsetzungsbescheid - nicht als Leistungsbescheid formuliert sind, bildeten sie - wie jeder Abgabenfestsetzungsbescheid - eine taugliche Grundlage für die Vornahme einer entsprechenden Anlastung am Abgabenkonto des Abgabepflichtigen (vgl. VwGH 2006/17/0054).

3.1.6. Zur dinglichen Wirkung:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die dingliche Bescheidwirkung so zu verstehen, dass der dem Rechtsvorgänger im Grundeigentum erteilte Abgabenbescheid ab dem Eigentumsübergang dem Erwerber gegenüber unmittelbar Rechtswirkung entfaltet, ohne dass es hiezu der Erlassung eines Haftungsbescheides bedarf. Bei der "dinglichen Wirkung" eines Bescheides handelt es sich hier um eine durch das Gesetz angeordnete, über die Bescheidadressaten hinausgehende Rechtswirkung eines Bescheides und nicht um einen Haftungstatbestand. Ab dem Eigentumsübergang hatte der an den Rechtsvorgänger im Grundeigentum ergangenen Abgabenbescheid betreffend Seuchenvorsorgeabgabe unmittelbar Rechtswirkung für den Erwerber; diesem gegenüber ist insoweit weder die Sachhaftung noch die persönliche Haftung geltend zu machen. Die " dingliche Wirkung" erfasst nach der erwähnten Rechtsprechung sowohl "einmalige" Abgaben als auch "laufende" Abgaben, weil das Gesetz insofern nichts Unterschiedliches normiert (vgl. VwGH 2006/17/0054 und VwGH 2011/17/0071).

Es handelt sich bei der dinglichen Bescheidwirkung somit um eine gesetzlich angeordnete Erstreckung von Bescheidwirkungen auf den (die) folgenden Eigentümer einer bescheidgegenständlichen Liegenschaft. Die bescheidmäßige „Personalisierung“ der Abgabenforderung gegenüber dem früheren Liegenschaftseigentümer ist für den Eintritt einer Zahlungspflicht des späteren Eigentümers (hinsichtlich der vor dem Eigentumsübergang entstandenen Abgabenschuldverhältnisse) notwendige Voraussetzung. Bei einem Abgabenbescheid handelt es sich um einen Festsetzungsbescheid, einen Leistungsbescheid, aus welchem sich eine konkrete Zahlungsverpflichtung ergibt. Die Kanalbenützungsgebühr, die Grundsteuer und die Abfallwirtschaftsgebühren und - abgaben sind in ihrem Jahresbetrag festzusetzen, ein solcher Bescheid wirkt auch für die bescheidgegenständliche Liegenschaft auch für die Folgejahre, bis zur Erlassung eines neuen Bescheides. Zu entrichten sind die festgesetzten Abgabenbeträge zu den ebenfalls im Abgabenbescheid bezeichneten Fälligkeitsterminen. Die Höhe der offenen und vollstreckbaren Forderungen ergibt sich dann aus der Differenz zwischen den zu den einzelnen Fälligkeitsterminen zu entrichtenden Beträgen und den tatsächlich entrichteten Beträgen (vgl. VwGH 2006/17/0054). Da - wie festgestellt - gegenüber dem früheren Eigentümer der Liegenschaft wirksam mit Abgabenbescheiden Abgaben und Gebühren festgesetzt wurden, trifft die durch diese Bescheide begründete Zahlungspflicht auch jeden späteren Eigentümer der Liegenschaft (als Gesamtschuldner). Dementsprechend stehen der Einforderung von Abgabenbeträgen hinsichtlich der vor dem Zeitpunkt eines Eigentumsübergangs angefallenen Abgaben und Gebühren grundsätzlich keine rechtlichen Hindernisse entgegen.

3.1.7. Zur Verjährungseinrede:

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, (grundsätzlich) binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Die Einhebungsverjährung befristet das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen. Einhebungsmaßnahmen sind nur auf Abgabenschuldigkeiten zulässig, die noch nicht "einhebungsverjährt" sind (vgl. VwGH 2009/15/0093). Der Zweck der Verjährungsbestimmungen nach § 238 BAO liegt darin, dass infolge Zeitablaufes Rechtsfriede eintritt und dass Beweisschwierigkeiten und Fehler in der Sachverhaltsermittlung, die insbesondere durch ein der Behörde zuzurechnendes Verstreichenlassen längerer Zeiträume entstehen, vermieden werden (vgl. VwGH Ro 2017/15/0015).

Die hg. Rechtsprechung seit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom
18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, 0038, VwSlg. 7038 F/1995, sieht Unterbrechungshandlungen im Sinn des § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen und somit entfalten solche Unterbrechungshandlungen nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfälligen Haftungspflichtigen Wirkungen (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 18 zu § 238 zitierte hg. Rechtsprechung sowie VwGH 2007/13/0017 und VwGH Ra 2015/16/0044). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es ausreicht, wenn eine Unterbrechungshandlung zumindest gegenüber einem von mehreren Miteigentümern bzw. dem Voreigentümer gesetzt wurde. Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zählt, dass sie nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet ist und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte (vgl. z.B. Ritz, BAO4, § 238 Tz 12, mit Hinweisen auf die hg. ständige Judikatur, sowie VwGH 2010/13/0153). Der Rückstandsausweis ist seinem Inhalt nach eine Zusammenfassung des Ergebnisses der Verrechnung der Abgabenbelastungen, der Zahlungen und sonstigen Gutschriften, abgeleitet aus dem Rechenwerk der Behörde. Die Behörde weist somit den Stand der Gestion der Abgabengebarung aus, ordnet das aufgegliederte Ergebnis der Schuld einem bestimmten Schuldner zu und hält dieses Ergebnis ihrer schuldnerbezogenen Gebarung in einer öffentlichen Urkunde, im Rückstandsausweis - als Bedingung und Grundlage der Vollstreckung -, fest. Der Rückstandsausweis ist somit als Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zu werten.

Bei der vorliegenden "dinglichen Wirkung" der Abgabenbescheide vom
11. Oktober 2013 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 899,55), vom
15. Jänner 2014 (Kanalbenützungsgebühr mit Jahresbetrag von € 914,71), vom
15. Jänner 2013 (Abfallwirtschaftsgebühr und –abgabe mit Jahresbetrag von € 314,60), vom 11. Oktober 2011 (Grundsteuer mit Jahresbetrag von € 72,75), vom 12. Oktober 2015 (Grundsteuer Aufrollung mit einem Betrag von € 2.370,08) muss sich aber auch der Rechtsnachfolger Unterbrechungshandlungen zurechnen lassen, die dem Rechtsvorgänger im Liegenschaftseigentum gegenüber gesetzt wurden. Die behauptete Einhebungsverjährung liegt somit nicht vor.

3.1.8.

Es ist daher in der Folge für den verfahrensgegenständlichen Rückstandsausweis vom 23. Juli 2019 zu prüfen, ob die im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenforderungen dem Grunde und der Höhe zu Recht besteht, ob es sich um offene, rechtmäßig bestehende (bescheidmäßig begründete) Zahlungspflichten des in Anspruch genommenen Schuldners handelt.

Es erweist sich daher, dass der zur Exekution gebrachte Betrag in dieser Höhe offen ist bzw. die gegen den Rückstandsausweis eingebrachten Einwendungen nicht berechtigt sind. Da der im Rückstandsausweis ausgewiesenen Forderungen durch Bescheid begründete Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Stadtgemeinde *** zugrunde liegen, erweist sich dieser Rückstandsausweis als rechtsrichtig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

3.1.9.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die unter Punkt 3.1. auch angeführt ist, auch einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Abgabenbescheid; Rückstandsausweis; dingliche Wirkung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1637.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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