TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/8 96/04/0164

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Veröffentlicht am 08.10.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

ABG §18;
ABG §222;
AVG §8;
BergG 1975 §254 Abs1;
BergG 1975 §254 Abs2;
BergG 1975 §94;
BergG 1975 §98 Abs1;
BergG 1975 §98 Abs2;
BergG 1975 §99;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Mödling, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Juni 1996, Zl. 63.220/71-VII/A/4/96, betreffend Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz 1995 (mitbeteiligte Partei: X-Ges.m.b.H. in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des vorgelegten angefochtenen Bescheides erteilte die Berghauptmannschaft Wien mit Bescheid vom 23. Jänner 1996 der mitbeteiligten Partei eine Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz für ein näher bezeichnetes Abbaufeld.

Über Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid ergänzte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Bescheid vom 19. Juni 1996 den Spruch des erstbehördlichen Bescheides dahingehend, daß der Antrag der Beschwerdeführerin vom 2. Februar 1995, mit dem die Zuerkennung der Parteistellung im bergbehördlichen Verfahren beantragt wurde, gemäß § 98 Berggesetz 1995 abgewiesen werde. Im übrigen wurde die Berufung mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der Bestimmung des § 98 Berggesetz 1995 aus, es sei nicht vorgekommen und auch nicht behauptet worden, daß die Beschwerdeführerin Partei im Sinne des § 98 des Berggesetzes 1995 sei. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, das begehrte Abbaufeld liege im von der k.k.

Berghauptmannschaft in Wien am 15. Dezember 1879 verfügten Schutzrayon zum Schutz der Thermen in Baden bei Wien sowie im vom Revierbergamt St. Pölten am 24. Dezember 1893 verfügten Schutzrayon zur Sicherung der Kronprinz-Rudolf-Quellen und der Elisabethquelle, sei zunächst zu bemerken, daß die Parteistellung im § 98 Berggesetz 1995 abschließend geregelt werde. Zur Bedeutung der genannten Schutzgebiete sei auszuführen, daß nach § 18 des Allgemeinen Berggesetzes, RGBl. Nr. 146/1854, von den Bergbehörden im Einverständnis mit den beteiligten Verwaltungsbehörden zu entscheiden gewesen sei, wenn gegen die Zulässigkeit von Schürfungen an anderen Orten als den im § 17 leg. cit. angeführten aus öffentlichen Rücksichten Bedenken erhoben würden. Nach § 222 des Allgemeinen Berggesetzes habe die Bergbehörde bei Ereignissen im Bergbaubetrieb, welche die Sicherheit der Personen, Gebäude, Grundstücke, Heilquellen, Brunnen oder andere Anlagen gefährdeten, die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln, in der Regel mit Beiziehung der politischen Behörde, anzuordnen gehabt. Aus § 254 Berggesetz 1975 gehe hervor, daß für Heilquellen und Wasserversorgungsanlagen bestimmte Schutzgebiete nach §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes 1854 weiter gelten, bis sie durch eine Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft neu festgesetzt oder aufgelassen würden. Ein Verbot im Sinne der §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes könne jedoch nur für jene Bergbautätigkeiten gelten, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Verbotes dem Anwendungsbereich des Allgemeinen Berggesetzes unterlegen seien. Es gelte somit nicht für Tätigkeiten, die sich auf solche mineralische Rohstoffe bezögen, die zu diesem Zeitpunkt vom Anwendungsbereich des Allgemeinen Berggesetzes etwa deswegen ausgenommen gewesen seien, weil es sich nicht um auf vorbehaltene Mineralien bezogene Bergbautätigkeiten handle. Dies gelte auch für den Fall, daß eine auf mineralische Rohstoffe bezogene Bergbautätigkeit zwar zum Zeitpunkt der Erlassung des Verbotes vom Anwendungsbereich des Allgemeinen Berggesetzes (noch) ausgenommen gewesen sei und erst in späterer Folge in den Kreis der vorbehaltenen Mineralien oder all jener sonstigen Bergbautätigkeiten aufgenommen worden sei, für welche die bergrechtlichen Vorschriften Geltung hätten. Würde man der vorstehenden Auslegung nicht folgen, sondern ein Verbot nach §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes auf all jene mineralischen Rohstoffe beziehen, die jeweils vom geltenden Berggesetz erfaßt würden, so bedeutete dies, daß ein von der Vollziehung verfügtes Verbot seinen genauen Inhalt jeweils aus Regelungen einer anderen Staatsfunktion, nämlich der Gesetzgebung, bezöge. Ein dermaßen unbestimmter Inhalt des Verbotes wäre mit dem Grundsatz einer rechtsstaatlichen Vollziehung nicht vereinbar. Der Anwendungsbereich des Allgemeinen Berggesetzes habe sich aus dessen § 3 ergeben. Danach habe Dolomit weder im Zeitpunkt der Festlegung des Schutzgebietes zum Schutz der Heilquellen in Baden bei Wien noch des Schutzgebietes zum Schutz der Kronprinz-Rudolf-Quellen und der Elisabethquelle zu den vorbehaltenen Mineralien gezählt. Dolomit habe im übrigen überhaupt nie zu den vorbehaltenen Mineralien gezählt. Er sei erst durch das Berggesetz 1995 zu einem grundeigenen mineralischen Rohstoff erklärt und damit erstmals den berggesetzlichen Bestimmungen unterworfen worden. Da sich somit die Verbote nach §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes für die vorgenannten Schutzgebiete nicht auf die Gewinnung von Dolomit bezögen, gingen die Vorbringen der Beschwerdeführerin zur behaupteten Parteistellung aus diesem Grunde ins Leere. Da das Recht, Berufung zu erheben, nur einer vom Bescheid betroffenen Partei zustehe, die Beschwerdeführerin jedoch nicht als Partei im Verfahren zur Erteilung der gegenständlichen Gewinnungsbewilligung anzusehen sei, besitze sie auch kein Recht zur Einbringung einer Berufung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteistellung in dem Verwaltungsverfahren, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, als verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt sie im wesentlichen vor, aus der Anwendbarkeit des gemäß § 254 Berggesetz 1995 übergeleiteten Schutzgebietes ergebe sich ein rechtliches Interesse, das ihr nach § 8 AVG Parteistellung vermittle. Die Rechtsansicht der belangten Behörde über die Unanwendbarkeit der Verbote im Sinne der §§ 18 und 222 im vorliegenden Fall, weil Dolomit zum Zeitpunkt der Bestimmung der in Rede stehenden Schutzgebiete vom Berggesetz nicht erfaßt worden sei, gehe deshalb fehl, weil die belangte Behörde damit den Sinn und Regelungsgehalt der genannten Verordnungen verkenne. Die Gefährlichkeit einer Bergbautätigkeit im Hinblick auf gefährdete Quellen ergebe sich nicht aus dem abgebauten Material, sondern (aus näher dargestellten Gründen) aus der Art des Abbaues. Die von der belangten Behörde zugrunde gelegte versteinernde Auslegung des Schutzbereiches der genannten Verordnungen entspreche nicht dem damals intendierten Zweck, nämlich dem Schutz der Quellen. Bei richtiger Interpretation der Verordnungen unter Bedachtnahme auf den tatsächlichen Schutzzweck und unter Bedachtnahme auf den Gesichtspunkt der intrasystematischen Fortentwicklung des Bergrechtes wäre die Bergbehörde zu dem Schluß gekommen, daß auf das vorliegende Genehmigungsverfahren die Schutzverordnungen anzuwenden seien und in weiterer Folge auch die Beschwerdeführerin Parteistellung im Genehmigungsverfahren gehabt hätte. Im übrigen rügt die Beschwerdeführerin, es sei im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren ein ausreichender Nachweis eines grundeigenen mineralischen Rohstoffes nicht erfolgt und es sei die Bergbehörde wegen der Anwendbarkeit des UVP-Gesetzes im vorliegenden Fall nicht zuständig gewesen.

Gemäß § 98 Berggesetz 1975 sind Parteien im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das begehrte Abbaufeld zu liegen kommt, ferner, soweit sie durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung berührt werden (§ 95 Abs. 1 Z. 4), Gewinnungs- und Speicherberechtigte sowie Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes, denen der Grundeigentümer das Gewinnen sonstiger mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen hat.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in ihrer im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 219/1996 ist als Partei auch das Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, anzusehen, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihm zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten des Naturschutzes, der Raumordnung, des Fremdenverkehrs oder des Umweltschutzes berührt werden. Hiedurch wird eine allfällige Parteistellung des Landes als Träger von Privatrechten (Abs. 1) nicht beeinträchtigt.

Gemäß § 18 des Allgemeinen österreichischen Berggesetzes, RGBl. Nr. 146/1854, ist von den Bergbehörden im Einverständnisse mit den beteiligten Verwaltungsbehörden darüber zu entscheiden, wenn gegen die Zulässigkeit von Schürfungen an anderen Orten als an den im § 17 angeführten, aus öffentlichen Rücksichten Bedenken erhoben werden.

Nach § 222 leg. cit. in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 277/1925 hat die Bergbehörde, nötigenfalls mit Beiziehung von Sachverständigen, die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen im Bergbaubetrieb anzuordnen, wenn durch den Bergbau Leben oder Gesundheit von fremden Personen, Gebäude, Grundstücke, Heilquellen, Brunnen oder andere Anlagen gefährdet werden. Hiebei hat die Bergbehörde, wenn öffentliche Rücksichten berührt werden, im Einvernehmen mit der politischen Behörde vorzugehen. Bei Gefahr im Verzug hat die politische Behörde bis um Eingreifen der Bergbehörde die unaufschiebbaren Maßnahmen zu treffen.

Zufolge § 254 Abs. 1 Berggesetz 1975 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung die nach den §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes, RGBl. Nr. 146/1854, für Heilquellen und Wasserversorgungsanlagen bestimmten Schutzgebiete neu festzusetzen oder, wenn die Voraussetzungen hiefür nicht mehr gegeben sind, aufzulassen. In dieser Verordnung ist auch zu bestimmen, inwieweit die im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten in den neu festgesetzten Schutzgebieten durchgeführt werden dürfen. Mit dem Inkrafttreten der das Schutzgebiet neu festsetzenden oder dieses auflassenden Verordnung wird der nach den §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes ergangene individuelle oder generelle Verwaltungsakt, der das Schutzgebiet seinerzeit festgesetzt hat, gegenstandslos.

Nach dem Abs. 2 des § 254 Berggesetz 1975 verlieren individuelle und generelle Verwaltungsakte, die nach den §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes ergangen sind und Schutzgebiete für andere Objekte als Heilquellen und Wasserversorgungsanlagen festgesetzt haben, mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ihre Wirksamkeit.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung als Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muß vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Rechtsvorschriften abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 94/04/0095). In dem zitierten hg. Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch dargelegt, daß davon ausgehend aus der Bestimmung des § 98 Berggesetz 1975 eine Parteistellung der Standortgemeinde ganz allgemein nicht abgeleitet werden kann. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß im Bereich des betroffenen Abbaufeldes eine Wasserleitung liegt, zu deren Schutz ein Verwaltungsakt im Sinne der §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes ergangen ist, auch wenn dieser im Sinne des § 254 Abs. 1 Berggesetz 1975 weiterhin wirksam ist. Denn nach den zugrunde liegenden Bestimmungen der §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes vermittelt ein derartiger Verwaltungsakt kein subjektiv-öffentliches Recht der Standortgemeinde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1996, Zl. 95/04/0214).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit in der Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin sei im Verfahren zur Erteilung der in Rede stehenden Gewinnungsbewilligung auch unter Berücksichtigung der nach den §§ 18 und 222 des Allgemeinen Berggesetzes ergangenen Verwaltungsakte hinsichtlich der fraglichen Wasserleitung Parteistellung nicht zugekommen, im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Davon ausgehend wurden auch dadurch, daß die belangte Behörde, obwohl sie die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig erachtete, den erstbehördlichen Bescheid abänderte, subjektive Rechte der Beschwerdeführerin nicht berührt, sodaß auch dieser Umstand eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht rechtfertigt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040164.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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