TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/22 W270 2193552-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

AsylG 2005 §13
AsylG 2005 §28 Abs1
AsylG 2005 §51 Abs1
AsylG 2005 §70
AVG §78
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W270 2193552-2/4E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. GRASSL über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Enthofer, Promenade 16, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. XXXX , betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Berichtigung einer Aufenthaltsberechtigungskarte, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. §§ 13, 28 Abs. 1 und 51 Abs. 1 AsylG 2005 ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 78 AVG und § 70 AsylG 2005 ersatzlos behoben.

B)

I. Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

II. Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: „Beschwerdeführer“) beantragte mit Eingabe vom 09.04.2019 – unter Verweis auf die dieser beiliegende und übersetzte Tazkira – die bescheidmäßige Richtigstellung bzw. Vervollständigung seines Namens im Bescheid der belangten Behörde vom 14.03.2018, Zl. XXXX , sowie die Ausstellung einer berichtigten „Asylkarte“.

2. Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 23.04.2019 mangels gesetzlicher Grundlage als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und sprach zudem aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG innerhalb einer Frist von vier Wochen Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 zu entrichten habe (Spruchpunkt II.).

3. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 03.05.2019 monierte der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit dieses Bescheids und begehrte, dass das Bundesverwaltungsgericht diesen ersatzlos beheben und „an die Erstinstanz zur antragskonformen Erledigung rückverweisen“ möge. In eventu möge es „den angefochtenen Bescheid abändern und eine inhaltlich-antragskonforme Erledigung vornehmen und [dem] Antrag auf Richtigstellung [seines] Namens stattgeben“. Der Beschwerdeführer begehrte weiters, dass das Bundesverwaltungsgericht Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ersatzlos aufheben möge.

II. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.07.2015 an die belangte Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 14.03.2018, Zl. XXXX , abgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde vom 14.04.2018 ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht zur Verfahrenszl. W205 2193552-1 anhängig.

2. Dem Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde mit Ausstellungsdatum 14.02.2019 eine „Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005“ ausgestellt und diesem übergeben.

3. Mit Antrag vom 25.01.2019 begehrte der Beschwerdeführer die Richtigstellung seines Geburtsjahrs in der „Asylkarte“ auf „ XXXX “. Mit Bescheid vom 30.01.2019, Zl. XXXX , berichtigte die belangte Behörde den Bescheid vom 14.03.2018, Zl. XXXX , von Amts wegen dahingehend, dass das Geburtsjahr des Beschwerdeführers „ XXXX alias XXXX “ zu lauten habe.

4. Mit bei der belangten Behörde eingebrachtem Antrag vom 09.04.2019 ersuchte der Beschwerdeführer der ihm ausgestellten „Asylkarte“ dahingehend, dass in dieser sein Vorname mit „ XXXX “ und sein Geburtsdatum mit „ XXXX “ ausgewiesen werden soll.

III. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt. Er blieb von den Parteien unbestritten.

IV. Rechtliche Beurteilung:

1.       Zu Spruchpunkt A.I.: Abweisung der Beschwerde

1.1. Die belangte Behörde begründete ihre Zurückweisungsentscheidung im Wesentlichen damit, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels eines unbedenklichen Dokuments nicht feststehe und die namentlich Nennung des Beschwerdeführers lediglich der Individualisierung seiner Person als Verfahrenspartei diene. Diese wiederum beruhe auf den gleichlautenden Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren. Daher würden keine Fehler vorliegen, welche einen Berichtigungsbescheid in Bezug auf den Namen des Beschwerdeführers begründen könnten (zu allem Bescheid, S. 3 f).

1.2. Der Beschwerdeführer begründet seinen Primärantrag auf Aufhebung und Zurückverweisung sowie seinen Eventualantrag auf Abänderung in der Beschwerde insbesondere damit, dass ihm im Rahmen seiner verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (Gleichbehandlung unter Fremden) unabdingbar das Rechte zustehe, dass seine Registrierung und persönlichen Daten vor österreichischen Behörden jedenfalls richtiggestellt werden. Durch den angefochtenen Bescheid verweigere ihm die Behörde die Richtigstellung und Dokumentation seiner Identität in Österreich und verletze ihn somit in seinen verfassungsgesetzlich geschützten Rechten.

1.3. Dazu war nun zu erwägen:

1.4. Die Entscheidung in Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids war eindeutig auf eine Zurückweisung gerichtet. Dies zeigt sich schon daran, dass es für die belangte Behörde an einer „gesetzlichen Grundlage“ für die Berichtigung mangelte (Bescheid, S. 4, vgl. zur hier nicht gegebenen, allfälligen Umdeutungsmöglichkeit von einer „Zurückweisung“ auf eine „Abweisung“ etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0163, Rn. 19, m.w.N.).

1.5. Hat die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. VwGH 03.02.2021, Ra 2020/06/0324, Rn. 7, m.w.N.).

1.6. Das Beschwerdebegehren des Beschwerdeführers – der hier durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten wird – zielt primär auf eine „ersatzlose“ Behebung und „Zurückverweisung“ an die Erstinstanz „zur antragskonformen Erledigung“ ab.

1.7. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 4 hat eine Beschwerde u.a. ein Begehren zu enthalten. Inwieweit ein Verwaltungsgericht in die Erledigung einer Beschwerde einsteigen darf hängt u.a. davon ab, ob das Begehren innerhalb der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens lag (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/11/0044, Rn. 15).

1.8. Doch sprach der Verwaltungsgerichtshof bereits zu § 63 Abs. 3 AVG aus, dass bei der Auslegung des Begriffs „begründeter Berufungsantrag“ kein übertriebener Formalismus anzuwenden ist. Es ist vielmehr der wesentliche Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend. Daran anknüpfend übertrug der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsprechungslinie auf die Beschwerdebegründung und den Beschwerdeantrag und hielt fest, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die grundsätzlichen Anforderungen an bei Verwaltungsgerichten eingebrachte Beschwerden gegenüber den Anforderungen des AVG an Berufungen verschärft werden sollten. Demnach genügt es, wenn das vor dem Verwaltungsgericht erhobene Rechtsmittel erkennen lasse, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (zu allem VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0420, Rn. 8, m.w.N.).

1.9. Das Beschwerdebegehren (und mangels sonstiger Anhaltspunkte auch die Beschwerde im Übrigen) erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht als zulässig. Das (klar erkennbare) Ziel einer ersatzlosen Behebung ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren jedenfalls erreichbar. Auch die dem Primärbegehren hinzugefügte, begehrte „Zurückverweisung zur antragskonformen Erledigung“ und die Ausführung des Begehrens durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter schaden dabei noch nicht.

1.10. Strittig und gegenständlich zu prüfen ist somit, ob die belangte Behörde zu Recht eine meritorische Erledigung verweigerte:

1.11. Festzuhalten ist, dass der Antrag des Beschwerdeführers angesichts auch der beigelegten Urkunden sowie der sonstigen Ausführungen klar dahingehend zu verstehen ist, als es ihm – wenngleich er in Antragsbegründung und Beschwerde von „Asylkarte“ spricht – um eine Abänderung von Informationen in einer ihm ausgestellten und übergebenen Karte nach § 51 AsylG 2005 geht (vgl. zur Behandlung von Prozesserklärungen etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2019/08/0181, Rn. 11, m.w.N.).

1.12.1. Folgende Rechtslage ist als entscheidungswesentlich zu betrachten:

1.12.2. Art. 6 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (in Folge: „Aufnahme-RL“) lautet samt Überschrift:

„Dokumente

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass den Antragstellern innerhalb von drei Tagen nach dem gestellten Antrag auf internationalen Schutz eine Bescheinigung ausgehändigt wird, die auf ihren Namen ausgestellt ist und ihren Rechtsstatus als Antragsteller bestätigt oder bescheinigt, dass sich die betreffende Person im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten darf, solange ihr Antrag zur Entscheidung anhängig ist oder geprüft wird.

Ist es dem Inhaber nicht gestattet, sich innerhalb des gesamten Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats oder eines Teils davon frei zu bewegen, so ist dies in der Bescheinigung ebenfalls zu vermerken.

(2) Im Fall einer Inhaftnahme des Antragstellers und während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz, der an der Grenze oder im Rahmen eines Verfahrens gestellt wurde, in dem darüber entschieden wird, ob der Antragsteller das Recht hat, in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einzureisen, können die Mitgliedstaaten von der Anwendung dieses Artikels absehen. In Sonderfällen können die Mitgliedstaaten Antragstellern während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz andere Nachweise ausstellen, die dem in Absatz 1 genannten Dokument gleichwertig sind.

(3) Mit dem in Absatz 1 genannten Dokument wird nicht notwendigerweise die Identität des Antragstellers bescheinigt.

(4) Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Antragstellern das in Absatz 1 genannte Dokument auszustellen, das so lange gültig sein muss, wie ihnen der Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gestattet ist.

(5) Die Mitgliedstaaten können einem Antragsteller ein Reisedokument ausstellen, wenn schwerwiegende humanitäre Gründe seine Anwesenheit in einem anderen Staat erfordern.

(6) Die Mitgliedstaaten unterwerfen Antragsteller vor Zuerkennung der Rechte, auf die sie nach Maßgabe dieser Richtlinie Anspruch haben, nicht allein deshalb unnötigen oder unverhältnismäßigen Auflagen in Bezug auf Dokumente oder sonstige verwaltungstechnische Aspekte, weil sie internationalen Schutz beantragt haben.“

1.12.3. Das AsylG 2005 lautet samt Überschriften auszugsweise:

„Aufenthaltsrecht

§ 13. (1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

(2) … (4) …

Zulassungsverfahren

§ 28. (1) Ist der Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich nicht zurückzuweisen, ist das Verfahren zuzulassen, soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird. Die Zulassung erfolgt durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51), sofern dem Asylwerber ein Aufenthaltsrecht zusteht; eines Bescheides bedarf es dann nicht. Andernfalls ist die Zulassung mit Verfahrensanordnung zu dokumentieren. Die Zulassung steht einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

(2) … (4) …

Aufenthaltsberechtigungskarte

§ 51. (1) Einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist, ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig.

(2) Die Aufenthaltsberechtigungskarte dient dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Nach Beendigung des Verfahrens oder bei Entzug des Aufenthaltsrechts ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesasylamt zurückzustellen.

(3) Die nähere Gestaltung der Aufenthaltsberechtigungskarte hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung zu regeln. Die Aufenthaltsberechtigungskarte hat insbesondere zu enthalten: Die Bezeichnung „Republik Österreich“ und „Aufenthaltsberechtigungskarte“, Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Asylwerbers sowie Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Unterschrift des Genehmigenden.“

1.12.4. Nach § 2 Abs. 2 AsylG-DV 2005 werden Aufenthaltsberechtigungskarten als Karten auf Kunststoffbasis nach dem Muster der Anlage C dieser Verordnung ausgestellt und enthalten neben den in § 51 AsylG 2005 bezeichneten Daten eine Kartennummer.

1.12.5. Anlage C AsylG-DV 2005 lautet:

1.16. Angewendet auf den gegenständlichen Fall folgt daraus:

1.17. § 51 AsylG 2005 entspricht weitestgehend seiner durch BGBl. I Nr. 100/2005 kundgemachten Stammfassung. Die dazugehörigen Gesetzesmaterialien nehmen auf Art. 6 Aufnahme-RL Bezug und halten fest, dass die Aufenthaltsberechtigungskarte nicht dem Nachweis der Identität „außerhalb“ von Verfahren nach dem AsylG 2005 diene (vgl. ErläutRV 952 BlgNR, 22. GP, S. 69).

1.18. Vorweg ist festzuhalten, dass die Ausstellung der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 51 Abs. 1 AsylG 2005 einen so genannten „Realakt“ darstellt, wie etwa auch die Gewährung einer Akteneinsicht, die Erteilung einer Auskunft oder der Hilfeleistung durch einen Sozialversicherungsträger (vgl. dazu etwa VwGH 13.05.2011, 2011/10/0039; 24.05.2018, Ro 2017/07/0026, Rn. 50; 15.05.2019, Ra 2018/13/0006, Rn. 16, m.w.N.). Ein Rechtsanspruch nach dieser Bestimmung wäre darüber hinaus ohnedies auch nicht gegeben (s. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 62 [Stand 1.7.2005, rdb.at], Rn. 60 angeführte Rechtsprechung).

1.19. Soweit die belangte Behörde im bekämpften Bescheid im Lichte des § 62 Abs. 4 AVG einen möglichen Anspruch auf Berichtigung von Inhalten der Aufenthaltsberechtigungskarte erwog ist zu sagen, dass sich diese Bestimmung schon nach ihrem klaren Wortlaut an „Bescheide“ richtete (wenngleich der Verwaltungsgerichtshof etwa auch „verfahrensrechtliche Anordnungen“ als berichtigungsfähig ansieht, vgl. VwGH 10.11.1969, Zl. 1027/69).

1.20. Für den Verwaltungsgerichtshof dient die Aufenthaltsberechtigungskarte u.a. zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eines Asylwerbers im Bundesgebiet. Sie ist dem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist, auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig (zu alldem vgl. VwGH 25.09.2007, 2007/18/0631).

1.21. Die Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 dokumentiert den Status als Asylwerber, der gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zum (vorläufigen) Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174).

1.22. Allein der Umstand der Nichtausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte begründet vor dem Hintergrund des § 28 Abs. 1 AsylG 2005 noch nicht die Annahme, das Verfahren sei jedenfalls nicht zugelassen (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0014, Rn. 5).

1.23. Zur Karte für subsidiär Schutzberechtigte nach § 52 AsylG 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof bereits judiziert, dass diese ausschließlich „deklaratorischen Charakter“ hat. Sie dient allein der Dokumentation der bescheidmäßigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Aus diesem Grund müssen die in dieser Karte enthaltenen Identitätsdaten, mit den Identitätsdaten, auf deren Grundlage die bescheidmäßige Zuerkennung des Status sowie die jeweilige befristete Aufenthaltsberechtigung erfolgte, übereinstimmen. Ein Anspruch auf eine Berichtigung von Daten auf der Karte ohne Änderung des zugrundeliegenden Bescheids, ist nicht vorgesehen (vgl. VwGH 24.05.2018, Ro 2017/01/0007, Rn. 19 ff).

1.24. Der Verfassungsgerichtshof hat zu § 46a FPG und der darin enthaltenen Bestimmung, wonach das Bundesamt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auf Antrag eine „Karte für Geduldete“ auszustellen hat, erwogen, dass dieser behördlichen Verpflichtung zur Kartenausstellung ein „Recht eines Fremden“ gegenübersteht. Dieses subjektive öffentliche Recht begründet i.V.m. § 8 AVG die Parteistellung des Fremden in einem Verfahren über die Ausstellung der Karte und damit einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über dieses Recht. Aus diesem ergibt sich wieder ein Antragsrecht auf Ausstellung der Karte (vgl. VfSlg. 19.935/2014, Pkt. 2.2.).

1.25. Im Schrifttum führen Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer zu § 51 AsylG aus, dass die Aufenthaltsberechtigungskarte dem Nachweis der Identität für Verfahren nach dem AsylG und der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet diene. Da durch diese gesetzlich normierte Funktion auch ein rechtliches Interesse der Antragsteller am Besitz der Karte gegeben ist, hat er auch ein Recht darauf, die Ausstellung zu beantragen. Die Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 im Gegensatz zu § 36b AsylG 1997 nun nicht mehr allgemein in allen Bereichen als Identitätsnachweis dient, sondern nur mehr als Nachweis der Identität in einem Verfahren nach dem AsylG 2005. Die Gesetzgebung sei hier offenbar einem Wunsch der behördlichen Praxis gefolgt, um allfälligen Missbrauch im Zusammenhang mit der Ausstellung von andere Dokumenten, die aufgrund der Vorlage der Aufenthaltsberechtigungskarte erlangt wurden, zu verhindern (zu allem vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Kommentar Asyl- und Fremdenrecht [2016], AsylG, § 51, K7 f).

1.26. Im Gegensatz zu einer Karte nach den §§ 51a und 52 AsylG 2005 liegt einer solchen nach § 51 leg. cit. bzw. deren Inhalt kein Bescheid zugrunde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, a.a.O., AsylG, § 51, K2). Eine Aufenthaltsberechtigungskarte gibt also nicht – deklaratorisch – Auskunft über eine durch Bescheid oder allenfalls verwaltungsgerichtliche Entscheidung (konstitutiv) verliehene Berechtigung.

1.27. Schon aus Art. 6 Abs. 1 Aufnahme-RL lässt sich ein Anspruch eines Antragstellers auf internationalen Schutz ableiten, dass ihm ein Dokument (Bescheinigung) ausgehändigt wird, welches ihm den Rechtsstatus als Antragsteller bestätigt oder ihm bescheinigt, dass er sich im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten darf. Dieser Anspruch wird auch implizieren, dass darin persönliche Daten wie Name und Geburtsdatum – dieser Zielsetzung entsprechend –angeführt werden.

1.28. Ein Fremder, dessen Asylverfahren zugelassen ist wird sohin – als Form des Anspruchs auf Ausstellung der Karte – auch einen Anspruch auf eine Berichtigung der in einer solchen enthaltenen Daten haben, sofern dies eben für den Identitätsnachweis in einem Verfahren nach dem AsylG 2005 oder zum Nachweis seines (vorläufigen) Aufenthaltsrechts nach § 13 Abs. 1 leg. cit. erforderlich ist (wie auch ein Anspruch auf eine Berichtigung von Daten in einer Karte nach § 52 AsylG 2005 bestehen wird, wenn sich diesbezüglich der zugrundeliegende Bescheid ändert). Insoweit ist diese Bestimmung – und spricht nach ihrem Wortlaut nichts dagegen – unionsrechtskonform in Anbetracht von Art. 6 Aufnahme-RL – so auszulegen (zur unionsrechtskonformen Auslegung etwa VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, Rn. 31 f, m.w.N.).

1.29. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die belangte Behörde den Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers nicht ohne inhaltliche Behandlung hätte zurückweisen dürfen. Sie hätte vielmehr zu prüfen gehabt, ob, insbesondere auch angesichts des Bescheids vom 14.03.2018 (dazu oben II.3.), der Berichtigungsantrag i.S. des im Vorabsatz dargelegten Rahmens und der zu seiner Begründung angeführten Umstände als berechtigt anzusehen gewesen wäre (und allenfalls – sodann als antragsentsprechender Realakt – eine neue oder modifizierte Karte auszustellen gehabt). Wäre die Behörde zum Schluss gekommen, dass keine Erforderlichkeit für die Änderungen gegeben ist, hätte sie den Antrag abzuweisen gehabt.

1.30. Insofern unterscheidet sich dieser Fall auch von jenem, welcher der Entscheidung Ro 2017/01/0007 zugrunde lag. Die dortigen Revisionswerber waren mangels Änderungen in dem Ihnen den Status als subsidiär Schutzberechtigte zuerkennenden gar nicht zur Antragstellung auf Berichtigung legitimiert.

1.31. Der Beschwerde war somit stattzugeben und Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids ersatzlos zu beheben.

2.       Zu Spruchpunkt A.II.: Ersatzlose Behebung des Kostenausspruchs

2.1. Gemäß § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend.

2.2. In dem gemäß § 4 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (in Folge: „BVwAbgV“) für das Ausmaß der Verwaltungsabgaben maßgebenden Tarif ist in Tarifpost 2 (A. Allgemeiner Teil) für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von EUR 6,50 festgesetzt.

2.3. Gemäß § 70 zweiter Satz AsylG 2005 sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke des AsylG 2005 Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten.

2.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (vgl. VwGH 01.09.2017, Ra 2016/03/0055, Rz. 36, m.w.N.). In einem weiteren Erkenntnis entschied der Verwaltungsgerichtshof sinngemäß, dass § 70 zweiter Satz AsylG zu einer Befreiung von der Verwaltungsabgabe nach Tarifpost 2 (A. Allgemeiner Teil) BVwAbgV führt, wenn der der Amtshandlung zugrundeliegende Antrag im Zusammenhang mit einem Antrag auf internationalen Schutz steht (vgl. VwGH 26.03.2019, Ro 2018/19/0005, Rz. 44).

2.5. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts ist gegenständlich von der gleichen Fallkonstellation wie eben beschrieben auszugehen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Richtigstellung bezieht sich auf jenen Bescheid, mit dem die belangte Behörde über seinen Antrag auf internationalen Schutz absprach. Der dem Antrag auf Richtigstellung folgende und verfahrensgegenständliche Bescheid erfolgte daher jedenfalls unmittelbar für Zwecke des Vollzugs des AsylG 2005. Die von der belangten Behörde angeführte „Ermangelung des Vorliegens einer durch die Behörde verschuldeten Unrichtigkeit“ (Bescheid, S. 4) ist hierbei irrelevant, weil die Befreiung nach § 70 AsylG 2005 nicht nach dem Ausgang des Verfahrens bzw. der Amtshandlung differenziert (vgl. wiederum das Erkenntnis des VwGH vom 26.03.2019, Ro 2018/19/0005, in dem der Verwaltungsgerichtshof trotz rechtmäßiger Zurückweisung der den Amtshandlungen zugrundeliegenden Feststellungsanträgen von der Rechtswidrigkeit der nach § 78 AVG festgesetzten Abgaben ausging).

2.6. In Anbetracht dessen war auch der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und dieser Spruchpunkt bereits aufgrund der Befreiung nach § 70 zweiter Satz AsylG 2005 ersatzlos zu beheben.

3.       Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

3.1. § 21 Abs. 7 BFA-VG lautet:

„(7) Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.“

3.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat ein Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen durchzuführen. Gemäß Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann die Verhandlung unter anderem dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.3. Da beide Spruchpunkte des bekämpften Bescheids schon aufgrund der – als solches unstrittig zu sehenden – Aktenlage ersatzlos zu beheben waren konnte fallbezogen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. dazu auch VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0052).

4. Zu Spruchpunkt B) I. und B) II.: Zulässigkeit der Revision

4.1. Die Revision gegen Spruchpunkt A.) I. ist zulässig, weil die hier entscheidungsrelevante Rechtsfrage, ob ein Rechtsanspruch auf eine Berichtigung von persönlichen Daten wie dem Namen sowie dem Geburtsdatum in einer ausgestellten Aufenthaltsberechtigungskarte besteht.

4.2. Diese Frage wurde, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht gelöst. Die Entscheidung Ro 2017/01/0007 lässt sich angesichts unterschiedlicher Rahmenbedingungen (insbesondere Abhängigkeit von einem Bescheid; deklaratorische Wirkung) nicht übertragen (zur Nichterfüllung von Art. 133 Abs. 4 bei übertragbarer Rechtsprechung vgl. etwa VwGH 27.03.2019, Ra 2019/12/0018, Rn. 13). Die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen sind auch nicht bereits für sich genommen klar und eindeutig (dazu etwa VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159, Rn. 7, m.w.N.).

4.3. Die Klärung dieser Rechtsfrage durch den Verwaltungsgerichtshof hat angesichts weiterer zu erwartender Fälle zweifellos über den Einzelfall hinaus Bedeutung (vgl. zu diesem Umstand etwa VwGH 29.12.2020, Ra 2020/12/0015, Rn. 59).

4.4. Die Lösung der Rechtsfrage ist auch von Relevanz für die Entscheidung über eine allfällige Revision: Hat das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht ein (grundsätzlich bestehendes) Recht auf eine Berichtigung bejaht, so hat es unrichtigerweise auch eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur meritorischen Behandlung der Sache gesehen (s. dazu VwGH. Der Revision wäre in diesem Fall stattzugeben.

4.5. Die Revision gegen Spruchpunkt A.) II. ist unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. insbesondere die unter Punkt IV.1.2. und IV.2.4. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren Aufenthaltsberechtigungskarte Behebung der Entscheidung Berichtigung ersatzlose Behebung Gebührenbefreiung meritorische Entscheidung Rechtsanspruch Revision teilweise zulässig Verwaltungsabgabe vorläufige Aufenthaltsberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W270.2193552.2.00

Im RIS seit

10.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten