TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/7 L518 2241483-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2021
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Entscheidungsdatum

07.06.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L518 2241483-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 25.2.2021, Zl. OB: XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 30 vH beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden „BF“ bzw. „bP“ genannt) beantragte mit Schreiben vom 14.2.2020, am 17.2.2020 bei der belangten Behörde (folglich „bB“ bezeichnet) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung in den Behindertenpass und brachte zur Untermauerung seines Vorbringens ein Konvolut von ärztlichen Schreiben in Vorlage.

Folglich wurde die bP am 5.6.2020 durch Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin und FA für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, klinisch untersucht und erbrachte des am 6.6.2020 vidierte Gutachten im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:

Anamnese:

Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Beantragt wurde:

- Implantation einer zementfreien Hüfte

- Reha

- Befund Dr. XXXX

- laufende Physiotherapie

Vorgutachten AM Dr. XXXX vom 02.05.2019: GdB 60% und UZM;

- Pseudarthrose des linken Hüftgelenke nach Fraktur (60%)

- Zustand nach Fraktur von Querfortsätzen, lumbale Bandscheibenschäden (20%)

- Zustand nach Fraktur des linken Handgelenkes (20%)

Zusätzliche Diagnosen:

- Hüftprothese links am 07.05.2019

- arterielle Hypertonie

Derzeitige Beschwerden:

Der Patient beschreibt anhaltende Rückenschmerzen, Gefühlsstörungen im linken Bein sowie auch immer wieder ziehende Schmerzen. Seit der letzten Begutachtung wurde links eine Hüftprothese implantiert. Von dieser Seite ist der soweit zufrieden, es besteht noch eine ausgeprägte Wetterfühligkeit. Die Einnahme von Schmerzmitteln ist mehrmals pro Monat notwendig. Unverändert besteht die Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk. Der Patient wurde inzwischen auch pensioniert.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Behandlungen: Physiotherapie;

Medikamentenliste Dr. XXXX vom 28.05.2020: Candesartan 16mg, Novalgin 25 Tr bei Bedarf (2-3x pro Monat)

Hilfsmittel: Gleitsichtbrille;

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Alle vorhandenen und mitgebrachten Befunde wurden eingesehen.

MR-Befund LWS vom 09.01.2019 (mitgebracht)

- multisegmentale Osteochondrose und geringe Retrospondylose der unteren Segmente

- Osteochondrose L4/5 und L5/S1 mit Protrusionen,

- kein Discusprolaps, keine Wirbelkanalstenose, keine neuroforaminale Enge

- Wirbelkörper Hämangiome L1 und L4

Arztbrief Unfallchirurgie KH- XXXX vom 12.05.2019:

- posttraumatische Coxarthrose links nach Motorradunfall 09/2016

- Entfernung des Marknagels 05/2018

- 07.05.2019: zementfreie Hüftprothese links

Arztbrief Reha XXXX vom 25.07.2019:

- Coxarthrose links (posttraumatisch nach Polytrauma 2016)

- Hüftprothese links am 07.05.2019

- Lumbalsyndrom

- Hypertonie

Befund orthop. FA Dr. XXXX vom 17.09.20019:

- Zustand nach pertrochantärer Fraktur links 2016 - Hüftprothese links 05/2019

- Lumboischialgie links

- Gonarthrose links

Nachuntersuchung BVA/Unfallversicherung vom 21.11.2019:

- 25 % MdE als Dauerrente weiter - davon 10 % linke Hüfte

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut

Ernährungszustand:

Gut

Klinischer Status – Fachstatus:

Allergie: keine bekannt

Nikotin: negiert

Alkohol: negiert

Caput/Collum: keine Schluckbeschwerden, Hörvermögen altersentsprechend, Gleitsichtbrille

Thorax: symmetrisch, unauffällige Atemexkursionen;

Pulmo: Vesikuläratmen beidseits (bds), keine Rasselgeräusche;

Cor: Herzaktion rein, rhythmisch und normofrequent, keine pathologischen Geräusche;

Abdomen: weich, kein Druckschmerz (DS), keine pathologischen Resistenzen palpabel, Nierenlager bds. frei;

Miktion und Defäkation: unauffällig

Obere Extremitäten: freie Beweglichkeit beider Schultern, keine Impingement, Kreuzgriff und Nackengriff problemlos möglich, Ellbogen beidseits und Handgelenke rechts unauffällig, links blande Narbe palmar seitig, die Beweglichkeit palmar/dorsal 30-0-50°, Pronation/Supination 70-0-30, endlagig etwas leicht schmerzhaft, beidseits der Faustschluss vollständig, der Pinzettengriff zu allen Langfinger möglich

Untere Extremitäten: Beinlängendifferenz -1 cm links, unauffällige Beinachse, livide, leicht eingezogenen Narben am distalen Oberschenkel medialseitig, Flexion der rechten Hüfte bis knapp über 90° schmerzfrei möglich, IR/AR 20-0-50°, links Flexion bis knapp 100°, IR/AR 10-0-50° schmerzfrei, blande Narbe, an beiden Knien keine Rötung, keine Schwellung, kein Erguss, S: 0-0-130° jeweils mit geringem retropatellären Krepitieren, Meniskuszeichen und Zohlen-Zeichen negativ, beide Knie bandstabil, Sprunggelenke und Füße unauffällig

Wirbelsäule: skoliotische Fehlhaltung, HWS-Rotation 50-0-50°, mäßige Hartspann der paravertebralen Muskulatur an der HWS und an der BWS, deutlicher im Bereich der unteren LWS, Druckschmerz über beiden ISG links mehr als rechts

Neurologie: die Fuße Dysästhesien am lateralen Fußrand links sowie am distalen lateralen Unterschenkel, einem Dermatom nicht eindeutig zuordenbar, im Bereich der oberen und unteren Extremitäten kein motorisches Defizit verifizierbar, die Reflexe seitengleich und schwach, die Pyramidenbahnzeichen negativ

Durchblutung: unauffällig

Gesamtmobilität – Gangbild:

Der Patient kommt in Konfektionsschuhen ohne Beinlängenausgleich und ohne Gehhilfe zur Untersuchung. Weitgehend unauffälliges Gangbild, diskretes Verkürzungshinken links, barfuß Zehenspitzen- und Fersengang möglich, Trendelenburg-Zeichen negativ, Seiltänzergang sicher, kein Unsicherheit im Blindgang;

Status Psychicus:

Es besteht eine klarer Bewusstseinslage, die örtliche, zeitliche und situative Orientierung ist gegeben, orthopädischerseits keine Stimmungsschwankungen feststellbar.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Wirbelsäulenbeschwerden;

Radiologisch nachgewiesene degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Gefühlsstörungen im linken Unterschenkels, kein motorisches Defizit, Schmerzmedikation bei Bedarf;

02.01.02

30

2

Hüftgelenksbeschwerden links;

Hüftprothese links 05/2019 wegen posttraumatischer Coxarthrose nach pertrochantärem Oberschenkelbruch links 09/2016, belastungsabhängige Schmerzen, gute Beweglichkeit, Schmerzmedikation bei Bedarf;

02.05.07

20

3

Handgelenksbeschwerden links;

Zustand nach Bruch mit Operation und Materialentfernung, eingeschränkte Beweglichkeit, Gefühlsstörung der Finger 4 und 5, kein aktueller radiologische Befund vorliegend;

02.06.22

20

4

Beinverkürzung links

Beinlängendifferenz -1 cm links;

02.05.01

10

5

Bluthochdruck;

Medikamentöse Monotherapie;

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung mit 30 %.

Die übrigen Leiden steigern wegen Geringfügigkeit nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden Nummer 1 (Wirbelsäulenbeschwerden): Steigerung von 20 % auf 30 %

Leiden Nummer 2 (Hüftgelenksbeschwerden links): Reduktion von 60 % auf 20 %

Leiden Nummer 3 (Handgelenksbeschwerden links): unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten

Leiden Nummer 4 (Beinlängendifferenz): neu hinzugekommen, nicht steigerungswürdig

Leiden Nummer 5 (Bluthochdruck): neu hinzugekommen, nicht steigerungswürdig

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung reduziert sich von 60 % auf 30 % durch Verbesserung von Leiden Nummer 2.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die Gehleistung ist nicht höhergradig eingeschränkt. Es kann eine Wegstrecke von 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden. Es werden keine Gehbehelfe benötigt und es besteht auch keine Sturzgefahr. Es können auch höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel überwunden werden. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Die Benützung von Haltegriffen und -stangen ist möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein

Mit Schriftsatz vom 31.8.2020 wurde dem BF das Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht.

Im Rahmen der Stellungnahme brachte der BF vor, mit dem Ergebnis nicht einverstanden zu sein, zumal er sich in seiner Beweglichkeit mehr beeinträchtigt fühle und sich die Beweglichkeit der Hüfte nicht von 60% auf 20% gebessert habe.

Darüber hinaus heißt es nicht, wenn man beim Arzt angibt, dass man mit dem Gesundheitszustand zufrieden sei, man alles so tun könne, wie es vor dem Unfall war. Vielmehr heißt es, dass man sich mit der Situation arrangiert habe und man damit zufrieden ist, wie es jetzt ist, weil es ja auch schon einmal schlechter gewesen sei.

Der BF brachte einen Befund vom 6.10.2020 sowie einen Arztbrief vom 14.12.2020 in Vorlage.

Dr. XXXX erstellte daraufhin in Ergänzung des oben bezeichneten Gutachtens ein Aktengutachten (vom 17.2.2021), vidiert am 24.2.2021 und erbrachte dieses im Wesentlichen folgendes Ergebnis:

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Eigenes Vorgutachten vom 05.06.2020: GdB 30%, keine NU;

- Wirbelsäulenbeschwerden (30%)

- Hüftprothese links 05/2019 (20%)

- Handgelenksbeschwerden links (20%)

- Beinverkürzung links (10%)

- Bluthochdruck (10%)

Beschwerde Patient vom 12.09.2020:

- bin ich sehr eingeschränkt beim Bücken oder Niederknien (Obst zusammenglauben)

- Die Schmerzen sind besser als vor der Hüftoperation aber die Beweglichkeit selbst hat sich nicht um so viel verbessert!

- Ich habe aber Probleme, wenn ich zu Fuß weiter gehen muss. Ich bin beim Freizeit-Sport vom Wandern auf das E-Bike fahren umgestiegen

- Wenn man beim Arzt sagt, ich bin mit dem Gesundheitszustand zufrieden, heißt das nicht, man kann alles so tun wie man es vor dem Unfall gekonnt hat.

Röntgenbefund vom 06.10.2020:

LWS:

- Fehlstellung und degenerative Skelettveränderungen

- Osteochondrosehinweise vor allem L4/5 und L5/S1

- nicht auszuschließender Parasyndesmophyt L5 z.B. Hinweise für eine seronegative Spondylarthropathie.

Hüften beidseits:

- Unauffällige Darstellung der Hüftprothese links.

- Hüftdysplasiehinweis rechts. Geringgradig degenerative Veränderung, Coxa valga Stellung rechts

Knie links:

- Gering gradige Varus- und diskrete Femoropatellaarthrosehinweise,

- wohl postoperative Veränderungen am distalen Femur

Befund unfallchir. FA Dr. XXXX vom 14.12.2020:

- HTEP links nach Polytrauma ,

- fragliche seronegative Spondylarthritis,

- degenerative LWS-Veränderungen-Osteochondrose,

- Gonarthrosis sin,

- Narbenschmerzen linke Hüfte

- Status: Hüfte li S 0-0-110, R 35/30, Knie li S 0-0-125. SD ob., LWS eingeschränkt,

- radiologisch wird eine Spondylarthritis für möglich erachtet. eine Lockerung der HTEP liegt nicht vor

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Es liegt keine aktuelle Medikamentenlist vor. Es wird daher die Medikation vom Vorgutachten angenommen. Medikamentenliste Dr. XXXX vom 28.05.2020: Candesartan 16mg, Novalgin 25 Tr bei Bedarf (2-3x pro Monat)

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Wirbelsäulenbeschwerden;

Radiologisch nachgewiesene degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule (Röntgen 10/2020), kein Befund mit Dokumentation eines neuaufgetretene neurologischen Defizit des vorliegend, Schmerzmedikation bei Bedarf;

02.01.02

30

2

Hüftgelenksbeschwerden links;

Hüftprothese links 05/2019 wegen posttraumatischer Coxarthrose nach pertrochantärem Oberschenkelbruch links 09/2016, radiologisch nachgewiesener guter Prothesensitz (Röntgen 10/2020), gute Beweglichkeit (Befund 12/2020), Schmerzmedikation bei Bedarf;

02.05.07

20

3

Handgelenksbeschwerden links;

Zustand nach Bruch mit Operation und Materialentfernung,

eingeschränkte Beweglichkeit, Gefühlsstörung der Finger 4 und 5, weiterhin kein aktueller radiologische Befund vorliegend;

02.06.22

20

4

Beinverkürzung links;

Beinlängendifferenz -1 cm links;

02.05.01

10

5

Bluthochdruck;

Medikamentöse Monotherapie;

05.01.01

10

6

Kniegelenksbeschwerden links;

Radiologisch nachgewiesene degenerative Veränderungen (Röntgen 10/2020), gute Beweglichkeit (Befund 12/2020);

02.05.18

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung mit 30 %.

Die übrigen Leiden steigern wegen Geringfügigkeit nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

- fragliche seronegative Spondylarthritis: unklar Befundlage;

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Die Leiden Nummer 1-5 werden unverändert zum Vorgutachten vom 05.06.2020 eingeschätzt.

Neu hinzugekommen ist das Leiden Nummer 6.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt mit 30 % gleich.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es konnten anhand der vorgelegten Befunde keine Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden, die zu einer erheblichen Einschränkung der Mobilität führen.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Nein

Folglich wurde der Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch bezeichneten Bescheid abgewiesen.

Dagegen erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen dahingehend, dass ein Grad der Behinderung von 50 v.H. vorliege und die Behörde einen Behindertenpass hätte ausstellen müssen.

Das dem Beweis zugrundeliegende Gutachten werde angefochten, zumal dies fälschlicher Weise einen Grad der Behinderung von unter 50 % ausweise.

An der LWS des BF liegen drei Vorfälle vor, wobei die Fortsätze der Wirbel schwerstens beschädigt wurden und diese jedenfalls maßgebliche radiologische und / oder morphologische Veränderungen darstellen, welche einen Grad der Behinderung von zumindest 50% rechtfertigen. Im Alltagsleben ist der BF dadurch sehr eingeschränkt ung er könne sich nicht Socken bzw. Schuhe selbst anziehen, zumal er starke Schmerzen im Wirbelsäulenbereich verspürt. Diese Schmerzen strahlen in den gesamten li. Fuß aus und verspüre der BF einen chronischen Dauerschmerz.

An der li. Hüfte bestehe eine Funktionseinschränkung zumindest mittleren Grades einseitig, weshalb hier ein Grad der Behinderung von 30% anzusetzen wäre. Es besteht eine Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit und sei der BF eingeschränkt beim Gehen, sowie insbesondere auch beim Bücken. Aufgrund der wechselseitigen Leidensbeeinflussung mit dem erstgenannten Leiden wäre jedenfalls eine Erhöhung des Grades der Behinderung um mindestens 10% anzusetzen.

Des Weiteren liegt eine Funktionseinschränkung im Handgelenk li. schweren Grades vor und komme eine Gefühlsstörung der Finger 4 und 5 vor, weshalb die Funktionseinschränkung der beiden Finger mit jeweils 10% in Ansatz zu bringen sind und insgesamt eine Funktionseinschränkung von 30 v.H. vorliegen würde.

Auch die Beinverkürzung führe im Alltagsleben zu einer Beeinträchtigung und müsste insbesondere im Zusammenspiel mit den Wirbelsäulenbeschwerden und Hüftgelenksbeschwerden eine Erhöhung des Grades der Behinderung gegeben sein.

Die mäßige Hypertonie müsste ein leidensbedingter Grad der Behinderung von mindestens 20% anzusetzen sein.

Es liegt auch eine Funktionseinschränkung des Kniegelenkes li. mittleren Grades einseitig vor und müsste auch diese gemeinsam mit den Wirbelsäulenbeschwerden und Hüftgelenksbeschwerde infolge der ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung erwirken.

In Zusammenschau der umfangreichen Leiden des BF weist dieser einen Grad der Behinderung von 50% auf.

Zum Beweis des Vorbringens beantragt der BF die Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens unter Vorlage sämtlicher vorliegender medizinischer Unterlagen und Urkunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erbringt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten sowie des ergänzenden Aktengutachtens des Dr. XXXX , Arzt für Allgmeinmedizin und FA für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 5.6.2020 bzw. 24.2.2021 schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basieren auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung sowie der Aktenlage eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.

Im angeführten Gutachten wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Laut diesem Gutachten bestehen Wirbelsäulenbeschwerden mit einer radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderung der LWS (Röntgen 10/2020), jedoch ohne Befund mit Dokumentation eines neuaufgetretenen neurologischen Defizites und einer bedarfsorientierten Schmerzmedikation. Insoweit wurde seitens des Sachverständigen plausibel und nachvollziehbar die unter der Pos.Nr. 02.01.02 erfassten Funktionseinschränkungen mittleren Grades mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. gewählt, zumal weder aus der am 5.6.2020 erfolgten klinischen Untersuchung durch den Sachverständigen, noch aus den durch die bP beigebrachten Bescheinigungsmittel, wie etwa dem Befund vom 6.10.2020 der XXXX Radiologie Dr. XXXX , dem fachärztlichen Arztbrief vom 14.12.2020 des Dr. XXXX , FA für Unfallchirurgie, oder dem unfallchirurgischen Gutachten des Dr. XXXX , vom 2.5.2020, hervorgeht, dass maßgebliche Einschränkungen im Alltag oder Arbeitsleben vorliegen würden. Vielmehr geht aus dem in Vorlage gebrachten, letztgenannten Bescheinigungsmittel hervor, dass zwar für die ersten Wochen nach der operativen Versorgung des Hüftgelenkes ein Pflegebedarf gegeben ist, dieser jedoch danach dem Geschädigten wieder selbst möglich sein soll. Zudem wird festgehalten, dass aufgrund der geringen Aufprägung der Beschwerdesymptomatik aus neurologischer Sicht, insbesondere bei unauffälligen objektivierbaren Befunden aus neurologischer Sicht keine zusätzlichen Schmerzperioden zu den bereits von unfallchirurgischer Seite bewerteten, eingeschätzt werden. Auch aus dem Befund der XXXX vom 6.10.2020 geht eine, wie von der rechtsfreundlichen Vertretung behaupteten sehr eingeschränkten Bewegung, maßgebliche Einschränkung im Alltag und Arbeitsleben nicht hervor.

Demzufolge liegt, entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Ansicht betreffend der Wirbelsäule die Voraussetzungen für den Grad der Behinderung von zumindest 50 v.H. nicht vor.

Auch kann den Ausführungen der rechtsfreundlichen Vertretung betreffend der Hüftgelenksbeschwerde li., nämlich dass diese jedenfalls mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. anzusetzen gewesen wäre, nicht gefolgt werden, zumal die am 5.6.2020 erfolgte klinische Untersuchung belastungsabhängige Schmerzen, jedoch guter Beweglichkeit und einer bedarfsorientierten Schmerzmedikation. Angesichts der in der Untersuchung erfolgten Ermittlung der Beweglichkeit erfolgte die Einordnung des Leidens zu Recht unter der Positionsnummer 02.05.07 sowie die Einschätzung des Grades der Behinderung von 20 v.H., zumal eine Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit festgehalten wurde. Wenn in der Beschwerdeschrift festgehalten wurde, dass die Funktionseinschränkung der Hüfte die bP im alltäglichen Leben, beim Gehen sowie insbesondere beim Bücken beeinträchtige, so war ungeachtet des Umstandes, dass der BF nicht auf gleichem fachlichen Niveau dem Sachverständigenbeweis entgegentrat, festzustellen, dass dem Gutachten nicht derart substantiiert entgegengetreten wurde, um es zu entkräften. Vielmehr findet der Sachverständigenbeweis auch im Arztbrief der XXXX für Radiologie Dr. XXXX vom 6.10.2020, sowie von Dr. XXXX vom 14.12.2020 seinen Niederschlag, wenn darin im Ergebnis eine unauffällige Darstellung der Hüftprothese li. mit Hüftdysplasiehinweis re und geringgradiger degenerativer Veränderung bzw. als Befund Hüfte li S 0-0-110, R35/30 festgehalten wurde.

Auch die von der rechtsfreundlichen Vertretung, dass die Handgelenksbeschwerden li. zu gering bewertet wurden und mit einem Grad der Behinderung von zumindest 30 v.H. eingeschätzt hätten werden müssen, entbehrt einer sachlichen Grundlage.

Die Handgelenksbeschwerden li. bei Z.n. Bruch mit OP und Materialentfernung und im Zuge der klinischen Untersuchung festgestellten eingeschränkter Beweglichkeit und Gefühlsstörung der Finger 4 und 5, ohne einen entsprechenden aktuellen radiologischen Befund, wurden zutreffend mit der Pos.Nr. 02.06.22 mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. plausibel und nachvollziehbar bemessen. Wenn in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, dass die Gefühlsstörung der Finger mit jeweils 10 % gesondert in Ansatz zu bringen sind, so erweist sich dieses Vorbringen ungeachtet des Umstandes, dass auch diesbezüglich nicht auf gleichem Fachlichen Niveau entgegengetreten wurde, als nicht zielführend, kann doch eine Gefühlsstörung nicht im gleichen Ausmaß, wie ein Verlust einzelner Finger (Pos. Nr. 02.06.27) in Ansatz zu bringen sein.

Insoweit in der Anlage zur Einschätzungsverordnung eine Beinverkürzung unter 3 cm (bei der bP liegt eine Beinverkürzung von 1cm vor) unter der Pos.Nr. 02.05.01 ein Fixsatz von 10 v.H. vorgesehen ist, war auch insoweit der Beschwerdeschrift keine Folge zu geben, zumal diese Funktionsbeeinträchtigung nicht steigernd wirkt.

Auch der mit medikamentöser Monotherapie behandelte Bluthochdruck wurde nachvollziehbar unter der Pos. Nr. 05.01.01 mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. erfasst, weshalb die in der Beschwerdeschrift ausgeführte und durch keinerlei Bescheinigungsmittel untermauerte Behauptung, es liege eine mäßige (unter die nachfolgende Positionsnummer zu subsumierende Hypertonie) vor, ins Leere geht.

Auch die Knieglenksbeschwerden li. mit radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen (Röntgen 10/2020) und guter Beweglichkeit (12/2020) wurden zutreffend mit der Pos. Nr. 02.05.18, Funktionseinschränkung geringen Grades (Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad) mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. nachvollziehbar erfasst.

Weshalb bei einer – entsprechend dem in Vorlage gebrachten Bescheinigungsmittel, Arztbrief des Dr. XXXX , vom 14.12.2020, - bei einer Beweglichkeit von 0-0-125 in Ansehung der Beschwerdeschrift eine Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig (Pos. Nr. 02.05.20 und einem Grad der Behinderung von 30 v.H.) vorliegen soll, ließ die Beschwerdeschrift offen.

In Ansehung der lediglich geringen Funktionseinschränkungen durch die Hüftgelenksbeschwerden, die Beinverkürzung li und der Knieglenksbeschwerden li. erfolgte die Einschätzung des Sachverständigen, dass diese Leiden das führende Leiden nicht weiter steigern, zu Recht.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwände waren – wie oben ausgeführt - nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. vorliegt zu entkräften. Neue fachärztliche Aspekte, welche zu einer anderslautenden Entscheidungsfindung führen würden, wurden nicht vorgebracht.

Auch war den Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde enthält kein substanzielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde und mangelt es dieser darüber hinaus an einer ausreichenden Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030-5).

In Bezug auf den in der Beschwerdeschrift zu allen Punkten gestellten Beweisantrag hinsichtlich der neuerlichen Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens weist das erkennende Gericht darauf hin, dass aus sachlicher Sicht ein Beweisantrag voraussetzt, dass er „prozessual ordnungsgemäß“ gestellt wird, denn nur dann ist er als solcher beachtlich. Entscheidend für einen Beweisantrag ist vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthemas, also der Punkt und Tatsachen, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich ist ein Beweisantrag jedoch in der Folge nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsachen ist, deren Klärung, wenn diese schon nicht selbst erheblich (sachverhaltserheblich) ist, zumindest mittelbar beitragen kann Klarheit über eine erhebliche (sachverhaltserhebliche) Tatsache zu gewinnen (Hinweis, Stoll, BAO-Handbuch, 1891). Beweise bei einem nur unbestimmten Vorbringen müssen nicht aufgenommen werden (Hinweis E 20.1.1988, 87/13/0022, 0023).

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit nach ständiger Rechtsprechung die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, wobei die bloße Behauptung, der vorgehaltene Sachverhalt sei unrichtig, nicht ausreicht, wenn diese Behauptung nicht inhaltlich konkretisiert wurde und entsprechende Beweise angeboten wurden. Fehlt es an einem solchen konkreten Vorbringen, so liegt kein Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt, sofern sie aus den ihr bereits zur Verfügung stehenden Fakten einen Sachverhalt in schlüssiger Weise feststellen kann ( zB VwGH 14.12.1995, 95/19/1046).

Nach der Judikatur des VwGH ist es aber nicht möglich einem tauglichen Sachverständigengutachten erfolgreich durch bloße Anträge auf weitere Ermittlungen (insbesondere auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten) zu begegnen (Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 65 zu § 52 AVG, mit weiterführenden Hinweisen auf die Judikatur).

Insoweit sich – wie oben ausführlich dargelegt – das Sachverständigengutachten als schlüssig und plausibel erweist, die rechtsfreundliche Vertretung der bP diesem Sachverständigenbeweis nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegentrat bzw. das Gutachten durch bloße Behauptungen zu entkräften versuchte, um folglich zu jedem Punkt als Beweis ein einzuholendes SV-Gutachten unter Vorlage sämtlicher med. Unterlagen zu beantragen, war festzustellen, dass es sich dabei um einen Erkundungsbeweis handelt. Darüber hinaus stehen die von der bP in Vorlage gebrachten Bescheinigungsmittel im Einklang mit dem Sachverständigenbeweis und kann nicht ersehen werden, weshalb ein neues Gutachten bei gleichbleibender Sachlage zu einem anderslautenden Ergebnis führen könnte.

Demzufolge ist auch das erkennende Gericht nicht zur Beweisaufnahme verhalten, zumal es sich um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt die bP jedoch mit den oben erörterten Beweisanträgen.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.

Das Sachverständigengutachten und die Beschwerdeschrift wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Gemäß diesen oben bezeichneten Gutachten ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen.

Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten des am 17.2.2021 erstellten Aktengutachtens), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall – bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren – durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (vgl. VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).

Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).

Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).

Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter „neuen Tatsachen“ jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP „neue Tatsachen“ vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.

Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.

Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.

Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.

Im gegenständlichen Fall wurde der bP das Sachverständigengutachten Aktengutachten vom 17.2.2021 (vidiert am 24.2.2021) nicht zur Kenntnis gebracht. Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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