Entscheidungsdatum
09.06.2021Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W184 2129672-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2016, Zl. 1049919502/150040188, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.01.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:
„I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wird Ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 09.06.2017 erteilt.“
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
„A) Verfahrensgang
…
Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am 13.01.2015 … gaben Sie an, dass Sie Ihr Herkunftsland deshalb verlassen hätten, weil Sie von den Taliban bedroht werden würden, nachdem Sie an Schulveranstaltungen gegen die Taliban gesprochen hätten.
…
Am 11.03.2016 wurden Sie von der zur Entscheidung berufenen Organwalterin des BFA im Beisein Ihrer gesetzlichen Vertretung einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus dieser Einvernahme (LA = Leiter der Amtshandlung, AW = Asylwerber):
…
LA: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe bzw. einem bestimmten Stamm an?
AW: Ich bin Hazara und muslimischer Schiit.
…
LA: Welche Schulen haben Sie besucht?
AW: Ich habe die Schule mit der 12. Klasse abgeschlossen. Ich war in XXXX (Ghazni – Jaghori) in der Schule.
Anmerkung: AW legt Kopie der 11. und 12. Klasse vor.
LA: In welchem Jahr haben Sie die Schule verlassen?
AW: 1393 (entspricht 2014).
LA: Haben Sie einen Beruf erlernt?
AW: Nein.
…
LA: Sind die Personalangaben betreffend die Namen und das Alter Ihrer Familienangehörigen, wie in der Erstbefragung angegeben, korrekt?
AW: Ja. Mein Vater ist ca. 50-55 Jahre alt. Meine Mutter ist ca. 51-53 Jahre alt …
…
LA: Wo halten sich Ihre Familienangehörigen aktuell auf?
AW: Provinz Ghazni, Distrikt Jaghori, im Dorf XXXX in Afghanistan.
LA: Wie bestreiten Ihre Eltern den Lebensunterhalt in der Heimatregion bzw. Herkunftsregion?
AW: Mein Vater arbeitet in einem kleinen Lebensmittelgeschäft an der oben genannten Adresse.
LA: Welche weiteren Familienangehörigen (Onkel, Tanten, sonstige Angehörige) haben Sie noch in Ihrem Heimatland bzw. Herkunftsland?
AW: Ich habe noch sieben Onkel mütterlicherseits, eine Tante mütterlicherseits, vier Onkel väterlicherseits und drei Tanten väterlicherseits.
LA: Wo genau halten sich diese Angehörigen aktuell auf?
AW: Sie wohnen auch in der Provinz Ghazni, aber meine Onkel gehen auch in den Iran arbeiten.
…
LA: Stehen Sie in regelmäßigem Kontakt mit Ihren Familienangehörigen, z. B. per Telefon, E-Mail, Skype, usw.?
AW: Nicht immer. Im Winter gibt es schlechte Verbindungsmöglichkeiten wegen des Schnees in unserem Dorf. Nachgefragt, gebe ich an, dass ich das letzte Mal vor drei bis vier Wochen mit meiner Mutter und meinem Vater gesprochen habe. Es ist traurig, denn meine Mutter ist krank, meinem Vater geht es aber gut.
LA: Wie war die wirtschaftliche/finanzielle Situation Ihrer Person bzw. Ihrer Familie zuletzt im Heimatland bzw. Herkunftsland?
AW: Sehr unterschiedlich. Im Dorfvergleich leben wir mittelmäßig.
…
LA: Haben Sie immer an Ihrem Heimatort gelebt?
AW: Ja.
…
LA: Wer von Ihrer Familie bzw. von den erwähnten Personen wohnt noch unter der zuvor erwähnten Anschrift?
AW: Meine Eltern mit meinen zwei Brüdern.
LA: Wer sorgt in Ihrer Herkunftsregion für Sicherheit?
AW: Eigentlich die Regierung, aber es gibt auch andere Leute, die aktiv sind.
…
LA: Was hat Sie Ihre Flucht insgesamt gekostet (Schlepperkosten)?
AW: Ca. 10.000 Euro.
LA: Woher hatten Sie das Geld?
AW: Von meinem Vater. Er hat es gespart und vielleicht einen Teil ausgeborgt.
LA: Was war Ihrer Meinung nach der fluchtauslösende Moment, dass Sie Afghanistan verlassen haben?
AW: Es gab immer Veranstaltungen und Feiern in unserem Heimatort. Ich habe mich bei Vorträgen gegen die Taliban geäußert. Es war nicht ein- oder zweimal, ich habe circa drei Jahre lang an diesen Veranstaltungen teilgenommen, und wegen dieser Tätigkeiten wurde ich von den Taliban bedroht. Deshalb musste ich flüchten. Ich war damals einer der besten Schüler und habe deshalb Vorträge gehalten und hätte die anderen Menschen manipulieren können.
LA: Beschreiben Sie mir diese Bedrohungen.
AW: Diese waren schriftlich. Die Briefe waren von dem Ältesten-Rat der Taliban und es wurde mir mitgeteilt, dass sie mich töten würden und meine Familie, wenn ich damit weitermachen würde.
LA: Was haben Sie bei diesen Veranstaltungen konkret gesagt oder gemacht, dass Sie die Taliban bedrohten?
AW: In der 10. Klasse hat mich Politik sehr interessiert. Es war mein Wunsch, etwas zu bewirken, und deshalb habe ich viel gelernt und wollte politisch aktiv sein. Am Lehrertag (Vorführungen) habe ich immer Vorträge gehalten und gesagt, dass es wichtig ist, dass es unterschiedliche Lehren gibt, damit es keinen Analphabetismus gäbe usw., als Beispiel habe ich „die Taliban“ gesagt.
LA: An wie vielen Veranstaltungen haben Sie aktiv teilgenommen?
AW: Ich habe über mehrere Jahre, circa drei Jahre lang, an solchen Veranstaltungen teilgenommen, kann aber nicht genau sagen, an wie vielen – ca. 10- bis 20-mal.
LA: Wo waren diese Veranstaltungen immer?
AW: In der Schule und in der Moschee.
LA: Was haben Sie öffentlich gesagt und was war Ihre wesentliche Aussage, dass die Taliban Ihnen diese Drohbriefe geschickt haben?
AW: Es waren nur Beispiele mit einfachen Worten, z. B. dass die Taliban uns nicht einfach auf der Reiseroute anhalten und kontrollieren dürfen oder aus den Autos herausholen, schlagen und töten dürfen. Ich habe gesagt, dass wir alle Menschen sind und alle dieselbe Religion haben. Ich habe immer die Wahrheit gesagt und meine Meinung geäußert.
LA: Wo sind diese Drohbriefe jetzt?
AW: Es gibt nur einen Drohbrief. Ich war sehr im Stress, als ich ihn gesehen habe, und habe diesen irgendwo in Afghanistan gelassen. Nachgefragt, gebe ich an, dass es den Brief nicht mehr gibt.
LA: Gibt es Zeugen von Ihren Auftritten oder Reden bei diesen Veranstaltungen?
AW: Ja. In der Schule waren alle anwesend. Auch in der Moschee.
LA: Hat es außer diesem einen Drohbrief noch andere Verfolgungen oder Bedrohungen gegeben?
AW: Nein. Nachdem ich diesen erhalten habe, bin ich nach Kabul geflüchtet und wollte dort bleiben. Ich wollte mich dort für die Universität bewerben. Eines Tages wurde ich von einem Mann angehalten und er wollte von mir Geld. Ich habe dann eine Ohrfeige bekommen, nachdem ich nachfragte, welches Geld ich ihm geben sollte. Ich habe diesen Mann damals das erste Mal gesehen, und nachdem die Leute ihn festgehalten haben, bin ich weiter geflüchtet.
LA: Wann haben Sie diesen Drohbrief bekommen?
AW: Ich kann mich nicht ganz genau erinnern. Es war Anfang des Sommers 2014.
LA: Wie lange waren Sie nach dem Drohbrief noch in Afghanistan?
AW: Vielleicht etwas mehr als drei Wochen.
LA: Gab es auch andere Vortragende bei diesen Veranstaltungen?
AW: Ja. Nachgefragt, gebe ich an, dass ich nicht weiß, ob diese auch bedroht wurden.
LA: Wie oft wurden Sie persönlich von den Taliban bedroht?
AW: Einmal durch den Brief und einmal durch diesen Mann dann in Kabul.
LA: Vorhalt: Sie haben drei Jahre lang bei diesen Veranstaltungen vorgetragen, und in diesen drei Jahren ist nichts passiert? Wie erklären Sie mir das?
AW: Am Anfang habe ich nichts Konkretes gegen die Taliban gesagt, aber erst in der 12. Klasse war meine Rede direkt gegen die Taliban gerichtet.
LA: Wurden Sie durch staatliche Maßnahmen jemals persönlich verfolgt oder bedroht?
AW: Nein.
LA: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe Afghanistan betreffend?
AW: Nein, das war es. Ich habe mich gefürchtet und konnte dort nicht mehr leben.
LA: Hätten Sie damals die Möglichkeit gehabt, sich woanders ins Heimatland zu begeben, um sich der angegebenen Übergriffe/Probleme/Schwierigkeiten zu entziehen bzw. haben Sie das schon erwogen/versucht – z. B. in ein anderes Gebiet?
AW: Nein, es war nicht möglich. In Kabul ist dieser weitere Vorfall passiert und dann habe ich beschlossen, dass ich hier nicht weiter leben kann. Es ist sehr schwer, in Kabul zu leben, eine Wohnung zu nehmen oder dort zu arbeiten. Ich habe dort niemanden.
LA: Was würde bei aktueller (fiktiver) Heimkehr nach Afghanistan passieren? Was würde Sie dort erwarten?
AW: Ich habe Angst um mein Leben.
LA: Warum können Ihre Angehörigen weiterhin in Afghanistan leben, während Sie ausreisen mussten?
AW: Es kann ihnen auch etwas passieren, aber zum Glück ist noch nichts passiert.
…
LA an Vertretung: Wollen Sie noch Angaben zum Verfahren tätigen?
Antwort Vertretung: Frage an AW: Ein Mann hat Dich in Kabul angesprochen und Du sagst, dass Du glaubst, dass der Grund der „Anhaltung“ nur eine Ausrede war?
AW: Ich glaube, dass sie mich festnehmen wollten und an einen unbekannten Ort bringen wollten.
Vertretung an AW: Wen meinst du mit „sie“?
AW: Die Taliban.
Vertretung an AW: Wie lange hast Du Dich in Kabul aufgehalten?
AW: Circa fünf Tage.
Vertretung: Wie hast Du Dich verhalten, nachdem Du den Drohbrief erhalten hast?
AW: Ich war schockiert. Ich wollte eigentlich meine Schule zu Ende machen und die Abschlussprüfung machen. Ich habe mich von meiner Familie verabschiedet und bin dann geflüchtet.
Vertreterin: Hast Du Probleme wegen einer Volksgruppenzugehörigkeit?
AW: Ja, ich bin Hazara und Schiit.
…
LA: Woher wissen Sie, dass dieser Mann ein Taliban gewesen sein sollte?
AW: Er hat einen langen Bart getragen und vom Aussehen könnte man ihn als Taliban ansehen. Es könnte aber auch ein Informant gewesen sein oder ein Spion, der Informationen weitergibt usw.
LA: Welche persönlichen Probleme hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?
AW: Persönlich ist mir noch nichts passiert.“
Es folgten im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung.
Gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt und insbesondere ausgeführt wurde, dass die beschwerdeführende Partei in Afghanistan wegen der ihm von den Taliban unterstellten oppositionellen Gesinnung verfolgt werde. Die Sicherheitslage sei in ganz Afghanistan unzureichend und eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative gebe es in Afghanistan nicht.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.06.2021 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher die beschwerdeführende Partei Folgendes aussagte (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht, R = Richter, BF = beschwerdeführende Partei, RV = Rechtsvertreterin):
„RV legt vor: Studienblätter; Bestätigung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft; Konvolut von Berichten über die aktuelle Lage in Afghanistan und den Vormarsch der Taliban.
R: Erzählen Sie mir bitte, aus welchem Grund Sie seinerzeit aus Afghanistan ausgereist sind.
BF (auf Deutsch): Ich war in der Schule und habe beim Lehrertag, das ist ein Tag, an dem die Lehrer geehrt werden und bei dem Theaterstücke aufgeführt werden und Reden gehalten werden. Meine Themen waren, dass ich gegen die Taliban gesprochen habe in meinen Reden, dass die Taliban nicht das Recht hätten, dass wir z. B. aus dem Auto aussteigen müssen, dass sie uns fragen, wohin wir gehen, woher wir kommen, dass sie Analphabeten sind, dass sie großteils nicht lesen und schreiben können, aber das Sagen über das Land haben möchten.
R: Wie sind Sie auf das gekommen?
BF: Nein, meine Eltern haben damit nichts zu tun. Ich bin ein Sohn, der rebellisch ist. Meine Eltern sagen, in ihren Augen bin ich so einer, der nicht so wie sie politisch orientiert ist. Meine Eltern sind nicht politisch interessiert und befolgen alles, was die Religion und der Staat vorgeben.
R: Ihr Vater hat Ihnen das erlaubt?
BF: Nein, er hat mir nie gesagt, dass ich aufhören soll. Im Gegenteil, er war stolz auf mich, z. B., wenn ich gute Leistungen von der Schule nach Hause gebracht habe.
R: Hat Ihr Vater nicht gesagt, die Taliban sind gefährlich?
BF: Nein, mein Vater hat sich niemals diesbezüglich eingemischt.
R: Ihre Angehörigen sind noch in Ihrem Heimatdorf?
BF: Ja, meine Eltern sind sowieso dort. Der Bruder, der jünger als ich ist, ist auch dort. Der andere Bruder ist in Pakistan, weil er auch Probleme hat.
R: Sie haben über die Taliban gesprochen. Was ist dann passiert?
BF: Dann habe ich einen Drohbrief bekommen, in dem gestanden ist, dass ihnen zu Ohren gekommen ist, dass ich Propaganda gegen die Taliban mache, dass ich die Leute manipuliere und gegen sie aufhetze.
R: Wie haben Sie diesen Brief gekommen?
BF: Der Brief lag auf dem Boden vor dem Haus.
R: Wer hat den Brief gefunden?
BF: Mein Vater.
R: Was hat Ihr Vater gesagt?
BF: Er kann selber nicht lesen. Er hat ihn mir gegeben und ich habe ihn dann gelesen.
R: Was stand darin?
BF: Darin stand, dass ich die Leute aus dem Dorf, meine Mitschüler usw., gegen die Taliban aufhetze und provoziere. Mehr stand nicht darin, weil die Taliban selbst nicht gut lesen und schreiben können. Es stand noch darin, dass sie mich umbringen würden, wenn ich damit nicht aufhöre, und dass sie auch meine Familie umbringen.
R: Was haben Sie mit dem Brief gemacht?
BF: Den habe ich im Haus liegengelassen, und meine Eltern haben den Brief nicht mehr.
R: Wer hat in Ihrer Provinz damals die militärische Macht gehabt? Waren die Regierungstruppen dort vorherrschend oder war das ein Gebiet, das die Taliban beherrscht haben?
BF: Da müsste man recherchieren. Ich habe es mir nicht gemerkt. Die Taliban waren dort immer mächtig, jetzt noch stärker als früher.
R: Trotzdem hat Ihr Vater Ihnen erlaubt, obwohl Sie noch ein Kind waren, öffentlich gegen die Taliban zu sprechen?
BF: Wie ich schon vorher gesagt habe, hat sich mein Vater nicht eingemischt. Ich habe mich immer für Politik interessiert, warum z. B. die Frauen in unserer Religion benachteiligt sind, nicht nur für Politik, sondern auch für Religion und gesellschaftliche Normen allgemein.
R: Wie ist es weitergegangen?
BF: Dann bin ich nach Kabul gefahren, ca. nach zwei Wochen.
R: Haben Sie Geld mitgenommen für die Reise?
BF: Das war sehr schwierig, weil meine Eltern nicht so viel Geld hatten. Wir mussten es organisieren. Ich musste auch mit meinen Eltern sprechen. Ich wollte ursprünglich nicht weggehen. Ich bin allein nach Kabul. Dort gibt es Busse und Autos. Ich bin mit einem Minibus nach Kabul gefahren.
R: Wo haben Sie dort gewohnt?
BF: Bei meinen Kollegen aus der Schule. Die kannte ich schon aus meinem Dorf.
R: Wollten Sie dortbleiben in Kabul?
BF: Ja, ich wollte dortbleiben. Es war mein Wunsch, dass ich in Kabul studiere.
R: Haben Sie die Universität angefangen?
BF: Nein, ich bin dazu nicht gekommen.
R: Was hätten Sie studieren wollen?
BF: Irgendetwas mit Politik.
R: Warum ist es nicht dazu gekommen?
R: Da ist dann dieser andere Vorfall passiert. Ein Mann, der wie ein Taliban ausgeschaut hat, hat mich aufgehalten und von mir Geld verlangt. Er hat gesagt: „Gib mir mein Geld!“ Ich habe nachgefragt, welches Geld, und er hat mir eine Ohrfeige gegeben.
R: Ist das eine übliche Phrase eines Bettlers?
BF: Das war kein Bettler, sondern ein gepflegter Mann.
R: Welches Geld hat er denn gemeint?
BF: Ich weiß es auch nicht. Das war vielleicht eine Ausrede.
R: Dieser Satz hat dann dazu geführt, dass Sie von Kabul nach Österreich geflüchtet sind?
BF: Ich musste dann diese schwere Entscheidung treffen, meine Heimat zu verlassen, weil die Lage jetzt nicht mehr sicher ist.
R: Sind Sie jetzt noch in Kontakt mit Ihrer Familie in Ghazni?
BF: Ich bin schon in Kontakt, besonders mit meinen Eltern, obwohl es sehr oft schwierig ist, eine Verbindung zu bekommen. Dann ist es so, dass sie ins Nebendorf fahren. Dort gibt es einen Basar und dort ist die Verbindung gut und sie rufen mich an.
R: Was erzählen Ihre Eltern? Gibt es irgendjemanden, der Ihre Eltern bedroht oder der in den letzten fünf Jahren nach Ihnen gefragt hat?
BF: Nein. In einem Dorf ist es so, dass jeder jeden kennt. Alle wissen, dass ich schon weg bin.
R: Das heißt, die Taliban haben sich nicht mehr für Sie oder Ihre Familie interessiert?
BF: Für mich schon. Aber nachdem ich weg bin, haben sie sich nicht mehr interessiert. Meine Eltern machen alles, was die Religion vorgibt.
R: Was würde dagegen sprechen, dass Sie in einer anderen Provinz in Afghanistan leben, z. B. in Herat?
BF: Dort kenne ich mich nicht aus. Dort würde mir sicher so etwas wie in Kabul passieren. Außerdem habe ich dort niemanden.
R: War Ihre Schulklasse allgemein aufmüpfig, sodass sie sich gegen die Politik der Taliban geäußert haben?
BF: Da war auch ein anderer, der auch eher kritisch war. Die anderen waren zurückhaltender. Sie mussten mehr lernen.
R: Was fürchten Sie, könnte Ihnen passieren, wenn Sie jetzt zurückkehren würden nach Ghazni oder Herat?
BF: Erstens werde ich mit einer wildfremden Frau verheiratet, weil ich das Alter schon erreicht habe, und zweitens bin ich aus der muslimischen Glaubensgemeinschaft schon ausgetreten. Das heißt, ich bin ein „Ungläubiger“. Was das heißt, kann man im Koran nachlesen: Dass man die „Ungläubigen“ umbringen müsse.
R: Welcher Religion gehören Sie jetzt an?
BF: Ich bin jetzt ohne Glaubensbekenntnis.
R: Waren Sie früher ein gläubiger Moslem, der gebetet hat und in die Moschee gegangen ist?
BF: Nein, obwohl das die Gesellschaft verlangt, kann ich mich nicht erinnern, dass ich im Ramadan immer gefastet habe. Gebetet habe ich ab und zu, damit ich nicht schief angeschaut werde. Wie gesagt, hat mir diese Religion nicht gefallen, nicht nur der Islam. Ich habe in den vielen Jahren hier in Österreich mit vielen Freunden diskutiert. Ich habe schon immer überlegt auszutreten. Ich muss sagen, dass es auch in Österreich nicht ohne Gefahr ist. Ich meine, es gibt auch einige radikale Muslime hier.
R: Nicht bei den Schiiten?
BF: Das weiß ich nicht. Man hört schon immer wieder so etwas. Ich kenne in meinem Freundes- und Bekanntenkreis niemanden, der erzählt, dass er ausgetreten oder zum Christentum konvertiert ist. Nachdem ich in der Schule – ich habe hier in Österreich die Ausbildung gemacht – den Ethikunterricht in den letzten Jahren besucht habe, glaube ich nach meinem jetzigen Wissensstand, dass der Koran und auch die Bibel symbolischen Wert haben. Das Blöde ist, dass die Muslime, besonders die radikalen, das wortwörtlich nehmen, und das ist nicht in meinem Sinne.
R: Was sagen Ihre Eltern dazu, das Sie nicht mehr dem Islam angehören?
BF: Um ehrlich zu sein, habe ich es ihnen noch nicht erzählt, denn es wäre eine Schande für meine Familie, und das fällt meinen Eltern echt schwer. Sie rufen mich an und sagen, es ist an der Zeit, dass ich heirate.
R an RV: Wollen Sie Fragen an den BF stellen?
BF: In Zusammenhang mit diesem Mann, der Sie in Kabul angesprochen hat, haben Sie gesagt: „Die Taliban interessieren sich für junge Menschen.“ Können Sie uns erklären, was Sie damit meinen?
BF: Ich habe gesagt, dass sich die Taliban generell für junge Menschen interessieren, weil die Taliban diese jungen Männer zu Soldaten ausbilden und diese dann für sie kämpfen müssen.
RV: Bei Ihrer Begegnung mit diesem Mann, was haben Sie sich dabei gedacht bzw. wieso haben Sie den Entschluss gefasst, dass Sie nicht mehr sicher in Afghanistan waren?
BF: Ich war ganz in Panik und da dachte ich, vielleicht ist es gar nicht so gewesen und vielleicht habe ich es nur so verstanden. Ich habe es mit meiner Bedrohung in Ghazni in Verbindung gebracht.
R: Was glauben Sie jetzt, war das der Versuch einer Zwangsrekrutierung?
BF: Das kann schon sein. Aber rückblickend kann ich sagen, dass ihn die Leute festgenommen haben, und jetzt wollte ich sagen, dass ich damals in Panik war und das mit meiner Bedrohung in Verbindung gebracht habe.
RV: Sie wurden gefragt, was gegen eine Rückkehr spricht. Was würde Ihnen passieren, wenn Sie in Ihr Dorf zurückkehren würden?
BF: Ich könnte dort nicht mehr leben. Ich identifiziere mich nicht mit den radikalen Vorstellungen. Ich hätte dann überhaupt keine Möglichkeit, wenn ich Kinder hätte, ihnen eine andere Weltsicht zu zeigen. Nach dem Truppenabzug ist es eine Frage der Zeit, bis die Taliban überall herrschen werden.
RV: Angenommen, Sie gehen zurück und begegnen den Taliban, was passiert mit Ihnen als „Ungläubigem“?
BF: Dann werde ich sofort umgebracht. Wenn das nicht passiert, werde ich als Soldat für sie kämpfen müssen und das, nachdem ich in Österreich die Welt besser kennengelernt habe. Weil ich eine andere Meinung habe und etwas Anderes kenne, käme die islamische Welt mit ihren radikalen Gesetzen für mich nie in Frage.
R: Die Schiiten sind im Allgemeinen nicht so radikal.
BF: Ja, das ist so, aber das Problem ist, dass die Taliban, wenn sie einmarschieren, einen zwingen, radikal zu werden. Entweder flieht man, wird umgebracht oder wird gezwungen, mit den Taliban zu kämpfen.
RV: Angenommen, Sie gehen nicht in Ihr Dorf, sondern woanders hin, gäbe es einen Ort in Afghanistan, wo Sie sicher wären?
BF: Nein, da fällt mir nichts ein. In Kabul war ich, aber da ist es auch nicht sicher, abgesehen davon, dass die Attentäter in den Schulen oder auf den Straßen Leute umbringen. Da sind wir als Schiiten und als Hazara nicht sicher.
RV: Wie kommt es zu diesen zwei Geburtstagen, die in Ihren Akten aufgetaucht sind?
BF: Als ich angekommen bin, hat mich die Dolmetscherin, ich glaube im Burgenland, in Eisenstadt, gefragt, wann ich geboren bin. Ich habe gesagt, XXXX . Anscheinend hat sie es nicht geändert. Später habe ich mitbekommen, dass mein Geburtsdatum nicht richtig ist. In Traiskirchen und in Klosterneubrung wollte ich es ändern. Das richtige ist der XXXX , umgerechnet ist das der XXXX . In der Kaserne haben sie gesagt, dass ich eine Geburtsurkunde brauche, ansonsten werden sie es nicht ändern.
R: Wenn Sie einmal ein Datum gesagt haben, bleibt das solange, bis Sie eine Urkunde vorgelegt haben.
RV: Dann gab es noch dieses Missverständnis, wie lange Sie nach dieser Drohung noch in Afghanistan geblieben sind. Warum sind Sie nicht sofort weggegangen? Wie lange waren Sie noch wo, bevor Sie ausgereist sind?
BF: Wie gesagt, war ich zwei Wochen zu Hause. Die Entscheidung, das Haus und die Familie zu verlassen, war schwierig, und außerdem hatten wir das Geld nicht. Wir haben miteinander gesprochen. Das hat alles Zeit gebraucht. Dann war ich fünf Tage in Kabul. Der Weg von Ghazni nach Kabul dauert, je nachdem, ob man eine Panne hat, sieben bis acht Stunden. Insgesamt war ich drei Wochen noch in Afghanistan. Das BFA hat einen Widerspruch daraus gemacht …“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:
Die beschwerdeführende Partei ist Staatsbürger Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Hasara an und wurde in der schiitischen Glaubensrichtung des Islam erzogen. Die Familie der beschwerdeführenden Partei stammt aus der Provinz Ghazni, wo er die Schule besuchte. Seine Muttersprache ist Dari.
Der beschwerdeführenden Partei droht im Herkunftsstaat eine Verfolgung aus Gründen der Religion.
Es wird festgestellt, dass bei der beschwerdeführenden Partei ein ernsthafter innerer Entschluss vorliegt, nach einer agnostischen Weltanschauung zu leben, und dass er demnach vorhat, auch nach Beendigung des Asylverfahrens sein weiteres Leben entsprechend dieser Weltanschauung zu führen und auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht zum Islam zurückzukehren.
Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
„Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan
Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA19.12.2020). Laut einer vom afghanischen Gesundheitsministerium (Afghan MoPH) durchgeführten Umfrage hatten zwischen März und Juli 2020 35% der Menschen in Afghanistan Anzeichen und Symptome von COVID-19. Laut offiziellen Regierungs¬statistiken wurden bis zum 2.9.2020 in Afghanistan 103.722 Menschen auf das COVID-19-Virus getestet (IOM 23.9.2020). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswe¬sens und der Testkapazitäten, der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 14.1.2021; cf. UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021, UNOCHA 19.12.2020, RFE/RL 23.2.2021a). Bis Dezember 2020 gab es insgesamt 50.536 [Anmerkung: offizielle] Fälle im Land. Davon ein Drittel in Kabul. Die tatsächliche Zahl der positiven Fälle wird jedoch weiterhin deutlich höher eingeschätzt (IOM 18.3.2021; vgl. HRW 14.1.2021).
Die fortgesetzte Ausbreitung der Krankheit in den letzten Wochen des Jahres 2020 hat zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen geführt, wobei jene Einrichtungen die als COVID-19-Krankenhäuser in den Provinzen Herat, Kandahar und Nangarhar gelten, nach Angaben von Hilfsorganisationen seit Ende Dezember voll ausgelastet sind. Gesundheitseinrichtungen sehen sich auch zu Beginn des Jahres 2021 großen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihrer Kapazitäten zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung grundlegender Gesundheitsdienste gegenüber, insbesondere, wenn sie in Konfliktgebieten liegen (BAMF 8.2.2021; cf. IOM 18.3.2021).
Die Infektionen steigen weiter an und bis zum 17.3.2021 wurden der WHO 56.016 bestätigte Fälle von COVID-19 mit 2.460 Todesfällen gemeldet (IOM 18.3.2021; WHO 17.3.2021), wobei die tatsächliche Zahl der positiven Fälle um ein Vielfaches höher eingeschätzt wird. Bis zum 10.3.2021 wurden insgesamt 34.743 Impfstoffdosen verabreicht (IOM 18.3.2021)
Maßnahmen der Regierung und der Taliban
Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. „Rapid Response Teams" (RRTs) besuchen Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt. Sogenannte „Fix-Teams" sind in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID- 19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020). Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IOM 1.2021).
Gegenwärtig gibt es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif keine Ausgangssperren. Das afghanische Gesundheitsministerium hat die Menschen jedoch dazu ermutigt, einen physischen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, eine Maske zu tragen, sich 20 Sekunden lang die Hände mit Wasser und Seife zu waschen und Versammlungen zu vermeiden (IOM 18.3.2021).
Laut IOM sind Hotels, Teehäuser und andere Unterkunftsmöglichkeiten derzeit [Anm.: März 2021] nur für Geschäftsreisende geöffnet. Für eine Person, die unter der Schirmherrschaft der IOM nach Afghanistan zurückkehrt und eine vorübergehende Unterkunft benötigt, kann IOM ein Hotel buchen. Personen, die ohne IOM nach Afghanistan zurückkehren, können nur in einer Unterkunftseinrichtung übernachten, wenn sie fälschlicherweise angeben, ein Geschäftsreisender zu sein. Da die Hotels bzw. Teehäuser die Gäste benötigen, um wirtschaftlich überleben zu können, fragen sie nicht genau nach. Wird dies durch die Exekutive überprüft, kann diese - wenn der Aufenthalt auf der Angabe von falschen Gründen basiert - diesen jederzeit beenden. Die betreffenden Unterkunftnehmer landen auf der Straße und der Unterkunftsbetreiber muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen (IOM AUT 22.3.2021). Laut einer anderen Quelle gibt es jedoch aktuell [Anm.: März 2021] keine Einschränkungen bei der Buchung eines Hotels oder der Unterbringung in einem Teehaus und es ist möglich, dass Rückkehrer und Tagelöhner die Unterbringungsmöglichkeiten nutzen (RA KBL 22.3.2021).
Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a).
Die Taliban erlauben den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. Guardian 2.5.2020) und gaben im Januar 2020 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion „unterstützen und erleichtern". Offizielle Stellen glauben, dass die Aufständischen die Impfteams nicht angreifen würden, da sie nicht von Tür zu Tür gehen würden (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021).
Bei der Bekanntgabe der Finanzierung sagte ein afghanischer Gesundheitsbeamter, dass das COVAX-Programm 20% der 38 Millionen Einwohner des Landes abdecken würde (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021, IOM 18.3.2021). Die Weltbank und die asiatische Entwicklungsbank gaben laut einer Sprecherin des afghanischen Gesundheitsminis¬teriums an, dass sie bis Ende 2022 Impfstoffe für weitere 20% der Bevölkerung finanzieren würden (REU 26.1.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a).
Im Februar 2021 hat Afghanistan mit seiner COVID-19-Impfkampagne begonnen, bei der zunächst Mitglieder der Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Journalisten geimpft werden (RFE/RL 23.2.2021a). Die Regierung kündigte an, 60% der Bevölkerung zu impfen, als die ersten 500.000 Dosen COVID-19-Impfstoff aus Indien in Kabul eintrafen. Es wurde angekündigt, dass zuerst 150.000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft werden sollten, gefolgt von Erwachsenen mit gesundheitlichen Problemen. Die Impfungen haben in Afghanistan am 23.2.2021 begonnen (IOM 18.3.2021).
Gesundheitssystem und medizinische Versorgung
COVID-19-Patienten können in öffentlichen Krankenhäusern stationär diagnostiziert und behandelt werden (bis die Kapazitäten für COVID-Patienten ausgeschöpft sind). Staatlich geführte Krankenhäuser bieten eine kostenlose Grundversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 an, darunter auch einen molekularbiologischen COVID-19-Test (PCR-Test). In den privaten Krankenhäusern, die von der Regierung autorisiert wurden, COVID-19-infizierte Patienten zu behandeln, werden die Leistungen in Rechnung gestellt. Ein PCR-Test auf COVID-19 kostet 500 Afghani (AFN) (IOM 18.3.2021).
Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 12.11.2020, HRW 13.1.2021, AA 16.7.2020, WHO 8.2020). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021).
Während öffentliche Krankenhäuser im März 2021 weiterhin unter einem Mangel an ausreichenden Testkapazitäten für die gesamte Bevölkerung leiden, können stationäre Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts kostenfreie PCR-Tests erhalten. Generell sind die Tests seit Februar 2021 leichter zugänglich geworden, da mehr Krankenhäuser von der Regierung die Genehmigung erhalten haben, COVID-19-Tests durchzuführen. In Kabul werden die Tests beispielsweise im Afghan-Japan Hospital, im Ali Jennah Hospital, im City Hospital, im Alfalah-Labor oder in der deutschen Klinik durchgeführt (IOM 18.3.2021).
In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM 18.3.2021; vgl. UNOCHA 12.11.2020, UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021).
Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheits¬diensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020).
Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt
COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, UNOCHA 19.12.2020). Die sozioökonomischen Auswirkungen von COVID-19 beeinflussen die Ernährungsunsicherheit, die inzwischen ein ähnliches Niveau erreicht hat wie während der Dürre von 2018 (USAID, 12.1.2021; vgl. UNOCHA 19.12.2020, UNOCHA 12.11.2020). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträch¬tigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis...) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Zusätzlich belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark (AA 16.7.2020).
Die Lebensmittelpreise haben sich mit Stand März 2021 auf einem hohen Niveau stabilisiert: Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht waren die Preise für Weizenmehl von November bis Dezember 2020 stabil, blieben aber auf einem Niveau, das 11 %, über dem des Vorjahres und 27 % über dem Dreijahresdurchschnitt lag. Insgesamt blieben die Lebensmittelpreise auf den wichtigsten Märkten im Dezember 2020 überdurchschnittlich hoch, was hauptsächlich auf höhere Preise für importierte Lebensmittel zurückzuführen ist (IOM 18.3.2021).
Laut einem Bericht der Weltbank zeigen die verfügbaren Indikatoren Anzeichen für eine stark schrumpfende Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2020, was die Auswirkungen der COVID-19-Krise im Kontext der anhaltenden Unsicherheit widerspiegelt. Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021; vgl. WB 15.7.2020).
Es gibt keine offiziellen Regierungsstatistiken, die zeigen, wie der Arbeitsmarkt durch COVID-19 beeinflusst wurde bzw. wird. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat, einschließlich des Arbeitsmarktes (IOM 23.9.2020; vgl. AA 16.7.2020). Die afghanische Regierung warnt davor, dass die Arbeitslosigkeit in Afghanistan um 40% steigen wird. Die Lockdown-Maßnahmen haben die bestehenden prekären Lebensgrundlagen in dem Maße verschärft, dass bis Juli 2020 84% der durch IOM-Befragten angaben, dass sie ohne Zugang zu außerhäuslicher Arbeit (im Falle einer Quarantäne) ihre grundlegenden Haushaltsbedürfnisse nicht länger als zwei Wochen erfül¬len könnten; diese Zahl steigt auf 98% im Falle einer vierwöchigen Quarantäne (IOM 23.9.2020). Insgesamt ist die Situation vor allem für Tagelöhner sehr schwierig, da viele Wirtschaftssektoren von den Lockdown-Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 negativ betroffen sind (IOM 23.9.2020; vgl. Martin/Parto 11.2020).
Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch lang anhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020).
Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2020 um mehr als 5 % geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021).
Nach einer Einschätzung des Afghanistan Center for Excellence sind die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Sektoren die verarbeitende Industrie (Non-Food), das Kunsthand¬werk und die Bekleidungsindustrie, die Agrar- und Lebensmittelverarbeitung, der Fitnessbereich und das Gesundheitswesen sowie die NGOs (IOM 18.3.2021).
Frauen und Kinder
Auch auf den Bereich Bildung hatte die COVID-19 Pandemie Auswirkungen. Die Regierung ordnete an, alle Schulen im März 2020 zu schließen (IOM 23.9.2020), und die CBE-Klassen (gemeindebasierte Bildung-Klassen) konnten erst vor Kurzem wieder geöffnet werden (IPS 12.11.2020). In öffentlichen Schulen sind nur die oberen Schulklassen (für Kinder im Alter von 15 bis 18 Jahren) geöffnet. Alle Klassen der Primär- und unteren Sekundarschulen sind bis auf Weiteres geschlossen (IOM 23.9.2020). Im Oktober 2020 berichtete ein Beamter, dass 56 Schüler und Lehrer in der Provinz Herat positiv getestet wurden (von 386 Getesteten). 35 bis 60 Schüler lernen in einem einzigen Raum, weil es an Einrichtungen fehlt und die Richtlinien zur so¬zialen Distanzierung nicht beachtet werden (IOM 18.3.2021). Kinder (vor allem Jungen), die von den Auswirkungen der Schulschließungen im Rahmen von COVID-19 betroffen waren, sahen sich nun auch einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber der Rekrutierung durch die Konfliktparteien ausgesetzt (IPS 12.11.2020; cf. UNAMA 10.8.2020). Die Krise verschärft auch die bestehende Vulnerabilität von Mädchen betreffend Kinderheirat und Schwangerschaften von Minderjährigen (UNOCHA 19.12.2020; cf. IPS 12.11.2020, UNAMA 10.8.2020). Die Pandemie hat auch spezifi¬sche Folgen für Frauen, insbesondere während eines Lockdowns, einschließlich eines erhöhten Maßes an häuslicher Gewalt (HRW 13.1.2021; vgl. UNOCHA 19.12.2020, AAN 1.10.2020). Frauen und Mädchen sind durch den generell geringeren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zusätzlich betroffen (Martins/Parto 11.2020; vgl. HRW 13.1.2021, AAN 1.10.2020).
Bewegungsfreiheit
Im Zuge der COVID-19 Pandemie waren verschiedene Grenzübergänge und Straßen vorübergehend gesperrt (RFE/RL 21.8.2020; vgl. NYT 31.7.2020, IMPACCT 14.8.2020, UNOCHA 30.6.2020), wobei aktuell alle Grenzübergänge geöffnet sind (IOM 18.3.2021). Im Juli 2020 wur¬den auf der afghanischen Seite der Grenze mindestens 15 Zivilisten getötet, als pakistanische Streitkräfte angeblich mit schwerer Artillerie in zivile Gebiete schossen, nachdem Demonstran¬ten auf beiden Seiten die Wiedereröffnung des Grenzübergangs gefordert hatten und es zu Zusammenstößen kam (NYT 31.7.2020).
Die internationalen Flughäfen in Kabul, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Herat werden aktuell international wie auch national angeflogen und auch findet Flugverkehr zu nationalen Flughäfen statt (F 24 o.D.; vgl. IOM 18.3.2021). Derzeit verkehren Busse, Sammeltaxis und Flugzeuge zwischen den Provinzen und Städten. Die derzeitige Situation führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit (IOM 18.3.2021).
IOM Österreich unterstützt auch derzeit Rückkehrer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und Teilnahme an Reintegrationsprogrammen. Neben der Reiseorganisation bietet IOM Österreich dabei Unterstützung bei der Ausreise am Flughafen Wien Schwechat an (STDOK 14.7.2020). Von 1.1.2020 bis 22.9.2020 wurden 70 Teilnahmen an dem Reintegrationsprojekt Restart III akzeptiert und sind 47 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 23.9.2020). Mit Stand 18.3.2021 wurden insgesamt 105 Teilnahmen im Rahmen von Restart III akzeptiert und sind 86 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 18.3.2021).
Quellen:
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Politische Lage
Letzte Änderung: 31.03.2021
Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 15.4.2019). Auf einer Fläche von 652.860 Quadratkilometern leben ca. 32,9 Millionen (NSIA 6.2020) bis 39 Millionen Menschen (WoM 6.10.2020).
Im Jahr 2004 wurde die neue Verfassung angenommen, die vorsieht, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürgerinnen und Bür¬ger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (CoA 26.2.2004; vgl. STDOK 7.2016, Casolino 2011).
Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (CoA 26.2.2004; vgl. Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015) und die Provinzvorsteher, sowie andere wichtige Verwaltungsbeamte, werden direkt vom Präsidenten ernannt und sind diesem rechenschaftspflichtig. Viele werden aufgrund persönlicher Beziehungen ausgewählt (EC 18.5.2019).
Im direkt gewählten Unterhaus der Nationalversammlung, der Wolesi Jirga (Haus des Volkes) mit 249 Sitzen, kandidieren die Abgeordneten für eine fünfjährige Amtszeit. In der Meshrano Jirga (House of Elders), dem Oberhaus mit 102 Sitzen, wählen die Provinzräte zwei Drittel der Mitglieder für eine Amtszeit von drei oder vier Jahren, und der Präsident ernennt das verbleibende Drittel für eine Amtszeit von fünf Jahren. Die Verfassung sieht die Wahl von Bezirksräten vor, die ebenfalls Mitglieder in die Meshrano Jirga entsenden würden, aber diese sind noch nicht eingerichtet worden. Zehn Sitze der Wolesi Jirga sind für die nomadische Gemeinschaft der Kutschi reserviert, darunter mindestens drei Frauen, und 65 der allgemeinen Sitze der Kammer sind für Frauen reserviert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit gelegentlich kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzesentwürfen die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Parlaments. Gleichzeitig werden aber die verfassungsmäßigen Rechte genutzt, um die Arbeit der Regierung gezielt zu behindern, Personalvorschläge der Regierung zum Teil über lange Zeiträume zu blockieren, und einzelne Abgeordnete lassen sich ihre Zustimmung mit Zugeständnissen - wohl auch finanzieller Art - belohnen. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaftspflicht der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 16.7.2020).
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
Die Präsidentschaftswahlen und Parlamentswahlen finden gemäß Verfassung alle fünf Jahre statt (USIP 11.2013). Mit dreijähriger Verzögerung fanden zuletzt am 20. und 21.10.2018 - mit Ausnahme der Provinz Ghazni - Parlamentswahlen statt (USDOS 11.3.2020). Es ist geplant die Wah