TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 W168 2129363-2

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Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W168 2129363-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2021, Zl. 1102689100/210334766, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Aus einem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Wien geht hervor, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) am 23.12.2020 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle an einer angegebenen Meldeadresse angetroffen worden ist und sich im Zuge dieser Kontrolle mit einem gefälschten Dokument legitimiert hat, bzw. hat die BF einen griechischen Personalausweis ausgehändigt, welcher ebenfalls eine Fälschung ist. Das diesbezügliche Vorgehen wurde durch die BF in Folge auch explizit eingestanden.

2. In einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.03.2021 wurde der BF mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei und ihr wurde die Möglichkeit eingeräumt, unter Anschluss eines Fragenkataloges binnen einer Frist von 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben.

3. Der bevollmächtigte Vertreter der BF brachte keine Stellungnahme ein.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.04.2021, Zl. 1102689100/210334766, wurde der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen. (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist. (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG 2005 wurde die Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich die BF unrechtmäßig im Schengenraum bzw. in Österreich aufhalte, über keinen Aufenthaltstitel verfüge und die sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer massiv überschritten worden sei. Seit wann sie sich tatsächlich erneut im Bundesgebiet aufhalte, könne nicht festgestellt werden. Die BF sei tatsächlich seit dem 05.04.2017 behördlich gemeldet. Die BF sei wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden angezeigt worden, verfüge über keine Existenzmittel aus legalen Quellen und erfülle nicht die Voraussetzungen für den sichtvermerkfreien Aufenthalt. Sie sei mittellos und habe keine nennenswerten Ersparnisse. Da die BF den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachweisen vermocht habe, sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihren Aufenthalt indiziert, zumal aus ihrer Mittellosigkeit die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert. Die BF habe bereits unrechtmäßig Notstandhilfe und Krankengeld bezogen. In Zusammenschau der Bestimmungen ergebe sich für die Behörde unzweifelhaft, dass eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung, und Sicherheit vorliege. Das persönliche Verhalten der BF stelle in jedem Fall eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar.

5. Gegen diesen Bescheid wurde gegen Spruchpunkt VI. Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass sie in Österreich eine Reihe aufenthaltsbewilligter Familienangehörigen habe, die die BF unterstützt hätten. In Georgien habe sie nur mehr ihre Eltern, die aber bereits selbst Unterstützung benötigen würden. Sie habe in Österreich gearbeitet und sei zur Sozialversicherung angemeldet gewesen, wobei sie einen gefälschten griechischen Ausweis verwendet habe. Eine schriftliche Verständigung habe er nicht erhalten. Wie bereits erwähnt habe sie in Österreich gearbeitet und habe Unterstützung von namentlich genannten Verwandten erhalten, weshalb sie nie als mittellos eingestuft werden habe können. Sie sei unbescholten, weshalb das Einreiseverbot zu Unrecht erlassen worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. zur Person der BF:

Die BF ist georgische Staatsangehörige und ihre Identität steht nicht fest.

Die BF war in Österreich von 08.04.2016-30.04.2017 als gewerblich selbstständig Erwerbstätige, hat von 08.04.2016-30.04.2017 Pflegegeld erhalten, war vom 05.04.2017-16.04.2018 als Arbeiterin, von 17.12.2018-13.01.2019 als geringfügig beschäftigte Arbeiterin tätig, vom 14.01.2019-23.12.2020 erneut als Arbeiterin tätig und hat vom 14.01.2021 an bis zum Ausreisezeitpunkt am 09.06.2021 Krankengeld bezogen. Vom 08.12.2018-13.01.2019, vom 01.11.2018-06.12.2018, vom 06.09.2018-30.10.2018 bezog die BF Notstandhilfe und vom 19.04.2018-05.09.2018 bezog sie Arbeitslosengeld.

1.2. Zum Aufenthalt der BF in Österreich:

Die BF war vom 20.01.2016 - 08.08.2016, vom 22.08.2016 - 25.08.2016, vom 25.08.2016 - 31.08.2016, vom 31.08.2016 - 06.10.2016, vom 05.04.2017 - 21.12.2020 und vom 21.12.2020 an im österreichischen Bundesgebiet gemeldet.

Wann die BF ins österreichische Bundesgebiet eingereist ist, konnte nicht festgestellt werden. Die BF stellte am 19.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der abschlägig entschieden wurde. Die Entscheidung wurde am 20.07.2016 rechtskräftig.

Die BF verließ am 09.06.2021 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig das österreichische Bundesgebiet.

1.3. zum Familienleben und Privatleben der BF:

Die BF hat in Österreich namentlich genannte Verwandte, die diese finanziell unterstützt haben, die jedoch in keinem wechselseitigen im gegenständlichen Verfahren besonders zur berücksichtigenden Nahe – bzw. Abhängigkeitsverhältnis zur BF stehen.

Die BF hat in Georgien familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer Eltern.

Die BF hat keine nennenswerten integrativen Schritte im Bundesgebiet gesetzt und ist unter Verwendung eines falschen griechischen Ausweises einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.4. zur finanziellen Situation der BF:

Die BF war seit dem 14.01.2021 bis zu ihrer Ausreise am 09.06.2021 im Krankenstand, verfügt über keine legale Arbeitsberechtigung sowie über keine gesicherten eigenen, regelmäßigen, legalen Einkünfte in Österreich.

1.5. zum Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und der Verhängung des Einreiseverbotes in der Dauer von 3 Jahren.

Die BF wurde am 23.12.2020 von Organen der Landespolizeidirektion Wien im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle aufgesucht und gestand im Zuge dessen vor Ort die Fälschung eines gefahndeten sowie verfälschten Dokuments ein. Sie händigte in weiterer Folge einen gefälschten griechischen Reisepass aus. Die BF wurde wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden angezeigt.

Die BF verfügt nicht über ein gesichertes Einkommen und kann die notwendigen Mittel für ihren Unterhalt ausreichend gesichert, bzw. insgesamt nicht nachweisen.

Das BFA hat ein insgesamt rechtskonformes Verfahren durchgeführt.

Das durch das BFA verhängte Einreiseverbot ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtskonform und angemessen verhängt worden.

Die gegenständliche Entscheidung konnte im zeitlichen Nahebereich der erstinstanzlichen Entscheidung, sich abschließend auf die Ausführungen des BFA vollinhaltlich stützend, sowie unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerdeschrift vorgenommen werden. Die Durchführung einer ergänzenden mündlichen Verhandlung war im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich, da sämtliche durch das BVwG gegenständlich zu beurteilenden Sachverhaltselemente sich aus dem nach einem durch das BFA vollständig und rechtskonform durchgeführten Ermittlungsverfahren ergebenden Verwaltungsakt, sowie auch aus den Ausführungen der Beschwerdeschrift abschließend ableiten lassen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. zur Person der BF:

Die Feststellung, dass die Identität der BF nicht feststeht, geht aus dem Umstand hervor, dass die BF im gesamten Verfahren keine validen, unbedenklichen Identitätsdokumente in Vorlage brachte. Die georgische Staatsangehörigkeit geht aus den Angaben der BF im Verfahren hervor und steht außer Zweifel.

Die Feststellungen zu den Erwerbstätigkeiten und zum Bezug von Krankengeld, Notstandshilfe und Arbeitslosengeld, gehen aus einem Auszug der Sozialversicherungsträger (AJ-WEB Auskunftsverfahren) mit Stand vom 17.03.2021 hervor.

2.2 zum Aufenthalt der BF in Österreich:

Die Meldungen der BF im österreichischen Bundesgebiet gehen aus einem aktuellen Auszug aus dem ZMR vom 15.06.2021 hervor.

Die Antragstellung, die Rechtskraft des Erkenntnisses in zweiter Instanz bezüglich einer negativen Entscheidung und die freiwillige Ausreise der BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) vom 15.06.2021.

2.3. zum Familienleben und Privatleben der BF:

Die Feststellungen zu in Österreich namentlich genannten Verwandten sowie den in Georgien lebenden Verwandten, gehen aus der Beschwerde vom 28.05.2021 hervor.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF geht aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister hervor.

2.4. zur finanziellen Situation der BF:

Dass die BF keine legalen Einkünfte im Bundesgebiet verfügt, geht aus dem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Wien vom 23.12.2020 sowie aus dem Umstand hervor, dass die BF im Zuge der Beschwerde am 28.05.2021 eingestand, sich unter Verwendung eines falschen griechischen Ausweises zur Sozialversicherung angemeldet zu haben.

2.5. zum Verstoß gegen die öffentliche Ordnung

Die Feststellung, dass die BF wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden angezeigt wurde, geht aus einem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Wien vom 23.12.2020 hervor (AS 7). Die Fälschung des Reisepasses wurde von der BF nicht in Abrede gestellt.

2.6. zur mangelnden Sicherheit von ausreichenden finanziellen Mitteln zur Sicherung ihres Unterhaltes.


Die BF hat insgesamt nicht nachweisen können, dass diese mit ausreichender Sicherheit insbesondere auch hinkünftig über ausreichende Mittel zur Sicherung ihrer Lebenserhaltungskosten verfügt, bzw. hat diese nicht aufzeigen können, dass diese entweder über eine gültige Arbeitserlaubnis verfügt, die ihr den Erwerb solcher Mittel mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch hinkünftig ermöglichen würde oder diese über einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Erhalt dieserart Mittel verfügen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich im gegenständlichen Fall ausschließlich gegen Spruchpunkt VI.

Zu A) Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt VI):

Einreiseverbot

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Gemäß § 53 Abs. 2 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Zur Erlassung des Einreiseverbotes:

Das BFA hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass die BF wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden angezeigt worden sei und über keine ausreichende Existenzmittel aus legalen Quellen verfügt, sowie die Voraussetzungen für einen sichtvermerkfreien Aufenthalt nicht erfüllt habe. Diese sei mittellos gewesen und habe keine nennenswerten Ersparnisse gehabt. Da sie den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermocht habe, sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihren Aufenthalt indiziert. Aus diesen Gründen wäre unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände das verhängte Einreiseverbot unter Berücksichtigung der konkreten Umstände sowohl dem Grunde, als der Höhe nach angemessen in der Höhe von 3 Jahren zu verhängen.

Hierzu sind folgende Ausführungen zu erstatten:

Gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dann anzunehmen, wenn der Fremde den Besitz zu seinen Mittel nicht nachzuweisen vermag.

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme wie die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, mwN). Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens der BF - darauf abzustellen, wie lange die von ihr ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002, mwN).

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung gerechtfertigt ist (VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).

Es trifft zudem nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. So hat der VwGH im Erkenntnis vom 20. September 2018, Ra 2018/20/0349, ausgeführt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282).

Auch ist festzuhalten, dass die Dauer des Aufenthalts grundsätzlich nichts mit der Frage einer Prognoseentscheidung zu tun hat: „Dabei kommt es letztlich immer nur auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden, also auf die Art und Schwere der inkriminierten Handlung und auf das daraus abzuleitende Persönlichkeitsbild an (vgl. E 03.04.2009, 2008/22/0913). Auf die Aufenthaltsdauer wäre vielmehr erst im Rahmen der Interessenabwägung nach § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 in Gegenüberstellung zum großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von ‚Schwarzarbeit‘ (Hinweis E 31.01.2013, 2011/23/0538) Bedacht zu nehmen gewesen.“ (VwGH 20.12.2013, Zl. 2013/21/0047)

In diesem Konnex ist auch anzumerken, dass eine aus Mittellosigkeit resultierende Gefahr einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft die Annahme einer Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 2 FPG im Falle des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel rechtfertigt, was auch für ein in einem Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erlassenes Einreiseverbot gilt (VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282: eigener Bedeutungsgehalt des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG).

Aufgrund des Umstandes, dass die BF im Bundesgebiet ihre Erwerbstätigkeiten ausschließlich nur unter bewusster missbräuchlicher Verwendung einer Alias - Identität ausgeübt hat, dieses Verhalten wurde auch durch die BF im Verfahren nicht in Abrede gestellt, bzw. die BF unter ihrer wahren Identität insgesamt noch nie über eine durchgehende Arbeitserlaubnis im Bundesgebiet verfügt hat, ist nicht davon auszugehen, dass diese ihren Lebensunterhalt hinkünftig auf legalem Weg bestreiten kann und wird, weshalb insgesamt ausreichend belegt nicht davon ausgegangen werden kann, dass die BF aufgrund einer eigenen legalen Beschäftigung im Bundesgebiet als selbsterhaltungsfähig qualifiziert werden kann.

Die BF hat in der Vergangenheit bereits 19.04.2018-05.09.2018 Arbeitslosengeld bezogen, von 06.09.2018-30.10.2018, von 01.11.2018-06.12.2018 und von 08.12.2018-13.01.2019 Notstandshilfe bezogen und nunmehr seit dem 14.01.2021 bis zu ihrer Ausreise am 09.06.2021 Krankengeld bezogen hat, kann nicht mit maßgeblicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die BF auch zukünftig Sozialleistungen beziehen und auf diese Weise zu einer Belastung der Gebietskörperschaften werden könnte. Einzelne Unterstützungsleistungen von in der Beschwerde genannten Verwandten sind insbesondere im Hinblick darauf, dass die BF keine Kontoauszüge in Vorlage brachte, jedenfalls nicht ausreichend, um eine dauerhafte Sicherung des Lebensunterhaltes der BF anzunehmen. Sonstige Vermögenswerte im Bundesgebiet konnte die BF nicht vorweisen. § 53 Abs. 1 Z 6 FPG ist somit erfüllt.

Auch das bewusst durch die BF gesetzte Fehlverhalten und der damit einhergehende bewusste Verstoß gegen fremdenrechtliche Bestimmungen rechtfertigen, sowohl vor dem Hintergrund der vorgenommenen Gefährdungsprognose, aber auch der zitieren Judikatur die Verhängung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 2 FPG, da dadurch der weitere Aufenthalt der BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. dem wirtschaftliche Wohl des Landes zuwiderläuft. Diese Gefährdung dauert bei einem weiteren Aufenthalt auch an, da die BF derzeit kein Einkommen aus legalen Quellen erzielen kann und daher die Gefahr besteht, sich Einkommen aus illegalen Quellen zu beschaffen. Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als gegeben angenommen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund dem aufgezeigten Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, bzw. gegen fremdenrechtliche Bestimmungen und der damit verbundenen Gefahr der Erzielung eines Einkommens aus illegalen Quellen zu der Überzeugung, dass von der BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Einreiseverbot notwendig erscheinen lässt.

Die BF zeigte jedenfalls ein bewusst von ihr gesetztes Gesamtverhalten über längere Zeit, welches eine Achtung der österreichischen Rechtsordnung sowie der gesellschaftlichen Werte vermissen ließ, da sie sich bewusst mit einem verfälschten Dokument legitimierte und in weiterer Folge unter Vorspiegelung einer falschen Identität einer Erwerbstätigkeit nachging. Die Annahme, dass eine Einreise, bzw. ein neuerlicher Aufenthalt der BF im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zur Folge haben könnte, ist aus diesem bereits durch sie bewusst gesetzten Verhalten jedenfalls indiziert.

Allfällige Konsequenzen des Einreiseverbotes - zB eine mögliche zeitweilige Trennung von Verwandten - sind im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Ergänzend ist festzuhalten, dass wenn in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, dass sich Verwandte in Österreich aufhalten, die die BF finanziell unterstützen und die BF somit nicht als mittellos gelten kann, dieserart Ausführungen nicht zu folgen ist. Dies, da alleine aufgrund der freiwilligen Leistung von finanziellen Leistungen von Verwandten ein ausreichend gesichertes finanzielles Auskommen der BF nicht abgeleitet werden kann, da es sich hierbei ausschließlich um freiwillige Leistungen dieser Personen handelt und ein gesicherter auch hinkünftiger Rechtsanspruch der BF aus dieserart Leistungen hinsichtlich allfällig auch regelmäßig erforderlicher zukünftiger Leistungen nicht abgeleitet werden kann.

Betreffend die Höhe des Einreiseverbotes sind folgende Ausführungen zu erstatten:

In der Regierungsvorlage zu § 53 Abs. 1 1a und 2 erster Satz idF BGBl. I Nr. 68/2013 (2144 BlgNR XXIV. GP, 23) wird unter anderem ausgeführt: „…Des Weiteren wird durch den Entfall des Abs. 1a und der vorgeschlagenen Änderung in Abs. 2 erster Satz deutlich, dass die bisher vorgesehene, zwingende Mindestdauer eines Einreiseverbotes behoben wird. Somit soll es künftig dem Bundesamt möglich sein, in Entsprechung der Vorgabe des Art. 11 Abs. 2 Rückführungsrichtlinie, die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes „in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls“ zu bemessen und kann es fortan im Einzelfall, z.B. bei

einem nur einmaligen, geringfügigen Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen, auch ein 18 Monate unterschreitendes Einreiseverbot erlassen. Umgehungen der Vorschriften dieses Bundesgesetzes sind jedoch keinesfalls als minderes oder geringfügiges Fehlverhalten einzustufen, da auch z.B. die unrechtmäßige Einreise oder der unrechtmäßige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflussen.“

Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes iSd bisherigen Judikatur zu § 63 FPG 2005 alt (vgl VwGH 08.11.2006 2006/18/0323; 18.02.2009, 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung prognostiziert ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof wies in seiner Entscheidung vom 22.05.2013, Zl. 2011/18/0259, jedoch darauf hin, dass das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen darf, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich insbesondere auch der aufgezeigten bewussten auch längerfristigen Verstöße gegen fremden-, unions-, und verwaltungsrechtliche Bestimmungen, bzw. auch des Vorliegens des Nichtnachweises der erforderlichen Mittel für ihren Unterhalt, bzw. der bestehenden Mittellosigkeit der BF kann eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden (VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293 (Beachtlichkeit der Einhaltung fremdenrechtlicher Normen).

Dass die BF die in Österreich gepflegten Kontakte mit insbesondere auch ihren Verwandten für die Dauer des Einreiseverbotes nicht auch über das Internet bzw. Telefon weiterführen könnte oder durch Besuche dieser in dem Herkunftsstaat aufrechterhalten werdenden könnte, bzw. durch die Verhängung eines solchen ein unzulässiger Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte erfolgen würde, wurde insgesamt ausreichend begründet nicht dargelegt.

Nach Durchführung einer einzelfallbezogenen Abwägung sämtlicher auch oben angeführter Sachverhaltselemente des konkreten Einzelfalles, wonach bereits dem Grunde nach die Verhängung des Einreiseverbotes als rechtskonform anzusehen war, hat das BFA im zulässigen gesetzlichen Rahmen des §53 Abs. 2 FPG von 5 Jahren im gegenständlichen Verfahren das Einreiseverbot in der angesetzten Höhe von 3 Jahren nach Durchführung einer Gesamtabwägung der privaten Interessen der BF an einer Wiedereinreise für diese Zeit mit dem hohen öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremden und Asylwesen insgesamt rechtmäßig und angemessen angesetzt.

Die Beschwerde war daher in Folge hinsichtlich der Höhe des verhängten Einreiseverbotes als insgesamt unbegründet abzuweisen.

Festzuhalten ist auch, dass nach dem Ende des Einreiseverbotes es der Beschwerdeführerin bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht umschrieb der Verfassungsgerichtshof in seinem zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 ergangenen Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, folgendermaßen:

"7.2. Im Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK hat Art. 47 Abs. 2 GRC die gleiche Tragweite und Bedeutung wie jener. Jenseits dessen gelten die Garantien des Art. 6 EMRK für den Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 2 GRC entsprechend (so die Erläuterungen zur Grundrechte-Charta, ABl. 2007 C 303, S 30). Dabei ist zu beachten, dass die Garantien in Abhängigkeit von der Materie, vom Verfahrensgegenstand und von der Instanz in unterschiedlichem Maße gelten, das wiederum vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt ist. Bei Strafverfahren gelten die strengsten Anforderungen, im Rahmen von Zivilverfahren akzeptieren der Verfassungsgerichtshof und der EGMR Beschränkungen insbesondere bei der mündlichen Verhandlung und bei der Kontrolldichte, wenn es sich um Verwaltungsverfahren handelt, die bloße Auswirkungen auf Zivilrechtspositionen haben (VfSlg. 11.500/1987).

7.3. Überträgt man diese Überlegungen auf jenen Teil des Anwendungsbereichs der Chartagarantie, der nicht civil rights und Strafverfahren betrifft, so gelangt man auch für diesen zum Ergebnis, dass weitergehende Beschränkungen (als etwa im Strafverfahren) zulässig sind. Weil insoweit aber nicht mehr unmittelbar die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK herangezogen werden kann, ist das Ausmaß der Gewährleistung der Einzelgarantien letztlich durch Art. 52 Abs. 1 GRC, mithin vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist daher maßgeblich, ob Beschränkungen der Durchführung mündlicher Verhandlungen durch § 41 Abs. 7 AsylG 2005 erforderlich sind und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Nach Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jedermann in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird. Daraus ist abzuleiten, dass jedenfalls dann, wenn eine Verhandlung beantragt wird, grundsätzlich ein Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung besteht (vgl. EGMR 28.5.1997, Fall Pauger, Appl. 16.717/90, Z60).

Art. 6 EMRK steht hinsichtlich des Zugangs zu Gericht nach der Rechtsprechung des EGMR unter dem (ungeschriebenen) Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkung (beginnend mit EGMR 21.2.1975, Fall Golder, Appl. 4451/70, Z 38). Der Ausschluss der Öffentlichkeit von Verhandlungen steht unter einem ausdrücklichen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen. Auch bei anderen Garantien liegen den impliziten Beschränkungen Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte zugrunde (so zur Kognitionsbefugnis EGMR 21.9.1993, Fall Zumtobel, Appl. 12.235/86, Z 29; zu Zeugenbefragungsrechten und dem Grundsatz des fairen Verfahrens EGMR 13.10.2005, Fall Bracci, Appl. 36.822/02, Z 49 ff.; bei der Verfahrensdauer kommt es auf die Bedeutung der Angelegenheit für den Beschwerdeführer an, EGMR 16.9.1996 [GK], Fall Süßmann, Appl. 20.024/92, Z 61). In der jüngeren Rechtsprechung des EGMR werden auch Fragen des Anwendungsbereichs mit solchen der Anforderungen des Grundrechts in Verbindung gebracht (EGMR 19.4.2007 [GK], Fall Eskelinen u. a., Appl. 63.235/00, Z 62).

Verfahren, in denen über Asyl und den Aufenthalt von Fremden auf dem Gebiet eines Staates entschieden wird, fallen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK (z. B. EGMR 5.10.2000, Fall Maaouia, Appl. 39.652/98). Aus Art. 47 Abs. 2 GRC ist jedoch ein Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch in Fällen abzuleiten, in denen ein solches Gebot mangels Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK nicht unmittelbar aus diesem folgt. Angesichts dessen, dass Art. 47 Abs. 2 GRC ein Grundrecht anerkennt, das sich nicht nur aus der EMRK, sondern auch aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, ist er ebenso bei der Auslegung auch des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (als Ausfluss des Gebots unionsrechtskonformer Auslegung und zur Verhinderung von Situationen der Inländerdiskriminierung) zu berücksichtigen. Umgekehrt hat die Auslegung des Art. 47 Abs. 2 GRC die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und damit die mitgliedstaatlichen Ausprägungen des Rechtsstaatsgebots zu berücksichtigen. Damit ist sichergestellt, dass bei der Auslegung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte keine von der Auslegung der korrespondierenden Charta-Rechte abweichenden Ergebnisse erzielt werden.

Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen. Solche Umstände liegen etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche vor, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z 29).

Es ist vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK ferner maßgeblich, welcher Natur die Fragen sind, die für die Beurteilung der gegen den angefochtenen Bescheid relevierten Bedenken zu beantworten sind. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dabei im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren regelmäßig unterbleiben, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem BFA releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist.

In diesem Zusammenhang ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR zum Gebot der öffentlichen mündlichen Verhandlung im Rechtsmittelverfahren auch maßgeblich, welche Bedeutung und Notwendigkeit eine Verhandlung für die Beweiserhebung und Beweiswürdigung sowie für die Lösung von Rechtsfragen hat (EGMR 29.10.1991, Fall Helmers, Appl. 11.826/85, Z 37).

Der EGMR hat im Übrigen für bestimmte Verfahrensarten explizit anerkannt, dass nicht alle Garantien des Art. 6 Abs. 1 EMRK in gleicher Weise erfüllt werden müssen. So kommen die Garantien des Art. 6 Abs. 1 EMRK im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur insoweit zur Anwendung, als dies mit der Natur des einstweiligen Rechtsschutzes vereinbar ist (EGMR 15.10.2009 [GK], Fall Micallef, Appl. 17.056/06, Z 86). Für verfassungsgerichtliche Verfahren anerkennt die Rechtsprechung, dass die Garantien des Art. 6 EMRK in modifizierter Form zur Anwendung gebracht werden (so etwa zur überlangen Verfahrensdauer EGMR 16.9.1996 [GK], Fall Süßmann, Appl. 20.024/92).

Der Verfassungsgerichtshof hegt vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch kann er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9, diesen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen und dabei die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst:

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W168.2129363.2.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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