TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/9 96/03/0123

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Veröffentlicht am 09.10.1996
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Index

L65507 Fischerei Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
FischereiG Tir 1993 §37 Abs2;
FischereiG Tir 1993 §37 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der K und des A M in A, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. März 1996, Zl. 3029/3, betreffend Bewilligung einer Fischzuchtanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern gemäß § 37 Abs. 2 Tiroler Fischereigesetz, LGBl. Nr. 16/1992, (FG) der Betrieb einer Fischzuchtanlage auf den Grundstücken xxx/4 und nnn/5 KG A unter der Voraussetzung bewilligt, daß unter anderem folgende Auflagen eingehalten werden:

"1.

Vor Einleitung in den T-Bach ist ein Absetzbecken mit einem Mindestvolumen von 9m3 zu errichten, um mindestens eine 30minütige Verweildauer des Wassers bei einer Durchflußmenge von 5 l/s zu erreichen; diese Anlage ist innerhalb von 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides fertigzustellen und der Behörde hierüber zu berichten;

2.

der Besatz wird mit insgesamt 600 kg begrenzt;

3.

die Fischhaltung im T-Bach ist sofort zu beenden, die dort vorhandenen Gitter sind zu beseitigen;

..."

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführer meinen, daß es keiner Bewilligung nach dem FG bedurft hätte, weil "eine vollständige Kollaudierung des Fischereibetriebes ... seit Jahren" vorliege. Darüber hinaus habe die Behörde nicht erwogen, "inwieweit bewilligungs- oder lediglich Anzeigepflicht vorliegen sollte".

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Gemäß § 37 Abs. 2 des am 1. März 1993 in Kraft getretenen FG bedürfen der Betrieb und die wesentliche Änderung von Fischzuchtbetrieben, die zur Produktion von Besatz- oder Speisefischen in einer Menge von mehr als 300 kg jährlich bestimmt sind, der Bewilligung der Behörde. Der Betrieb sonstiger Fischzuchtbetriebe ist der Behörde schriftlich anzuzeigen.

§ 61 Abs. 13 FG sieht vor, daß für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes betriebenen Fischzuchtbetriebe binnen sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes um die Erteilung der Bewilligung nach § 37 Abs. 2 anzusuchen ist. Ist deren Betrieb nur anzeigepflichtig, so ist die Anzeige innerhalb dieses Zeitraumes zu erstatten.

Im Beschwerdefall hat der Erstbeschwerdeführer aufgrund einer entsprechenden Anfrage der erstinstanzlichen Behörde am 11. Oktober 1993 bekanntgegeben "daß eine Jahresproduktion von 300 kg und mehr erfolgen könne. Die Anlage ist jedenfalls in der Lage auch eine über diese Menge hinausgehende Produktion zu schaffen". Schon aufgrund dieser Erklärung konnte die belangte Behörde annehmen, daß die gegenständliche Fischzuchtanlage zur Produktion von Besatz- oder Speisefischen in einer Menge von mehr als 300 kg jährlich bestimmt ist, und demgemäß von einer Bewilligungspflicht des Betriebes im Sinne des § 37 Abs. 2 FG ausgehen. Daran ändert nach der klaren Bestimmung des § 61 Abs. 13 FG nichts, daß für die Anlage die nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des FG erforderlichen Bewilligungen erteilt waren.

Ferner bekämpfen die Beschwerdeführer die Auflagenpunkte 1. bis 3. der mit dem angefochtenen Bescheid erteilten Bewilligung. Sie sind dabei nicht im Recht, soweit sie sich gegen Punkt 3. wenden. Die belangte Behörde konnte sich dabei auf das in diesem Punkt schlüssige, ausführlich begründete Gutachten des dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen stützen, das die Beschwerdeführer mit ihrem nicht auf gleicher fachlicher Ebene stehendem Beschwerdevorbringen nicht zu entkräften vermögen. Dieses Vorbringen richtet sich im besonderen gegen die Anordnung der Beseitigung der im T-Bach vorhandenen Gitter. Diese Anordnung stellt aber die notwendige Folge der Verpflichtung zur Beendung der Fischhaltung im T-Bach dar, ergibt sich doch aus dem erwähnten Sachverständigengutachten eindeutig, daß die im T-Bach angebrachten Gitter der dort betriebenen Intensivfischhaltung dienen. Ob und welche Auswirkungen die Entfernung der Gitter auf die unterhalb der gegenständlichen Anlage gelegene Fischzuchtanlage haben könnte, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung. Für die Behauptung der Beschwerdeführer (die im Verwaltungsverfahren vorbrachten, fischereiberechtigt "am T-Bachl vom Quellursprung bis zu unserer Grundgrenze" zu sein), "daß die Gitter (eine) notwendige Voraussetzung für die Revierbildung darstellen", vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Grundlage im Gesetz zu finden.

Begründet ist die Beschwerde jedoch, soweit sie die Auflagenpunkte 1. und 2. betrifft. Die belangte Behörde legte in diesen Punkten ihrer Entscheidung das schon erwähnte Gutachten des fischereifachlichen Amtssachverständigen zugrunde. Dieser stützte seine Beurteilung im wesentlichen darauf, daß sich aus dem Laichfischteich unter der Annahme eines 600 kg-Besatzes unter Mitberücksichtigung der Setzlingsaufzucht eine Belastung von ca. 4 EGW ergebe (die Abkürzung EGW bedeutet "Einwohnergleichwert", 1 EGW entspricht der täglich von einem Einwohner in das Abwasser abgegebenen Menge an organischen Schadstoffen - vgl. Das Umweltlexikon, herausgegeben von Katalyse e.V. Institut für angewandte Umweltforschung, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Seite 195). Die genannte Aussage vermag für sich allein noch nicht die Schlußfolgerung des Sachverständigen zu decken, daß, um die negativen Auswirkungen der aus der gegenständlichen Fischzucht in den T-Bach einfließenden Fischzuchtabwässer auf den T-Bach zu minimieren, unter der Voraussetzung eines Teichbesatzes um 600 kg und einer vorgeschaltenen Setzlingsproduktion die Errichtung eines Absetzbeckens ein Mindesterfordernis darstelle. Daß - wie der Sachverständige ausführte - der unterhalb der gegenständlichen Anlage gelegene Schloßteich deutliche Eutrophierungserscheinungen und der aus dem Schloßteich abfließende T-Bach einen für belastete Fließgewässer typischen Algenstatus gezeigt habe, kann nicht als sichere Stütze für die genannte Schlußfolgerung herangezogen werden, ist doch nicht auszuschließen, daß diese Erscheinungen auf andere Ursachen, wie etwa die aus der Fischhaltung im T-Bach herrührende Belastung, zurückzuführen sind. Um die Frage der Erforderlichkeit eines Absetzbeckens im Sinne des § 37 Abs. 4 FG verläßlich beurteilen zu können, ist es vielmehr notwendig, das konkrete Ausmaß der Schadstoffe, die aus der Fischzuchtanlage ohne die Errichtung eines Absetzbeckens in den T-Bach gelangen, festzustellen und deren Auswirkungen auf die Verhältnisse in diesem Gewässer nachvollziehbar darzulegen; sodann wäre auszuführen, welche Änderungen dieses Zustandes aus der Errichtung eines Absetzbeckens zu erwarten wären. Da die gegenständliche Anlage nicht erst im Projektsstadium, sondern schon in Betrieb ist, können die erforderlichen Feststellungen über die aus der Anlage austretenden Schadstoffe nicht bloß auf hypothetische Annahmen, sondern schon auf Messungen der tatsächlichen Gegebenheiten gestützt werden, denen in der Regel ein höheres Maß an Verläßlichkeit zukommen wird. Diese Problematik dürfte auch dem Sachverständigen bewußt gewesen sein, hat er doch zunächst eine - dann allerdings vor der Auswertung unbrauchbar gewordene - Wasserprobe entnommen und in der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme ausgeführt, "eine Rücksprache mit Dr. S (habe ergeben), daß im vorliegenden Fall zur repräsentativen Erfassung der aus dem Betrieb der Anlage resultierenden Belastung ein Tagesgang als auch Referenzproben notwendig sind"; in der ergänzenden Stellungnahme im Berufungsverfahren heißt es darüber hinaus:

"Um über die Sauerstoffbilanz der Teichanlge reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, müßte der biologische Sauerstoffbedarf des Wassers (BSB2 bzw. BSB5) erfaßt werden, und das bei Vollbesatz und Fütterung.

Desweiteren müßte ein Tagesgang über die aktuellen Sauerstoffwerte angefertigt werden, um zu einem repräsentativen Ergebnis zu kommen.

Darüberhinaus ist zur Erfassung der Wassergüte auch eine Erhebung der Stickstoff- und Phosphatkomponenten unumgänglich, und das selbstverständlich bei Vollbesatz und Fütterung.

Erst nach Erfassung obgenannter Parameter kann bei den vom Rechtsvertreter zitierten "Qualitätsforschungsergebnissen" von solchen gesprochen werden."

Warum die Vornahme derartiger Messungen vom Sachverständigen schließlich doch nicht für erforderlich gehalten wurde, läßt sich seinem Gutachten nicht entnehmen. Dieses entbehrt aufgrund der aufgezeigten Mängel der Schlüssigkeit und durfte somit in den angeführten Punkten von der belangten Behörde nicht dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegt werden.

Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand mitberücksichtigt ist und Stempelgebührenaufwand nur im erforderlichen Ausmaß zuerkannt werden konnte.

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Beweismittel Sachverständigenbeweis Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Gutachten rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030123.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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