Entscheidungsdatum
20.09.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L516 2173108-1/33E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK über den Antrag von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.08.2021, Zl. L516 2173108-1/30E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 17.09.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein.
Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei Folgendes an:
„Es wird hiermit dringend beantragt, dieser Revision gem. § 30 Abs.2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:
Dem Rw droht in Pakistan unmenschliche und erniedrigende Behandlung, Folter und Misshandlungen sowie ein Strafverfahren, in welchem er sich nicht fair verteidigen könnte, also auch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung.
Dies alles wäre die Folge des Umstands, dass der Rw in Österreich rechtskräftig mit Urteil des LG Salzburg vom 20.12.2017, 41 Hv 135/17k, des Verbrechens der terroristischen Vereinigung schuldig erkannt wurde. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der überstaatlichen, multilateralen Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung die österreichischen Sicherheitsbehörden den Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaats von dieser Verurteilung Mitteilung machen werden.
Aufgrund der Berichtslage, wie sie im Detail unter C), 3.2.1, S 12, 13 und 14 sowie 3.2.2, S 14, 15 und 16 der Revision dargestellt wurde, besteht das reale Risiko, dass der Rw in Gewahrsame der Sicherheitskräfte gerät und dort gefoltert wird, um ihn zu zwingen, ein Geständnis abzulegen oder mit der Polizei zu kooperieren (S 43 oben des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation zu Pakistan, Gesamtaktualisierung am 16.05.2019, letzte KI eingefügt am 09.08.2019). Außerdem ist es eine durch die Berichte belegte Tatsache, dass in Fällen mit terroristischem Hintergrund eine besonders hohe Gefahr besteht, dass die Verdächtigten mit Methoden der Folter zur Ablegung von Geständnissen oder zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden gezwungen werden (LIB, S 43 unten).
Zudem geht aus den Berichten einhellig hervor, dass die Haftbedingungen in den pakistanischen Gefängnissen sehr schlecht sind. Auch insoweit droht dem Rw, der mit einer sofortigen Festnahme und Inhaftierung zu rechnen hat, wobei eine derartige Haft bei Terrorismusverdacht und tatsächlicher Verurteilung wegen terroristischer Delinquenz“ sehr lange dauern kann, in Pakistan eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung oder Bestrafung.
Auch insoweit besteht das reale Risiko, dass der Rw in Pakistan unmenschliche Behandlung erleiden müsste, welche die Schwelle des Art 3 EMRK erreicht.
Im Hinblick auf diese Umstände und die feststehende, strafrechtliche Verurteilung wegen des Verbrechens der Terrorismusbeteiligung kann nicht zweifelhaft sein, dass dem absolut geschützten Recht des Rw, vor einer Verletzung seiner durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte geschützt zu werden, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG ein höheres Gewicht zukommt als allfälligen, anderen Interessen.
Zwingende öffentliche Interessen, welche einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und einer Interessenabwägung zugunsten des Rw entgegenstünden, bestehen nicht.
Weil sohin für den Rw mit einer Vollstreckung der angefochtenen Rückkehrentscheidung ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, sind alle Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG erfüllt, dieser Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: „Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“
Dem Antragsteller als revisionswerbende Partei droht durch den rechtkräftigen Abschluss seines Asylverfahrens mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes die Vollziehung der Abschiebung.
Gegenständlich ist kein zwingendes öffentliches Interesse erkennbar, das der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision entgegenstünde. Nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses wäre für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden.
Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattzugeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Revision unverhältnismäßiger NachteilEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L516.2173108.1.01Im RIS seit
10.01.2022Zuletzt aktualisiert am
10.01.2022