TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/4 W195 2229080-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.2021
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Entscheidungsdatum

04.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W195 2229080-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2021, Zl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.1. vorhergehender Verfahrensgang:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von XXXX , stellte am 06.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Befragung am 06.12.2016 gab der BF an, er sei mit einem Schüler/Studentenvisum am XXXX in Österreich eingereist. Als er erfahren habe, dass seine Familie von der Awami League belästigt wurde, sei er am 01.11.2016 nach Bangladesch geflogen und nahm an Parteiaktivitäten der BNP vom XXXX teil. Daraufhin sei er von Mitgliedern der gegnerischen Awami League als auch von staatlichen Behörden schikaniert worden. Deshalb sei er am XXXX nach Österreich zurückgeflogen. In Österreich angekommen habe ihm seine Familie mitgeteilt, dass gegen den BF eine Klage anhängig sei; in dieser Klage werde ihm vorgeworfen, am XXXX bei einem Vorfall beteiligt gewesen zu sein, bei dem Schüsse fielen und Sachbeschädigungen erfolgten. Sein Name sei später in die Anzeige eingefügt worden.

I.1.2. Am 19.06.2018 erfolgte die Einvernahme des BF vor dem BFA. Dabei gab der BF an, dass er in XXXX , Bangladesch, geboren wurde und der Religion des Hinduismus zugehörig sei. Er habe regelmäßigen Kontakt zur Familie. In Österreich habe er keine Verwandten, keine Kinder und keine Beziehung.

In Österreich lebe er von der Grundversorgung. Er habe ein Deutsch-Zertifikat der Kategorie B1; darüber hinaus legte der BF mehrere Vereinsbestätigungen vor.

Als Fluchtgrund nannte der BF, dass er im November 2016 an Widerstandsbewegungsprogrammen der BNP teilgenommen habe. Daraufhin hätten ihm Leute aus der Ortschaft mit dem Tod bedroht. Er sei deshalb am XXXX nach Österreich abgereist. Ein paar Tage danach habe ihm sein Vater erzählt, dass eine Anzeige gegen den BF existiere. Nachgefragt gab der BF an, von radikalen Muslime auch deshalb bedroht worden zu sein, weil er Hindu sei. Er sei seit XXXX Generalsekretär im XXXX In seinem Dorf gäbe es ungefähr 4.000 Einwohner, ca 1.500 wären Hindus. Man könne in seinem Dorf hinduistische Riten durchführen.

Im Rahmen dieser Einvernahme wurden vom BF Dokumente (u.a. Anklageschrift, Haftbefehl und Verfahrensunterlagen) vorgelegt, welche vom BFA einer Übersetzung zugeführt wurden. Die übersetzte Anklageschrift XXXX über die Ereignisse vom XXXX trägt das Datum XXXX . Darüber hinaus wurden Gerichtsprotokolle sowie die Anzeige XXXX vorgelegt und übersetzt. Weitere Angaben konnte der BF hinsichtlich seines Fluchtgrundes nicht machen.

I.1.3. Am 23.12.2019 erfolgte eine weitere Einvernahme des BF, welcher zahlreiche Dokumente zum Integrationsfortschritt vorlegte.

Hinsichtlich seiner Fluchtgeschichte wiederholte der BF sein bisheriges Vorbringen. Bei der Ausreise aus Bangladesch habe der BF keine Probleme gehabt; er führe dies darauf zurück, weil der Haftbefehl erst vier bis fünf Monate später erging.

Befragt, wieso er im April 2017 bereit gewesen sei, freiwillig nach Bangladesch zurückzukehren, meinte der BF, er sei zu diesem Zeitpunkt depressiv gewesen. Er hätte damals eine Freundin in Deutschland gehabt, welche aber ein gemeinsames Kind abgetrieben habe. Seine Mutter habe ihm jedoch gesagt, dass er in Österreich bleiben solle.

Da nach der deutschen Übersetzung der Anzeige XXXX der Name des BF nicht vorkommt, wurde dieser gefragt, was er dazu sagen könne; der BF meinte lediglich, dass sein Name erst nachträglich eingefügt worden sei. Er könne sich auch nicht erklären, wieso in der Anklageschrift er unter der Überschrift „Name und Adresse der Angeklagten, die in Verwahrungshaft sind für die Verhandlung – auf Kaution oder Bürgschaft auf freiem Fuß“ stünde.

Der BF befürchte bei seiner Rückkehr nach Bangladesch die sofortige Verhaftung und Freiheitsstrafe.

Danach wurde eine vom BF namhaft gemachte Zeugin vernommen, welche sich als Freundin des BF darstellte. Über die Fluchtgründe oder das politische Engagement des BF war der Zeugin nichts bekannt.

Der BF gab sodann mehrere Stellungnahmen zum Länderbericht ab.

I.1.4. Mit Bescheid des BFA vom 29.01.2020 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Es seien auch keine Anhaltspunkte, die für die Gewährung subsidiären Schutzes sprechen würden, hervorgekommen. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.1.5. Mit einen, den konkreten Beschwerdefall wenig berührenden Schriftsatz vom 25.02.2020 wurde der Bescheid des BFA vom 29.01.2020 seitens des – damals durch die XXXX vertretenen – BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang angefochten.

I.1.6. Mit Schreiben vom 26.02.2020 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.1.7. Mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt (Stand April 2020) der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 12.08.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.1.8. Am 12.08.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch.

I.1.9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.09.2020, XXXX , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das BVwG stellte in dieser Entscheidung fest:

„II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der hinduistischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.

Der BF ist in Bangladesch geboren und hat den größten Teil seines Lebens in Bangladesch verbracht. Er hat in seinem Heimatland eine schulische Ausbildung erworben.

Der BF gab vor dem BVwG an, dass er in einer Ortschaft gelebt hat, die ca 4.000 Einwohner zählt, davon ca 1.500 Personen die Religion des Hinduismus ausüben. Von den 4.000 Einwohnern seien ca 2.100 der BNP zugehörig und 1.000 der regierenden Awami League.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Seine Eltern und Geschwister halten sich in Bangladesch auf, ein Bruder in Malaysia, wobei der BF behauptet, mit ihnen regelmäßigen, wöchentlichen Kontakt zu haben.

Festgestellt wird, dass der BF angab, im Jänner 2016 nach Österreich gekommen zu sein, um im „ XXXX “ einen Tourismuskurs zu besuchen, welcher im September 2016 begann. Im November 2016 verließ der BF jedoch Österreich und flog in seine Heimat. Der BF legte im „ XXXX “ keine einzige Prüfung ab.

Der BF ist – nach diesem Heimaturlaub – noch mit Studentenvisum am XXXX legal in Österreich eingereist. Danach hat er Asyl beantragt.

Es ist unglaubwürdig, dass der BF wegen Stress und Depression sein Studium nicht fortgeführt hat und nicht mehr an seine Ausbildung „dachte“. Vielmehr verwickelte sich der BF hinsichtlich seiner persönlichen und zeitlichen Dimension zur Beziehung zu einer Deutschen Ende 2016/im Jahr 2017 regelmäßig in Widersprüche. Der BF konnte auch nicht glaubwürdig darlegen, weshalb er seine Absicht, freiwillig nach Bangladesch zurückzukehren, fallen gelassen hat.

Der BF wohnt seit März 2020 bei einer Freundin und deren Tochter. Seine Freundin ist arbeitslos, erhält vom AMS ca € 500 und zahlt die Miete (ca. € 325-345). Der BF trägt zum Lebensunterhalt durch Zahlungen beim Einkauf bei. Der BF hat seiner Freundin gegenüber ein Einkommen durch Vertrieb und Verkauf von Zeitungstätigkeiten in Höhe von € 400,- bekannt gegeben, obwohl er über € 1.000,- monatlich hat und auch von der Caritas Unterstützung für Pflege und Versorgung erhält. Seine Freundin wusste nach dem ersten Treffen im August 2019 vom Status des BF als Asylwerber.

Der BF spielt in einer Band, die bei bengalischen Festen auftritt und Volksmusik spielt. Der BF gibt an, in bengalisch ausgerichteten Vereinen tätig zu sein. Der BF hat Deutschkurse besucht und das Niveau B2 erreicht. Er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten, aber nimmt Medikamente.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Festgestellt wird, dass das Fluchtvorbringen des BF nicht glaubwürdig ist; dies aus nachfolgenden Gründen:

Der BF behauptet, seit XXXX in der Funktion eines Generalsekretärs für die BNP im Wahlbezirk tätig zu sein, obwohl er von 2011 bis Mitte 2015 in Malaysia und seit 01.01.2016 in Österreich, ausgenommen November 2016, als er in Bangladesch lebte, aufhältig war. Diese Aussage ist unglaubwürdig, weil die Ausübung einer – nach Angaben des BF – derart wichtigen Funktion für eine oppositionelle Partei, nicht allein durch behauptete Internet-Aktivitäten erfüllt werden kann.

Es ist unglaubwürdig, dass im Wahlbezirk kein neues politisches Komitee gebildet wurde, weil „die örtlichen Anhänger und Führer der BNP derart gefoltert werden“ und dazu keinen Mut hatten, wenn der BF zugleich angibt, dass die Mehrheit der Bevölkerung in seinem Dorf Anhänger der BNP sei.

Es ist unglaubwürdig, dass der BF aus religiösen Gründen verfolgt werde, weil in seinem Dorf über ein Viertel der Bevölkerung dem Hinduismus angehört und der BF auch keine konkrete Verfolgung darlegte.

Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch. Der BF behauptet zwar, dass seine Familie einer Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, hat diese Verfolgung jedoch nicht konkretisiert, insbesondere welches Problem er im November 2016 durch seine persönliche Anwesenheit lösen wollte und hat auch nicht konkretisiert, welcher Verfolgung er persönlich im November ausgesetzt gewesen sein soll.

Festgestellt wird, dass der BF unglaubwürdig ist, wenn er behauptet, dass das Vermittlungsgespräch am 04.11.2016 gescheitert sei, weil die Anhänger der Awami League „sehr wütend“ gewesen seien, weil er an der landesweiten Demonstration ( XXXX ) teilgenommen habe.

Die Schilderung des BF, dass nach der Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration Mitte November und Anfeindungen durch Mitgliedern der gegnerischen Partei es ihm verweigert worden sei, ein Tagesprotokoll bzw. Anzeige bei der Polizei zu machen, er sich darüber bei der Antikorruptionsbehörde und bei dem Büro für polizeiliche Untersuchungen beschwerte, danach die Polizei zu ihm nach Hause gekommen sei, als er nicht da war, beinhaltet keine Aussage zu einer polizeilichen Verfolgung. Den konkreten Grund für das Auftauchen der Polizei gab der BF nicht an, sondern lediglich den „Verdacht“, dass er „Opfer einer politischen Verfolgung“ sei. Das Auftauchen der Polizei bei der Familie des BF hätte auch anderen Zwecken dienen können, eine konkrete Verfolgungshandlung (zB Haftbefehl) hat der BF nicht vorgebracht.

Der BF gab an, dass er zu Unrecht wegen Straftaten im Dezember 2015 eine Anzeige erhalten habe, sein Name jedoch nachträglich eingetragen worden sei. Der BF beantragte weitere Recherchen vor Ort, wobei er jedoch ausdrücklich verlangte, dass man „seine Daten“ nicht nennen dürfe.

Der BF hatte im Jahr 2017 offensichtlich keine Furcht wegen politischer Verfolgung, weil er ernsthaft die freiwillige Rückkehr in seine Heimat erwog.

Der BF legte weitere Unterlagen in bengalischer Sprache vor; eine zumindest deutsche Arbeitsübersetzung hat der BF, der Deutschkenntnisse in B2 belegt, jedoch trotz eigenen ausreichenden Einkommens und ausreichender Zeit nicht beigefügt und hat er damit seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht entsprochen.“

I.1.10. Gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhob der BF, nunmehr vertreten durch XXXX in Wien, außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

I.1.11. Die außerordentliche Revision des BF wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.11.2020, XXXX zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde am 24.11.2020 zugestellt.

I.2. zum gegenständlichen Verfahren:

I.2.1. Bereits sechs Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich am 08.01.2021, stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, dass vor kurzem ein neuerlicher Anschlag „bei mir zu Hause“ in Bangladesch stattgefunden habe, er wisse jedoch nicht, ob dies „wegen meinem alten Verfahren oder ob ein neues Verfahren eingeleitet“ worden sei. Hintergrund sei, dass der nunmehrige Ehemann einer früheren Freundin des BF der Familie drohe, er würde den BF zerstückeln und ermorden. Der BF würde mit der früheren Freundin auf Instagram Kontakt haben.

Als zweiten Grund nannte der BF, dass ein mächtiger Mann namens XXXX , ein Anhänger der Awami League, einen illegalen Handel betreibe und kriminell tätig sei. Als der BF noch in Bangladesch gewesen sei, hätten Parteianhänger, Menschenrechtsorganisationen und örtliche Einwohner Beschwerde gegen diesen Herrn eingebracht. Der BF meinte, dieser Herr würde die Rückkehr des BF fürchten.

I.2.2. Am 04.02.2021 gab der nunmehrige Rechtsvertreter die Verfahrensvollmacht bekannt.

I.2.3. Am 16.02.2021 erfolgte vor dem BFA die Video-Einvernahme des BF in Anwesenheit des Rechtsvertreters.

Der BF gab an, er habe die Deutschprüfung auf B2 sowie eine Moped-Führerscheinprüfung bestanden. Er arbeite als Zeitungszusteller seit 01.02.2021 im Auftrag der XXXX ; er habe keinen Lohnzettel. Er bekäme € 950,- von der XXXX und € 300,- von seiner Arbeit als Zeitschriftenverteiler für das Magazin „ XXXX “.

Der BF legte eine Anzeige vom 06.01.2021 vor, welche er am 04.02.2021 per Email über einen Freund erhalten habe. Der Freund habe einen Rechtsanwalt dafür bezahlt.

Gesundheitlich habe er Probleme mit der Prostata und der Psyche.

Seine psychischen Probleme habe er, weil das BFA seinen Asylantrag abgewiesen habe. „Ich habe auch vom Gericht in diesem Land kein faires Verfahren erhalten“, so der BF weiter. Er könne oft die Wut in sich nicht kontrollieren, er habe auch Wut gegen das BFA.

Den letzten Kontakt hatte er zu Neujahr 2021 zu seinen Eltern, welche in Bangladesch leben (AAS 233). Nach weiteren Ausführungen ergab sich, dass der BF am 08.01.2021 Kontakt hatte, zwei Tage nach einer angeblich neuen Polizeirazzia.

In Österreich habe sich an seinen Verhältnissen sonst nichts Wesentliches verändert.

Seine Flucht- und Ausreisegründe aus dem Vorverfahren seien weiterhin aufrecht.

Danach schilderte der BF, dass der nunmehrige Ehemann seiner früheren Ex-Freundin seine Eltern bedroht, teilweise das Haus beschädigt und Inventar zerstört habe sowie meinte, der BF solle nicht nach Bangladesch zurückkehren. Der BF vermute einerseits, dass dieser Mann, der auch bei der Awami League und ein Verbrecher sei, wegen Sorge über die politischen Aktivitäten des BF versuche, dessen Rückkehr zu verhindern. Andererseits vermutet der BF, dass der Ehemann seiner Ex-Freundin annehme, dass sie wieder zu ihm gehen würde, wenn der BF nach Bangladesch zurückkehre.

Den Namen der Ex-Freundin wollte der BF vor dem BFA nicht preisgeben. Er habe mit ihr eine Beziehung von 2005 bis 2011 geführt. Die Ex-Freundin habe ihn auf Instagram blockiert, der BF habe mittlerweile auch seinen Instagram-Account gelöscht.

Hinsichtlich der angeblichen Anzeige meinte der BF, dies sei ein Geschäftsfreund seines Gegners und habe der BF mit der Anzeige nichts zu tun. Ein junger Mann sei getötet worden, als er auf dem Heimweg war, und sei der BF in dieser Anzeige zusätzlich genannt worden. Der Mord hätte sich am 20.11.2020 ereignet, als der BF in Österreich gewesen ist.

Zu den Länderberichten hielt der BF fest, dass diese gänzlich falsch seien, weil sie lediglich die Regierung gut darstellen würden.

Falls er nach Bangladesch zurückkehren müsste, würde man ihn am Flughafen verhaften und ins Gefängnis bringen.

I.2.4. Die vom BF im Rahmen der Verhandlung vorgelegten Anzeigen wurden vom BFA einer Übersetzung zugeführt.

I.2.5. Mit Eingabe des Rechtsanwaltes des BF vom 02.03.2021 legte dieser einen Befundbericht eines Facharztes für Neurologie vom 22.02.2021 vor, dem zu Folge der BF Probleme habe seine Emotionen zu kontrollieren, keine Geduld und Wutausbrüche habe sowie Freunde den Kontakt zu ihm abgebrochen haben. Ähnliche Beschwerden habe der BF nach seiner Haartransplantation gehabt. Als Medikation wurde die Einnahme von einer Tablette XXXX täglich vorgeschlagen.

I.2.6. Am 02.03.2021 brachte der Anwalt des BF eine Stellungnahme zu den Länderberichten Bangladesch sowie Protokollberichtigungen zur Einvernahme vor.

I.2.7. Mit Schreiben vom 27.05.2021 lud das BFA den BF zur weiteren Einvernahme für den 14.06.2021 vor.

I.2.8. Mit Schriftsatz vom 09.06.2021 ersuchte der Rechtsanwalt des BF um Vertagung der für 14.06.2021 vorgesehenen Einvernahme, weil der BF derzeit arbeitsunfähig (Bestätigung vom 08.06.2021) sowie auf Grund neurologischer Probleme erkrankt sei. Im beiliegenden Befundbericht (vom 07.06.2021) spricht der Facharzt für Neurologie davon, dass der NF eine Brille wegen der Kopfschmerzen tragen müsse; die gleiche Medikation wie bisher wurde vorgeschlagen.

I.2.9. Das BFA ermöglichte dem BF daraufhin schriftlich zu bestimmten, insgesamt 16 Themen das Parteiengehör binnen zwei Wochen wahrzunehmen.

I.2.10. Am 28.06.2021 langte die Stellungnahme des BF, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, ein.

Da laut Anwalt dem BF die Verständlichkeit der übermittelten Fragen nicht gegeben sei werde ein Dolmetscher verlangt. Daran schließt sich eine Stellungnahme zu den Länderberichten Bangladesch an. Diesen Schreiben war der bekannte Befundbericht des neurologischen Facharztes von 07.06.2021 angeschlossen.

I.2.11. Am 26.06.2021 legte der anwaltlich vertretene BF einen „aktuellen Haftbefehl vom 03.05.2021“ (Eine Seite in bengalischer Sprache) vor.

I.2.12. Am 15.07.2021 beantragte der Rechtsanwalt des BF, dass eine Aussetzung der Meldeverpflichtung erfolgen möge, und legte diesem Antrag neuerlich die bekannten Befundberichte des neurologischen Facharztes vom 22.02.2021 sowie vom 07.06.2021 vor.

I.2.13. Der Wiederbestellung zur Einvernahme vor dem BFA für den 22.07.2021 begegnete der Rechtsanwalt des BF mit einem Antrag auf Aussetzung der Einvernahme unter Verweis auf den bekannten Befund des neurologischen Facharztes vom 07.06.2021 und einem Befundbericht vom 28.06.2021 des XXXX .

Wie diesem Befundbericht (Untersuchung mit Elektroencephalogramm) des XXXX vom 28.06.2021 entnommen werden kann, ergab sich folgende Beurteilung: ein normales EEG, ein Alphagrundrhythmus, kein Herdbefund sowie keine Zeichen erhöhter zerebraler Erregungsbereitschaft.

I.2.14. Sodann erging mit Schreiben des BFA das Ersuchen an das XXXX um Stellungnahme in Form einer chefärztlichen Äußerung, ob der BF aus derzeitiger Sicht unter Zugrundelegung der vorliegenden Befunde abschiebefähig bzw. transportfähig sei.

I.2.15. Mit Schreiben der XXXX vom 19.07.2021 wurde im Auftrag der stellvertretenden Chefärztin mitgeteilt, dass nach Prüfung der Befunde des BF aus medizinischer Sicht eine Transport- und Abschiebemöglichkeit besteht.

I.2.16. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 29.07.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe, soweit nicht bereits durch vorhergehende Entscheidungen rechtskräftig gebunden, darüber hinausgehend eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Es seien auch keine Anhaltspunkte, die für die Gewährung subsidiären Schutzes sprechen würden, hervorgekommen. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten. Der Gesundheitszustand des BF, welchem ein bestimmtes Medikament zur Behandlung vorgeschlagen sei, sei nicht derartig beeinträchtigt, dass ein Verbleib im Bundesgebiet erforderlich sei, weil dieses Medikament nachweisbar, wie sich aus einem Bericht der Staatendokumentation ergibt, auch in Bangladesch erhältlich wäre. Es wäre also keine gesundheitlich lebensbedrohliche Situation für den BF gegeben.

I.2.17. Der Bescheid des BFA wurde am 16.08.2021 dem Rechtsanwalt des BF zugestellt.

I.2.18. Der BF richtete in weiterer Folge zahlreiche, zumeist gleichlautende Emails an das BFA, welche das Verfahren sowie seine Meldeverpflichtung betraf, welche bereits am 14.04.2021 aufgehoben worden war.

I.2.19. Das BFA teilte dem BF daraufhin mit, dass diese Verpflichtung bereits am 14.04.2021 aufgehoben worden war, worüber sich der BF im Antwort-Email erfreut zeigte.

I.2.20. Mit Schriftsatz vom 13.09.2021 erging die Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen BF sowie ein Antrag auf Erlassung einer aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Gleichzeitig wurden mehrere Urkunden vorgelegt.

An Urkunden wurden vorgelegt:

?        Ein Befund des Facharztes für Psychiatrie vom 23.08.2021

?        Information zu Magnetresonanztherapie vom 23.08.2021

?        Medikamentenrezept vom 03.08.2021

?        Prüfungsergebnis Führerscheinklasse AM - Prüfung vom 11.12.2020

?        Überweisung an die Sozialversicherung der Selbständigen vom 10.08.2021

?        Auszug aus GISA

?        Pachtvertrag zwischen dem BF und XXXX vom 08.09.2021

?        Anwesenheitsnachweise

?        Diverse Lohnzettel XXXX bis Juni 2021

?        Bestätigung XXXX vom 13.09.2021

Inhaltlich führt die Beschwerde nach kurzer Sachverhaltsdarstellung aus, dass sich die Umstände seit Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den BF wesentlich geändert hätten. Vor allem habe es die Behörde unterlassen festzuhalten, dass sich der BF mittlerweile schon länger im Bundesgebiet aufhalte. Er sei strafrechtlich unbescholten. Weitgehende Unbescholtenheit gelte als Zeichen der Annahme sozialer Integration.

Der BF habe persönlich starke und soziale Bindungen zum Bundesgebiet iSd Art 8 EMRK entfaltet.

Er plane nunmehr mit dem Cousin eine Pizzeria und einen Kepabladen zu realisieren.

Die Rechte und Pflichten als Unternehmer seien im bewusst, er würde diese auch als Jungunternehmer einhalten.

Der BF verfüge über eine stetige Unterkunft in Wien, gemeinsam mit seiner Freundin und deren Tochter.

In Bangladesch sei mittlerweile eine stärkere Intensität der Verfolgung des BF eingetreten.

Die vom BFA erfolgte Interessensabwägung erweise sich als rechtswidrig und unzulässig. Der BF habe in Österreich ein intensives Privatleben, er sei seit fast fünf Jahren im Bundesgebiet.

Der Sachverhalt sei mangelhaft dargestellt. In weiterer Folge versucht die Beschwerde zahlreiche Punkte aufzuzählen, deren inhaltliche Problemstellungen öfters in das bereits abgeschlossene Verfahren hineinreichen.

So bringt der BF etwa vor, dass

?        Schreibfehler (Jahreszahl) im Bescheid enthalten wären

?        Der BF nicht über die Zurückweisung des Folgeantrages informiert worden sei

?        „nämlich mit Drogen handelt und für den Staats Bangladesch arbeitet“ – ohne näheres Eingehen darauf

?        Ein anderes Medikament als das im Bescheid angegebene reduziert wurde

?        Ein Haftbefehl nicht wörtlich übersetzt wurde und dieser Haftbefehl ausgeblendet worden sei

?        Die Unterlagen und Urkunden zur psychologischen Therapie nicht berücksichtigt worden seien

?        Die Schulen, welche der BF in Österreich besucht habe, nicht berücksichtigt wurden

?        Der BF zu den Länderfeststellungen keine Stellungnahme abgegeben habe und er auch zur Integration keine Äußerung erstattete; dies hätte eines Dolmetschers bedurft.

?        Die belangte Behörde sich lediglich eines Gedankenkonstruktes zu den Fluchtgründen bedient hätte.

?        Auf die Erkrankungen des BF zu wenig eingegangen wurde.

?        Der BF zu seiner Familie keinen Kontakt hat und enterbt wurde.

I.2.21. Das BFA legte die Beschwerde samt Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 14.09.2021, eingelangt am 17.09.2021, vor.

I.2.21. Das BVwG führte das vom BF vorgelegte bengalischsprachige Dokument („Haftbefehl“) einer Übersetzung zu.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Mit Bescheid des BFA vom 29.01.2020 wurde der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA negativ beschieden und eine Rückkehrentscheidung getroffen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.09.2020, XXXX als unbegründet abgewiesen.

Die außerordentliche Revision des BF gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.09.2020 wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.11.2020, XXXX zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde am 24.11.2020 zugestellt.

Die getroffenen Entscheidungen sind rechtskräftig.

Festgestellt wird, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 11.11.2020 unter anderem hinsichtlich des BF und seiner Lebensumstände in Österreich sowie zu den Fluchtgründen folgendes festhielt:

„Das BVwG ist entgegen dem Revisionsvorbringen keineswegs „willkürlich und spontan von einer Unglaubwürdigkeit“ des Revisionswerbers ausgegangen. Vielmehr hat es nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beweiswürdigend etwa erwogen, es sei nicht glaubhaft, dass der Revisionswerber wie behauptet seit dem Jahr XXXX die Funktion als Generalsekretär der BNP auf Wahlbezirksebene ausübe, weil er von diesen zwölf Jahren nach seinem eigenen Vorbringen vier Jahre in Malaysia und vier Jahre in Österreich verbracht habe. Das BVwG hat weiters näher dargelegt, warum es auch die behaupteten politischen Auseinandersetzungen mit Anhängern der AL bzw. der Polizei für nicht glaubhaft hält. Mit der pauschal gehaltenen Behauptung, der Revisionswerber habe sein Fluchtvorbringen im Verfahren gleichbleibend, detailliert und ausführlich geschildert, wird eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung (vgl. etwa VwGH 27.7.2020, Ra 2020/18/0181, mwN) fallbezogen nicht aufgezeigt.

11 Dem Revisionsvorbringen, das BVwG hätte Recherchen vor Ort insbesondere betreffend die Funktion des Revisionswerbers als Generalsekretär der BNP vornehmen lassen müssen, ist zunächst zu entgegnen, dass der Revisionswerber während des Verfahrens vor dem BVwG keinen darauf gerichteten Beweisantrag gestellt hat. Somit ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 10.6.2020, Ra 2020/18/0068, mwN). Dafür liegt angesichts der unbedenklichen Beweiswürdigung des BVwG zu diesem Themenkreis kein Anhaltspunkt vor.

12 Soweit sich die Revision gegen die Rückkehrentscheidung richtet und auf den fast fünfjährigen Aufenthalt des Revisionswerbers im Bundesgebiet verweist, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt und in Fällen, in denen eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vorliegt, regelmäßig erwartet wird, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte zu einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. zum Ganzen VwGH 8.1.2020, Ra 2019/18/0329, mwN).

13 Das BVwG berücksichtigte die vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vorgebrachten Umstände, hat darin aber in vertretbarer (und somit nicht revisibler, vgl. etwa erneut VwGH 8.1.2020, Ra 2019/18/0329, mwN) Weise keine außergewöhnliche Integration im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung gesehen.

14 Sofern der Revisionswerber vorbringt, er führe mit seiner Partnerin eine Lebensgemeinschaft im Sinn des Art. 8 EMRK, ist auf die Rechtsprechung des EGMR hinzuweisen, wonach bei der Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK begründet, auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen abzustellen ist, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 17.12.2019, Ro 2019/18/0006, mwN unter Verweis auf die Judikatur des EGMR).

15 Die Revision behauptet zwar das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Revisionswerber und seiner Freundin, die von gegenseitiger Unterstützung und Abhängigkeit gekennzeichnet sei, entfernt sich damit aber von den (vertretbaren) beweiswürdigenden Überlegungen des BVwG, wonach ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK fallbezogen gerade nicht vorliege.“

Festgestellt wird, dass der BF keinen Respekt gegen Entscheidungen der österreichischen Gerichtsbarkeit entgegenbringt und trotz Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet verblieb.

Festgestellt wird, dass der BF vor dem BFA (AAS 232) in einer neuerlichen Einvernahme am 16.02.2021 angibt, dass er „vom Gericht in diesem Land kein faires Verfahren erhalten“ habe. Festgestellt wird, dass der BF mit seinem andauernden, rechtswidrigem Verhalten somit nicht nur die Entscheidung eines österreichischen Höchstgerichtes ignoriert, sondern die Gerichtsbarkeit in objektiv unvertretbarer Weise kritisiert.

Soweit sich der BF auf angeblich neue Tatsachen beruft, wird festgestellt:

Zum Gesundheitszustand des BF (soweit nicht bereits im Vorverfahren, etwa hinsichtlich Prostata berücksichtigt):

Der BF macht (verstärkt) psychische Probleme geltend. Festgestellt wird, dass nach den vielfach vom BF zitierten Befunden des neurologischen Facharztes 22.02.2021 sowie vom 07.06.2021 ein Medikament zur Behandlung vorgeschlagen wird, welches auch in Bangladesch erhältlich ist, wie bereits der Staatendokumentation vom 03.10.2019 (AAS 419) entnommen werden kann.

Festgestellt wird, dass dem weiters vorgelegten Befundbericht (Untersuchung mit Elektroencephalogramm) des XXXX vom 28.06.2021 entnommen werden kann, dass – zusammengefasst – keine besonders kritischen Hinweise auf eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegen: ein normales EEG, ein Alphagrundrhythmus, kein Herdbefund sowie keine Zeichen erhöhter zerebraler Erregungsbereitschaft können auch von medizinischen Laien als nicht besorgniserregend und nicht lebensbedrohlich wahrgenommen werden.

Festgestellt wird, dass zu den vom BF im Verfahren vorgelegten Befunden eine chefärztliche Stellungnahme vom 19.07.2021 eingeholt wurde, welche ergab, dass der BF abschiebe- und transportfähig ist. Der BF ist dieser Stellungnahme nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; das diesbezügliche Beschwerdevorbringen (Unterlagen und Befunde seien nicht berücksichtigt worden) ist schlichtweg tatsachenwidrig und inhaltlich falsch.

Festgestellt wird, dass sich im privaten Umfeld des BF keine wesentlichen, entscheidungsrelevanten Umstände ergeben haben, die gegenüber den früheren rechtskräftigen Entscheidungen zu einem anderen Ergebnis geführt hätten.

Dies betrifft insbesondere das Verhältnis des BF zu seiner Freundin und deren Familie, über welches bereits im Vorverfahren „in (vertretbaren) beweiswürdigenden Überlegungen“ (s VwGH vom 11.11.2020) judiziert wurde. Das betrifft jedoch genauso die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des BF. Auch wenn dieser die bestandene Prüfung für einen Führerschein Klasse AM vorlegte (abgelegt Dezember 2020), ist dies keine „außergewöhnliche Integration“ im Sinne der Rechtsprechung des VwGH, welche in der Gesamtbeurteilung zu einem anderen Ergebnis führen würde.

Festgestellt wird, dass der BF Dokumente – teilweise erst im Rahmen der Beschwerde - vorlegte, um seine wirtschaftlichen Entwicklungspläne darzulegen. Festgestellt wird, dass der BF kein wirtschaftliches Konzept zur Realisierung seiner Pläne darlegte, die eine Beurteilung zulassen würden, sondern sich die Vorlage auf angebliche Verträge reduziert, welche zivilrechtliche Folgen bei Nichterfüllung der vertraglichen Gegebenheiten nach sich ziehen könnten. Festgestellt wird, dass der BF offensichtlich trotz seines unsicheren Aufenthaltes in Österreich mutwillig und sorglos (zivilrechtliche) Verträge eingeht, deren Erfüllung er nicht garantieren kann.

Festgestellt wird, dass eine Berücksichtigung des Schulbesuches in Österreich bereits im Vorverfahren erfolgte und der BF keine relevanten weiteren Fortbildungen seither absolvierte und bestand.

Festgestellt wird, dass erst in der Beschwerde der BF angab, dass er „enterbt“ worden sei, diesbezüglich jedoch keinerlei objektive Unterlagen, geschweige denn Beweise oder glaubhafte Indizien vorlegte.

Festgestellt wird, dass eine angeblich persönliche Verfolgung durch den nunmehrigen Ehemann der Ex-Freundin (2005 – 2011) des BF, zu welcher er mittlerweile auch den Kontakt abgebrochen hat, nicht glaubwürdig ist, hat doch der BF keinerlei Mitwirkung zur Klärung des Sachverhaltes durch Verweigerung einer Namensnennung gezeigt. Darüber hinaus hat der BF angeblich den Instagram-Verlauf und –Account gelöscht. Das diesbezügliche Vorbringen ist auch deshalb unglaubwürdig, weil der BF dieses nicht bereits im Vorverfahren darlegte, was in Anbetracht des Zeitablaufes zu gewärtigen wäre. Den beweiswürdigenden näheren Ausführungen in der Entscheidung des BFA ist nicht entgegenzutreten und geht dieses richtigerweise von einem übersteigerten Vorbringen aus.

Festgestellt wird, dass das Fluchtvorbringen, vom Ehemann der Ex-Freundin verfolgt zu werden, unglaubwürdig ist, weil der BF auch gegen dessen „Verfolgung“ keinerlei abwehrende Maßnahmen angab. Dieser Ehemann, der ein Krimineller sei, würde die Rückkehr des BF fürchten. Der BF führte nicht aus, wieso es ihm in Bangladesch nicht möglich sei, vor allfälligen Behelligungen dieser Person im Herkunftsland nicht ausweichen zu können.

Festgestellt wird, dass die neu vorgelegte Anzeige gegen den BF offensichtlich falschen Inhaltes ist, weil es sich dabei um einen Vorfall im November 2020 handelt. Der BF ist dieser Anzeige offensichtlich nicht in geeigneter Weise entgegengetreten, was in Anbetracht seiner Anwesenheit im Bundesgebiet leicht gewesen wäre.

Bereits das BFA verwies darauf und wird vom BF unwidersprochen festgestellt, dass die Authentizität der Urkunde (Anzeige) hinsichtlich des Vorfalles im November 2020 durch den von einem Freund des BF bezahlten Anwalt bestätigt wurde. In Anbetracht der in den Länderberichten unwidersprochenen Feststellung, dass Dokumente jedweden Inhaltes leicht gegen Bezahlung erhältlich sind, wird festgestellt, dass es sich um eine (inhaltlich) falsche Urkunde handelt, wobei angemerkt wird, dass der BF bereits im vorhergehenden Verfahren gefälschte Urkunden vorlegte. Gleiches gilt auch für die vom rechtfreundlichen Vertreter vorgelegte, einseitige Urkunde („Haftbefehl vom 03.05.2021“), welche neben orthografisch-englischen Fehlern sich auf die falsche Anzeige von 2020 bezieht. Festgestellt wird, dass diese Urkunde lediglich für XXXX und den anderen Angeklagten“ ausgestellt wurde, was keinerlei Glaubwürdigkeit hat.

Festgestellt wird, dass der BF nicht aus asylrelevanten Gründen verfolgt wird.

Festgestellt wird, dass im Falle seiner Rückkehr nach Bangladesch keine Verfolgung zu erwarten hat und sich gegebenenfalls gegen Behelligungen im Heimatland diesen ausreichend entziehen könnte.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

COVID-19

Letzte Änderung: 08.06.2021

Der Regierung wird vorgeworfen, dass die Vorbereitung auf die Viruserkrankung im Inland inadäquat gewesen sind. COVID-19-Testungen waren zunächst nur in der Hauptstadt Dhaka möglich gewesen. Anfang April 2020 nahmen Diagnostikeinrichtungen am Rajshahi Medical College und am Cox's Bazar Medical College ihre Tätigkeiten auf und testen seitdem Bewohner ihrer jeweiligen Regionen auf eine Infektion mit COVID-19. Mit Ende März 2020 erließ die Regierung weitreichende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das Transportwesen, Einkaufsmöglichkeiten, behördliche Dienste und anderes wurden auf das nötigste reduziert. Von den erlassenen Kontakt- und Arbeitsbeschränkungen ist ein Großteil der bangladeschischen Bevölkerung betroffen. Viele stehen dadurch vor unmittelbar existenzbedrohenden finanziellen Risiken. Viele Großaufträge beispielsweise im Bereich der Textilindustrie wurden zurückgezogen. Diese Maßnahmen bedeuteten einen Wegfall der Einkommensgrundlage von 4,1 Millionen Textilarbeitern, die zu den Geringverdienern in Bangladesch zählen. Einige Textilfabriken stellten jedoch ihre Produktion teilweise auf die Herstellung von Atemschutzmasken und Schutzanzügen um. Lokale Initiativen von einkommensstärkeren Personen versuchen, die Grundversorgung von einkommensschwächeren Familien durch die Verteilung von Lebensmitteln in den jeweiligen Anwohnergebieten aufrecht zu erhalten. Auch die Regierung hat erste staatliche Entlastungsprogramme in die Wege geleitet. Darunter Programme zur finanziellen Unterstützung der in der Landwirtschaft Tätigen oder für Personen, die in extremer Armut leben (GIZ 11.2020; vgl. ÖB 9.2020). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).

Die bangladeschische Regierung hat im April 2020 Hilfspakete mit einem Volumen in Höhe von 12 Milliarden USD beschlossen. Die Konjunkturmaßnahmen zielen unter anderem auf eine Stützung von für die Wirtschaft bedeutende Industriezweige wie die Textil- und Bekleidungsherstellung sowie den Agrar- und Nahrungsmittelsektor ab (GTAI 21.9.2020a). Der durch die Regierung verhängte umfassende Lockdown war de facto jedoch immer brüchig und wurde einmal mehr und einmal weniger eingehalten. Am 30.5.2020 wurde der Lockdown wieder aufgehoben, da eine weiter Fortsetzung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war (ÖB 9.2020).

Das ohnehin schwache Gesundheitssystem Bangladeschs ist mit der Pandemie völlig überlastet (ÖB 9.2020). Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen. Landesweit sind etwas mehr als knapp 1.000 Intensivbetten verfügbar. Davon sind 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet. Während es in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten gibt, stehen in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine zur Verfügung (GTAI 21.9.2020b).

Eine weitere Problemstellung für das Land stellen die zahlreichen Rückkehrer aus den Ländern des Nahen Ostens aufgrund des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs dar. Viele bringen so das Virus auf ihrem Heimweg mit ins Land. Da viele Migranten aus Bangladesch im Nahen Osten im Zuge der COVID-Krise ihre Arbeit verloren haben und ausgewiesen wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem vermehrten Aufkommen von AsylwerberInnen aus Bangladesch in (West-)Europa zu rechnen (ÖB 9.2020).

COVID-19 erhöht Risiken im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt und setzen Frauen und Kinder zusätzlichen Bedrohungen aus (iMMAP 3.2021).

Die Behörden gehen gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten (HRW 20.5.2021; vgl. AI 19.5.2021). Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020). Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021).

Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im April 2021 Tagen stark angestiegen, wurden die Anfang April 2021 eingeführten Abriegelungsmaßnahmen, die auch die Schließung von Geschäften beinhaltet, aufgrund der sich verschlechternden Situation weiter verschärft (BAMF 12.4.2021).

Das Außenministerium des Landes bestätigt Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Massenimpfprogrammes wegen einem Fehlen an den dafür notwendigen Impfstoff-Dosen. Bisher hat Bangladesch erst 7 Millionen Dosen (darüber hinaus schenkte Indien 3,2 Millionen Dosen separat) einer vertraglich mit Indien vereinbarten Menge von 30 Millionen Dosen des vom Serum Institute of India hergestellten Oxford AstraZeneca-Impfstoffs erhalten (AnAg 22.5.2021).

Um eine Übertragung von den als ansteckender eingestuften Varianten des COVID-19-Virus aus Indien zu verhindern, wurden Flüge abgesagt und Grenzen geschlossen (TG 5.5.2021).

Quellen:

?        AnAg – Anadolu Agency (22.5.2021): Bangladesh extends border lockdown with India, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-extends-border-lockdown-with-india/2251062, Zugriff 25.5.2021

?        AI – Amnesty International (19.5.2021): Bangladesh: Rozina Islam must not be punished for her journalistic work, Zugriff 19.5.2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2051859.html, Zugriff 1.6.2021

?        AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 18.5.2021

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.4.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/EN/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw15-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 17.5.2021

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2020a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 17.5.2021

?        GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020a): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/covid-19-massnahmen-der-regierung-260866, Zugriff 5.11.2020

?        GTAI - Germany Trade and Invest [Deutschland] (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868, Zugriff 5.11.2020

?        HRW – Human Rights Watch: Bangladesh (20.5.2021): Arrest of Journalist Investigating Corruption, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052025.html, Zugriff 1.6.2021

?        iMMAP – Information Management and Mine Action Programs (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (3.2021): COVID-19 Situation Analysis , https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/iMMAP_COVID-19_Bangladesh_Analysis%20Report_032021.pdf, Zugriff 17.5.2021ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021

?        TG – The Guardian (5.5.2021): India’s neighbours close borders as Covid wave spreads across region, https://www.theguardian.com/world/2021/may/05/indias-neighbours-close-borders-as-covid-wave-spreads-across-region, Zugriff 25.5.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 08.06.2021

Bangladesch ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Die Unabhängigkeit und der Übergang zur Demokratie brachten ein Einparteiensystem, mehrere Militärputsche (1975 und 1982), zwei Übergangsregierungen, Ausnahmezustände und Machtkämpfe zwischen den beiden großen Parteien, der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und der Awami-Liga (AL). Die beiden Parteien regieren Bangladesch seit 1991 abwechselnd (OMCT 7.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch. Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 9.2020). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 direkt gewählten Abgeordneten (ÖB 9.2020) sowie zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 30.3.2021; vgl. GIZ 11.2019a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der BNP und der AL als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 9.2020).

Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien AL und BNP bestimmt (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020, BS 29.4.2020). Klientelismus und Korruption sowie mafiöse Strukturen sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 21.6.2020). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit um die Führung des Landes konkurriert haben. Unterstützt werden die beiden Parteien von einem kleinen Kreis von Beratern (FH 3.3.2021). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, in dem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB 9.2020).

Bei den Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen überragenden Sieg (ÖB 9.2020) mit 96 Prozent der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitzen (Guardian 30.12.2018; vgl. DT 27.1.2019, DW 14.2.2019). Diese waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a). Die rivalisierenden Parteien AL und BNP dominieren die Politik und schränken die politischen Handlungsmöglichkeiten für diejenigen ein, die parteiinterne Strukturen oder Hierarchien in Frage stellen oder alternative Parteien oder politische Gruppierungen gründen wollen, Animositäten zwischen den Parteispitzen von AL und BNP die sich bis in die Kader der unteren Ebenen ziehen, haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (FH 3.3.2021).

Da die Politik in Bangladesch generell extrem korrupt ist, sind die Grenzen zwischen begründeter Strafverfolgung und politisch motivierter Verfolgung fließend. Sicherheitskräfte sind in jüngster Vergangenheit sowohl bei Demonstrationen von Anhängern der beiden Großparteien, als auch bei islamistischen oder gewerkschaftlichen Protesten mit Brutalität vorgegangen. Im Zuge des Wahlkampfes Ende 2018 wurden gegen Anhänger und KandidatInnen der oppositionellen BNP durch die Sicherheitsbehörden falsche Anzeigen verfasst (ÖB 9.2020).

Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses (FIDH 29.12.2018). Die BNP-Vorsitzende, Khaleda Zia, war von März 2018 bis März 2020 aufgrund von Korruptionsvorwürfen im Gefängnis (AA 21.6.2020; vgl. NAU 25.3.2020). Seit diese auf freiem Fuß ist, sind praktisch keine Aktivitäten der BNP mehr wahrnehmbar (ÖB 9.2020).

Nachdem die oppositionelle BNP nunmehr nicht existent ist und im politischen Prozess kaum bis gar keine Rolle mehr spielt, ist eine Verfolgung, bzw. Unterdrückung ihrer AnhängerInnen aus Sicht der Regierung offenbar nicht mehr nötig. Anzumerken ist, dass seit März 2020 das politische Geschehen vollständig von der COVID-Krise überlagert wird (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

Von einer staatlichen Überwachung der politischen Opposition ist auszugehen (ÖB 9.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020

?        BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf, Zugriff 10.11.2020

?        DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 10.11.2020

?        DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 10.11.2020

?        FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 28.5.2021)

?        FIDH - International Federation for Human Rights (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 10.11.2020

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 10.11.2020

?        OMCT – World Organisation Against Torture (7.2019): Cycle of Fear - Combating Impunity for Torture and Strengthening the Rule of Law in Bangladesh, https://www.omct.org/files/2019/07/25475/cycleoffear_bangladesh_report_omct.pdf, Zugriff 1.6.2021

?        HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 28.5.2021

?        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 11.11.2020

?        NAU – Schweizer Nachrichtenportal (25.3.2020): Bangladeschs Oppositionsführerin Zia aus Haft entlassen, https://www.nau.ch/politik/international/bangladeschs-oppositionsfuhrerin-zia-aus-haft-entlassen-65684195, Zugriff 10.11.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021

?        USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 28.5.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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