Entscheidungsdatum
22.10.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W272 2190015-1/43E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wr. Neustadt, vom 06.03.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.10.2021, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., III., IV und VII. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass er zu lauten hat: „Gemäß § 8 Abs. 3 a AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wird ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen.“
III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird stattgegeben und gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX nach Afghanistan unzulässig ist.“
IV. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass er zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wird eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen ab Haftentlassung gewährt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 24.11.2015 den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (in der Folge AsylG). Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab er an, am XXXX in Afghanistan geboren worden und ledig zu sein, der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören und sich zum muslimischen Glauben zu bekennen. Seine Erstsprache sei Dari. Er habe keine schulische oder berufliche Ausbildung und sei arbeitslos gewesen. Als Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, dass sein Vater in Afghanistan bei einem Selbstmordanschlag getötet worden sei. In Ghazni sei die Lage sehr schlecht und es herrsche Krieg. Seine Familie habe alles verkauft und mit dem Geld sei er nach Europa gereist. Er sei auch nach Österreich gekommen um zu arbeiten und um seine Familie nachzuholen. Er habe Angst im Falle der Rückkehr in seine Heimat von der Taliban getötet zu werden.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) hatte offenbar Zweifel an dem vom BF angegebenen Alter (Aktenvermerk Indikatoren für Altersfeststellung und Röntgenaufnahme der Hand), aber es kam in diesem Zusammenhang zu keinen weiteren Veranlassungen.
Mit Vorfallsmeldung vom 22.03.2016 wurde eine Übertretung der Hausordnung durch den BF gemeldet. Es wurde ein versuchter Diebstahl gemeldet und der BF wurde verwarnt. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten trat von der Verfolgung des BF wegen § 15, 127 StGB vorläufig (Probezeit 1 Jahr) mit Verständigung vom 14.07.2017 zurück.
Mit Eingabe vom 20.10.2017 übermittelte der BF dem BFA sein ÖSD Deutschzertifikat A1.
Am 25.01.2018 wurde gegen den BF durch das Landesgericht St. Pölten XXXX wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB ein Schuldspruch unter Vorhalt einer Probezeit von 3 Jahren verhängt und Bewährungshilfe angeordnet.
3. Am 05.03.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt. Der BF gab an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Er habe kein Dokument, das seine Identität nachweise. Der BF sei in Iran, Teheran geboren und im Alter von 7-8 Jahren nach Afghanistan, Ghazni, Distrikt XXXX verzogen. In Iran habe er nur das Alphabet gelernt und in Afghanistan habe er keine Schule besucht. Nach dem Tod seines Vaters habe er als Motorradmechaniker gearbeitet und zu Hause Plastikblumen gebunden. Sein Vater sei etwa 1 Jahr und 10 Monate vor der Ausreise bei einem Selbstmordanschlag verstorben. Seine Mutter, zwei Schwestern und ein Bruder seien in Kabul aufhältig. Seit der BF in Österreich sei, warte seine Mutter, dass er sie finanziell unterstützen kann. Eine Schwester des BF lebe in Deutschland. Er versuche alle 2-3 Monate seine Familienangehörigen anzurufen, aber er wolle sie nicht enttäuschen, weil er kein Geld schicken könne. Als Fluchtgrund aus Afghanistan gab er im Wesentlichen an, dass damals in seiner Heimat die Sicherheitslage schlecht gewesen sei. Die Taliban komme und wolle Geld und Sachen. Die Jungs, die älter geworden seien, haben die Taliban mitgenommen und sie haben die anderen Afghanen als Ungläubige angesehen. Aus Angst, dass er auch von der Taliban mitgenommen werde, habe er beschlossen seine Heimat zu verlassen. Er habe einen Schock wegen dem Tod seines Vaters und Angst vor Afghanistan. Die Taliban sei bei ihm zu Hause gewesen auf der Suche nach Jugendlichen, der BF habe zwei Mal mit Talibanmitgliedern gesprochen und ihm sei eine Bedenkzeit gewährt worden. Die Taliban töten jeden der sich weigert sich ihnen anzuschließen und verüben Anschläge in Kabul. Auch die Lage in Kabul sei sehr schlecht.
4. Mit gegenständlichen Bescheid vom 06.03.2018 (zugestellt am 08.03.2018) wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.) sowie festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 25.01.2018 verloren hat.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keine individuelle Gefährdungslage in Afghanistan für sich glaubhaft vorbringen habe können. Es lege zwar eine allgemeine Gefährdungslage für den BF in der Heimatprovinz vor, aber er könne seinen Lebensunterhalt in Kabul bestreiten. Es habe auch keine Integrationsverfestigung des BF in Österreich festgestellt werden können. Der BF habe vage von einer Bedrohung gesprochen, welche durch die Sicherheitslage sowie einer Furcht vor Rekrutierung durch die Taliban hervorgerufen worden sein soll, aber er habe von keiner gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung gesprochen. Außerdem könne der BF die innerstaatliche Fluchtalternative mit Kabul, wo sich seine Familie unbehelligt aufhalte, in Anspruch nehmen. Kabul zähle nicht zu dem vorrangigen Operationsgebiet der Taliban hinsichtlich Rekrutierungsmaßnahmen, diese seine üblicherweise auf die ländlichen Gebiete fokussiert. Somit werde für den BF die innerstaatliche Fluchtalternative Kabul als absolut zumutbar angesehen. Auch die bisherigen gesetzten Integrationsbemühungen des BF stellen keine dermaßen außergewöhnliche Bindung an Österreich dar, welche eine Rückkehr unmöglich erscheinen lassen.
5. Gegen den gegenständlichen Bescheid erhob der BF fristgerecht mit Schriftsatz vom 19.03.2018 Beschwerde und führte darin ergänzend aus, dass er sowohl von den Taliban mit dem Tod bedroht worden sei, falls er der Aufforderung der Taliban nicht nachkäme. Der BF habe diese Angaben während der Einvernahme unterlassen vorzubringen, weil er vom Dolmetscher aufgefordert worden sei, sich möglichst kurz zu fassen. Aus diesem Grund beantrage der BF eine mündliche Verhandlung, um sich über seine Gefährdungslage in Afghanistan detailliert äußern zu können. Die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten stehe im Widerspruch zu den folgenden Berichten und Länderfeststellungen zu der allgemeinen Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan. Insbesondere zeige sich, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan generell verschlechtert habe und der Staat nicht mehr als schutzfähig bezeichnet werden könne. Ebenso gelte auch die afghanische Hauptstadt Kabul mittlerweile als einer der gefährlichsten Orte in Afghanistan und angesichts der schlechten Versorgungslage würde der BF im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Situation geraten. Die belangte Behörde hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung somit zum Ergebnis gelangen müssen, dass dem BF der Status eines Asylberechtigten und in eventu der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.
6. Am 13.06.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 1. Und 2. Fall, Abs. 2, 2a und 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 6 Monate, unter einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen wurden. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF geständig gewesen sei, der BF unter 21 Jahre alt sei und die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei. Erschwerend seien das Zusammentreffen dreier Vergehen und die einschlägige Vorstrafe gewesen.
Am 13.08.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXX , wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall, Abs. 2a und 3 SMG; 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Freiheitsstrafe zu der Verurteilung XXXX vom 13.06.2018 wurde abgesehen und die Probezeit auf 5 Jahre verlängert. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF geständig gewesen sei, die Tatbegehung im Alter unter 21 Jahre erfolgt sei und die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei. Erschwerend seien der unmittelbare Rückfall sowie zwei einschlägige Vorstrafen gewesen.
Am 28.11.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXX , wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 und 4 StGB zu einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt. Weiters wurde mit Beschluss die bedingte Entlassung zu XXXX vom 06.07.2018 widerrufen, wobei vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu XXXX vom 13.06.2018 abgesehen wurde. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF unter 21 Jahre alt sei und tatsachene geständige Verantwortung gezeigt habe. Erschwerend seien zwei einschlägige Vorstrafen, die Begehung innerhalb offener Probezeit sowie während der Untersuchungshaft in Kenntnis eines laufenden Strafverfahrens und die mehrfache Qualifikation im § 84 StGB gewesen.
7. Mit Bescheid vom 22.02.2019 hob das BFA gemäß § 68 Abs. 2 AVG den Bescheid vom 06.03.2018 betreffend die Spruchpunkte IV. (Rückkehrentscheidung), V. (Zulässigkeit der Abschiebung), VI. (Frist für die freiwillige Ausreise) und VII. (Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet) von Amts wegen auf und erließ (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung fest, erließ zudem (erstmals) ein Einreiseverbot in der Dauer von 7 Jahren, kannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab, verneinte eine Frist für die freiwillige Ausreise und sprach über den Verlust des Aufenthaltsrechtes ab (Spruchpunkte IV.-IX.). Mit Erkenntnis des BVwG, W115 2190015-2/3E, vom 02.04.2019 wurde der Abänderungsbescheid vom 22.02.2019 ersatzlos aufgehoben.
8. Mit Schreiben vom 24.02.2021 informierte die Staatsanwaltschaft Wien vom Rücktritt von der Verfolgung gegen den BF wegen § 27 Abs. 1 SMG. Mit Schreiben vom 01.06.2021 verständigte die Staatsanwaltschaft Wien von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den BF wegen § 141 Abs. 1 StGB, §§ 27 Abs. 1 Z1, Abs. 2 SMG. Mit Schreiben vom 12.07.2021 teilte das Landesgericht für Strafsachen Wien die Verhängung der Untersuchungshaft über den BF seit 10.07.2021 mit.
Am 24.09.2021 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXX , wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Tierquälerei nach §§ 15, 222 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF voll geständig gewesen sei und es teilweise beim Versuch geblieben sei. Erschwerend seien die drei einschlägigen Vorstrafen des wegen Delikten gegen Leib und Leben mehrfach in Haft befindlichen BF und das Zusammentreffen von drei Vergehen gewesen.
9. Am 14.10.2021 erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG. Im Rahmen der Verhandlung machte der BF keine Angaben und seine Rechtsberaterin als gewillkürte Vertreterin zog daraufhin den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zurück. Der anwesende Vertreter der belangten Behörde beantragte aufgrund der Nichtmitwirkung des BF und anhand der daliegenden Sach- und Rechtslage (Verurteilungen wegen zumindest eines Verbrechens und mehrfache Vergehen, dies über einen längeren Zeitraum) die Beschwerde in allen Punkten abzuweisen, zumal der BF die Möglichkeit des Vorbringens von asylrelevanten Gründen nicht wahrgenommen habe. Das erkennende Gericht brachte aktuelle Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat ein, folgte Kopien dieser Erkenntnisquellen den BF und seiner Rechtsberaterin aus und erklärte die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Die Rechtsberaterin wies im Anschluss darauf hin, dass sich die Sicherheitssituation extrem verschlechtert habe und daher eine Abschiebung unzulässig sei.
10. Mit Schreiben, eingelangt am 15.10.2021, legte der BF eine Stellungnahme zur Situation in Afghanistan vor. Eine Rückkehr bzw. Rückführung nach Afghanistan würde jedenfalls eine reale Gefahr der Verletzung Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Betreuungsinformationssystem, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist afghanischer Staatsangehöriger und führt den Namen XXXX sowie das Geburtsdatum XXXX . Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum schiitischen Islam. Er wurde in Teheran in der Islamischen Republik Iran geboren, lebte dort mit seiner Familie (Eltern, drei Schwestern, ein Bruder) und verzog im Alter von 7-8 Jahren nach Afghanistan, Ghazni, Distrikt XXXX . Dort war er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 aufhältig. In Iran lernte der BF das Alphabet und in Afghanistan besuchte er keine Schule. Nach dem Tod seines Vaters bei einem Selbstmordanschlag mit mehreren Toten und Verletzten arbeitete er als Mechaniker und verkaufte gebundene Plastikblumen für Veranstaltungen. Nach der Ausreise des BF verzog seine Mutter und Geschwister nach Kabul. Ein Bruder und eine Schwester sind verheiratet und eine Schwester lebt bei der Mutter. Zu seiner Familie in Afghanistan hatte er noch im behördlichen Verfahren Kontakt, wobei aktuell nicht festgestellt werden kann, dass der BF immer noch regelmäßig von Österreich aus bzw. von der Haft aus den Kontakt aufrecht hält. Die dritte Schwester des BF ist ebenfalls verheiratet und lebt mit ihrem Mann in Deutschland.
Der BF ist in einer afghanischen Familie aufgewachsen und kennt daher die afghanischen Gepflogenheiten.
Die Erstsprache des BF ist Dari und außerdem spricht er auch ein wenig Englisch.
Der BF ist arbeitsfähig und gesund. Er leidet an keiner schwerwiegenden physischen oder psychischen Erkrankung.
Dem BF wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vom 24.11.2015 seitens des BFA mit gegenständlichem Bescheid vom 06.03.2018 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen, kein Aufenthaltstitel erteilt und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde.
Der BF hat kaum Deutschkenntnisse. Während seines mittlerweile ca. 6-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet absolvierte der BF das ÖSD Zertifikat A1, sonstige Aus- und Fortbildungen machte er nicht und ist auch kein Mitglied in einem Verein. Der BF ist nicht selbsterhaltungsfähig, ist derzeit seit 08.07.2021 in Haft in der XXXX und lebte zuvor von der Grundversorgung. Er war auch bereits von 16.05.2018-21.01.2022 in der XXXX inhaftiert. Er ging im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und hat keine Verwandten in Österreich.
Der BF ist strafrechtlich verurteilt:
Am 25.01.2018 wurde gegen den BF durch das Landesgericht St. Pölten, GZ XXXX wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB ein Schuldspruch unter Vorhalt einer Probezeit von 3 Jahren verhängt und Bewährungshilfe angeordnet.
Am 13.06.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX , wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 1. Und 2. Fall, Abs. 2, 2a und 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 6 Monate, unter einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen wurden. Er hat in Wien vorschriftswidrig, nämlich Cannabiskraut und Heroin gewerbsmäßig auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, nämlich im Bereich des stark frequentierten XXXX , öffentlich dem verdeckten Ermittler gegen Entgelt überlassen, zu überlassen versucht und angeboten. Er hat vorschriftswidrig Suchtmittel zu nicht mehr festzustellenden Zeitpunkten zwischen 25.04.-15.05.2018 erworben und besessen sowie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF geständig war, der BF unter 21 Jahre alt ist und die Tatsache und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Erschwerend waren das Zusammentreffen dreier Vergehen und die einschlägige Vorstrafe.
Am 13.08.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX , wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall, Abs. 2a und 3 SMG; 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt. Er hat am 07.07.2018 in Wien gewerbsmäßig vorschriftswidrig Suchtmittel, nämlich Cannabiskraut in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, nämlich am Bahnhof XXXX , öffentlich gegen Entgelt anderen überlassen und zu überlassen versucht. Vom Widerruf der bedingten Freiheitsstrafe zu der Verurteilung XXXX vom 13.06.2018 wurde abgesehen und die Probezeit auf 5 Jahre verlängert. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF geständig war, die Tatbegehung im Alter unter 21 Jahre erfolgte und die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Erschwerend waren der unmittelbare Rückfall sowie zwei einschlägige Vorstrafen.
Am 28.11.2018 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX , wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 und 4 StGB zu einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt. Der BF hat am 02.08.2018 in Wien die Justizwachebeamtin, welche im Begriff stand, die Tür des Haftraumes der JA Wien XXXX zu schließen, sohin eine Beamtin während bzw. wegen der Vollziehung ihrer Aufgaben am Körper verletzt, indem er gegen die Haftraumtür schlug, wodurch diese wieder aufsprang und die unmittelbar dahinter stehende Justizwachebeamtin eine Prellung der linken Hand sowie eine Prellung des rechten Knies mit einer ausgedehnten osteochondralen Läsion im medialen Femoropatellargelenk mit zahlreichen Geröllzysten und Knorpelschädigung, sohin wenn auch nur fahrlässig eine an sich schwere Verletzung samt einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt. Der BF wurde auch schuldig gesprochen, der Privatbeteiligten Justizwachebeamtin einen Betrag von € 4.901,66 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Weiters wurde mit Beschluss die bedingte Entlassung zu XXXX vom 06.07.2018 widerrufen, wobei vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu XXXX vom 13.06.2018 abgesehen wurde. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF unter 21 Jahre alt ist und tatsachene geständige Verantwortung zeigte. Erschwerend waren zwei einschlägige Vorstrafen, die Begehung innerhalb offener Probezeit sowie während der Untersuchungshaft in Kenntnis eines laufenden Strafverfahrens und die mehrfache Qualifikation im § 84 StGB.
Am 24.09.2021 wurde der BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX , wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Tierquälerei nach §§ 15, 222 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt. Der BF hat Hr. XXXX gefährlich bedroht, indem er wiederholt äußerte, er werde ihn töten, wenn die Polizei weg wäre und er hat Hr. XXXX am Körper verletzt, indem er ihm Tritte gegen das Gesäß und zumindest vier Faustschläge in den Gesichtsbereich versetzte, wodurch der Genannte eine Schwellung der linken Wange erlitt. Außerdem versuchte der BF den eingesetzten Diensthund roh zu misshandeln, indem er diesem Fußtritte gegen die Schnauze zu versetzen versuchte, wobei ein Treffer nur durch die beidseitige Fixierung durch die Beamten verhindert wurde. Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der BF voll geständig war und es teilweise beim Versuch blieb. Erschwerend waren die drei einschlägigen Vorstrafen des wegen Delikten gegen Leib und Leben mehrfach in Haft befindlichen BF und das Zusammentreffen von drei Vergehen.
Außerdem wurden Ermittlungsverfahren gegen den BF eingestellt oder der Rücktritt von der Verfolgung ausgesprochen:
Mit Schreiben vom 10.07.2017 verständigte die Staatsanwaltschaft St. Pölten vom vorläufigen Rücktritt der Verfolgung wegen §§ 15, 127 StGB unter Setzung einer Probezeit von einem Jahr. Mit Schreiben vom 24.02.2021 informierte die Staatsanwaltschaft Wien vom Rücktritt von der Verfolgung gegen den BF wegen § 27 Abs. 1 SMG. Mit Schreiben vom 01.06.2021 verständigte die Staatsanwaltschaft Wien von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den BF wegen § 141 Abs. 1 StGB, §§ 27 Abs. 1 Z1, Abs. 2 SMG.
Der Beschwerdeführer verbüßt zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung eine mehrmonatige unbedingte Freiheitsstrafe. Der BF wurde bis dato fünfmal strafgerichtlich verurteilt, ua wegen des Verbrechens der gefährlichen Körperverletzung gegen eine Justizwachebeamtin und stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit und Sicherheit dar bzw. ist „unwürdig“ iSv § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z.3 AsylG 2005.
1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des BF zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan. Insbesondere wird festgestellt, dass der BF keiner konkreten Bedrohung bzw. Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt war noch versucht wurde ihn zwangsweise zu rekrutieren. Letztlich wird auch keine Verfolgung des BF aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschicken oder seines Bekenntnisses zum schiitischen Islam festgestellt.
Der BF ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft, war dort nie inhaftiert, war kein Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung, er hat sich nicht politisch betätigt und hatte keine Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden im Herkunftsland.
Der BF reiste nach Österreich, weil er sich hier einen höheren Lebensstandard erwartete und sich eine besser bezahlte Arbeit erhoffte, um seine Familie in Afghanistan finanziell unterstützen zu können.
Es wird festgestellt, dass der BF wegen Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter nicht bedroht oder verfolgt wurde.
1.3. Zur Situation im Fall einer Rückkehr des BF in sein Herkunftsland:
Es wird festgestellt, dass der BF im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter keiner Gefährdung ausgesetzt ist.
Dem Beschwerdeführer ist eine Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich. Seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen hat sich die Sicherheitslage in Afghanistan drastisch verändert. Es kam zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen den Taliban und Regierungstruppen in ganz Afghanistan, welche derzeit beendet sind und nunmehr einzelne Kämpfe und Angriffe von unbekannten Organisationen oder dem IS auf öffentliche bzw. religiöse Einrichtungen stattfinden.
Aktuell kontrollieren die Taliban das gesamte Land und es kommt zu schwerwiegenden Übergriffen von Taliban-Kämpfern, die von der Durchsetzung strenger sozialer Einschränkungen bis hin zu Verhaftungen, Hinrichtungen im Schnellverfahren und Entführungen sowie Hinrichtungen von Zivilisten und Zivilistinnen und grobe Menschenrechtsverletzungen umfassen.
Dem Beschwerdeführer würde daher bei einer Rückkehr nach Afghanistan oder einer Neuansiedelung in größeren Städten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif aufgrund der derzeit herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage und Versorgungslage und der Machtübernahme der Taliban mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr drohen, durch Übergriffe von den Taliban gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.
Der BF spricht die Landessprache Dari und hatte familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsland, wobei eine aktuelle Unterstützungsfähigkeit der Familien in Afghanistan nicht festgestellt werden kann. Er sammelte erste Berufserfahrungen als Minderjähriger und ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut. Die ersten 7-8 Jahre wuchs der BF in Iran auf. Eine etwaige Rückkehrhilfen oder Unterstützung im Land reichen derzeit nicht aus, bzw. ist der Umfang der derzeitigen Hilfsprogramme nicht bekannt bzw. teilweise eingestellt. Aufgrund der unklaren Situation durch die Machtübernahme der Taliban in Verbindung mit der vorherrschenden Coronapandemie ist die wirtschaftlichen Lage in Afghanistan deutlich angespannt und mit einer humanitären Katastrophe in Afghanistan zu rechnen. Dem BF droht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass er in eine aussichtslose bzw. existenzbedrohende Notlage gerät und nicht in der Lage ist sich ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft befrieden zu können. Dem BF würde bei seiner Rückkehr in eine dieser Städte ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Festgestellt wird, dass allein die aktuell vorherrschende Coronapandemie in Afghanistan, mit Stand 22.10.2021 (Tag der Entscheidung), kein Rückkehrhindernis darstellt.
Der BF leidet an keinen physischen (chronischen) Vorerkrankungen und gehört damit keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht deswegen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan an Corona erkranken würde oder dass eine Erkrankung einen schwerwiegenden oder tödlichen Verlauf bzw. den Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus nach sich ziehen würde.
1.4. Die allgemeine Lage in Afghanistan stellt sich im Übrigen wie folgt dar:
Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan aus dem COI-CMS (Country of Origin Information-Content Management System) vom 16.09.2021-Version 5:
1.5.1. Kurzinformationen
Das genaue Ausmaß der COVID-19-Krise in Afghanistan ist unbekannt. In der vorliegenden Länderinformation erfolgt lediglich ein Überblick und keine erschöpfende Berücksichtigung der aktuellen COVID-19-Pandemie, weil die zur Bekämpfung der Krankheit eingeleiteten oder noch einzuleitenden Maßnahmen ständigen Änderungen unterworfen sind. Besonders betroffen von kurzfristigen Änderungen sind Lockdown-Maßnahmen, welche die Bewegungsfreiheit einschränken und damit Auswirkungen auf die Möglichkeiten zur Ein- bzw. Ausreise aus / in bestimmten Ländern und auch Einfluss auf die Reisemöglichkeiten innerhalb eines Landes haben kann. Insbesondere können zum gegenwärtigen Zeitpunkt seriöse Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen, auf die Versorgungslage sowie generell zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und anderen Folgen nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden. Die hier gesammelten Informationen sollen daher die Lage zu COVID-19 in Afghanistan zum Zeitpunkt der Berichterstellung (9.2021) wiedergeben. Es ist zu beachten, dass sich bestimmte Sachverhalte (zum Beispiel Flugverbindungen bzw. die Öffnung und Schließung von Flughäfen oder etwaige Lockdown-Maßnahmen) kurzfristig ändern können. Diese Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Zusätzliche Informationen zu den einzelnen Themengebieten sind den jeweiligen Kapiteln zu entnehmen.
Machtübernahme der Taliban im August 2021
Im Zuge der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 mussten die hier vorliegenden Länderinformationen komplett überarbeitet werden. Im Vergleich zur letzten veröffentlichten Version vom Juni 2021 wurden mehrere Kapitel entfernt und ein Großteil der verbliebenen Kapitel adaptiert. Kapitel oder Themengebiete über die noch keine validen Informationen zur Verfügung stehen (z.B.: „Sicherheitsbehörden“ unter der neuen Talibanregierung) wurden mit einem entsprechenden Vermerk versehen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die aktuelle Lage von einer nicht absehbaren Dynamik und plötzlichen und abrupten Veränderungen gekennzeichnet ist, womit manche Informationen sehr rasch veralten können. Die Staatendokumentation des BFA wird darauf, wie gehabt, mit einem Update der Länderinformationen im COI-CMS oder einer Kurzinformation (KI) reagieren.
COVID-19 Letzte Änderung: 16.09.2021
Bezüglich der aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www. who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda759 4740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.
Über die Auswirkungen der Machtübernahme der Taliban auf medizinische Versorgung, Impfraten und Maßnahmen gegen COVID-19 sind noch keine validen Informationen bekannt. Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA 19.12.2020). Die Zahl der täglich neu bestätigten COVID-19-Fälle in Afghanistan ist in den Wochen nach dem Eid al-Fitr-Fest Mitte Mai 2021 stark angestiegen und übertrifft die Spitzenwerte, die zu Beginn des Ausbruchs in dem Land verzeichnet wurden. Die gestiegene Zahl der Fälle belastet das Gesundheitssystem weiter. Gesundheitseinrichtungen berichten von Engpässen bei medizinischem Material, Sauerstoff und Betten für Patienten mit COVID-19 und anderen Krankheiten (USAID 11.6.2021). Laut Meldungen von Ende Mai 2021 haben afghanische Ärzte Befürchtungen geäußert, dass sich die erstmals in Indien entdeckte COVID-19-Variante nun auch in Afghanistan verbreiten könnte. Viele der schwerkranken Fälle im zentralen Krankenhaus für COVID-Fälle in Kabul, wo alle 100 Betten belegt seien, seien erst kürzlich aus Indien zurückgekehrte Personen (BAMF 31.5.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021). Seit Ende des Ramadans und einige Wochen nach den Festlichkeiten zu Eid al-Fitr konnte wieder ein Anstieg der COVID-19 Fälle verzeichnet werden. Es wird vom Beginn einer dritten Welle gesprochen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021). Waren die [Anm.: offiziellen] Zahlen zwischen Februar und März relativ niedrig, so stieg die Anzahl zunächst mit April und dann mit Ende Mai deutlich an (WHO 4.6.2021; vgl. TN 3.6.2021, UNOCHA 3.6.2021). Es gibt in Afghanistan keine landeseigenen Einrichtungen, um auf die aus Indien stammende Variante zu testen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021). Die Lücken in der COVID-19-Testung und Überwachung bleiben bestehen, da es an Laborreagenzien für die Tests mangelt und die Dienste aufgrund der jüngsten Unsicherheit möglicherweise nur wenig in Anspruch genommen werden. Der Mangel an Testmaterial in den öffentlichen Labors kann erst behoben werden, wenn die Lieferung von 50.000 Testkits von der WHO im Land eintrifft (WHO 28.8.2021). Mit Stand 4.9.2021 wurden 153.534 COVID-19 Fälle offiziell bestätigt (WHO 6.9.2021). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Testkapazitäten, der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 13.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, RFE/RL 23.2.2021a). Maßnahmen der ehemaligen Regierung und der Taliban Das vormalige afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hatte verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. „Rapid Response Teams“ (RRTs) besuchten Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt. Sogenannte „Fix-Teams“ waren in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID-19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020). Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IDW 17.6.2021). Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Die Taliban erlaubten den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. TG 2.5.2020) und gaben im Januar 2021 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion „unterstützen und erleichtern“ (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021), wenn der Impfstoff in Abstimmung mit ihrer Gesundheitskommission und in Übereinstimmung mit deren Grundsätzen eingesetzt wird (NH 3.6.2020). Mit Stand 2.6.2021 wurden insgesamt 626.290 Impfdosen verabreicht (WHO 4.6.2021; vgl UNOCHA 3.6.2021). Etwa 11% der Geimpften haben beide Dosen des COVID-19-Impfstoffs erhalten. Insgesamt gibt es nach wie vor große Bedenken hinsichtlich des gerechten Zugangs zu Impfstoffen für Afghanen, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Binnenvertriebene, Rückkehrer und nomadische Bevölkerungsgruppen sowie Menschen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben (UNOCHA 3.6.2021).
Gesundheitssystem und medizinische Versorgung
Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, Sauerstoff, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 11.6.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, HRW 13.1.2021). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021). Mit Mai 2021 wird vor allem von einem starken Mangel an Sauerstoff berichtet (TN 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021). In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM 18.3.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, USAID 11.6.2021). Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheitsdiensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020). Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt Die ohnehin schlechte wirtschaftliche Lage wurde durch die Auswirkungen der Pandemie noch verstärkt (AA 15.7.2021). COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 11.6.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021). Die kürzlich veröffentlichte IPC-Analyse schätzt, dass sich im April 2021 12,2 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - in einem Krisen- oder Notfall-Niveau der Ernährungsunsicherheit befinden (UNOCHA 3.6.2021; vgl. IPC 22.4.2021). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträchtigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis…) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021). Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch lang anhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020). Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2021 um mehr als 5% geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021). Frauen, Kinder und Binnenvertriebene Auch auf den Bereich Bildung hatte die COVID-19 Pandemie Auswirkungen. Die ehemalige Regierung ordnete im März 2020 an, alle Schulen zu schließen (IOM 23.9.2020; vgl. ACCORD 25.5.2021), wobei diese ab August 2020 wieder stufenweise geöffnet wurden (ACCORD 25.5.2021). Angesichts einer zweiten COVID-19-Welle verkündete die Regierung jedoch Ende November die abermalige Schließung der Schulen (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021) wobei diese im Laufe des ersten Quartals 2021 wieder geöffnet wurden (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021, UNICEF 4.5.2021). 35 bis 60 Schüler lernen in einem einzigen Raum, weil es an Einrichtungen fehlt und die Richtlinien zur sozialen Distanzierung nicht beachtet werden (IOM 18.3.2021). Ende Mai 2021 wurden die Schulen erneut geschlossen (BAMF 31.5.2021) und begannen mit Ende Juli langsam wieder zu öffnen (AAN 25.7.2021). Kinder (vor allem Jungen), die von den Auswirkungen der Schulschließungen im Rahmen von COVID-19 betroffen waren, waren nun auch anfälliger für Rekrutierung durch die Konfliktparteien (IPS 12.11.2020; vgl. UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). In den ersten Monaten des Jahres 2021 wurde im Durchschnitt eines von drei Kindern in Afghanistan außer Haus geschickt, um zu arbeiten. Besonders außerhalb der Städte wurde ein hoher Anstieg der Kinderarbeit berichtet (IOM 18.3.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021). Die Krise verschärft auch die bestehende Vulnerabilität von Mädchen betreffend Kinderheirat und Schwangerschaften von Minderjährigen (AA 15.7.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021). Die Pandemie hat auch spezifische Folgen für Frauen, insbesondere während eines Lockdowns, einschließlich eines erhöhten Maßes an häuslicher Gewalt (ACCORD 25.5.2021; vgl. AI 3.2021). Frauen und Mädchen sind durch den generell geringeren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zusätzlich betroffen (AI 3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, AAN 1.10.2020). Binnenvertriebene sind besonders gefährdet, sich mit COVID-19 anzustecken, da sie bereits vorher anfällig waren, es keine Gesundheitseinrichtungen gibt, die Siedlungen überfüllt sind und sie nur begrenzten Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen haben. Aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen sind die vertriebenen Gemeinschaften nicht in der Lage, Präventivmaßnahmen wie soziale Distanzierung und Quarantäne zu praktizieren und sind daher anfälliger für die Ansteckung und Verbreitung des Virus (AI 3.2021)
1.5.2. Politische Lage
Afghanistan war [vor der Machtübernahme der Taliban] ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 1.3.2021). Auf einer Fläche von 652.860 Quadratkilometern leben ca. 32,9 Millionen (NSIA 1.6.2020) bis 39 Millionen Menschen (WoM o.D.). Nachdem der bisherige Präsident Ashraf Ghani am 15.8.2021 aus Afghanistan geflohen war, nahmen die Taliban die Hauptstadt Kabul als die letzte aller großen afghanischen Städte ein (TAG 15.8.2021; vgl. JS 7.9.2021). Ghani gab auf seiner Facebook-Seite eine Erklärung ab, in der er den Sieg der Taliban vor Ort anerkannte (JS 7.9.2021; vgl. UNGASC 2.9.2021). Diese Erklärung wurde weithin als Rücktritt interpretiert, obwohl nicht klar ist, ob die Erklärung die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rücktritt des Präsidenten erfüllt. Amrullah Saleh, der erste Vizepräsident Afghanistans unter Ghani, beanspruchte in der Folgezeit das Amt des Übergangspräsidenten für sich (JS 7.9.2021; vgl. UNGASC 2.9.2021). Er ist Teil des Widerstands gegen die Taliban im Panjshir-Tal (REU 8.9.2021). Ein so genannter Koordinationsrat unter Beteiligung des früheren Präsidenten Hamid Karzai, Abdullah (dem früheren Außenminister und Leiter der Delegation der vorigen Regierung bei den letztendlich erfolglosen Friedensverhandlungen) und Gulbuddin Hekmatyar führte mit den Taliban informelle Gespräche über eine Regierungsbeteiligung (FP 23.8.2021), die schließlich nicht zustande kam (TD 10.9.2021). Denn unabhängig davon, wer nach der afghanischen Verfassung das Präsidentenamt innehat, kontrollieren die Taliban den größten Teil des afghanischen Staatsgebiets (JS 7.9.2021; vgl. UNGASC 2.9.2021). Sie haben das Islamische Emirat Afghanistan ausgerufen und am 7.9.2021 eine neue Regierung angekündigt, die sich größtenteils aus bekannten Taliban-Figuren zusammensetzt (JS 7.9.2021). Die Taliban lehnen die Demokratie und ihren wichtigsten Bestandteil, die Wahlen, generell ab (AJ 24.8.2021; vgl. AJ 23.8.2021). Sie tun dies oftmals mit Verweis auf die Mängel des demokratischen Systems und der Wahlen in Afghanistan in den letzten 20 Jahren, wie auch unter dem Aspekt, dass Wahlen und Demokratie in der vormodernen Periode des islamischen Denkens, der Periode, die sie als am authentischsten „islamisch“ ansehen, keine Vorläufer haben. Sie halten einige Methoden zur Auswahl von Herrschern in der vormodernen muslimischen Welt für authentisch islamisch - zum Beispiel die Shura Ahl al-Hall wa’l-Aqd, den Rat derjenigen, die qualifiziert sind, einen Kalifen im Namen der muslimischen Gemeinschaft zu wählen oder abzusetzen (AJ 24.8.2021). Ende August 2021 kündigten die Taliban an, eine Verfassung auszuarbeiten (FA 23.8.2021), jedoch haben sie sich zu den Einzelheiten des Staates, den ihre Führung in Afghanistan errichten möchte, bislang bedeckt gehalten (AJ 24.8.2021; vgl. ICG 24.8.2021, AJ 23.8.2021). Im September 2021 kündigten sie die Bildung einer „Übergangsregierung“ an. Entgegen früherer Aussagen handelt es sich dabei nicht um eine „inklusive“ Regierung unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure, sondern um eine reine Talibanregierung. Darin vertreten sind Mitglieder der alten Talibanelite, die schon in den 1990er Jahren zentrale Rollen besetzte, ergänzt mit Taliban-Führern, die im ersten Emirat noch zu jung waren, um zu regieren. Die allermeisten sind Paschtunen. Angeführt wird die neue Regierung von Mohammad Hassan Akhund. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Taliban-Führungszirkels, der sogenannten Rahbari-Shura, besser bekannt als Quetta Shura (NZZ 7.9.2021; vgl. BBC 8.9.2021a). Einer seiner Stellvertreter ist Abdul Ghani Baradar, der bisher das politische Büro der Taliban in Doha geleitet hat und so etwas wie das öffentliche Gesicht der Taliban war (NZZ 7.9.2021), ein weiterer Stellvertreter ist Abdul Salam Hanafi, der ebenfalls im politischen Büro in Doha tätig war (ORF 7.9.2021). Mohammad Yakub, Sohn des Taliban-Gründers Mullah Omar und einer der Stellvertreter des Taliban-Führers Haibatullah Akhundzada (RFE/RL 6.8.2021), ist neuer Verteidigungsminister. Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerks, wurde zum Innenminister ernannt. Das Haqqani-Netzwerk wird von den USA als Terrororganisation eingestuft. Der neue Innenminister steht auf der Fahndungsliste des FBI und auch der Vorsitzende der Minister, Akhund, befindet sich auf einer Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates (NZZ 7.9.2021). Ein Frauenministerium findet sich nicht unter den bislang angekündigten Ministerien, auch wurden keine Frauen zu Ministerinnen ernannt [Anm.: Stand 7.9.2021]. Dafür wurde ein Ministerium für „Einladung, Führung, Laster und Tugend“ eingeführt, das die Afghanen vom Namen her an das Ministerium „für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters“ erinnern dürfte. Diese Behörde hatte während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001 Menschen zum Gebet gezwungen oder Männer dafür bestraft, wenn sie keinen Bart trugen (ORF 7.9.2021; vgl. BBC 8.9.2021a). Die höchste Instanz der Taliban in religiösen, politischen und militärischen Angelegenheiten (RFE/RL 6.8.2021), der „Amir al Muminin“ oder „Emir der Gläubigen“ Mullah Haibatullah Akhundzada (FR 18.8.2021) wird sich als „Oberster Führer“ Afghanistans auf religiöse Angelegenheiten und die Regierungsführung im Rahmen des Islam konzentrieren (NZZ 8.9.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 7.9.2021). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (AZ 17.8.2021; vgl. ICG 24.8.2021). Es gibt Anzeichen dafür, dass einige Anführer der Gruppe die Grenzen ihrer Fähigkeit erkennen, den Regierungsapparat in technisch anspruchsvolleren Bereichen zu bedienen. Zwar haben die Taliban seit ihrem Erstarken in den vergangenen zwei Jahrzehnten in einigen ländlichen Gebieten Afghanistans eine so genannte Schattenregierung ausgeübt, doch war diese rudimentär und von begrenztem Umfang, und in Bereichen wie Gesundheit und Bildung haben sie im Wesentlichen die Dienstleistungen des afghanischen Staates und von Nichtregierungsorganisationen übernommen (ICG 24.8.2021). Bis zum Sturz der alten Regierung wurden ca. 75% (ICG 24.8.2021) bis 80% des afghanischen Staatsbudgets von Hilfsorganisationen bereitgestellt (BBC 8.9.2021a), Finanzierungsquellen, die zumindest für einen längeren Zeitraum ausgesetzt sein werden, während die Geber die Entwicklung beobachten (ICG 24.8.2021). So haben die EU und mehrere ihrer Mitgliedsstaaten in der Vergangenheit mit der Einstellung von Hilfszahlungen gedroht, falls die Taliban die Macht übernehmen und ein islamisches Emirat ausrufen sollten, oder Menschen- und Frauenrechte verletzen sollten. Die USA haben rund 9,5 Milliarden US-Dollar an Reserven der afghanischen Zentralbank sofort [nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul] eingefroren, Zahlungen des IWF und der EU wurden ausgesetzt (CH 24.8.2021). Die Taliban verfügen weiterhin über die Einnahmequellen, die finanzierten, sowie über den Zugang zu den Zolleinnahmen, auf die sich die frühere Regierung für den Teil ihres Haushalts, den sie im Inland aufbrachte, stark verließ. Ob neue Geber einspringen werden, um einen Teil des Defizits auszugleichen, ist noch nicht klar (ICG 24.8.2021). Die USA zeigten sich angesichts der Regierungsbeteiligung von Personen, die mit Angriffen auf US-Streitkräfte in Verbindung gebracht werden, besorgt und die EU erklärte, die islamistische Gruppe habe ihr Versprechen gebrochen, die Regierung „integrativ und repräsentativ“ zu machen (BBC 8.9.2021b). Deutschland und die USA haben eine baldige Anerkennung der von den militant-islamistischen Taliban verkündeten Übergangsregierung Anfang September 2021 ausgeschlossen (BZ 8.9.2021). China und Russland haben ihre Botschaften auch nach dem Machtwechsel offen gehalten (NYT 1.9.2021). Vertreter der National Resistance Front (NRF) haben die internationale Gemeinschaft darum gebeten, die Taliban-Regierung nicht anzuerkennen (BBC 8.9.2021b). Ahmad Massoud, einer der Anführer der NRF, kündigte an, nach Absprachen mit anderen Politikern eine Parallelregierung zu der von ihm als illegitim bezeichneten Talibanregierung bilden zu wollen (IT 8.9.2021).
1.5.3. Sicherheitslage
Jüngste Entwicklungen – Machtübernahme der Taliban
Mit April bzw. Mai 2021 nahmen die Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen stark zu (RFE/RL 12.5.2021; vgl. SIGAR 30.4.2021, BAMF 31.5.2021, UNGASC 2.9.2021), aber auch schon zuvor galt die Sicherheitslage in Afghanistan als volatil (UNGASC 17.3.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Laut Berichten war der Juni 2021 der bis dahin tödlichste Monat mit den meisten militärischen und zivilen Opfern seit 20 Jahren in Afghanistan (TN 1.7.2021; vgl. AJ 2.7.2021). Gemäß einer Quelle veränderte sich die Lage seit der Einnahme der ersten Provinzhauptstadt durch die Taliban - Zaranj in Nimruz - am 6.8.2021 in „halsbrecherischer Geschwindigkeit“ (AAN 15.8.2021), innerhalb von zehn Tagen eroberten sie 33 der 34 afghanischen Provinzhauptstädte (UNGASC 2.9.2021). Auch eroberten die Taliban mehrere Grenzübergänge und Kontrollpunkte, was der finanziell eingeschränkten Regierung dringend benötigte Zolleinnahmen entzog (BBC 13.8.2021). Am 15.8.2021 floh Präsident Ashraf Ghani ins Ausland und die Taliban zogen kampflos in Kabul ein (ORF 16.8.2021; vgl. TAG 15.8.2021). Zuvor waren schon Jalalabad im Osten an der Grenze zu Pakistan gefallen, ebenso wie die nordafghanische Metropole Mazar-e Scharif (TAG 15.8.2021; vgl. BBC 15.8.2021). Ein Bericht führt den Vormarsch der Taliban in erster Linie auf die Schwächung der Moral und des Zusammenhalts der Sicherheitskräfte und der politischen Führung der Regierung zurück (ICG 14.8.2021; vgl. BBC 13.8.2021, AAN 15.8.2021). Die Kapitulation so vieler Distrikte und städtischer Zentren ist nicht unbedingt ein Zeichen für die Unterstützung der Taliban durch die Bevölkerung, sondern unterstreicht vielmehr die tiefe Entfremdung vieler lokaler Gemeinschaften von einer stark zentralisierten Regierung, die häufig von den Prioritäten ihrer ausländischen Geber beeinflusst wird (ICG 14.8.2021), auch wurde die weit verbreitete Korruption, beispielsweise unter den Sicherheitskräften, als ein Problem genannt (BBC 13.8.2021). Im Panjshir-Tal, rund 55 km von Kabul entfernt (TD 20.8.2021), formierte sich nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul Mitte August 2021 Widerstand in Form der National Resistance Front (NRF), welche von Amrullah Saleh, dem ehemaligen Vizepräsidenten Afghanistans und Chef des National Directorate of Security [Anm.: NDS, afghan. Geheimdienst], sowie Ahmad Massoud, dem Sohn des verstorbenen Anführers der Nordallianz gegen die Taliban in den 1990ern, angeführt wird. Ihr schlossen sich Mitglieder der inzwischen aufgelösten Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) an, um im Panjshir-Tal und umliegenden Distrikten in Parwan und Baghlan Widerstand gegen die Taliban zu leisten (LWJ 6.9.2021; vgl. ANI 6.9.2021). Sowohl die Taliban, als auch die NRF betonten zu Beginn, ihre Differenzen mittels Dialog überwinden zu wollen (TN 30.8.2021; vgl. WZ 22.8.2021). Nachdem die US-Streitkräfte ihren Truppenabzug aus Afghanistan am 30.8.2021 abgeschlossen hatten, griffen die Taliban das Pansjhir-Tal jedoch an. Es kam zu schweren Kämpfen und nach sieben Tagen nahmen die Taliban das Tal nach eigenen Angaben ein (LWJ 6.9.2021; vgl. ANI 6.9.2021), während die NRF am 6.9.2021 bestritt, dass dies geschehen sei (ANI 6.9.2021). Mit Stand 6.9.2021 war der Aufenthaltsort von Saleh und Massoud unklar, jedoch verkündete Massoud, in Sicherheit zu sein (AJ 6.9.2021) sowie nach Absprachen mit anderen Politikern eine Parallelregierung zu der von ihm als illegitim bezeichneten Talibanregierung bilden zu wollen (IT 8.9.2021). Weitere Kampfhandlungen gab es im August 2021 beispielsweise im Distrikt Behsud in der Provinz Maidan Wardak (AAN 1.9.2021; vgl. AWM 22.8.2021, ALM 15.8.2021) und in Khedir in Daikundi, wo es zu Scharmützeln kam, als die Taliban versuchten, lokale oder ehemalige Regierungskräfte zu entwaffnen (AAN 1.9.2021). [Anm.: zum Widerstand im Distrikt Behsud s. auch Abschnitt 6.5] Seit der Beendigung der Kämpfe zwischen den Taliban und den afghanischen Streitkräften ist die Zahl der zivilen Opfer deutlich zurückgegangen (PAJ 15.8.2021; vgl PAJ 21.8.2021). Vorfälle am Flughafen Kabul Nachdem sich die Nachricht verbreitete, dass Präsident Ashraf Ghani das Land verlassen hatte, machten sich viele Menschen auf den Weg zum Flughafen, um aus dem Land zu fliehen (NLM 26.8.2021; BBC 8.9.2021c, UNGASC 2.9.2021). Im Zuge der Evakuierungsmissionen von Ausländern sowie Ortskräften aus Afghanistan (ORF 18.8.2021) kam es in der Menschenmenge zu Todesopfern, nachdem tausende Menschen aus Angst vor den Taliban zum Flughafen gekommen waren (TN 16.8.2021). Unter anderem fand auch eine Schießerei mit einem Todesopfer statt (PAJ 23.8.2021). Am 26.8.2021 wurde bei einem der Flughafeneingänge ein Selbstmordanschlag auf eine Menschenmenge verübt, bei dem mindestens 170 afghanische Zivilisten sowie 28 Talibankämpfer und 13 US-Soldaten, die das Gelände sichern sollten, getötet wurden. Der Islamische Staat Khorasan Provinz (ISKP) bekannte sich zu dem Anschlag (MEE 27.8.2021; vgl. AAN 1.9.2021). Die USA führten als Vergeltungsschläge daraufhin zwei Drohnenangriffe in Jalalabad und Kabul durch, wobei nach US-Angaben ein Drahtzieher des ISKP sowie ein Auto mit zukünftigen Selbstmordattentätern getroffen wurden (AAN 1.9.2021; vgl. BBC 30.8.2021). Berichten zufolge soll es bei dem Drohnenangriff in Kabul jedoch zu zehn zivilen Todesopfern gekommen sein (AAN 1.9.2021; vgl. NZZ 12.9.2021; BBC 30.8.2021). Verfolgung von Zivilisten und ehemaligen Mitgliedern der Streitkräfte Bereits vor der Machtübernahme intensivierten die Taliban gezielte Tötungen von wichtigen Regierungsvertretern, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten (BBC 13.8.2021; vgl. AN 4.10.2020). Die Taliban kündigten nach ihrer Machtübernahme an, dass sie keine Vergeltung an Anhängern der früheren Regierung oder an Verfechtern verfassungsmäßig garantierter Rechte wie der Gleichberechtigung von Frauen, der Redefreiheit und der Achtung der Menschenrechte üben werden (FP 23.8.2021; vgl. BBC 31.8.2021, UNGASC 2.9.2021). Es gibt jedoch glaubwürdige Berichte über schwerwiegende Übergriffe von Taliban-Kämpfern, die von der Durchsetzung strenger sozialer Einschränkungen bis hin zu Verhaftungen, Hinrichtungen im Schnellverfahren und Entführungen junger, unverheirateter Frauen reichen. Einige dieser Taten scheinen auf lokale Streitigkeiten zurückzuführen oder durch Rache motiviert zu sein; andere scheinen je nach den lokalen Befehlshabern und ihren Beziehungen zu den Führern der Gemeinschaft zu variieren. Es ist nicht klar, ob die Taliban-Führung ihre eigenen Mitglieder für Verbrechen und Übergriffe zur Rechenschaft ziehen wird (ICG 14.8.2021). Auch wird berichtet, dass es eine neue Strategie der Taliban sei, die Beteiligung an gezielten Tötungen zu leugnen, während sie ihren Kämpfern im Geheimen derartige Tötungen befehlen (GN 10.9.2021). Einem Bericht zufolgekann derzeit jeder, der eine Waffe und traditionelle Kleidung trägt, behaupten, ein Talib zu sein, und Durchsuchungen und Beschlagnahmungen durchführen (AAN 1.9.2021; vgl. BAMF 6.9.2021). Die Taliban-Kämpfer auf der Straße kontrollieren die Bevölkerung nach eigenen Regeln und entscheiden selbst, was unangemessenes Verhalten, Frisur oder Kleidung ist (BAMF 6.9.2021; vgl. NLM 26.8.2021). Frühere Angehörige der Sicherheitskräfte berichten, dass sie sich weniger vor der Taliban-Führung als vor den einfachen Kämpfern fürchten würden (AAN 1.9.2021; vgl. BAMF 6.9.2021). Es wurde von Hinrichtungen von Zivilisten und Zivilistinnen sowie ehemaligen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte (ORF 24.8.2021; vgl. FP 23.8.2021, BBC 31.8.2021, GN 10.9.2021, Times 12.9.2021, ICG 14.8.2021) und Personen, die vor kurzem Anti-Taliban-Milizen beigetreten waren, berichtet (FP 23.8.2021). In der Provinz Ghazni soll es zur gezielten Tötung von neun Hazara-Männern gekommen sein (AI 19.8.2021). Während die Nachrichten aus weiten Teilen des Landes aufgrund der Schließung von Medienzweigstellen und der Einschüchterung von Journalisten durch die Taliban spärlich sind, gibt es Berichte über die Verfolgung von Journalisten (RTE 28.8.2021; vgl. FP 23.8.2021) und die Entführung einer Menschenrechtsanwältin (FP 23.8.2021). Die Taliban haben in den Tagen nach ihrer Machtübernahme systematisch in den von ihnen neu eroberten Gebieten Häftlinge aus den Gefängnissen entlassen (UNGASC 2.9.2021): Eine Richterin (REU 3.9.2021) wie auch eine Polizistin (GN 10.9.2021) gaben an, von ehemaligen Häftlingen verfolgt (REU 3.9.2021) bzw. von diesen identifiziert und daraufhin von den Taliban verfolgt worden zu sein (GN 10.9.2021). Vor der Machtübernahme der Taliban im August 2021 Die Sicherheitslage im Jahr 2020 Die Sicherheitslage verschlechterte sich im Jahr 2020, in dem die Vereinten Nationen 25.180 sicherheitsrelevante Vorfälle registrierten, ein Anstieg von 10% gegenüber den 22.832 Vorfällen im Jahr 2019 (UNASC 12.3.2021). Laut AAN (Afghanistan Analysts Network) war 2020 in Afghanistan genauso gewalttätig wie 2019, trotz des Friedensprozesses und der COVID-19-Pandemie. Seit dem Abkommen zwischen den Taliban und