TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/2 W103 2244921-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2021
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Entscheidungsdatum

02.11.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52

Spruch


W103 2244921-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX ., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 8 Abs. 1, 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), ein Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt als Minderjährige mit ihrer Familie unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 02.01.2004 stellte ihre Mutter für sie einen Asylerstreckungsantrag.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.05.2005, Zahl XXXX , wurde der Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 iVm § 11 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl I 1997/76 (AsylG) idgF, abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenats vom 02.11.2006, GZ XXXX , stattgegeben und der BF gemäß § 11 Abs 1 AsylG durch Erstreckung Asyl gewährt sowie festgestellt, dass ihr gemäß § 12 AsylG kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3. Gegen die Bezugsperson der BF, ihren Vater, XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation (IFA: XXXX ), wurde mit 15.01.2020 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

4. Mit Aktenvermerk vom 15.01.2020 wurde deshalb auch gegen die BF ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Gleichzeitig wurde die Niederlassungsbehörde hinsichtlich der Erlassung eines Aufenthaltstitels verständigt, da die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten vor mehr als fünf Jahren erfolgte.

5. Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung/MA 35 vom 14.08.2020, Zl. XXXX wurde der BF der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ mit der Gültigkeit vom 14.08.2020 bis zum 14.08.2025 erteilt.

6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.03.2021 wurde die BF sodann über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens aufgrund grundlegender Änderungen der Umstände informiert, sodass sie den Schutz des Herkunftsstaates nicht mehr ablehnen könne (§ 7 Abs 1 Z 2 AsylG iVm Art 1 Abschn C Z 5 GFK) und wurde ihr Gelegenheit geboten binnen angemessener Frist zum Beweisergebnis (das aktuell gültige Länderinformationsblatt Russische Föderation wurde unter einem ausgefolgt) und den beabsichtigten Maßnahmen Stellung zu nehmen.

7. Am 07.04.2021 bat der Vater der BF per E-Mail um Fristerstreckung zum Parteiengehör. Dieser wurde von der entscheidenden Behörde stattgegeben und der BF die Frist bis 24.04.2021 erstreckt. Diese Frist ließ die BF ungenutzt verstreichen und langte bis dato weder eine schriftliche Stellungnahme zum Parteiengehör, noch zu den Länderfeststellungen ein.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2021, Zl. XXXX , wurde der Bezugsperson der BF die Flüchtlingseigenschaft aberkannt.

9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.05.2021 wurde der BF in Spruchteil I. der ihr mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 02.11.2006, Zl. XXXX zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde der BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihr in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

Die Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde darauf gestützt, dass der BF im Familienverfahren Asyl gewährt worden sei und sie im Herkunftsstaat nicht verfolgt worden sei. Im Falle einer Rückkehr bestünde daher auch keine begründete Furch vor Verfolgung, zumal sich die Umstände nachhaltig und dauerhaft gebessert hätten. Der BF sei abgeleitet Asyl von ihrem Vater streckt worden, dem ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft aberkannt worden sei. Mit dem Wegfall der Flüchtlingseigenschaft ihres Vaters, sei auch die Grundlage für die Zuerkennung des Asylstatus der BF weggefallen. Nachdem der BF ein „Daueraufenthalt-EU“ nach dem NAG erteilt worden sei, sei ihr Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK abzuerkennen gewesen.

Betreffend die Feststellungen zur Situation der Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr wurde ausgeführt, dass sie noch über Familienangehörige im Herkunftsstaat verfügen würden. Der Bruder der BF sei beispielsweise im Jahr 2016 freiwillig in die Russische Föderation zurückgekehrt. Die BF sei arbeitsfähig und arbeitswillig, weshalb sie sich die nötigste Lebensgrundlage selbst schaffen könnte. Die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG würden ebenfalls nicht vorliegen, weshalb ein solcher nicht zu erteilen gewesen sei.

2.4. Mit am 22.06.2021 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz wurde durch den gewillkürten Vertreter der BF fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen zum Sachverhalt ausgeführt, der BF wurde ursprünglich durch Erstreckung Asyl von ihrem Vater gewährt. Gegen ihren Vater sei am 15.01.2020 ebenfalls ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden. Am 03.06.2020 sei ein Schreiben der XXXX an die BF ergangen, in welchem ihr die Erteilung eines „Daueraufenthalts-EU“ angekündigt worden und sie aufgefordert worden sei am 25.06.2020 bei der Niederlassungsbehörde zur Abnahme der Fingerabdrücke, Abgabe eines aktuellen Lichtbildes und einer Kopie des Reisepasses zu erscheinen, damit ihr der Aufenthaltstitel ausgefolgt werden könne. Die BF sei zu diesem Zeitpunkt in Italien gewesen und habe dadurch zu spät vom Termin erfahren, sodass sie ihn nicht wahrnehmen habe können. Nach ihrer Rückkehr aus Italien habe sich die BF Angang Juli 2020 bemüht mit der XXXX Kontakt aufzunehmen und sei darüber informiert worden, dass aufgrund von Covid-19 keine persönlichen Vorsprachen möglich sein, ihr aber sobald wie möglich eine neue Termineinladung übermittelt werde. Zu einer solchen sei es aber nicht gekommen. Stattdessen sei der BF am 14.08.2020 ein mit „Bescheid“ übertiteltes Schreiben durch die XXXX übermittelt worden, mit welchem ihr die Behörde einen „Daueraufenthalt-EU“, ohne Ausstellung einer Aufenthaltskarte erteilen wollte. Moniert sei dabei die fehlende Mitwirkung der BF worden und dass diese auf ein weiteres Schreiben vom 25.06.2020 nicht reagiert hätte. Das sei unzutreffend, das angebliche weitere Schreiben sei der BF nie zugegangen. Die BF habe sich nach ihrer unverschuldeten Abwesenheit tatsächlich um einen Termin bemüht. Tatsächlich sei ein Aufenthaltstitel an die BF nie ausgefolgt worden, weil sie trotz Bemühungen keinen weiteren Termin zur Abnahme der Fingerabdrücke, Abgabe eines Lichtbildes und Kopie des Reisepasses, sowie Zahlung der Gebühr, erhalten habe. Das BFA gehe offensichtlich von einer rechtskräftigen Erteilung des Aufenthaltstitels aus und habe die Aberkennung des Asylstatus der BF als zulässig erachtet. 5 Jahre nach Zuerkennung des Asylstatus könne dieser nur mehr aberkannt werden, wenn die Niederlassungsbehörde dem BFA mitteile, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt habe. Dazu sei es jedoch nicht gekommen. Gegenständlich sei es nie zur Ausfolgung des Aufenthaltstitels an die BF gekommen und die rechtliche Wirkung des Bescheides nicht entstanden, weshalb es nicht zur rechtskräftigen Erteilung gekommen sei. Das BFA hätte der BF ihren Aufenthaltsstatus nie aberkennen dürfen.

2.5. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 02.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig. Die Beschwerdeführerin reiste als Minderjährige zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, spätestens am 02.01.2004 illegal ihren Eltern und ihrem Bruder in das Bundesgebiet ein und stellte durch ihren gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf internationalen Schutz, dem im Beschwerdeverfahren mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenats vom 02.11.2006, Zl. XXXX gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997 durch Erstreckung stattgegeben und der BF in Österreich Asyl gewährt wurde.

Der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten lag im Wesentlichen zugrunde, dass der Vater der BF den Status eines Asylberechtigten erhalten habe, weshalb der BF derselbe Status zu gewähren sei. Dem Vater der BF, XXXX , geb. XXXX , wurde mit Bescheid vom 19.05.2021, Zl. XXXX , rechtskräftig am 25.06.2021, der Status des Asylberechtigten aberkannt. Dieser erwuchs in 1. Instanz unbekämpft in Rechtskraft.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschetschenien respektive in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Die Beschwerdeführerin liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Die BF hat soziale Anknüpfungspunkte in der Russischen Föderation, ihr Bruder XXXX , geb. am XXXX , ist im Jahr 2016 freiwillig in die Russische Föderation zurückgekehrt. Die BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Die BF spricht sehr gut Deutsch, hat in Österreich ihre Schulbildung absolviert und ist bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber seit März 2021 als Arbeiterin erwerbstätig. Mit Bescheid vom 14.08.2020 wurde der BF der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt.

Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.

Hinsichtlich der aktuellen Lage in der Russischen Föderation wird auf die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingeführten und von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestrittenen Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, und die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Feststellungen zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in der Russischen Föderation. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten.

Aufgrund der auf die im Spruch erstangeführten Personalien erfolgten Ausstellung von Konventionsreisedokumenten, wird von einer feststehenden Identität ausgegangen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Feststellung im angefochtenen Bescheid, welcher die BF in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten ist.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen der Beschwerdeführerin in Österreich, ihrer Schulausbildung und ihrer Berufsausübung resultieren aus den Feststellungen im Bescheid, denen die BF in der Beschwerde nicht entgegengetreten ist, der allgemeinen Schulpflicht in Österreich und einem AJ-Web Auszug. Dass die BF strafgerichtlich unbescholten ist, beruht auf einem aktuellen Strafregisterauszug.

2.2. Die Feststellungen zur Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin ergeben sich darüber hinaus aus der Einsichtnahme in die im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderberichte zur aktuellen Sicherheits- und Menschrechtslage in der Russischen Föderation und der gegenständlichen Beschwerde, in welcher die BF keinerlei Rückkehrbefürchtungen geäußert hat. Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu ihrer Rückkehrsituation ist die BF im Übrigen nicht entgegengetreten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zutreffend aufgezeigt, dass keine Anhaltspunkte für eine der BF im Falle einer Rückkehr drohende staatliche Verfolgung oder sonst maßgebliche individuelle oder generelle Gefährdung ersichtlich sind. Die BF trat den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, sowohl zu ihrer Rückkehrsituation und zur Lageänderung in der Russischen Föderation in keinster Weise entgegen.

Es wurde im Verfahren nicht vorgebracht, dass der Vater der BF, von welchem der BF im Jahr 2006 Asyl erstreckt wurde, an den Kriegshandlungen des Tschetschenienkrieges beteiligt gewesen wäre oder sonst eine besonders herausragende (oppositionelle) Position innerhalb der tschetschenischen Gesellschaft bekleidet hätte, vor deren Hintergrund eine Verfolgung seiner Tochter alleine aufgrund der Familienangehörigeneigenschaft mehr als 18 Jahre nach den ausreisekausalen Geschehnissen zwecks Erzwingens einer Rückkehr des Vaters denkbar möglich erscheinen würde. Weshalb gerade an der Person der BF bzw. jener ihres Vaters ein derart nachhaltiges Interesse der Behörden seines Herkunftsstaates bestehen sollte, vermochte die BF auch in der Beschwerde nicht darzulegen. Darin wird lediglich moniert der „Daueraufenthalt-EU“ sei der BF nicht zugestellt worden. Zu ihren vormaligen Fluchtgründen erfolgte keine Äußerung. Gründe, warum der BF oder ihrem Vater im Herkunftsstaat immer noch nach so vielen Jahren Verfolgungsgefahr drohen sollte, wurden hingegen nicht vorgebracht.

Die Beschwerdeführerin ist im Alter von etwa 7 Jahren aus der Russischen Föderation ausgereist. Sie war bereits im Vorfeld ihrer Ausreise keinen konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt, es haben sich auch keine Hinweise ergeben, weshalb die russischen bzw. tschetschenischen Behörden rund 18 Jahre später ein Interesse daran aufweisen würden, ihrer Person habhaft zu werden und ihn illegitimer Verfolgung auszusetzen. Die Beschwerdeführerin selbst bekleidet(e), schon aufgrund ihres Alters, keine besondere gesellschaftliche oder politische Stellung, welche ein allenfalls erhöhtes Interesse der Behörden ihres Herkunftsstaates an ihrer Person erklärbar erscheinen ließe. Im Übrigen ist auch der Bezugsperson der BF, ihrem Vater, von welchem ihr Asyl erstreckt worden ist, der Asylstatus mittlerweile rechtskräftig aberkannt worden. Auch der Bezugsperson der BF droht sohin keine Verfolgungsgefahr mehr im Herkunftsstaat, weshalb auch die BF keiner Gefahr mehr in der Russischen Föderation unterliegt.

Die russischen/tschetschenischen Behörden würden ihren Fokus laut vorliegendem Berichtsmaterial nunmehr auf Anhänger des IS sowie Personen, welche aktuell gegen die dortigen Sicherheitskräfte kämpfen, legen. Wie bereits aufgezeigt, machte die BF keinerlei Rückkehrbefürchtungen geltend. Den im angefochtenen Bescheid ersichtlichen Länderberichten lässt sich nicht entnehmen, dass Personen, welche langjährig in Europa gelebt haben, nach einer Rückkehr einer gezielten Verfolgung durch staatliche Organe oder einer maßgeblichen Diskriminierung innerhalb der russischen/tschetschenischen Bevölkerung ausgesetzt sind.

Da infolge Beendigung des zweiten Tschetschenienkrieges eine nachhaltige Änderung der dortigen Sicherheits- und Menschenrechtslage eingetreten ist und die BF im gegenständlichen Verfahren keine substantiierte Furcht vor individueller Verfolgung oder einer sonstigen Gefährdung im Fall ihrer Rückkehr geäußert hat, konnte im Fall der BF keine aktuell bestehende Gefährdung im Fall einer Rückkehr prognostiziert werden.

Den diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde wurde auch in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten, zumal wie bereits ausgeführt, keine konkrete Rückkehrbefürchtung der BF geäußert wurden, welche eine aktuelle staatliche Verfolgung ihrer Person indizieren würde und eine weitere mündliche Erörterung als geboten erscheinen ließe.

Aufgrund der dargelegten Umstände, welche bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt wurden, ergibt sich, dass eine aktuelle Gefahr einer Verfolgung aus asylrelevanten Motiven nicht gegeben ist und auch darüber hinaus keine Gefährdung der BF im Falle ihrer Rückkehr zu prognostizieren ist.

2.3. Der BF wäre es möglich, im Herkunftsstaat als junge gesunde Frau, welcher eine uneingeschränkte Teilnahme am Erwerbsleben möglich ist, grundsätzlich unabhängig von familiärer Unterstützung zu leben. Die BF leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche sie in ihrer Fähigkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, einschränken oder sie im Falle einer Rückkehr potentiell in eine existenzbedrohende Notlage bringen würden. Auch derzeit ist die BF im Bundesgebiet erwerbstätig. Im Herkunftsstaat lebt außerdem der Bruder der BF, der sie ebenfalls nach Kräften unterstützen könnte. Außerdem könnte die BF durch ihre in Österreich lebende Familie grundsätzlich finanziell unterstützt werden. Zudem stünde es ihr offen, als russische Staatsangehörige auf Leistungen des dortigen Sozialsystems zurückzugreifen und zur Erleichterung einer Niederlassung im Herkunftsstaat Rückkehrhilfe gemäß § 52a BFA-BG in Anspruch zu nehmen. In einer Gesamtschau haben sich keine Hinweise ergeben, dass die BF nach einer Rückkehr eine derart exzeptionelle Situation zu erwarten hätte, welche sie in eine als unmenschlich zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde.

Aus den Länderberichten ergibt sich kein Hinweis, dass die wirtschaftliche Lage in Tschetschenien derart prekär ist, als dass alle Bewohner der Teilrepublik von existenzgefährdenden Lebensbedingungen betroffen wären. Da die BF demnach keine besondere Vulnerabilität aufweist, ist ihr eine Niederlassung in der Herkunftsregion ihrer Familie, Tschetschenien, ebenso wie die Ansiedelung in einem anderen Teil der Russischen Föderation, möglich und zumutbar.

Auch aus den sonstigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ergaben sich keine Hinweise darauf, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat relevanten Gefahren ausgesetzt sein könnte.

Aufgrund der Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ist die BF berechtigt, weiterhin im Bundesgebiet zu verbleiben.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen auch im Herkunftsland bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt (zu den aktuellen Zahlen vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1112838/umfrage/erkrankungs-und-todesfaelle-aufgrund-des-coronavirus-in-russland/). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion zu einer Hoch-Risikogruppe zählen würde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 25.7.2019, Ra 2018/22/0270).

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Frage der Aberkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 5 AsylG 2005 gilt einem Fremden dem am oder nach dem 31.12.2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status eines Asylberechtigten abzuerkennen, wenn

1.       ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2.       einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3.       der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß Abs. 3 leg.cit. kann das Bundesamt einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

In casu ist die BF im Bundesgebiet strafgerichtlich nicht in Erscheinung getreten, weshalb eine Aberkennung ihres Schutzstatus, welcher ihr mit Bescheid des ehemaligen UBAS vom 02.11.2006 gewährt wurde, lediglich dann in Betracht kommt, wenn die zuständige Behörde dem BF einen Aufenthaltstitel nach dem NAG rechtskräftig erteilt hat. Der BF wurde mit Bescheid der XXXX vom 14.08.2020 der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ rechtskräftig am 21.09.2021, erteilt, weshalb die Aberkennung ihres Asylstatus grundsätzlich möglich ist.

Angemerkt wird, dass die Rechtskraft des Bescheides unabhängig von der Ausfolgung der Aufenthaltskarte eintritt.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlichgskonvention - GFK), BGBl. Nr. 55/1955 und 78/1974, wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1.       sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2.       die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3.       eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des neuen Heimatlandes genießt; oder

4.       sich freiwillig in den Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5.       wenn die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist. bestehen und sie daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

6.       staatenlos ist und die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

3.2.2. Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgte fallgegenständlich, wie im angefochtenen Bescheid dargelegt, da die Umstände, aufgrund derer der BF der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden war, zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr bestehen und die BF es daher nicht weiterhin ablehnen könne, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

3.2.3. Gegenständlich ist festzuhalten, dass der damals minderjährigen BF der Status der Asylberechtigten nicht aufgrund einer individuellen Gefährdung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern im Wege der nationalen Regelungen des AsylG 1997 über die Asylerstreckung – abgeleitet vom Status ihres Vaters – zuerkannt worden war.

3.2.4. Zur Begründung der Aberkennung des derart zuerkannten Status unter Anwendung der „Wegfall der Umstände“-Klausel ist nach Judikatur des VwGH auf die Bezugsperson abzustellen:

3.2.4.1. In seiner ergangenen Entscheidung vom 23.10.2019, Ra 2019/19/0059-6, führte der VwGH aus (vgl. Rz 24 f), dass es auf die Frage, ob einem Familienangehörigen im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung iSd § 3 Abs. 1 AsylG 2005 droht, für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach § 34 Abs. 2 AsylG 2005 gerade nicht ankomme und es daher den Bestimmungen des § 34 AsylG 2005 über das Familienverfahren zuwiderlaufen würde, wenn für die Frage, ob der nach diesen Bestimmungen zuerkannte Status des Asylberechtigten abzuerkennen sei, auf das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung beim Familienangehörigen abgestellt würde. Ebenso wenig sei für die Asylaberkennung in einem solchen Fall maßgeblich, ob alle Voraussetzungen des § 34 AsylG 2005 für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Familienverfahren (also etwa die im Revisionsfall, wie auch im vorliegenden Beschwerdefall, nicht mehr gegebene fehlende Straffälligkeit iSd § 34 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005) noch vorliegen. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die auf Grund des Verweises in § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 anzuwendende (völkerrechtliche) Beendigungsklausel des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK auf eine nationalstaatliche Regelung wie jene des § 34 AsylG 2005, welche die Anerkennung als Flüchtling gerade unabhängig von den Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorsieht, angewendet wissen wollte.

In Bezug auf die Anwendung der „Wegfall der Umstände“-Klausel in Fällen der Aberkennung eines Status des Asylberechtigten, welcher ursprünglich abgeleitet von einem Familienangehörigen zuerkannt worden war, führte der Verwaltungsgerichtshof in der erwähnten Entscheidung (vgl. Rz 26 ff) weiter aus, dass die in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK vorgesehene „Wegfall der Umstände“-Klausel im Unterschied zu allen anderen Aberkennungstatbeständen des § 7 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gesondert für einen Familienangehörigen, der seinen Asylstatus von einer Bezugsperson abgeleitet hat, geprüft werden kann. Es ist nämlich bei einer Person, welcher die Flüchtlingseigenschaft unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK zukommt, der Wegfall solcher Umstände von vornherein nicht denkbar.

Dies würde aber dazu führen, dass der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK hinsichtlich von Personen, denen der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannt wurde, ins Leere liefe. Familienangehörigen könnte dieser Status also selbst dann nicht aberkannt werden, wenn sich die Umstände, auf Grund deren ihre Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und die Bezugsperson es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Es kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden, dass er eine solche Rechtsfolge bei der Ersetzung der Asylerstreckung durch das Familienverfahren durch die AsylG-Novelle 2003 trotz der ersatzlosen Aufhebung des auf die Asylerstreckung Bezug nehmenden Aberkennungstatbestandes des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG bewirken wollte.

Die Beendigungsklauseln des Art. 1 Abschnitt C GFK beruhen auf der Überlegung, dass internationaler Schutz nicht mehr gewährt werden sollte, wo er nicht mehr erforderlich oder nicht mehr gerechtfertigt ist. Bei der „Wegfall der Umstände“-Klausel ist dies dann der Fall, wenn die Gründe, die dazu führten, dass eine Person ein Flüchtling wurde, nicht mehr bestehen. Zweck der Regelungen über das Familienverfahren nach dem AsylG 2005 sei es, Familienangehörigen die Fortsetzung des Familienlebens mit einer Bezugsperson in Österreich zu ermöglichen. Bestehen jene Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr, und könne es die Bezugsperson daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatstaates zu stellen, bestehe weder nach dem Zweck des internationalen Flüchtlingsschutzes noch nach jenem des Familienverfahrens nach dem AsylG 2005 eine Rechtfertigung dafür, den Asylstatus des Familienangehörigen, der diesen Status von der Bezugsperson nur abgeleitet hat, aufrecht zu erhalten.

3.2.4.2. Für die Aberkennung des einem Familienangehörigen im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannten Status des Asylberechtigten wegen Wegfalls der fluchtauslösenden Umstände komme es also darauf an, ob die Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und es diese daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Diese Frage habe die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) ohne Bindung an eine allfällige diesbezügliche Entscheidung im Verfahren über die Aberkennung des Asylstatus des Familienangehörigen selbstständig zu beurteilen.

Gelange die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) in so einem Fall zu der Beurteilung, dass die genannten Umstände nicht mehr vorliegen, ist der Asylstatus eines Familienangehörigen, dem dieser Status im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannt worden ist, abzuerkennen, sofern im Entscheidungszeitpunkt hinsichtlich des Familienangehörigen nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (drohende Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) vorliegen (vgl. in diesem Sinn auch EuGH 2.3.2010, C-175/08 u.a., Aydin Salahadin Abdulla u.a., Rn. 81 ff).

3.2.5. Wie festgestellt bestehen die Umstände, auf Grund deren der Vater der BF, von welchem diese ihren Status abgeleitet hat, als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr und dieser kann es daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen. Dem Vater der BF war der Status eines Asylberechtigten im Jahr 2006, wie an anderer Stelle dargelegt, im Zeitraum des zweiten Tschetschenienkrieges gewährt worden. Nun, mehr als 12 Jahre nach Ende des zweiten Tschetschenienkrieges ist (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraussetzt, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraums bedarf, vgl. VwGH 27.2.2006, 2002/20/0170) eine Änderung der Situation im Herkunftsstaat eingetreten, die nicht nur vorübergehend ist.

Dem Vater der BF wurde der Asylstatus ebenfalls mit Bescheid vom 19.05.2021, rechtskräftig am 25.06.2021, aberkannt. Dieser erwuchs unbekämpft in Rechtskraft, weshalb die Umstände, aufgrund derer der Vater der BF als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen.

3.2.6. Im Falle der BF liegt überdies zum Entscheidungszeitpunkt keine individuelle oder generelle Gefährdung vor, welche einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen und demnach eine Aufrechterhaltung des Asylstatus gebieten würde.

Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid nachvollziehbare Ausführungen dahingehend getroffen, dass der BF im Fall einer Rückkehr zum Entscheidungszeitpunkt keine Gefährdung in ihren Rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit droht. Dabei hat die Behörde – unter Zugrundelegung umfassender Länderberichte – einerseits darauf verwiesen, dass die entscheidungsmaßgebliche Lage in Tschetschenien seit dem Zeitpunkt der Statuszuerkennung im Jahr 2006 eine wesentliche und nachhaltige Änderung erfahren hat.

Eine unmittelbare Beteiligung ihrer Person an Kampfhandlungen respektive der Unterstützung der Widerstandskämpfer hat die BF (welche sich seit ihrer im Alter von knapp 7 Jahren erfolgten Ausreise nicht mehr im Herkunftsstaat aufgehalten hat) dabei weder im damaligen Verfahren, noch im Rahmen des Verfahrens zur Aberkennung des Asylstatus vorgebracht. Wie angeführt, kann nicht erkannt werden, dass die BF nunmehr – rund 15 Jahre nach der Statuszuerkennung – alleine aufgrund der Angehörigeneigenschaft zu ihrem Vater, welchem im Übrigen selbst keine asylrelevante Verfolgungsgefahr mehr im Herkunftsstaat droht, im Falle einer Rückkehr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würde. Da sich die BF zuletzt im Jahr 2003 und sohin vor rund 18 Jahren im Herkunftsstaat aufgehalten hat und sie, schon allein aufgrund ihres Alters, keine herausragende Stellung innerhalb der dortigen Gesellschaft innegehabt hat oder einer gezielten behördlichen Suche ausgesetzt gewesen war, und sich ihr Bruder nach wie vor unbehelligt in Tschetschenien aufhält, kann nicht erkannt werden, dass ein die Asylgewährung erforderlich machender Sachverhalt (unverändert) vorliegt.

Die Behörde hat den Status des Asylberechtigen daher im Ergebnis zu Recht aberkannt, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

3.3. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt, so ist diesem gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, „wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“ Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß Abs. 3 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, festgehalten, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Demnach hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 MRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann.

3.3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen zuletzt VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153; 26.6.2019, Ra 2019/20/0050, jeweils mwN).

Überdies hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN; sowie EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff; EGMR 1.10.2019, 57467/15, Savran gegen Dänemark, Rz 44 ff ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 5.9.2013, 61204/09, I gegen Schweden; siehe dazu auch VwGH 18.3.2016, Ra 2015/01/0255; 19.6.2017, Ra 2017/19/0095; 5.12.2017, Ra 2017/01/0236;).

3.3.3. Im gegenständlichen Fall kann keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention für den Fall der Rückkehr der BF in die Russische Föderation (Tschetschenien) erkannt werden. Im konkreten Fall ist nicht ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen:

3.3.3.1. Wie an anderer Stelle dargelegt, konnte nicht festgestellt werden, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat wegen der Gründe, welche zur Zuerkennung des Status der Asylberechtigten im Jahr 2006 geführt hatten, im Falle einer nunmehrigen Rückkehr unverändert einer Gefährdung unterliegen würde, zumal diese keinerlei Rückkehrbefürchtungen geäußert hat.

Bei der BF handelt es sich um eine volljährige, junge Frau mit Schuldbildung und Berufserfahrung, die an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet. Der BF steht zusätzlich zu ihrer Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen und ihren Lebensunterhalt eigenständig zu finanzieren, offen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Es sind keine Umstände ersichtlich, weshalb der BF im Herkunftsstaat die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und eigenständige Bestreitung ihres Lebensunterhaltes, gegebenenfalls auch außerhalb ihrer Herkunftsregion Tschetschenien, nicht möglich sein sollten. Die BF ist in einem tschetschenischen Familienverband aufgewachsen, weshalb sie mit den sprachlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten im Herkunftsstaat vertraut ist. Darüber hinaus hat die BF familiäre Anknüpfungspunkte, in der Person ihres Bruders im Herkunftsstaat. Dieser ist im Jahr 2016 freiwillig in die Russische Föderation zurückgekehrt. Das Vorliegen von exzeptionellen Umständen, welche in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wären, wurde zu keinem Zeitpunkt substantiiert behauptet. Darüber hinaus ist auszuführen, dass der BF als russischer Staatsbürgerin auch Zugang zum dortigen Sozialleistungssystem offen stünde, sodass insgesamt jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die BF als junge, gesunde Frau, ohne Zugehörigkeit zu einer vulnerablen Gruppe, im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

3.3.3.2. Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass im gesamten Gebiet der Russischen Föderation – trotz der vom Bundesverwaltungsgericht nicht außer Acht gelassenen in einigen Regionen angespannten Sicherheitssituation – derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

3.3.4. Außergewöhnliche, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Umstände, angesichts derer die Abschiebung der BF in die Russische Föderation die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, können unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erblickt werden. Eine reale Gefahr, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, ist somit insgesamt nicht hervorgekommen, weswegen die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ebenfalls abzuweisen war.

3.4. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG:

3.4.1. § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 bestimmt, dass das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels ist gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 "im verfahrensabschließenden Bescheid" abzusprechen.

3.4.2. Da der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt geduldet war, diese nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden ist, liegen die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 idgF nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, noch in der Beschwerde, behauptet worden ist.

Die Beschwerde erweist sich sohin in Hinblick auf Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet.

3.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde ? zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Grundlegend sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheide wurde im Mai 2021 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben haben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt, desweiteren findet sich in der Beschwerdeschrift ein kein Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser insbesondere kein neues Tatsachenvorbringen und wird den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Da die Behörde den für die gegenständliche Beurteilung des Endigungsgrundes des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG erforderlichen Sachverhalt bereits im Rahmen des angefochtenen Bescheides vollständig festgestellt hat, waren seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine zusätzlichen Ermittlungsergebnisse heranzuziehen, weshalb die Abweisung der Beschwerde keiner weiteren mündlichen Erörterung bedurfte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid das Nichtbestehen einer aktuellen individuellen oder konkreten Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers festgestellt und im ausreichenden Maß begründet, zumal dem Vater der BF der Asylstatus ebenfalls aberkannt worden ist. Weder zeigt die Beschwerde konkret auf, vor welchem Hintergrund die BF zum Entscheidungszeitpunkt in ihrem Herkunftsstaat eine individuelle Verfolgung respektive einen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit befürchten würde, noch werden konkrete Umstände aufgezeigt, welche die Annahme begründen, dass die BF in eine existenzbedrohende Lage geraten oder keinen Zugang zu einer benötigten medizinischen Behandlung haben würde.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Familienverfahren geänderte Verhältnisse Interessenabwägung non refoulement öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W103.2244921.1.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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