TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/10 W224 2233318-2

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Veröffentlicht am 10.11.2021
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Entscheidungsdatum

10.11.2021

Norm

AVG §73 Abs1
B-VG Art133 Abs4
BVwAbgV TP41
BVwAbgV §1
PrivSchG §14 Abs2 litb
PrivSchG §23 Abs3
VwGVG §8 Abs1

Spruch


W224 2233318-2/4E

Schriftliche Ausfertigung des am 10.11.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereins „ XXXX “ wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.11.2021, zu Recht:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht genehmigt gemäß § 14 Abs. 2 lit. b Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962, in der geltenden Fassung, das beiliegende, einen festen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildende Organisationsstatut der Privatschule „ XXXX “ des Vereins „ XXXX “ in XXXX , für das Schuljahr 2019/2020.

Gemäß Tarifpost 41 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24/1983, in der geltenden Fassung, ist für diese Genehmigung eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von EUR 54,50 zu entrichten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der beschwerdeführende Verein beantragte die Genehmigung des Organisationsstatuts der von ihm geführten Privatschule in XXXX , ab dem Schuljahr 2019/2020. Er brachte dazu am 12.04.2019 einen entsprechenden Antrag bei der Bildungsdirektion für Wien ein. Die Privatschule am Standort XXXX , für welche das Organisationsstatut genehmigt war, wurde mit Ende des Schuljahres 2018/2019 geschlossen. Insgesamt wurde die Privatschule am Standort XXXX von September 2016 bis zur Schließung am 19.08.2019 betrieben.

Die Bildungsdirektion für Wien hat die Führung der Privatschule am Standort in XXXX , nicht untersagt (Beschwerdevorentscheidung vom 29.8.2019).

Mit Schreiben vom 09.09.2019, eingelangt am 10.9.2019, legte die Bildungsdirektion für Wien dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Sinne des § 23 Abs. 3 PrivSchG den Antrag des beschwerdeführenden Vereins auf Genehmigung des Organisationsstatuts der von ihm geführten Privatschule in XXXX ab dem Schuljahr 2019/2020 vor.

Mit Schreiben vom 20.05.2020 erhob der beschwerdeführende Verein Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über den von ihm gestellten Antrag.

Mit Schreiben vom 25.05.2020 erging seitens des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung an den beschwerdeführenden Verein ein Schreiben per E-Mail, wonach einzelne Adaptionen bzw. Ergänzungen und Änderungen am Organisationsstatut durchzuführen wären.

Am 26.05.2020 übermittelte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung dem beschwerdeführenden Verein per E-Mail eine pädagogische Stellungnahme der Bildungsdirektion für Wien vom 26.07.2019 mit der Möglichkeit, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.

Am 27.05.2020 gab der beschwerdeführende Verein hierzu per E-Mail eine Stellungnahme ab und überarbeitete das eingereichte Organisationsstatut entsprechend den Anregungen durch den Bundesminister und die Bildungsdirektion.

Mit E-Mail vom 29.05.2020 wurde abermals das Organisationsstatut seitens des Bundesministers mit Anmerkungen an den beschwerdeführenden Verein übermittelt.

Mit E-Mail vom 01.06.2020 wurde seitens des beschwerdeführenden Vereins das Organisationsstatut letztgültig übermittelt.

Mit Bescheid vom 02.06.2020, GZ.: BMBWF-24.441/0002-II/4/2019, genehmigte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung das Organisationsstatut für die vom beschwerdeführenden Verein geführte Privatschule ab dem Schuljahr 2020/21. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom 04.06.2020, Zl. 2020-0.319.785, hat der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (im Folgenden: belangte Behörde) das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG eingestellt und im Wesentlichen damit begründet, dass durch den Bescheid vom 02.06.2020, mit welchem das Organisationsstatut für die vom beschwerdeführenden Verein geführte Privatschule ab dem Schuljahr 2020/21 genehmigt wurde, der „geforderte Bescheid“ erlassen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der beschwerdeführende Verein Beschwerde und führte dabei im Wesentlichen aus, das Organisationsstatut sei zwar für das Schuljahr 2020/21 genehmigt worden. Es sei jedoch nicht der ursprünglichen Säumnisbeschwerde bzw. dem ursprünglichen Ansuchen um Genehmigung entsprochen worden, weil die belangte Behörde nicht über die Genehmigung des Organisationsstatuts für das Schuljahr 2019/20 abgesprochen habe.

Mit Erkenntnis vom 02.09.2020, W224 2233318-1, hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des beschwerdeführenden Vereins stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.06.2020 das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zu Unrecht einstellte, weil sie mit dem nachgeholten Bescheid vom 02.06.2020 die Verwaltungsangelegenheit nicht zur Gänze erledigt hat. Die als Rechtsfolge der Ingangsetzung des Fristenlaufs eingetretene Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung in der Sache war dem weiteren Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen.

Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 02.09.2020, W224 2233318-1, erhob die belangte Behörde Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof, welche der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 01.12.2020, Ra 2020/10/0154, zurückwies.

Am 10.11.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Verfahrensgegenstand samt den aufgeworfenen Rechtsfragen erörtert wurde.

In der mündlichen Verhandlung verkündete die zuständige Richterin mit näherer Begründung gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 14 Abs. 2 lit. b Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962, in der geltenden Fassung, das beiliegende, einen festen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildende Organisationsstatut der Privatschule „ XXXX “ in XXXX , für das Schuljahr 2019/2020 genehmigt.

Gemäß Tarifpost 41 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24/1983, in der geltenden Fassung, ist für diese Genehmigung eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von EUR 54,50 zu entrichten.

Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung stellte die belangte Behörde den Antrag, dass eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses ergehen möge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verein „ XXXX “ beantragte die Genehmigung des Organisationsstatus der von ihm geführten Privatschule in XXXX , ab dem Schuljahr 2019/2020 mittels eines Antrags, welcher am 12.04.2019 bei der Bildungsdirektion für Wien eingebracht wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht ist fallgegenständlich zuständig zur Entscheidung über die Genehmigung des Organisationsstatuts der vom Verein „ XXXX “ geführten Privatschule in XXXX für das Schuljahr 2019/2020.

Das Organisationsstatut, welches einen festen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet, ist gleichlautend mit dem Organisationsstatut, welches einen festen Bestandteil des Bescheides des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 02.06.2020 bildet und für die Genehmigung ab dem Schuljahr 2020/2021 maßgebend war.

Die Voraussetzungen für die Genehmigung des Organisationsstatuts der Privatschule „ XXXX “ in XXXX , für das Schuljahr 2019/2020 liegen fallgegenständlich vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und der mündlichen Verhandlung. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

1. Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde:

Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, dazu verpflichtet, über Anträge von Parteien (§ 8 leg.cit.) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, einen Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Nach § 16 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen. Gemäß § 16 Abs. 2 leg.cit. hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen, wenn sie den Bescheid nicht nachholt.

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) dient dem Rechtsschutz wegen Säumnis der Behörden. Zweck dieses Rechtsbehelfes ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen. Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheides zu entscheiden. Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (vgl. VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0017), zumal die Säumnis der Behörde Prozessvoraussetzung im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde vor dem Verwaltungsgericht ist (VwGH 23.08.2017, Ra 2017/11/0150).

Wenn die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht übergeht, hat es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allein in der Verwaltungssache zu entscheiden, ohne dass ein ausdrücklicher Abspruch über die Stattgebung der Säumnisbeschwerde vorzunehmen ist (s. z.B. VwGH 27.05.2015, Ra 2015/19/0075).

2. In der Sache:

§ 23 Abs. 3 PrivSchG lautet:

„Anzeigen und Ansuchen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind, soweit nachstehend nicht anderes angeordnet wird, bei der örtlich zuständigen Bildungsdirektion einzubringen und im Falle der Zuständigkeit des Bundesministers gemäß Abs. 2 unter Anschluss einer Stellungnahme der Bildungsdirektion dem zuständigen Bundesminister vorzulegen. Ansuchen und Anträge in Angelegenheiten der in Abs. 2 lit. a genannten Schulen sind unmittelbar beim zuständigen Bundesminister einzubringen.“

Mit Schreiben vom 12.04.2019 beantragte der beschwerdeführende Verein die Genehmigung des Organisationsstatutes für die von ihm geführte Privatschule in Wien „ab dem Schuljahr 2019/2020“. Er brachte seinen Antrag gesetzeskonform bei der Bildungsdirektion für Wien ein.

Weil nach Überarbeitung des Organisationsstatuts (vgl. dazu die im Verwaltungsakt enthaltenen Korrespondenzen) die im § 14 Abs. 2 lit. b Privatschulgesetz genannten Voraussetzungen erfüllt werden, war das Organisationsstatut für das Schuljahr 2019/2020 durch das Bundesverwaltungsgericht zu genehmigen.

Die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe ist in der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 begründet.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung äußerte die belangte Behörde die Rechtsansicht, bei einer Genehmigung des Organisationsstatuts zu einem Zeitpunkt, der sich nach Beginn des Schuljahres, für welche die Genehmigung beantragt wird, handle es sich um eine „rückwirkende“ Genehmigung des Organisationsstatuts, wofür es keine gesetzliche Grundlage gäbe.

Wörtlich wurde in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:

„R an BehV: Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung genehmigte das Organisationsstatut für das Schuljahr 2020/2021. Aus welchem Grund erfolgte keine Genehmigung für das Schuljahr 2019/2020?

BehV: Weil es dafür keine Rechtsgrundlage gibt, eine rückwirkende Genehmigung des Status auszusprechen. Zumal der Antrag auf Genehmigung des Organisationsstatus erst nach Beginn des Schuljahres 2020/2021 beim Bundesminister eingelangt ist.

R: Wieso gehen Sie von einer rückwirkenden Genehmigung aus, wenn der Antrag am 12.04.2019 bei der Bildungsdirektion eingelangt ist?

BehV: Das ist zwar richtig, aber beim BMBWF ist der Antrag erst nach Beginn des Schuljahres tatsächlich eingelangt.

R: Das BMBWF ist die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde der Bildungsdirektion. Hängt es aus Ihrer Sicht davon ab, dass eine Ihnen sachlich untergeordnete Behörde Ihnen einen Antrag weiterleitete?

BehV: Ja, bzw. zu welchem Zeitpunkt die tatsächliche Genehmigung erfolgt.

R: Auf welche gesetzliche Grundlage stützen Sie diese Rechtsansicht?

BehV: Mangels einer gesetzlichen Grundlage kann keine rückwirkende Genehmigung erfolgen, sondern nur ab dem Zeitpunkt, wo der Antrag tatsächlich im BMBWF einlangt.

R: Meiner Ansicht nach ist eine Antragstellung am 12.04.2019 deutlich vor Beginn des neuen Schuljahres bzw. des beantragten Schuljahres 2019/2020. Hängt es also davon ab, wann die Bildungsdirektion es weiterleitet? Wenn der Antrag rechtzeitig vor Ende August 2019 beim BMBWF eingelangt wäre, wäre er dann rechtzeitig eingelangt?

BehV: Im vorliegenden Fall wurde die Errichtung der Privatschule vorerst untersagt, dann aber mit Beschwerdevorentscheidung genehmigt. Wir hatten und haben ein Rundschreiben im BMBWF, wonach Anträge auf Genehmigung eines Organisationsstatuts am 15. April des Jahres vor dem beantragten Schuljahr eingelangt sein müssen.

R: Der Antrag war am 12.04.2019 bei der Bildungsdirektion eingebracht. Was wäre, wenn die Bildungsdirektion diesen am 13.04. an das BMBWF weitergeleitet hätte?

BehV: Gegenständlich wäre die Problematik gewesen, dass die Schule noch nicht errichtet war.

R: Das Organisationsstatut wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. mehrerer Parteiengehöre durch den bf Verein mehrmals überarbeitet. Als sämtliche Änderungen eingearbeitet waren, kam es zu einer Genehmigung ab dem Schuljahr 2020/2021. Was spricht für und was spricht gegen eine Genehmigung des Organisationsstatuts für das Schuljahr 2019/2020?

BehV: Das es für eine rückwirkende Genehmigung nach Ansicht des Ministeriums keine gesetzliche Grundlage gibt.

R: Es gibt meiner Meinung nach keine gesetzliche Grundlage dafür den 15.04. als maßgebliches Datum für die Einbringung eines Antrages festzuschreiben.

R: In der Amtsrevision haben Sie auf Seite 5 die Frage aufgeworfen, ob das „Mehrbegehren“, nämlich die „rückwirkende“ Genehmigung des Organisationsstatuts für das Schuljahr 2019/2020, abgewiesen oder zurückgewiesen hätte werden müssen. Was meinen Sie damit? Auf welche Rechtsgrundlage stützen Sie diese Argumentation?

BehV: Rückwirkend deshalb, weil unser Bescheid im Juni 2020 erlassen worden ist und zu diesem Zeitpunkt für September 2019 zurückgewirkt hätte.

R: Der Antrag war rechtzeitig, Sie hätten auch rechtzeitig darüber absprechen können?

BehV: Die Entscheidungsfrist von sechs Monaten ist überschritten worden aufgrund eines längeren Ermittlungsverfahren.

R: Aus welchem Grund ist es nach Ansicht der belangten Behörde eine „rückwirkende Genehmigung“? Der entsprechende Antrag wurde am 12.4.2019, also noch deutlich vor Beginn des Schuljahres 2019/2020 gestellt.

BehV: Der Zeitpunkt der Bescheiderlassung war im Juni 2020, also deutlich nach Beginn des Schuljahres 2019/2020.

BF: Wir haben im Jahr 2016 die gleiche Situation gehabt. Wir haben im Juni 2016 den Antrag auf Genehmigung des Organisationsstatus gestellt und der zuständige Bundesminister hat im November 2016 für das Schuljahr 2016/2017 „rückwirkend“ die Genehmigung erteilt. Wir sind daher davon ausgegangen, dass im Fall des Schuljahres 2019/2020 die Genehmigung ebenfalls erteilt wird.“

Der Antrag des beschwerdeführenden Vereins auf Genehmigung des Organisationsstatutes für die von ihm geführte Privatschule in Wien „ab dem Schuljahr 2019/2020“ wurde am 12.04.2019 (vgl. dazu auch § 23 Abs. 3 PrivSchG) bei der Bildungsdirektion für Wien eingebracht. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019 hat die Bildungsdirektion für Wien die Führung der Privatschule am Standort in XXXX , nicht untersagt. Ab dem Schuljahr 2019/2020 wird am Standort in XXXX eine Privatschule betrieben. Erst nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung, nämlich mit Schreiben vom 09.09.2019, eingelangt am 10.09.2019, legte die Bildungsdirektion für Wien den Antrag auf Genehmigung des Organisationsstatuts, welcher auf die Genehmigung „ab dem Schuljahr 2019/2020“ gerichtet war, der belangten Behörde vor. Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass die belangte Behörde erst nach Einlangen der Säumnisbeschwerde des beschwerdeführenden Vereins, also nach dem 20.05.2020, tätig wurde und innerhalb des Zeitraums von 25.05.2020 bis 02.06.2020, also binnen einer Arbeitswoche (01.06.2020: Pfingstmontag) das Ermittlungsverfahren begonnen hat und abschließen konnte, sodass der Genehmigungsbescheid erlassen werden konnte.

Das Bundesverwaltungsgericht kann der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht beitreten, wonach im vorliegenden Fall eine – aus der Sicht der belangten Behörde „rückwirkende“ – Genehmigung mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht erteilt werden hätte können bzw. nicht erteilt werden kann, weil der Antrag des beschwerdeführenden Vereins am 12.04.2019, also deutlich vor Beginn des Schuljahres 2019/2020 gesetzeskonform bei der Bildungsdirektion für Wien eingebracht wurde. Es kann nicht zu Lasten des antragstellenden Vereins gehen, dass sein am 12.04.2019 eingebrachter Antrag erst am 10.09.2019 dem zuständigen Bundesminister vorgelegt wurde und von diesem erst nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde – dann allerdings binnen einer Woche – behandelt und erledigt wurde.

Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Antrag auf Genehmigung des Organisationsstatuts eingebracht wurde, um sohin davon zu sprechen, ob ein Antrag eine „rückwirkende“ Genehmigung zum Gegenstand hatte. Verfahrensgegenständlich wurde der Antrag am 12.04.2019 eingebracht. Es lag also der Zeitpunkt der Einbringung des Antrags auf Genehmigung des Organisationsstatuts deutlich vor Beginn des Schuljahres 2019/2020 (Beginn des Schuljahres war 02.09.2019).

Es ist aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts dem Reglement des Privatschulgesetzes nicht zu unterstellen oder zu entnehmen, dass eine Genehmigung des Organisationsstatuts davon abhängt, dass bzw. ob die Bildungsdirektion einen bei ihr eingebrachten Antrag bis zu einem bestimmten Datum oder Termin an den zuständigen Bundesminister übermittelt. Ein Abstellen auf das „Einlangen beim Bundesminister“ ist im Privatschulgesetz nicht vorgesehen.

Auch der seitens der belangten Behörde vorgebrachte Verweis auf ein „Rundschreiben“ des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wonach Anträge auf Genehmigung eines Organisationsstatuts immer am 15. April des Jahres „vor dem beantragten Schuljahr“ eingelangt sein müssen, ist aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auf keinerlei Grundlage im Privatschulgesetz zu stützen. Im Übrigen wurde der verfahrensgegenständliche Antrag gemäß § 23 Abs. 3 PrivSchG am 12.04.2019 bei der zur Einbringung zuständigen Bildungsdirektion eingebracht, jedoch erst am 09.09.2019, eingelangt am 10.09.2019, dem Bundesminister vorgelegt.

Wenn die belangte Behörde argumentiert, dass Genehmigungen von Organisationsstatuten davon abhängen, wann der zuständige Minister tatsächlich die Genehmigung erteilt und so auch im vorliegenden Fall – da er säumig war – eine Genehmigung lediglich „ex nunc“ (gemeint wohl: pro futuro) für das nächstfolgende Schuljahr erteilen kann, so ist diese Rechtsansicht nicht mit den Bestimmungen des Privatschulgesetzes hinterlegt bzw. nicht in einer rechtlichen Grundlage des Privatschulgesetzes verankert.

Aus diesen Gründen war das beiliegende, einen festen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildende Organisationsstatut der Privatschule „ XXXX “ in XXXX , für das Schuljahr 2019/2020 zu genehmigen und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Genehmigung Organisationsstatut Privatschule Säumnisbeschwerde schriftliche Ausfertigung Schuljahr Verletzung der Entscheidungspflicht Verwaltungsabgabe Vorlagepflicht Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W224.2233318.2.00

Im RIS seit

11.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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