TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/17 W176 2245578-1

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Veröffentlicht am 17.11.2021
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Entscheidungsdatum

17.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DSG §1
DSGVO Art5 Abs1 litc
DSGVO Art6 Abs1
MeldeG §16
MeldeG §18

Spruch


W176 2245578-1/4E

Im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichter Mag. BOGENDORFER und die fachkundige Laienrichterin Mag. ZIMMER als Besitzer bzw. als Beisitzerin über die Beschwerde der Stadtgemeinde XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 30.06.2021, Zl. D124.3452 2021-0.457.713 (mitbeteiligte Partei: XXXX ), wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Eingabe vom 21.08.2020 erhob die nunmehrige mitbeteiligte Partei (im Folgenden: mP) gegen die nunmehrige Beschwerdeführerin (Beschwerdegegnerin vor der Datenschutzbehörde, im Folgenden: BF) Beschwerde an die Datenschutzbehörde (im Folgenden: belangte Behörde), die sie wie folgt begründete:

Im Rahmen einer Einladung zu einer öffentlichen Bauverhandlung habe die BF als Baubehörde sämtliche private Wohnadressen der Parteien und somit auch jene der mP an alle Verfahrensparteien versendet. Die mP habe um Unterlassung gebeten; dem sei die BF jedoch nicht nachgekommen. Im Zuge einer weiteren Kundmachung in diesem Verfahren seien erneut sämtliche Adressen allen Personen mit Parteistellung übermittelt worden. Als Beilagen übermittelte die mP ein Schreiben der BF vom 02.12.2020 betreffend die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, ein Schreiben der BF vom 28.12.2020 betreffend die Abberaumung dieser Verhandlung (in denen jeweils als zu verständigende Personen neben dem Bewilligungswerber und dem Planverfasser 43 Nachbarn und drei sonstige Beteiligte mit Adresse angeführt sind) sowie ein E-Mail der mP vom 09.12.2020, in dem diese die BF darauf hinweist, dass die öffentliche Verteilung seiner Adresse sowie der Adressen aller Parteien den Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) widerspreche und darum bitte, Derartiges in Zukunft zu unterlassen.

2. Mit Stellungnahme vom 28.01.2021 an die belangte Behörde führte die BF aus, dass in Fällen von Anberaumung und Abberaumung einer mündlichen Bauverhandlung sämtliche Parteien und Beteiligte im Verständigungsnachweis angeführt würden. Entsprechend § 1 Verwaltungsformularverordnung (VwFormV) würden für die Handhabungen der Verwaltungsverfahrensgesetze die der Verordnung angeschlossenen Formulare verwendet. Gegenständlich sei dies Formular 9 zu §§ 40 bis 42 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG). Dabei seien sämtliche Parteien und Beteiligte in einem Angabenfeld einzutragen. Sämtliche Schriftstücke des Amtes der Salzburger Landesregierung und der Bezirksverwaltungsbehörden würden dabei gleichermaßen versendet. Die personenbezogenen Daten der mP seien demnach rechtskonform verwendet worden.

3. Von der Möglichkeit einer Äußerung dazu machte die mP nicht Gebrauch.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Datenschutzbeschwerde statt und stellte fest, dass die BF die mP dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie im Zuge der Anberaumung und Abberaumung einer mündlichen Verhandlung in einem Bauverfahren deren Adresse den anderen Parteien und (sonstigen) Beteiligten übermittelt hat.

In der Bescheidbegründung stellt die belangte Behörde fest, dass die mP als Nachbar Partei in einem Bauverfahren sei, das ein Ansuchen um Bewilligung für den Neubau einer Wohnhausanlage betreffe und von der BF geführt werde. Im Rahmen dieses Bauverfahrens habe die BF mit Schreiben vom 02.12.2020 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Mit Schreiben der BF vom 28.12.2021 sei ebendiese Verhandlung wieder abberaumt worden. Die beiden Schreiben hätten in der Zustellverfügung die Adresse der mP beinhaltet und seien den Parteien sowie Beteiligten dieses Verfahrens zugestellt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zunächst aus, dass Beschwerdegegenstand die Frage sei, ob die BF die mP dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie im Zuge der Anberaumung und Abberaumung einer mündlichen Verhandlung in einem Bauverfahren deren Adresse den anderen Parteien und Beteiligten übermittelt hat.

§ 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz (DSG) lege fest, dass jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Gemäß § 1 Abs. 2 DSG könne eine Beschränkung des Anspruchs auf Geheimhaltung im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgen, ansonsten nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind.

Da die BF eine Behörde in einem Verwaltungsverfahren sei, komme entsprechend § 1 Abs. 2 DSG ausschließlich eine qualifizierte gesetzliche Grundlage als Erlaubnistatbestand in Betracht. Bei der Anführung der Adresse der mP in der Zustellverfügung der genannten Schreiben handle es sich unstrittig um ein personenbezogenes Datum der mP und es sei somit der Anwendungsbereich von § 1 DSG eröffnet.

§ 5 Zustellgesetz (ZustG) normiere, dass die Zustellung von der Behörde zu verfügen ist, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung habe den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten. Das von der Beschwerdegegnerin angeführte „Formular 9“ zu den §§ 40-42 AVG weise lediglich ein Feld mit dem Text „Diese Verständigung ergeht an:“ auf.

Wie die belangte Behörde bereits zu in Hinblick auf das Steiermärkische Baugesetz ausgesprochen habe, könne die Anführung der Wohnadressen nur dem Zweck dienen zu prüfen, ob einer geladenen Person Parteistellung im Bauverfahren zukommt. Dies sei jedoch nicht Angelegenheit der anderen Parteien, zumal eine allfällig mangelnde Parteistellung eines Nachbarn von einem anderen Nachbarn nicht als subjektiv-öffentliches Recht eingewendet werden könne. Daher sei nicht ersichtlich, inwieweit die Anführung der Wohnadresse der mP (und der sonstigen Parteien bzw. Beteiligten) zur Erfüllung behördlicher Aufgaben – konkret der Anberaumung und Abberaumung einer mündlichen Bauverhandlung – erforderlich ist. Auch aus dem „Formular 9“ zu den §§ 40 bis 42 AVG lässt sich diesbezüglich nichts gewinnen: Da die betreffenden Schreiben ohnedies individuell abzufertigen seien und in der individuellen Zustellverfügung jedenfalls den Vorgaben des ZuStG zu entsprechen sei, erscheine es – nicht zuletzt iS der Datenminimierungsobliegenheit gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO – als ausreichend, dass lediglich die Namen der Parteien bzw. Beteiligten in den Schreiben aufgenommen werden. Da sich die Anführung der Wohnadresse der mP in den genannten Schreiben der BF daher als gesetzlich nicht gedeckt erwiesen habe, war diese Rechtsverletzung spruchgemäß festzustellen gewesen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte dabei Folgendes aus:

Die Ladung von Parteien zu einer Bauverhandlung obliege nicht dem Ermessen einer Salzburger Baubehörde. Diese habe vielmehr gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 Salzburger Baupolizeigesetz (Sbg BauPolG) die Parteien zur Verhandlung zu laden. Gemäß § 1 der Verwaltungsformularverordnung (VwFormV) würden bestimmte Formulare für die Handhabung der Verwaltungsverfahrensgesetze im behördlichen Verfahren festgesetzt. Für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sei das Formular Nr. 9 maßgeblich. Am Ende dieses Formulars heiße es: „Diese Verständigung ergeht an:“. Die Verwendung der darin vorgesehenen Daten sei daher durch eine gesetzliche Grundlage, nämlich die VwFormV, gedeckt.

Die Formulierung: „Diese Verständigung ergeht an:" sei eine zulässige Zustellverfügung iS von § 5 ZustellG. Die in der Zustellverfügung enthaltenen Daten wie Name und Adresse würden in einem „geschlossenen" behördlichen Verfahren verwendet. Die Angabe der Adresse des zu Ladenden diene im Fall von nicht selten vorkommenden Namensgleichheiten der eindeutigen Zuordnung der Ladung zu einer Partei bzw. eines Beteiligten. Dies ist in Bezug auf die gravierenden Präklusionsfolgen des § 42 AVG von Relevanz. Gegebenenfalls leide eine Zustellung an eine „falsche Person“ an einem Zustellmangel. Daher müsse jedenfalls die Zustellverfügung eine eindeutige Bezeichnung des Empfängers enthalten. Eine Zustellung könne auch mehrere Personen als Empfänger eines Schriftstücks bezeichnen, habe aber jeweils gesondert zu erfolgen. Als erforderliche sonstige Angaben kämen insbesondere die in § 5 ZustG genannten – Zustelladresse, Angabe, ob die Zustellung mit oder ohne Zustellnachweis zu erfolgen hat, ob die Zustellung zu eigenen Handen vorzunehmen sei, ua. – in Betracht. Bestehe eine Verwechslungsgefahr (wenn an einer Abgabestelle mehrere Personen mit gleichen Vor- und Zunamen aufhältig seien), müsse die Zustellverfügung sogar weitere Zuordnungskriterien enthalten wie zB (sogar) das Geburtsdatum. Nicht einmal für diese sensiblen Daten bestünden nach den Erläuternden Bemerkung zur Regierungsvorlage betreffend die ZustG-Novelle 2004 datenschutzrechtliche Bedenken (Hinweis auf Bumberger/Schmid, Kommentar zum ZustellG, K11, K13 und K15 zu § 5).

Im Übrigen handle es sich beim Hauptwohnsitz nicht um ein Datum, das der Geheimhaltung unterliege. Gemäß § 18 Meldegesetz (MeldeG) habe die Meldebehörde jedem auf Verlangen gegen Nachweis der Identität im Umfang des § 16 Abs. 1 leg. cit aus dem Zentralen Melderegister Auskunft zu erteilen, ob und zutreffendenfalls wo innerhalb des Bundesgebietes ein eindeutig bestimmbarer Mensch angemeldet ist oder war. Nach dieser Bestimmung unterlägen Daten zu einem Hauptwohnsitz daher nicht ex lege der Geheimhaltung, wiewohl es sich um persönliche Daten handle. Auch die Datenschutzbehörde erachte es im angefochtenen Bescheid für datenschutzrechtlich unbedenklich, wenn in der Zustellverfügung der vollständige Name angegeben werde. Dieser Datensatz sei dann jeder Person, die in der Zustellverfügung des Formulars 9 angeführt sei, bekannt und diese könne in der Folge gemäß § 18 MeldeG bei der Meldebehörde Auskunft über den Hauptwohnsitz eines Geladenen verlangen.

6. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen in elektronischer Form vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Das Bundesverwaltungsgericht legt seiner Entscheidung denselben Sachverhalt zugrunde, von dem bereits die belangte Behörde ausgegangen ist.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen und sind zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde

3.1.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.1.1.2. Die Absatz 1 und 2 der Verfassungsbestimmung des 1 DSG (Grundrecht auf Datenschutz) lauten wie folgt:

„(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit c DSGVO müssen persönliche Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“).

Gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;

b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;

c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;

d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;

e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Gemäß § 7 Abs. 1 lit a) Sbg BauPolG sind Parteien im Bewilligungsverfahren der Bewilligungswerber und außerdem

1.a) als Nachbarn bei den im § 2 Abs. 1 Z 1 angeführten baulichen Maßnahmen [Errichtung von oberirdischen und unterirdischen Bauten einschließlich der Zu- und Aufbauten] die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues nicht weiter entfernt sind, als die nach § 25 Abs. 3 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (Sbg BGG) maßgebenden Höhen der Fronten betragen. Bei oberirdischen Bauten mit einem umbauten Raum von über 300 m3 haben jedenfalls auch alle Eigentümer von Grundstücken, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind, Parteistellung. Bei unterirdischen Bauten oder solchen Teilen von Bauten haben die Eigentümer jener Grundstücke Parteistellung, die von den Außenwänden weniger als zwei Meter entfernt sind;

[…]

2. die Eigentümer der Hauptversorgungseinrichtungen, die oder deren Sicherheitsabstand durch die geplante bauliche Maßnahme unmittelbar erfaßt werden.

3. die Gemeinde bei Verfahren, die durch Verordnung der Landesregierung auf Grund des Art 118 Abs. 7 B-VG auf staatliche Behörden des Landes übertragen worden sind; sie ist berechtigt, die Einhaltung der von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Interessen der Raumordnung und der Wahrung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes geltend zu machen und Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Gemäß § 7a Sbg BauPolG stellen folgende bautechnische Bestimmungen für Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte im Baubewilligungsverfahren dar:

1. § 3 Abs. 3 Salzburger Bautechnikgesetz (SbG BauTG) hinsichtlich der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen; dabei gelten Emissionen, die mit Wohnnutzungen einhergehen oder von Kindern in Schulen, Kindergärten, Horten und Tagesbetreuungseinrichtungen odgl typischerweise verursacht werden, als zumutbar;

2. § 16 Abs. 4 SbG BauTG hinsichtlich der Einhaltung des Mindestabstandes von 2 m;

3. § 40 Abs. 2 SbG BauTG hinsichtlich der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen;

4. § 41 Abs. 4 SbG BauTG hinsichtlich der Einhaltung der Höchsthöhe von 1,5 m und der Vermeidung einer wesentlichen Beeinträchtigung;

5. § 42 SbG BauTG hinsichtlich der Vermeidung von erheblich nachteiligen Wirkungen;

6. § 46 SbG BauTG, soweit es sich um Ausnahmen von Vorschriften handelt, die subjektiv-öffentliche Rechte berühren.

Die Aufzählung von Bestimmungen, die für Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte im Baubewilligungsverfahren darstellen, in § 7a Sbg BauPolG ist taxativ (vgl. etwa VwGH 06.12.2019, Ra 2019/06/0247).

Gemäß § 8 Abs. 2 Sbg BauPolG sind einer mündlichen Verhandlung beizuziehen:

1. die Parteien, ausgenommen jene, die gemäß § 7 Abs. 9 der baulichen Maßnahme zugestimmt haben. Zusätzlich oder bei benachbarten Wohnungseigentumsobjekten anstelle der persönlichen Verständigung der Nachbarn kann die mündliche Verhandlung in der im § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG vorgesehenen Weise und durch Anschlag in den der baulichen Maßnahme unmittelbar benachbarten Bauten an gut sichtbarer Stelle (Hausflur) kundgemacht werden. Zu diesem Zweck ist die Kundmachung dem Verwalter (§ 19 Wohnungseigentumsgesetz [WEG]), wenn ein solcher bestellt ist, nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis zu bringen, die Kundmachung den Wohnungseigentümern unverzüglich durch gut sichtbaren Anschlag im Haus bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Bauten haben derartige Anschläge in ihren Bauten zu dulden;

2. ein bautechnischer Sachverständiger sowie nach Bedarf weitere Sachverständige (zB elektrotechnische, maschinenbautechnische, ärztliche Sachverständige, der zuständige Rauchfangkehrer);

3. der Verfasser der Pläne und technischen Beschreibung und

4. der Bauführer, wenn er der Behörde bereits bekannt gegeben wurde.

Gemäß § 16 Abs. 1 MeldeG sind die Meldebehörden als gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 DSGVO ermächtigt, für die Zwecke der Führung des Zentralen Melderegisters ihre Meldedaten – mit Ausnahme der Angaben zum Religionsbekenntnis – samt allenfalls bestehende Auskunftssperren sowie zugehörige Abmeldungen gemeinsam in der Art zu verarbeiten, dass jeder Verantwortliche auch auf jene Daten in der Datenverarbeitung Zugriff hat, die dieser von den anderen Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wurden (Zentrales Melderegister). Die Meldebehörden haben dem Bundesminister für Inneres ihre Meldedaten im Sinne des ersten Satzes zu übermitteln. Der Hauptwohnsitz eines Menschen oder jener Wohnsitz, an dem dieser Mensch zuletzt mit Hauptwohnsitz gemeldet war, kann abgefragt werden, wenn der Anfragende den Menschen durch Vor- und Familiennamen sowie zumindest ein weiteres Merkmal, wie etwa das bPK [bereichsspezifisches Personenkennzeichen] für die Verwendung im privaten Bereich (§ 14 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004), Geburtsdatum, Geburtsort oder einen bisherigen Wohnsitz, im Hinblick auf alle im ZMR verarbeiteten Gesamtdatensätze eindeutig bestimmen kann. Wird dieses bPK zur Identifizierung des Betroffenen angegeben, so muss der Anfragende auch seine eigene Stammzahl zwecks Überprüfung der Richtigkeit des bPK zur Verfügung stellen.

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 MeldeG haben die Meldebehörde auf Verlangen gegen Nachweis der Identität im Umfang des § 16 Abs. 1 aus dem Zentralen Melderegister Auskunft zu erteilen, ob und zutreffendenfalls wo innerhalb des Bundesgebietes ein eindeutig bestimmbarer Mensch angemeldet ist oder war.

3.1.2. Der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichts teilt aus nachstehenden Gründen die Auffassung der belangten Behörde, dass die BF die mP durch die Übermittlung von deren Adresse an die übrigen Parteien und Beteiligten des zugrundeliegenden Bauverfahrens im Zuge der Anberaumung und Abberaumung in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat:

Wie vorauszuschicken ist, ist zwischen den Parteien unstrittig, dass die Adresse der mP ein persönliches Datum derselben ist sowie dass dessen Verwendung durch eine gesetzliche Grundlage gedeckt sein muss.

Strittig ist hingegen, ob Letzteres gegenständlich der Fall ist.

Sofern die BF eine gesetzliche Deckung in der VwFormV erblickt, auf der das Formular 9 mit seiner Textierung basiert, ist ihr entgegenzuhalten, dass aus dem genannten Formular – wie der angefochtene Bescheid zutreffend ausführt – nichts zu gewinnen ist: Denn dieses schreibt keineswegs vor, welche Beteilige nach dem Satz „Diese Verständigung ergeht an:“ anzuführen sind und ob dort außer dem Namen auch der Hauptwohnsitz des Betreffenden anzugeben ist.

Die in der Beschwerde angeführten Zitate aus Bumberger/Schmid, Kommentar zum ZustellG, beziehen sich sämtlich auf die Zustellverfügung als solche, d.h. auf die im Verwaltungsakt ersichtlich zu machende Verfügung, an welche Personen ein Aktenstück zu ergehen hat. Dass die Behörde (sämtliche) Beteiligte(n) mit deren Adresse/Hauptwohnsitz in an einen oder gar alle Beteiligte ergehenden – nach dem genannten Formular zu erstellenden – Schreiben nach „[…] ergeht an:“ zu nennen hat oder sie dazu auch nur ermächtigt, kann daraus aber nicht abgeleitet werden.

Weiters lässt sich nach Ansicht des erkennenden Senates in den im zugrundeliegenden Verfahren anzuwendenden baurechtlichen Vorschriften die erforderliche gesetzliche Grundlage iSd § 1 DSG (die mit dem Rechtmäßigkeitstatbestand des Art. 6 Abs. lit. e DSGVO korreliert) nicht erblicken: Denn auch vor dem Hintergrund des beschränkten Umfangs der einem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte, auf die die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat, ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern die Kenntnis des Hauptwohnsitzes der mP bzw. der anderen Beteiligten Voraussetzung für die Ausübung der sich aus der Stellung als Nachbar ergebenden Rechte sein soll.

Daher ist jedenfalls in der gegenständlich vorliegenden Konstellation, in welcher der Hauptwohnsitz der mP 42 anderen Nachbarn bekanntgeben wurde, (auch mit Blick auf den in der DSGVO festgeschriebenen Grundsatz der Datenminimierung) eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung anzunehmen.

Wenn die Beschwerde schließlich § 18 MeldeG ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass diese Bestimmung eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Daten darstellt, die für die gegenständlich zu beurteilende Datenübermittlung fehlt. Überdies eröffnet § 18 MeldeG in Hinblick auf die in § 16 Abs. 1 leg. cit. festgelegten Einschränkungen nicht allen Personen Zugang zu den Adressdaten des Melderegisters, sondern nur jenen, die weitere Angaben zu der Person machen können, deren Hauptwohnsitz abgefragt werden soll. Somit sind die Daten nicht ohne Einschränkung öffentlich zugänglich und daher – anders als etwa die Daten aus dem Grundbuch (vgl. BVwG 29.07.2020, W211 2221963-1/3E) – nicht iSd § 1 DSG allgemein verfügbar, sodass auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Hauptwohnsitz sei kein Datum, das der Geheimhaltung unterliege, ins Leere geht.

Da dem angefochtenen Bescheid somit eine Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden kann, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.1.3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Baubehörde Datenminimierung Datenschutz Datenverarbeitung Geheimhaltung Ladungen Meldeadresse mündliche Verhandlung Parteistellung personenbezogene Daten Zustellverfügung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W176.2245578.1.00

Im RIS seit

11.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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