TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/24 W136 2243284-1

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Veröffentlicht am 24.11.2021
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Entscheidungsdatum

24.11.2021

Norm

BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §45 Abs1
B-VG Art133 Abs4
HDG 2014 §2 Abs1 Z1
HDG 2014 §3
HDG 2014 §61 Abs1
HDG 2014 §62
HDG 2014 §72
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W136 2243284-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Stabswachtmeister XXXX , gegen den mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.05.2021, GZ 2021-0-332.572, abgeänderten Beschluss der Bundesdisziplinarbehörde vom 07.04.2021, GZ 2020-0-742.732, betreffend die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Wirtschaftsunteroffizier Bekleidung in der Stabskompanie des XXXX (WiUO Bekl/StbKp/ XXXX ) in XXXX beim österreichischen Bundesheer. Im Zeitraum der angelasteten Pflichtverletzungen war er als Wachkommandant der XXXX Kaserne in XXXX tätig.

2. Am 18.06.2019 hat der Einheitskommandant der Stabskompanie XXXX das Disziplinarverfahren eingeleitet und an den Kommandanten XXXX , als zuständigen Disziplinarvorgesetzten abgetreten.

3. Am 01.07.2019 erstattete der Disziplinarvorgesetzte Disziplinaranzeige, GZ S90361/7- XXXX /Kdo/Sl Grp/2019 (1), bei der Disziplinarkommission für Soldaten (DKS). Als Beilagen wurden ua. die Niederschriften mit den einvernommenen Wachsoldaten, die „Regelung für DvT und Wache“ vom 19.02.2019 und die „Dienstanweisung für den Wachdienst innerhalb der militärischen Liegenschaft „ XXXX Kaserne“ (in der Folge „Dienstanweisung Wachdienst“) vom 12.06.2019, sowie ein Foto des Aufenthaltsraumes im Wachgebäude, beigeschlossen.

4. Am 02.07.2019 wurde gegen den BF Strafanzeige zu XXXX bei der Staatsanwaltschaft GRAZ (StA), erstattet, der folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Der BF habe sich im Rahmen des Wachdienstes mehrmals und über längere Zeiträume (30 Minuten bis zu 1 Stunde) vorsätzlich aus den für ihn vorgesehenen Aufenthaltsbereichen (Wachlokal bzw. vor dem Wachgebäude als Wachposten) an verschiedenen Tagen entfernt und damit seinen Auftrag als Wachkommandant nicht erfüllt. Er habe zusätzlich über den Notausgang private EDV-Ausrüstung in das Wachlokal eingebracht, im Ruheraum aufgebaut (2x Stand-PC inklusive Monitor und Zubehör) und sich nach Entfernen von seinem zugewiesenen Bereich durch die Nutzung derselben abgelenkt und die eingeteilten Wachsoldaten in ihrer Auftragserfüllung allein gelassen. Dies widerspreche nicht nur der „Dienstvorschrift für das Bundesheer Wachdienst“ und auch den einschlägigen Dienstanweisungen für die Dienste vom Tag in der XXXX , sondern stelle den Verdacht einer Straftat gemäß Militärstrafgesetz dar.

Der BF habe in der ersten Befragung am 19.06.2019 zu den damals bekannten Punkten keine Stellung bezogen und in der 26. Kalenderwoche eine Akteneinsicht nehmen wollen, habe dies jedoch aufgrund seines noch andauernden Krankenstandes nicht mehr wahrgenommen, weshalb keine Stellungnahme des BF vorgelegt werden könne.

5. Mit Bescheid vom 07.04.2021, GZ 2020-0-742.732, fasste die belangte Behörde den nunmehr beschwerdegegenständlichen Einleitungsbeschluss gemäß § 72 Abs. 2 Z 1 Heeresdisziplinargesetz 2014 idgF BGBl. I Nr. 126/2021 (HDG 2014) und ordnete die Durchführung eines Senatsverfahren gegen den BF und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung an, da der BF im Verdacht stehe, er habe (wörtlich, Anonymisierung durch das BVwG)

als Wachkommandant der XXXX in XXXX

1.       am 15.05.2019 und

2.       am 20.05.2019 und

3.       am 22.05.2019 und

4.       am 05.06.2019

seinen Wachauftrag nicht erfüllt, indem er den befohlenen Wachbereich unerlaubt verließ, im Ruheraum des Wachgebäudes die widerrechtlich eingebrachte private EDV-Ausstattung benutzte und die eingeteilten Wachsoldaten in ihrer Auftragserfüllung alleine ließ und

5.       dem XXXX den Befehl erteilt, ihm am 05.06.2019 und 06.06.2019 Obst und Gebäck aus der Truppenküche mitzunehmen, obwohl er ( XXXX ) nicht zur Truppenverpflegung angemeldet war.

Dadurch hätte er im Anschuldigungspunkt 1.-4. gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 iVm dem Erlass des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) „Dienstvorschrift für das Bundesheer (DVBH) Wachdienst“ und „Dienstanweisung Wachdienst“)", wonach „der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat" und im Anschuldigungspunkt 5. gegen § 45 Abs. 1 BDG 1979 wonach „der Vorgesetzte darauf zu achten hat, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen“, schuldhaft verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 HDG 2014 begangen.

Begründend wurde unter Darlegung des Sachverhaltes sowie Zitierung der § 44 Abs. 1 BDG 1979 und § 45 Abs. 1 BDG 1979 Folgendes ausgeführt:

Die „DVBH Wachdienst" und die „Dienstanweisung Wachdienst“ stelle eine Weisung im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG 1979 dar. Der Postendienst sei im Zeitraum von 13:00 bis 13:00 Uhr abwechselnd durch den Wachkommandanten und dem Wachsoldaten gemäß Zeiteinteilung durchzuführen. Wer im Verdacht stehe, seinen Bereich unbefugt zu verlassen bzw. seine Aufgaben als Wachkommandant nicht wahrnehme, weil er sich in den Ruheraum zu seinen PCs begebe, verletze diese Dienstpflicht (Anschuldigungspunkte 1.–4.). Zum Anschuldigungspunkt 5. wurde ausgeführt, dass ein Unteroffizier der Besoldungsgruppe „Militärischer Dienst" ein berechtigter Kostteilnehmer sei. Wer als Vorgesetzter einen Untergebenen anweise, ihm Verpflegung aus der Truppenküche mitzunehmen, obwohl er nicht zur Truppenverpflegung angemeldet sei, stehe im Verdacht, gegen die Bestimmung des § 45 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen zu haben.

Schon alleine aus generalpräventiven Gründen könne von einer disziplinären Verfolgung nicht abgesehen werden. Es liege auch keine Verjährung iSd § 3 HDG 2014 vor. Die Verantwortung des BF zu den Vorwürfen habe wegen des andauernden Krankenstandes bzw. einer fehlenden schriftlichen Äußerung bis dato nicht berücksichtigt werden können. Die im Verdachtsbereich erhobenen Handlungsweisen des BF erscheinen in ihrer Art im hohen Maße geeignet, dass er Dienstpflichten verletzt habe. Es habe vom Senat auch kein Einstellungsgrund gemäß § 62 Abs. 3 HDG 2014 festgestellt werden können.

6. Mit fristgerechter Beschwerde beantragte der BF die Aufhebung des bekämpften Bescheides und Einstellung des Disziplinarverfahrens.

Begründend führte er darin im Wesentlichen Folgendes aus: Der Bescheid basiere auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren, weil die Akteneinsicht in drei Fällen in der Kaserne XXXX verweigert worden sei und er von keiner Seite jemals dazu aufgefordert worden wäre, eine Stellungnahme abzugeben, ihm wären erst am 27.08.2019 Akten oder Aktenbestandteile durch das XXXX zugestellt worden, zu diesem Zeitpunkt hätte er bereits Angaben bei der Beschuldigteneinvernahme am 15.08.2019 bei der PI XXXX gemacht. Der Einleitungsbeschluss wäre eingelangt, ohne dass er vorher zu einer Rechtfertigung eingeladen worden wäre. Daher hätte er keine Beweismittel geltend machen und sich zu den Vorwürfen äußern können. In der Befragung durch den Disziplinarvorgesetzten wären die Vorhaltungen betreffend unberechtigter Verpflegungseinnahme bzw. Anweisung an Untergebene Verpflegung aus der Truppenküche für ihn mitzunehmen, gar nicht angesprochen worden. Es wäre ihm auch nicht die Verwendung von privater EDV-Ausstattung vorgeworfen worden, sondern es wäre nur in den Raum gestellt worden, dass er diese (in den Ruheraum des Wachlokales) eingebracht hätte.

Er hätte die EDV-Ausstattung erst am 18.05.2019 beim Fetzenmarkt XXXX erstanden, somit wären die Angaben des Gfr XXXX (Gfr G) falsch, wonach er während des Wachdienstes vom 15. auf den 16.05.2019 die Gerätschaft eingebracht und verwendet hatte. Vielmehr hätte er den „Cyber-Grundwehrdiener (GWD)" Gfr XXXX (Gfr D) gebeten, die Computer zu entsperren, was dieser am Morgen des 23.05.2019 getan hätte. Bis dahin wäre eine Verwendung gar nicht möglich gewesen. Insgesamt vermute er eine Intrige der Wachsoldaten gegen ihn, weil er immer sehr korrekt seinen Dienst versehen und durch Überprüfung der Wachsoldaten was deren Wissen und Durchführung des Wachdienstes betraf, Lücken bzw. Mängel festgestellt und deren Abstellung eingefordert hätte, insbesondere hätte ihn der Wachsoldat Gfr G falsch belastet, weil dieser mit ihm keinen Wachdienst mehr habe versehen wollen. Er hätte die anderen GWD dazu bestimmt, ihn ebenfalls falsch zu belasten, um die weitere Wachdienstverrichtung mit ihm zu verhindern. Seine im Ruheraum befindliche EDV-Ausstattung sei offenkundig dazu verwendet worden, um ihn in glaubhafter Weise belasten zu können. Die belastenden Aussagen der Wachsoldaten wären alle nach den vier Wachdiensten ohne vorherige Meldung an die Offiziere vom Tag getätigt worden, was seine Vermutung stützen würde, dass es die Verfehlungen gar nicht geben würden. Vielmehr hätten die Wachsoldaten selbst ihre Dienstpflichten verletzen müssen, um ihn bei der vorschriftswidrigen Bedienung der PCs beobachten zu können. Er rügte die unterbliebene Einvernahme des Kdt Betriebsstaffel, Vzlt XXXX (Vzlt E), da dieser aufgrund mehrerer und längerer Gespräche während des Wachdienstes vom 05. auf 06.06.2019 bezeugen könnte, dass der BF vorschriftsmäßig anwesend gewesen wäre. Dieser hätte die Aufstellung einer Wachhütte vor dem Wachgebäude zu koordinieren gehabt und sie beide hätten über Firmenlisten und Begleitregelungen gesprochen. Somit könne er und die Zivilbediensteten der Betriebsstaffel wie Franz XXXX , XXXX und XXXX bezeugen, dass er vorschriftsmäßig anwesend gewesen wäre. Ebenso wäre Vzlt XXXX nicht einvernommen worden, der am 05.06.2019 von 16:45 Uhr bis 17:45 Uhr anwesend gewesen sei, weil er auf den ankommenden BrigKdt wartete. Dieser hätte bestätigen können, dass er m diesem Zeitraum anwesend gewesen wäre. Die Mitnahme von Verpflegung aus der Truppenküche sei gar nicht möglich, da diese in das Wachlokal für den anwesenden GWD- Wachsoldaten und – sofern dieser als berechtigter Kostteilnehmer angemeldet ist – den Wachkommandanten geliefert wird. Die „Dienstanweisung Wachdienst“ wäre durch den Disziplinarvorgesetzten am 12.06.2019 genehmigt worden und hätte demnach für die in Rede stehenden vier Wachdienste keine Gültigkeit gehabt. Er verwies auf die Ausführungen der Beschuldigteneinvernahme und legte diese dem Beschwerdevorbringen ebenso wie ein Plakat und einen Zeitungsbericht über den „Fetzenmarkt", an dem er die in Rede stehenden Computer erworben hätte, bei.

7. Daraufhin übermittelte die belangte Behörde dem BF das Parteiengehör vom 07.05.2021, in welchem sie den entscheidungsrelevanten Sachverhalt und das zusammengefasste Beschwerdevorbringen darstellte (dem BF am 11.05.2021 und dem Disziplinaranwalt am 07.05.2021 zugestellt, Die Parteien wurden darauf hingewiesen, dass aufgrund des Beschwerdevorbringens der Verdacht der Pflichtverletzung wegen Durchführung von Privatarbeiten (Entsperren privater EDV-Geräte durch Gfr D und dem BF) während der Dienstzeit bestehe (VBI. I Nr. 3/2018 Z 11.6) und deshalb der Sachverhalt dem Kdt XXXX zur disziplinären Würdigung mitgeteilt würde.

8. In daraufhin eingelangter Stellungnahme des BF vom 17.05.2021 führte er aus, dass er seine im Zuge der Anfechtung des Einleitungsbeschlusses gemachten Angaben vollinhaltlich aufrechterhalte. Er beantrage vor allem zum Nachweis, dass kein Anfangsverdacht vorliegen würde, die Einvernahme der Zeugen sowie die Würdigung der von ihm vorgelegten Urkunden. Darüber hinaus bringe er noch vor, dass ein unerlaubtes Verlassen des befohlenen Wachbereiches, welcher ua. gemäß Kasernenkommandobefehles Nr. 16/19 vom 19.02.2019 den Bereich Haupttor XXXX und das Wachobjekt 2 (Wachgebäude) umfasse, und wie bereits unter dem Sachverhalt im Parteiengehör festgestellt, bei keinem seiner Wachdienste stattgefunden habe. Das Verlassen des befohlenen Wachbereiches seinerseits würde auch von keinem Wachvorgesetzten oder Wachsoldaten behauptet worden sein. Zusammengefasst lasse sich daher feststellen, dass die ihm zur Last gelegten Verstöße nicht bereits durch einen Anfangsverdacht belegt werden könnten, sodass er die Verfahrenseinstellung beantrage. Der Disziplinaranwalt gab keine Stellungnahme ab.

9. In der Folge erstattete der Disziplinarvorgesetzte mit Schreiben vom 17.05.2021 einen Nachtrag zur Disziplinaranzeige, GZ S90361/3- XXXX /Kdo/2021. Darin führte er aus, dass sich durch die Eingabe des BF vom 17.05.2021 und die niederschriftliche Einvernahme des ehemaligen GWD Gfr D betreffend die Verwendung der privaten Informations- und Kommunikationstechnik(IKT)- Struktur der Verdacht einer Pflichtverletzung ergeben habe, da Privatarbeiten während der Dienstzeit der Erlasslage widersprechen würden. Es hätte jedenfalls durch den BF eine „Zwischenlagerung“ in seiner Kanzlei erfolgen müssen, um eine (verbotene) Ablenkung vom Wachdienst hintanzuhalten. Zur „Dienstanweisung Wachdienst“ führt der Disziplinarvorgesetzte aus, dass die Angaben des Disziplinarbeschuldigten richtig seien, wonach diese erst in einem schriftlichen Befehl mit 05.06.2019 erlassen wurde. Es sei aber die Behauptung des BF unrichtig, dass er keine Kenntnis vom mündlichen Befehl gehabt hätte, zumal er lautstark gegenüber einem Offizier vom Tag seinen Unmut darüber geäußert hätte, dass er nunmehr angehalten sei, das Wachlokal zur Dienstverrichtung verlassen zu müssen. Hinsichtlich der Verwendung der IKT- Struktur verwies er darauf, dass einer der Wachsoldaten ein Foto angefertigt habe, der die Verwendung während des Wachdienstes bezeugen würde. „Das eigenmächtige Verlassen des Wachbereiches ohne zwingenden Grund“ seien in jeder Wachvorschrift (auch der älteren) unter dem Kapitel „13. Sonderregelungen, 13.1 Verbote allgemein“, die Kaserne betreffend, verboten gewesen. Gleichzeitig wurden die entsprechenden Geschäftszahlen der Dienstanweisungen angeführt.

Zur nicht gewährten Akteneinsicht widersprach der Disziplinarvorgesetze den Ausführungen des BF und schilderte den Sachverhalt aus seiner Sicht, wonach er im Zuge seines Erholungsurlaubes am 05.08.2019 dem während des Krankenstandes in der Kaserne anwesenden BF angeboten habe, innerhalb von 30 Minuten bei ihm sein zu können, um ihm Akteneinsicht zu gewähren. Als der Disziplinarvorgesetze in die Kaserne gekommen sei, hätte der BF diese bereits wieder verlassen. Ergänzend führte er noch aus, dass er einen persönlich motivierten Angriff der Wachsoldaten gegen den BF nicht ausgeschlossen habe. Im Zuge der Erhebungen hätten sich jedoch keine Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Zeugenaussagen ergeben, zumal alle Befragten und der ersten Disziplinaranzeige beigelegten Niederschriften mit den Offizieren vom Tag sowie des Vertreters des dienstführenden Unteroffiziers der Stabskompanie den drei Wachsoldaten stets korrekte Diensterfüllung beschieden hätten. Die Niederschrift mit Vzlt E hätte ergeben, dass er mit dem Aufstellen der Wachhütte beschäftigt gewesen sei und nicht auf den BF geachtet hätte, allerdings könne er sich an ein Gespräch mit ihm an einem der beiden Tage erinnern, bei dem der BF ordnungsgemäß vor dem Wachlokal gestanden sei. Vzlt XXXX (DfUO/StbKp) sei aufgrund dienstlicher Abwesenheit (AssE 3 Monate) nicht niederschriftlich einvernommen worden. Zum Vorwurf der Verpflegungsentnahme könne er keine neuen Erkenntnisse vorlegen.

In der Beilage wurden die Niederschrift von Vzlt E und des Gfr D, das Verlautbarungsblatt I Nr. 3/2018, „Dienstanweisung Wachdienst“ und Eigenprotokolle des Disziplinarvorgesetze vorgelegt.

10. Mit daraufhin erlassender Beschwerdevorentscheidung vom 25.05.2021, GZ 2021-0-332.572, wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 03.05.2021 gegen den Einleitungsbeschluss vom 07.04.2021, GZ 2020-0-742.732, sowie den Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens, ab und änderte bzw. erweiterte den Spruch des bekämpften Bescheides wie folgt:

Gegen den BF werde wegen des Verdachts, „er habe als Wachkommandant der XXXX in XXXX

1)       am 15.05.2019 und

2)       am 20.05.2019 und

3)       am 22.05.2019 und

4)       am 05.06.2019

seinen Wachauftrag nicht erfüllt, indem er den befohlenen Wachbereich unerlaubt verließ und die eingeteilten Wachsoldaten in ihrer Auftragserfüllung alleine ließ und

5)       dem Gfr XXXX den Befehl erteilt, ihm am 05.06.2019 und 06.06.2019 Obst und Gebäck aus der Truppenküche mitzunehmen oder zu bestellen, obwohl er (StWm XXXX ) nicht zur Truppenverpflegung angemeldet war und

6) im Ruheraum des Wachgebäudes der Kaserne private EDV-Ausstattung eingebracht, verwendet und

7) vom Gefreiten XXXX , einem den Präsenzdienst leistenden „Cyber-GWD, in der Dienstzeit Privatarbeiten an seiner EDV-Ausstattung durch „Zurücksetzung des Passwortes durchführen lassen“

Dadurch hätte der BF im Anschuldigungspunkt 1 bis 4 sowie 6 und 7 gegen § 44 Abs 1 BDG 1979 iVm dem Erlass des BMLV „DVBH Wachdienst" und „Dienstanweisung Wachdienst“, sowie im Anschuldigungspunkt 7. gegen den Erlass des BMLV „Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten, Abschnitt II Ziffer 7, Verbot von Privatarbeiten während der Dienstzeit", wonach „der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat", im Anschuldigungspunkt 5. gegen § 45 Abs 1 BDG 1979 wonach „der Vorgesetzte darauf zu achten hat, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen", schuldhaft verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 HDG 2014 begangen.

Gemäß § 72 Abs. 2 HDG 2014 wurde die Durchführung eines Senatsverfahrens und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet.

Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass zu den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 aus rechtlicher Sicht völlig irrelevant sei, warum der BF über Stunden den Wachbereich verlassen haben soll, da jedes ungerechtfertigte Entfernen den Verdacht von Pflichtverletzung und gerichtlich strafbarer Handlung begründe. Deshalb sei aus dem Spruch die Anschuldigung um „im Ruheraum des Wachgebäudes die widerrechtlich eingebrachte private EDV-Ausstattung zu benutzten" zu entfernen und als eigenen Anschuldigungspunkt 6. zu formulieren gewesen. Dem BF sei zunächst beizupflichten, dass die drei ihn belastenden Wachsoldaten bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihres Wachauftrages wahrscheinlich gar nicht erkennen hätten können, dass er sich in den Ruheraum zu den Computern widerrechtlich zurückgezogen habe. Der niederschriftlich einvernommene Vzlt E bestätigt, dass er sich zwecks Aufstellung einer Wachhütte am 05. und 06. Juni 2019 im Wachbereich aufgehalten und mit dem BF gesprochen habe. Ebenso bestätigt der Disziplinarvorgesetzte selbst, dass sich der BF am 05.06.2019 wie befohlen im Wachbereich aufgehalten habe, weil er auf den Brigadekommandanten gewartet hätte. Die niederschriftliche Einvernahme der mit der Aufstellung beauftragten Bediensteten, sowie mit Vzlt XXXX habe deshalb unterbleiben können, weil den Ausführungen des BF vollinhaltlich beigepflichtet werde. Aus dem – wenn auch mehrstündigen – Aufenthalt im vorgegebenen Bereich lasse sich für den Disziplinarbeschuldigten noch nichts gewinnen, zumal der Wachdienst 24 Stunden umfasse und deshalb die vorgebrachten Beweise die Verdachtslage nicht (gänzlich) entkräften könnten. Es würden daher in einer mündlichen Verhandlung die drei ehemaligen Wachsoldaten unter Wahrheitspflicht zu befragen sein und der Senat werde die Würdigung der Beweise vorzunehmen haben. Die rechtlichen Ausführungen zum Einleitungsbeschluss zu diesen Anschuldigungspunkten würden unberührt bleiben.

Zum Anschuldigungspunkt 5. wurde ausgeführt, dass die Disziplinaranzeige vom 01.07.2019 die Ausführungen des Gfr G, enthalten habe, wonach ihn der BF angewiesen hätte, aus der Truppenküche Obst und Gebäck mitzunehmen. Ebenso hätte Gfr XXXX diese zur Last gelegten Tathandlungen bestätigt. Aus der Niederschrift des Gfr G vom 24.06.2019 sei zu entnehmen: „Weiters wies mich StWm XXXX an in der Küche Gebäck, Obst und Wasser zu bestellen, um es selbst zu verzehren und nach Hause mitzunehmen". Die Verantwortung des BF, dass die Truppenverpflegung aus der Küche geliefert werde und im Wachlokal zu verzehren sei und die Darstellung aus seiner Sicht, wonach einer der Wachsoldaten ( XXXX ) mehr bestellt habe, um für sich - ob des großen Hungers - eine zweite Verpflegungsportion verzehren zu können, sei zur Kenntnis zu nehmen, entkräfte den Vorwurf im Verdachtsbereich aber nicht. Es sei nach Angabe des BF die Disziplinaranzeige am 27.08.2019 zugestellt, folglich sei in Kenntnis des Anschuldigungspunktes 5. gewesen. Der Spruch sei daher auf Mitnahme aus der Küche bzw. Bestellung abzuändern gewesen. Der Widerspruch in der unterschiedlichen Sachverhaltsdarstellung (zwei GWD zum BF) sei in einer mündlichen Verhandlung aufzuklären. Ein Unteroffizier der Besoldungsgruppe „Militärischer Dienst" sei ein berechtigter Kostteilnehmer. Wer als Vorgesetzter einen Untergebenen anweise, ihm Verpflegung aus der Truppenküche mitzunehmen oder zu bestellen, obwohl er nicht zur Truppenverpflegung angemeldet sei, stehe im Verdacht, gegen die Bestimmung des § 45 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen zu haben.

Zum Anschuldigungspunkt 6. und 7. sei auszuführen, dass die „Dienstanweisung Wachdienst“ - auch die bereits außer Kraft gesetzten – regle bzw. normiere im Kapitel „Sonderregelungen", unter Ziffer 13.1 „Verbote allgemein“: „Das eigenmächtige Verlassen des Wachbereiches ohne zwingenden Grund. Die Verwendung von Spielen, Fernseh- oder Musikgeräten oder privaten EDV-Ausstattungen oder Mobiltelefonen. (Dienstliches Radio unter Bedachtnahme des Wachauftrages erlaubt)." Wer im Verdacht stehe, private EDV-Geräte in den Ruheraum des Wachgebäudes eingebracht zu haben, könnte eine Pflichtverletzung begangen haben. Wer einen Präsenzdiener – wenn auch nur für wenige Minuten – um das Aufsperren eines privaten Computers bitte, der lasse Privatarbeiten in der Dienstzeit durchführen bzw. sollte sich der Verdacht der Anwesenheit des BF im Ruheraum bewahrheiten, der erfülle (wenn auch nur für kurze Zeit) seinen Wachauftrag nicht. Da der BF in seinem Beschwerdevorbringen dies ausgeführt und der Gfr D in seiner Niederschrift bestätigt habe, dass er in der Dienstzeit die privaten PC des BF aufgesperrt hätte, ergebe sich ein begründeter Verdacht einer Pflichtverletzung, der in einer mündlichen Verhandlung zu verifizieren sein werde.

Für die Einleitung des Verfahrens reiche es aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen den Beamten vorhanden seien, welche die Annahme des Vorliegens einer oder mehrerer Dienst-pflichtverletzungen rechtfertigen. Ein solcher Verdacht bestehe, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen, wobei ein „Verdacht" mehr als eine bloße Vermutung sei. Es komme auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. (vgl. VwGH 21.2.1991, 90/09/0185). Aufgrund der divergierenden Aussagen der Zeugen und des Beschuldigten sei ein solcher Anfangsverdacht jedenfalls gegeben.

Ob sich die Vorhalte tatsächlich so zugetragen und ob das Verhalten auch disziplinär zu würdigen sei, werde Aufgabe des nachfolgenden Disziplinarverfahrens (mündliche Verhandlung) sein. Die Disziplinarbehörde müsse beim Einleitungsbeschluss noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen habe, dies sei in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebenso wenig muss im Einleitungsbeschluss das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend gewürdigt werden. Die dem Einleitungsbeschluss zukommende rechtliche Bedeutung sei in erster Linie darin gelegen, den beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde, was insbesondere für die Frage einer anfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung sei (VwGH 13.10.1994, 94/09/0144). Zusammenfassend sei daher derzeit vom Vorliegen jener geforderten Verdachtsmomente iSd höchstgerichtlichen Judikatur für die Begehung von Dienstpflichtverletzungen auszugehen, die eine Erlassung des Einleitungsbeschlusses rechtfertigen, weshalb die Beschwerde und der Antrag des BF auf Verfahrenseinstellung wegen mangelnden Anfangsverdachtes abzuweisen gewesen sei. Es habe vom Senat auch kein Einstellungsgrund gemäß § 62 Abs. 3 HDG 2014 festgestellt werden können.

11. Mit am 08.06.2021 fristgerecht eingebrachten Schriftsatz stellte der BF gemäß § 15 VwGVG einen Antrag seine Beschwerde gegen den Einleitungsbeschluss der belangten Behörde vom 07.04.2021, GZ 2020-0-742.732, dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Entscheidung vorzulegen.

Dazu führte er im Wesentlichen aus, dass auf seine Einwendungen in keiner Weise eingegangen worden sei. Es werde insbesondere nicht der genaue Zeitpunkt zu welchem er eine Wachdienstverletzung begangen haben sollte dargelegt. Innerhalb der 24 Stunden Wachdienst stünden ihm unter anderem auch Ruhezeiten zu, in welchen es im Obliegen seiner Person stehe wie diese Ruhezeiten auszufüllen seien. Der Vorwurf hinsichtlich einer Wachdienstverletzung müsse daher im Konkreten zeitlich eingefasst werden, und könne nicht rudimentär auf den gesamten Wachdienst ausgedehnt werden, ohne dass man diesbezüglich genaue Angaben mache und Ermittlungen geführt hätte.

12. Mit Schriftsatz vom 10.06.2021 (eingelangt beim BVwG am selben Tag) legte die belangte Behörde dem BVwG die gegenständliche Beschwerde zur Entscheidung vor und erstatte gleichzeitig eine zusammengefasste Darstellung des Sachverhaltes. Dabei wurde abermals darauf hingewiesen, dass die Dienststelle des BF am 19.06.2019 vergeblich versucht habe, den BF zu den von drei GWD vorgebrachten Anschuldigungen betreffend Wachvergehen des BF als Wachkommandant zu befragen. Da sich der BF seit 21.06.2019 bis in dem zum vorliegenden Zeitpunkt andauernden Krankenstand befunden hätte, sei ihm die Disziplinaranzeige vom 01.07.20219 zugestellt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Zur Person des BF

Der BF steht als Wirtschaftsunteroffizier Bekleidung in der Stabskompanie des XXXX (WiUO Bekl/StbKp/ XXXX ) in XXXX beim österreichischen Bundesheer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im Zeitraum der angelasteten Pflichtverletzungen war er als Wachkommandant der XXXX in XXXX tätig. Diese Feststellung konnte unmittelbar aus der unbedenklichen Aktenlage getroffen werden

1.2. Zu den im Verdachtsbereich angelasteten Dienstpflichtverletzungen:

Dem BF wird in dem mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.05.2021 abgeänderten Einleitungsbeschluss vom 07.04.2021 vorgeworfen,
„er habe als Wachkommandant der XXXX in XXXX

1)       am 15.05.2019 und

2)       am 20.05.2019 und

3)       am 22.05.2019 und

4)       am 05.06.2019

seinen Wachauftrag nicht erfüllt, indem er den befohlenen Wachbereich unerlaubt verließ und die eingeteilten Wachsoldaten in ihrer Auftragserfüllung alleine ließ und

5)       dem Gfr XXXX den Befehl erteilt, ihm am 05.06.2019 und 06.06.2019 Obst und Gebäck aus der Truppenküche mitzunehmen oder zu bestellen, obwohl er (StWm XXXX ) nicht zur Truppenverpflegung angemeldet war und

6) im Ruheraum des Wachgebäudes der Kaserne private EDV-Ausstattung eingebracht, verwendet und

7) vom Gefreiten XXXX , einem den Präsenzdienst leistenden „Cyber-GWD, in der Dienstzeit Privatarbeiten an seiner EDV-Ausstattung durch „Zurücksetzung des Passwortes durchführen lassen.“

Dadurch besteht der Verdacht der BF habe im Anschuldigungspunkt 1. bis 4. sowie 6. und 7. gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 iVm dem Erlass des BMLV „DVBH Wachdienst" und der „Dienstanweisung Wachdienst“ schuldhaft verstoßen. Mit Anschuldigungspunkt 7. habe der BF gegen den Erlass des BMLV „Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten, Abschnitt II Ziffer 7, Verbot von Privatarbeiten während der Dienstzeit" und mit Anschuldigungspunkt 5. gegen § 45 Abs. 1 BDG 1979 schuldhaft verstoßen. Damit habe der BF Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 HDG 2014 begangen.

Bezüglich der dargestellten Anschuldigungen liegt nach Aktenlage der hinreichend begründete Verdacht für die Annahme der schuldhaften Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch den BF und damit für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn vor. Damit ist der Sachverhalt für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden.

Wenn der BF hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1.-4. angibt, dass von der belangten Behörde kein genauer Zeitpunkt, zu welchem er eine Wachdienstverletzung begangen haben sollte, dargelegt werde, so vermag dies an der Feststellung über die ausreichende Konkretisierung des Sachverhaltes nichts zu ändern, zumal die genauen Daten der dem BF vorgeworfenen Wachdienstverletzung bereits im Spruch ausgewiesen sind und nachweislich feststehen. Zu welchen Uhrzeiten bzw in welchem Ausmaß (wie viele Stunden) diese Abwesenheiten stattgefunden haben sollen, wird im weiteren Disziplinarverfahren – insbesondere aufgrund von Einvernahmen der drei ehemaligen Wachsoldaten sowie des BF selbst– noch genauer zu prüfen und zu bewerten sein.

Der diesbezügliche Einwand des BF, wonach ihm innerhalb der 24 Stunden Wachdienst Ruhezeiten zustünden und es ihm selbst obliege, wie diese Ruhezeiten auszufüllen seien, ist nicht geeignet den Verdacht einer Pflichtverletzung der Anschuldigungspunkte 1. - 4. auszuräumen, sondern wird die diesbezügliche Verantwortung des BF, wie oben bereits ausgeführt, im weiteren Verfahren zu klären sein.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass aus der Begründung des Einleitungsbeschlusses bzw. der Beschwerdevorentscheidung hervorgeht, es handle sich – wie die Zeugen bei ihren niederschriftlichen Einvernahmen angegeben haben – um ein mehrmaliges Entfernen für längere Zeiträume (Stunden) aus dem Wachbereich in den Ruheraum. Mit den Ausführungen des BF, wonach er sich am 05.06.2019 und 06.06.2019 wie befohlen am Wachbereich aufgehalten habe, ist für ihn nichts gewonnen, zumal dies zwar vom Disziplinarvorgesetzten nicht bestritten wird, die bestehende Verdachtslage auf ein mehrmaliges Entfernen über Stunden mit einem – wenn auch mehrstündigen Aufenthalt des BF im Wachbereich – bei einem 24 Stunden dauernden Wachdienst nicht (gänzlich) ausgeräumt werden kann, wie bereits im angefochtenen Bescheid richtigerwiese ausgeführt.

Die belangte Behörde hat daher – entgegen des Vorbringens des BF die Wachdienstverletzung müsse im Konkreten zeitlich eingefasst werden, und könne nicht rudimentär auf den gesamten Wachdienst ausgedehnt werden – den Sachverhalt über die Verdachtslage zu den Anschuldigungspunkten 1.- 4. – hinreichend ermittelt und für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht damit unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden.

Der den angelasteten Dienstpflichtverletzungen zugrundeliegende Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus der Aktenlage (Disziplinaranzeige, sowie Nachtrag zur Disziplinaranzeige samt Beilagen), und konnte somit der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Der vorgeworfene Sachverhalt (Verdacht) ist insbesondere durch folgende Beweismittel substantiiert:

Insbesondere ergibt sich die Verdachtslage zu Punkt 1.-4-. aus den niederschriftlichen Einvernahmen der Wachsoldaten Gfr G vom 24.06.2019 sowie des Gfr H und des Gfr XXXX , jeweils vom 25.06.2019. Der Anschuldigungspunkt 5. stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen des Gfr G in seiner Einvernahme vom 24.06.2019.

Die Anschuldigungspunkte 6. und 7. ergeben sich ebenfalls aus den Einvernahmen der genannten Wachsoldaten, sowie aus der ergänzend durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme des Gfr D vom 11.05.2021. Diesbezüglich führt der BF auch selbst in seinem Beschwerdevorbringen aus, dass er den Gfr D gebeten habe, seine privaten Computer zu entsperren, was dieser am Morgen des 23.05.2019 getan hätte.

Bei all den belastenden Aussagen der bisher genannten Zeugen sowie teilweiser Einräumung des vorgeworfenen Sachverhaltes durch den BF selbst, werden auch entlastende Aussagen wie ua. des Vzlt XXXX in dessen niederschriftlichen Einvernahme vom 26.06.2019, wonach ein Wachsoldat gemäß Dienstanweisung auch andere Tätigkeiten zu verrichten habe (z.B. Kontrollgänge und Überprüfungen), nicht verkannt, jedoch kann allein aufgrund dieser Aussage die bereits bestehende Verdachtslage in den geschilderten Punkten nicht widerlegt werden.

Auch das Vorbringen des BF, wonach die Wachsoldaten eine Intrige gegen ihn führen würden, ändert nichts an der Verdachtslage, zumal dies auch vom Disziplinarvorgesetzten gewürdigt wurde, die Aussagen der Wachsoldaten (deren dienstliches Verhalten durchwegs positiv beschrieben wurde) jedoch geeignet sind, den Verdacht zu begründen und die im fortgesetzten Verfahren zu würdigen bzw. zu verifizieren sein werden.

Dass die „Dienstanweisung Wachdienst“ durch den Disziplinarvorgesetzten erst am 12.06.2019 genehmigt worden sei, wird sinngemäß auch von diesem selbst eingeräumt (schriftlicher Befehl am 05.06.2019). Dennoch besteht der Verdacht, dass der BF von dem bereits erlassenen mündlichen Befehl Kenntnis gehabt hätte und eine entsprechende Regelung bereits in den vorangegangenen Vorschriften normiert gewesen sei.

Den Ausführungen des BF, wonach dieser keine Gelegenheit gehabt hätte, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen, da er keine Akteneinsicht gewährt bekommen habe, ist Folgendes entgegenzuhalten: Der BF wurde am 19.06.2019 persönlich durch seinen Disziplinarvorgesetzten über die bis dahin bekannten Anschuldigungen befragt. Seit 21.06.2019 befindet er sich im Krankenstand. Daraufhin war für den 26. bzw. 27.06.2019 eine Akteneinsicht nach Abschluss der Ermittlungen geplant. Der BF nahm jedoch keinen der beiden Termine wahr und meldete sich auch nicht. In der Folge wurde am 01.07.2019 die dem Sachverhalt zu Grunde liegende Disziplinaranzeige erstattet. Bei einem Besuch des BF in der Kaserne während aufrechten Krankenstandes am 05.08.2019 beantragte der BF erneut Akteneinsicht. Obwohl der Disziplinarvorgesetzte des BF urlaubsbedingt nicht anwesend war, erklärte sich dieser bereit binnen 30 Minuten in die Kaserne zu kommen, um diese Akteneinsicht durchzuführen, was wiederum seitens des BF nicht angenommen wurde, zumal dieser die Kaserne vorzeitig verlassen hatte. In der Folge wurde ihm die Disziplinaranzeige vom zugestellt und in weiterer Folge nach Ermittlung des ergänzenden Sachverhaltes und vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung Parteiengehör gewährt, von welchem er auch Gebrauch machte. Da die belangte Behörde vor diesem Hintergrund die verfahrensrechtlichen Vorschriften im gesamten Verfahren eingehalten und dem BF ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme geboten hat, konnte keine Verletzung von Verfahrensvorschriften festgestellt werden.

Eine allfällige Verjährung gemäß § 3 HDG 2014 wurde weder vom BF geltend gemacht noch waren Hinweise darauf der Aktenlage zu entnehmen.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit des BVwG

Art. 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gem. Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gem. Art 102 Abs. 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 75 Abs. 1 HDG 2014 normiert über welche Beschwerden das BVwG durch einen Senat zu entscheiden hat. Beschwerden gegen einen Beschluss der Disziplinarkommission nach § 72 Abs. 2 HDG 2014 sind davon nicht umfasst. Die gegenständliche Angelegenheit ist daher durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Der für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung des Einleitungsbeschlusses entscheidungswesentliche Sachverhalt ist ausreichend erhoben. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und wird vom BVwG aus den o.a. Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 VwGVG). Ein Fall des Art. 6 EMRK liegt in diesem Verfahrensstadium noch nicht vor (vgl. im Übrigen auch VfSlg 16716/2002 mwH, wonach ein Einleitungsbeschluss keine Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" i.S.d Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK], BGBl. Nr. 210/1958 darstellt - für einen Verhandlungsbeschluss gilt sinngemäß das Gleiche u. VfGH 30.11.2004, B 94/04). Ein unionsrechtlicher Anknüpfungspunkt, der die Anwendung des Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, indizieren würde, liegt nicht vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der gegebenen Verdachtslage aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A)

2.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetztes 2014 (HDG 2014) BGBl. I Nr. 2/2014, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. I 16/2020, lauten:

„Pflichtverletzungen

§ 2. (1) Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen

1. Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder
[…]

„Verjährung

§ 3. (1) Ein Verdächtiger darf wegen einer Pflichtverletzung nur bestraft werden, wenn gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde

1.       innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, an dem die Pflichtverletzung einer für den Verdächtigen in Betracht kommenden Disziplinarbehörde zur Kenntnis gelangt ist, und

2.       innerhalb von drei Jahren seit Beendigung der Pflichtverletzung.

(2) Ein Beschuldigter darf wegen einer Pflichtverletzung nur innerhalb von drei Jahren nach Einleitung des Verfahrens bestraft werden. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Disziplinarverfahren als eingestellt.

(3) Hat der Sachverhalt, der einer Pflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und endet die strafrechtliche Verjährungsfrist nach den §§ 57 und 58 StGB für diesen Sachverhalt später als die Dreijahresfrist nach Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist. In diesen Fällen ist die Halbjahresfrist nach Abs. 1 Z 1 nicht anzuwenden.

(4) Der Lauf der Fristen nach den Abs. 1 bis 3 wird gehemmt

1.       für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht oder

2.       für den Zeitraum zwischen dem Erstatten der Strafanzeige durch den Disziplinarvorgesetzten oder durch die Bundesdisziplinarbehörde und dem Einlangen

a)       der Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder dessen Beendigung nach dem 11. Hauptstück der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631, oder

b)       der Mitteilung über die Beendigung des bei Gericht anhängigen Strafverfahrens beim Disziplinarvorgesetzten oder bei der Bundesdisziplinarbehörde oder

3.       für die Dauer eines Strafverfahrens nach der Strafprozessordnung 1975 oder

4.       in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,

a)       für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Personalvertretungsorgan oder
b)         für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde

oder

5.       für die Dauer eines beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Verfahrens betreffend Fällung einer Vorabentscheidung,

wenn der der Pflichtverletzung zugrunde liegende Sachverhalt in allen diesen Fällen Gegenstand einer solchen Anzeige oder eines solchen Verfahrens ist.“

„Einleitung des Verfahrens

§ 61. (1) Gelangt dem für den Verdächtigen zuständigen Disziplinarkommandanten der Verdacht einer Pflichtverletzung zur Kenntnis, so hat diese Behörde zunächst den Sachverhalt zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für das Kommandantenverfahren vor, so hat der zuständige Disziplinarkommandant, der von diesem Sachverhalt zuerst Kenntnis erlangt hat, das Verfahren durch eine erste Verfolgungshandlung gegen den Verdächtigen einzuleiten. Die erfolgte Einleitung ist dem Beschuldigten, sofern das Verfahren nicht unmittelbar nach dieser Verfolgungshandlung eingestellt wird, unter Angabe der näheren Umstände der zugrunde liegenden Pflichtverletzung unverzüglich formlos mitzuteilen.

[…]

Durchführung des ordentlichen Verfahrens

§ 62. (1) Dem Beschuldigten sind die Erhebungsergebnisse vorzuhalten. Eine mündliche Verhandlung ist durchzuführen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig oder zweckmäßig erscheint. Die Disziplinarbehörde darf aus ihrem Zuständigkeitsbereich erforderliche Hilfskräfte zu einer solchen Verhandlung beiziehen. Findet keine mündliche Verhandlung statt, so ist das Ermittlungsverfahren schriftlich durchzuführen.

(2) Liegen die Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren nicht vor, so hat der Einheitskommandant dem Disziplinarvorgesetzten Meldung zu erstatten. In diesem Falle hat der Disziplinarvorgesetzte
1.         das Disziplinarverfahren als ordentliches Verfahren durchzuführen oder
2.         die Disziplinaranzeige zu erstatten, wenn bei einem Soldaten, der dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehört, eine Geldstrafe oder die Entlassung oder die Unfähigkeit zur Beförderung oder die Degradierung erforderlich erscheint.

(3) Das Verfahren ist durch die Disziplinarkommandanten formlos einzustellen, wenn
1.         der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder
2.         die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt oder
3.         Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4.         die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.

Wurde einem Beschuldigten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bereits mitgeteilt, so ist ihm auch die formlose Einstellung des Verfahrens unter Hinweis auf den Einstellungsgrund nach Z 1 bis 4 mitzuteilen.

(4) Wird hinsichtlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Pflichtverletzung eine Disziplinaranzeige erstattet, so gilt das Verfahren ab dem Zeitpunkt der Erstattung dieser Anzeige als eingestellt. Dies gilt auch, wenn der Beschuldigte hinsichtlich einer solchen Pflichtverletzung die Einleitung eines Senatsverfahrens gegen sich selbst beantragt, ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieses Antrages beim Disziplinarvorgesetzten.

(5) Wird das Disziplinarverfahren nicht eingestellt, so ist ein Disziplinarerkenntnis zu fällen.“

„Einleitung des Verfahrens

§ 72. (1) Die Senatsvorsitzende oder der Senatsvorsitzende der Bundesdisziplinarbehörde hat die Disziplinaranzeige dem zuständigen Senat zur Entscheidung darüber zuzuweisen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Die hiefür notwendigen Erhebungen sind auf Verlangen des Senatsvorsitzenden vom Disziplinarvorgesetzten des Verdächtigen durchzuführen oder zu veranlassen.

(2) Ist nach Durchführung der notwendigen Erhebungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat der Senat
1.         einen Einleitungsbeschluss zu erlassen oder,
2.         sofern ein Einstellungsgrund nach § 62 Abs. 3 vorliegt, das Verfahren mit Beschluss einzustellen.

Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte im Einzelnen anzuführen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzuordnen […]“

Die hier maßgeblichen §§ 44 und 45 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979, BGBl. Nr.333/1979, idgF BGBl. I Nr. 136/2021) lauten auszugsweise:

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

[…]

Dienstpflichten des Vorgesetzten und des Dienststellenleiters

§ 45. (1) Der Vorgesetzte hat darauf zu achten, daß seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Mißstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht.

[…]

2.3. Im Zusammenhang mit einem nach dem Heeresdisziplinarrecht zu fassenden Einleitungsbeschluss im Senatsverfahren (vormals Kommissionsverfahren) hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

Zum HDG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Einleitungsbeschluss, welcher im Kommissionsverfahren als Einleitung des Verfahrens zu erlassen ist, zwar nicht die einzelnen Fakten in allen für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschreiben muss, aber es muss gegen den Beamten ein aus den konkreten Tatsachen abgeleiteter bestimmter Verdacht ausgesprochen werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen (Hinweis E vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243). Erst der Spruch des Disziplinarerkenntnisses stellt die letzte im Disziplinarverfahren erfolgende Konkretisierung der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe dar. Was für einen Einleitungsbeschluss gilt, kann als Richtlinie auch für die formlos zu erfolgende Einleitung eines Kommandantenverfahrens herangezogen werden (VwGH 16.10.2008, 2008/09/0050).

Da die Bestimmungen des HDG 1994 über den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - den vergleichbaren Bestimmungen des BDG 1979 im Wesentlichen entsprechen, bestehen keine Bedenken, die in dieser Hinsicht zum BDG 1979 ergangenen Grundsätze der Rechtsprechung auf das HDG 1994 zu übertragen, insbesondere auch hinsichtlich der Vorgangsweise, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Einleitungsbeschluss und Verhandlungsbeschluss gleichzeitig gefasst werden (Hinweis E 15.9.1994, 92/09/0382; VwGH 17.05.2000, 97/09/0373).

Im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen sich unter Bedachtnahme auf die Gleichartigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen im BDG 1979 und im HDG 2014 die vom ihm entwickelten Grundsätze seiner Rechtsprechung zum Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 auch auf im Senatsverfahren nach dem HDG 2014 ergangene Einleitungsbeschlüsse übertragen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

Da es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, muss die darin enthaltene rechtliche Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens noch keine abschließende sein (VwGH vom 31.01.2001, Zl. 2000/09/0144).

Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH vom 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).

Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 (Anm: fallbezogen gemäß § 62 Abs. 3 HDG 2014) stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

2.4. Zur Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das dem BF vorgeworfene Verhalten im Spruch örtlich und zeitlich festgelegt und auch angeführt worin sie die Pflichtverletzung erblickt bzw. in welche Richtung er sich vergangen habe und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Dass das Verlassen seines Wachbereiches (Anschuldigungspunkt 1.-4.), der Befehl als Vorgesetzter an einen „Mitarbeiter“, ihm widerrechtlich Verpflegung zu organisieren (Anschuldigungspunkt 5.), sowie die Einbringung und Verwendung privater EDV-Ausstattung und der Befehl an einen „Mitarbeiter“, Privatarbeiten an seinem PC durchzuführen (Anschuldigungspunkt 6. und 7.), jeweils geeignet ist gegen die Dienstpflichten des §§ 44 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 zu verstoßen und damit eine Pflichtverletzung nach § 2 Abs. 1 HDG 2014 begründet, ist unzweifelhaft.

Aufgrund des in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde dargestellten Sachverhaltes, kann in der Einleitung des Disziplinarverfahrens durch die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, da die angelasteten Äußerungen ohne Zweifel geeignet sind §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 BDG 1979 und einzelne Vorschriften zum Wachdienst sowie Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten (Erlass des BMLV „DVBH Wachdienst" und „Dienstanweisung Wachdienst“, Erlass des BMLV „Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten") zu verletzen. Ob und inwiefern das Verhalten des BF tatsächlich Dienstpflichtverletzungen darstellt, wird im weiteren Verfahren zu klären sein.

Wie bereits oben unter Punkt II.1. ausgeführt, kann den Ausführungen des BF im Beschwerdeverfahren, nicht gefolgt werden, da eine ausreichende Verdachtslage besteht und die diesbezügliche Verantwortung und das Vorbringen des BF im Disziplinarverfahren zu prüfen sein wird.

Die vom BF getätigten Ausführungen sind daher zusammengefasst nicht geeignet, den Verdacht der schuldhaften Begehung konkret umschriebener Dienstpflichtverletzungen auszuräumen. Der von der belangten Behörde verfügte Einleitungsbeschluss betreffend Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich ist daher zu Recht erfolgt.

Zusammengefasst liegen keine offenkundigen Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 62 Abs. 3 HDG 2014, sondern zu sämtlichen Spruchpunkten des mit Beschwerdevorentscheidung abgeänderten bekämpften Bescheides (Einleitungsbeschlusses) der begründete Verdacht einer Pflichtverletzung vor, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

Abwesenheit vom Dien
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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