Entscheidungsdatum
01.12.2021Norm
ASVG §67 Abs4Spruch
G308 2247404-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ, als Einzelrichterin über die mit Vorlageantrag vom 23.08.2021 vorgelegte Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Peter SIXT, vom 07.06.2021 gegen die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark, vom 04.08.2021, Zahl: XXXX :
A) Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark, zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.06.2020 wurde der Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin des Einzelunternehmens „ XXXX “ (nachfolgend: B.) die Bestimmung des § 67 Abs. 4 ASVG zur Kenntnis gebracht, wonach der Betriebsnachfolger für Beiträge hafte, die sein Vorgänger im Betrieb zu bezahlen gehabt hätte, unbeschadet der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB, für den Zeitraum von höchstens zwölf Monaten, vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet. Die Beschwerdeführerin habe den Betrieb des Einzelunternehmens B. am 13.07.2019 übernommen. Die Haftungsbestimmungen würden gemäß § 83 ASVG auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze gelten. Da die Beiträge bisher nicht bezahlt worden seien, werde die Beschwerdeführerin ersucht, den Rückstand auf dem Beitragskonto mit der Nummer XXXX in der Höhe von EUR 48.234,94 und weitere Verzugszinsen bis spätestens 24.07.2020 zu begleichen bzw. innerhalb dieser Frist alle Tatsachen vorzubringen, die ihrer Ansicht nach gegen die Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG sprechen würden. Unter einem wurde der Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit zur Stellungnahme und Beantwortung des dem Schreiben beiliegenden Fragebogens binnen 14 Tagen eingeräumt.
Dem Schreiben war ein mit 23.06.2020 datierter Fragebogen zur „Betriebsnachfolgehaftung“ sowie ein mit 23.06.2020 datierter Rückstandsausweis beigefügt.
Das Schreiben wurde der Beschwerdeführerin am 24.06.2020 nachweislich zugestellt.
2. Am 31.07.2020 erfolgte ein Telefonat des bevollmächtigten Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin mit der belangten Behörde. Im Zuge dessen wurde eine Fristverlängerung zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme bis 07.08.2020 gewährt.
3. Am 12.08.2020 (Datum des Poststempels 07.08.2020) langte eine mit 07.08.2020 datierte, schriftliche Stellungnahme des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde ein.
Darin wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin durch deren Gesellschafter-Geschäftsführerin XXXX (im Folgenden: L.B.) mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom 12.04.2019 gegründet und am 08.04.2019 in das Firmenbuch eingetragen worden sei. Auch wenn die Gesellschafter-Geschäftsführerin die Ehefrau des vormaligen Einzelunternehmers B. sei, sei es nicht zu einer Gesellschaftsgründung gekommen, um den Betrieb des B. zu übernehmen. L.B. habe selbst unternehmerisch tätig werden und sich ein eigenes wirtschaftliches Standbein aufbauen wollen. Der Umstand, dass sowohl das Einzelunternehmen als auch die Beschwerdeführerin den Sitz an derselben Adresse (gehabt) hätten, sei darauf zurückzuführen, dass dies auch der gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten B. und L.B. sei.
Von der Beschwerdeführerin würden zwar im Wesentlichen ähnliche Dienstleistungen angeboten, wie seinerzeit vom Einzelunternehmer B. Beide Unternehmen seien jedoch bis zur Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit des B. komplett getrennt und eigenständig voneinander geführt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich bereits mit Unternehmensgründung und Aufnahme ihrer Betriebstätigkeit eigene Betriebsmittel angeschafft. Es liege daher keine Betriebsidentität vor. Bei Schließung des Einzelunternehmens B. habe die Beschwerdeführerin dann einige Betriebsmittel übernommen. Der Ankauf der Betriebsmittel sei nach entsprechender Bewertung zu marktüblichen Preisen erfolgt, wobei es sich nicht um das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen des B. gehandelt habe. Die übrigen Betriebsmittel hätte B. anderweitig verkauft bzw. wären diese auch im Fremdeigentum gestanden.
Die Beschwerdeführerin habe bereits nach der Betriebsgründung eigene Mitarbeiter gehabt. Nach der Schließung des Einzelunternehmens B. seien sämtliche Mitarbeiter von B. gekündigt worden und einige hätten sich in der Folge bei der Beschwerdeführerin beworben und seien in der Folge bei dieser als Dienstnehmer angestellt worden.
Es sei weiters zu einer vollständigen Neugründung des Unternehmens gekommen, sodass auch vereinbart worden sei, keine Kunden von B. abzuwerben. Die Beschwerdeführerin habe sich daher einen vollständig neuen Kundenstock aufgebaut. Ob in der Folge nach der Schließung des Einzelunternehmens B. ehemaligen Kunden bei der Beschwerdeführerin Leistungen bestellt hätten, sei durchaus möglich, jedoch nicht auf die Übernahme des Kundenstockes zurückzuführen.
Eine Übernahme des Betriebes samt Mitarbeitern, Anlage- und Umlaufvermögen, Kundenstock und allfälliger Verbindlichkeiten sei zu keinem Zeitpunkt vereinbart worden und sei es auch tatsächlich nicht dazu gekommen.
Schließlich sei L.B. als Gesellschafter-Geschäftsführerin der GmbH nicht bewusst gewesen, dass das Unternehmen ihres Ehemannes B. mit Problemen zu kämpfen habe. Von den bestehenden Beitragsrückständen bei B. habe es seitens der belangten Behörde keine Information an die Beschwerdeführerin gegeben und habe diese davon erst mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.06.2020 erfahren.
B. sei darüber hinaus inzwischen insolvent. Es werde beantragt, das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin einzustellen.
4. Am 31.08.2020 erfolgte ein Telefonat der belangten Behörde mit dem Insolvenzverwalter des B.
5. Mit einem weiteren Schreiben der belangten Behörde vom 30.09.2020 an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass sich trotz der Stellungnahme vom 07.08.2020 nach weiteren Erhebungen die Überzeugung, dass eine Betriebsnachfolge stattgefunden habe, für die belangte Behörde erhärtet habe.
Bereits zum Gründungszeitpunkt der Beschwerdeführerin habe das Beitragskonto des B. einen Rückstand aufgewiesen. Eine im April 2019 eingeleitete GPLA sei am 05.07.2019 abgeschlossen und am Beitragskonto belastet worden. Seit 15.07.2019 sei. B. zudem bei der Beschwerdeführerin als Arbeiter beschäftigt. Betreffend die im September gegen B. eingeleitete Fahrnis- und Forderungsexekution habe die Beschwerdeführerin auch eine Drittschuldnererklärung abgegeben. Es sei daher unmöglich, dass die Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin von den finanziellen Gebarungen ihres Ehemannes B. nicht in Kenntnis gewesen sei.
Auch den Berichten des Insolvenzverwalters von B. sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin im zeitlichen Konnex zu der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit des B. gegründet worden sei. Eine „Verschiebung“ von Unternehmensgegenständen in die neue Gesellschaft sei angedeutet worden.
Weiters habe eine Dienstnehmerstromanalyse ergeben, dass 27 Dienstnehmer des B. zur Beschwerdeführerin gewechselt hätten. Deren Beschäftigungsverlauf zeige auch, dass bereits Dienstnehmer vom ursprünglichen Einzelunternehmen der L.B. zum Einzelunternehmen des B. und von dort zur Beschwerdeführerin gewechselt hätten.
Es werde ein weiters Mal um Begleichung des nunmehr offenen Beitragsrückstandes in Höhe von EUR 48.648,00 zuzüglich weiterer Verzugszinsen (mit Verweis auf die beiliegende Rückstandsaufstellung) bis 15.10.2020 ersucht, widrigenfalls der Haftungsbescheid aufgrund der bislang vorliegenden Ergebnisse erstellt werde.
Dem Schreiben war ein mit 28.09.2020 datierter Rückstandsausweise beigefügt. Es wurden jedoch weder die Berichte des Insolvenzverwalters noch die von der belangten Behörde herangezogene Dienstnehmerstromanalyse dem Beschwerdeführer bzw. seiner Rechtsvertretung zur Kenntnisnahme übermittelt.
Das Schreiben der belangten Behörde vom 30.09.2020 wurde dem Rechtsvertreter am 02.10.2020 nachweislich zugestellt.
6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.05.2021 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin der Einzelunternehmung B. der Österreichischen Gesundheitskasse gegenüber gemäß § 67 Abs. 4 ASVG in Verbindung § 83 ASVG für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto mit der Nummer 298.410-3 für den Betrag von EUR 49.595,85 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von derzeit 3,38 % p.a. aus EUR 46.309,49 hafte und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.
Die belangte Behörde traf in diesem Bescheid nachfolgende Feststellungen:
„Feststellungen
1. Die Einzelunternehmung XXXX schuldet der Österreichischen Gesundheitskasse Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für den Zeitraum von Jänner 2019 bis Juli 2019 sowie für eine GPLA für Dezember 2018 in der Höhe von insgesamt derzeit € 49.595,85. Die Beiträge fielen an, da die Primärschuldnerin Dienstnehmer in sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen beschäftigte und die Beiträge im Lohnsummenverfahren selbst einzubekennen hatte. Die Beiträge sind in der Rückstandsaufstellung näher aufgeschlüsselt, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildet.
2. Herr XXXX betrieb ein Unternehmen für Güterbeförderung an der Adresse XXXX . Das gegenständliche Beitragskonto wurde mit 12.07.2019 bei der ÖGK beendet. Seit 15.07.2019 ist Herr XXXX bei der GmbH als Arbeiter beschäftigt.
3. Die XXXX GmbH betreibt am selben Standort ein Transportgewerbe, wobei das Beitragskonto am 15.05.2019 bei der ÖGK angelegt wurde. Als selbstständig vertretungsbefugte, handelsrechtliche Geschäftsführerin ist Frau XXXX , Ehegattin des Herrn XXXX , im Firmenbuch eingetragen.
4. Innerhalb von einem Monat vor Beendigung des Beitragskontos des Herrn XXXX wechselten 23 der 33 Mitarbeiter direkt zur XXXX GmbH; vier weitere Mitarbeiter folgten kurz darauf.
5. Da es offensichtlich zu Verschiebung von Unternehmensgegenständen gekommen ist und die „Übernahme“ von Kunden nicht ausgeschlossen werden kann, ging der Betrieb der Einzelunternehmung XXXX spätestens mit 13.17.2019 [sic!, Anm.] auf die XXXX GmbH über.
6. Die XXXX GmbH wurde aufgefordert, am Haftungsprüfungsverfahren gemäß § 67 Abs. 4 ASVG mitzuwirken. Von der Betriebsnachfolgerin wurde eine Stellungnahme zum Vorhalt abgegeben, worin eine Betriebsübernahme bestritten wird.
7. Gem. § 67 Abs. 4 ASAVG iVm § 83 ASVG haftet der Betriebsnachfolger für die Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, für den Beitragszeitraum von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Betriebsüberganges zurückgerechnet.“
Beweiswürdigend wurde nur auf die „umfangreiche Aktenlage“, das „Ergebnis eigener Amtstätigkeit“ sowie auf das gegenständliche Beitragskonto bzw. die Rückstandsaufstellungen, die „Daten der Abteilung Meldung-Versicherung-Beitrag“, einen Firmenbuchauszug zu FN XXXX und die „Berichte des Insolvenzverwalters der Einzelunternehmung XXXX zum Schuldenregulierungsverfahren XXXX “ verwiesen.
In der rechtlichen Beurteilung wurde zusammengefasst darauf verwiesen, es wäre der Erwerb einer funktionsfähigen Einheit und daher derjenigen Betriebsmittel, durch die der Erwerber in die Lage versetzt wird, den Betrieb des Vorgängers fortzuführen, zentraler Gesichtspunkt der Betriebsnachfolge iSd § 67 Abs. 4 ASVG, wobei es unerheblich sei, ob die Fortführung tatsächlich erfolge. Es sei zum Betriebserwerb auch nicht erforderlich, dass alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erforderlich wären. Die Wesentlichkeit dieser Betriebsmittel richte sich nach den Umständen des Einzelfalles und hänge im Besonderen von Art und Gegenstand des Betriebes ab. Nur auf der Basis des Wissens um den Tätigkeitsbereich eines Betriebes könne beurteilt werden, ob im Erwerbszeitpunkt mit den erworbenen Betriebsmitteln die Fortführung dieses konkreten Betriebes möglich gewesen wäre.
Diese Voraussetzungen lägen gegenständlich vor, da sowohl das Einzelunternehmen der L.B., das Einzelunternehmen des B. und die Beschwerdeführerin im Bereich Güterbeförderung und am selben Sitz tätig geworden seien. Es seien insgesamt 27 Dienstnehmer des B. von der Beschwerdeführerin übernommen worden. Weiters schließe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 07.08.2020 selbst nicht aus, dass Kunden nach der Schließung des Einzelunternehmens des B. Aufträge auf die Beschwerdeführerin übertragen hätten und sei dieser Umstand durch die gleiche Adresse, die gleichen Dienstnehmer und die gleiche Tätigkeit absolut nachvollziehbar. Dass die Geschäftsführer-Gesellschafterin der Beschwerdeführerin nichts von dessen finanziellen Problemen gewusst haben will, werde als reine Schutzbehauptung gewertet.
Die Beschwerdeführerin habe den Betrieb des B. übernommen, da sie 27 der 33 beschäftigten Dienstnehmer und Aufträge der Betriebsvorgängerin übernommen habe. Der Betriebsübergang sei daher festzustellen gewesen.
Dem Bescheid war ein mit 06.05.2021 datierter Rückstandsausweis des gegenständlichen Beitragskontos beigefügt und wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 10.05.2021 nachweislich zugestellt.
7. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz des bevollmächtigten Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 07.06.2021, bei der belangten Behörde am 07.06.2021 einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufheben; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen.
Begründend wurde im Wesentlichen die Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, die unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die belangte Behörde setze sich nicht mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme auseinander. Sie habe der Beschwerdeführerin entgegen den Bestimmungen des AVG auch keine Möglichkeit eingeräumt, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens von den Ermittlungsergebnissen Kenntnis und Stellung zu nehmen bzw. ein solches vielmehr nicht oder mangelhaft durchgeführt. Es sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt, inwieweit überhaupt ein Ermittlungsverfahren geführt worden sei, zumal die Beschwerdeführerin keine Kenntnis von den in der Beweiswürdigung aufgezählten Quellen habe, da ihr diese nicht zur Einsicht vorgelegt worden seien. Die belangte Behörde habe somit auch das Recht auf Parteiengehör missachtet und liege kein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren vor.
Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vorgebracht, dass sie teils Betriebsmittel von B. zu marktüblichen Preisen angekauft habe, zwischen ihr und B. vereinbart gewesen sei, keinerlei Kunden abzuwerben, ein eigener Kundenstock aufgebaut worden sei, eigene Betriebsmittel angeschafft worden wären, das Einzelunternehmen nach Wissenstand der Geschäftsführer-Gesellschafterin der Beschwerdeführerin „positiv geführt“ worden sei und keinerlei Informationen über Betragsrückstände bei der belangten Behörde vorgelegen seien. Das Vorbringen sei von der belangten Behörde ohne weitere Ermittlungen über Überprüfungen als Schutzbehauptung gewertet worden. Insbesondere hätte die belangte Behörde jedoch die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin sowie den ehemaligen Einzelunternehmer B. einzuvernehmen gehabt. Auch werde im Bescheid unterstellt, es handle sich um das „übliche“ Vorgehen in der Familie B. und L.B. Auch wenn die belangte Behörde sich dabei auf eine – der Beschwerdeführerin nicht bekannten – Dienstnehmerstromanalyse beziehe, entbinde sie diese nicht von einem Ermittlungsverfahren. Es wären auch die Dienstnehmer einzuvernehmen und zu überprüfen gewesen, aus welchen Gründen ein Wechsel von einem Arbeitgeber zum anderen erfolgt sei.
Auch habe die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen dahingehend durchgeführt, konkret welche Betriebsmittel die Beschwerdeführerin von B. zu marktüblichen Preisen abgekauft habe und ob diese Betriebsmittel eine Betriebsführung ermöglicht hätten. Auch seien die Berichte des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren des B. dahingehend zu interpretieren, dass allfällige Anfechtungsmöglichkeiten sich nur aus Liegenschaftsübertragungen ergeben hätten, die aufgrund des angemessenen Sanierungsplanes jedoch nicht weiterverfolgt worden wären. Die Ausführungen in den „Feststellungen“ des angefochtenen Bescheides wären vage, nur mutmaßend und zusammengefasst unsubstanziiert.
Der „Beweiswürdigung“ seien keinerlei prüfbare und würdigende Ausführungen zu entnehmen. Insbesondere sei ein Hinweis auf die der Beschwerdeführerin nicht bekannte „eigene Amtstätigkeit“ nicht ausreichend.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben iSd § 60 AVG.
Bei Durchführung eines mangelfreien Ermittlungsverfahrens wäre feststellbar gewesen, dass die von B. erworbenen Betriebsmittel nicht ausgereicht hätten, um den Betrieb des B. durch die Beschwerdeführerin fortzuführen. Ebenso werde außer Acht gelassen, dass bei Dienstleistungsunternehmen, wie eben bei einem Transportunternehmen, eine wesentliche Betriebsgrundlage der Kundenstock sei. Ob und inwieweit überhaupt eine Übernahme von Kunden erfolgt sei, wenn die Beschwerdeführerin eine entsprechende Vereinbarung mit B. gehabt habe, dass eine Abwerbung nicht erfolgen dürfe, sei nicht geprüft worden.
8. Daraufhin erließ die belangte Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung vom 04.08.2020 unter Wiederholung des Spruches des ursprünglich angefochtenen Bescheides vom 06.05.2021 und wies die Beschwerde damit erkennbar ab.
Begründend wurden im Wesentlichen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid vom 06.05.2021 wiederholt und diese insofern ergänzt, als am 11.02.2020 zu näher genannter Geschäftszahl über B. ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei und dieses am 12.07.2021 mit einer Quote von 50 % gemäß § 152b IO beendet worden sei. Diese sei beim Rückstandsausweis bereits in Abzug gebracht worden. Die Beiträge seien in der Rückstandsaufstellung näher aufgeschlüsselt, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilde. In der Zeit von 17.05.2019 bis 04.07.2019 hätten 23 von 33 gemeldeten Dienstnehmern des B. direkt von dessen Einzelunternehmen zur Beschwerdeführerin gewechselt. Dazu wurde in der Folge eine Auflistung des Anmeldedatums und der Anzahl der Dienstnehmer (ohne konkretisierbare Namen) dargelegt. Vier weitere Dienstnehmer wären nach Abmeldung bei B. zwischenzeitlich bei anderen Dienstgebern oder dem AMS gemeldet gewesen, wären inzwischen aber ebenfalls Dienstnehmer der Beschwerdeführerin. Die Dienstnehmerstromanalyse sei der Beschwerdevorentscheidung beigelegt und würde einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden. Den Berichten des Insolvenzverwalters sei zu entnehmen, dass es zu Verschiebungen von Unternehmensgegenständen zwischen B. und der Beschwerdeführerin gekommen sei. Der Wert der Gegenstände werde mit EUR 28.400,00 beziffert. Da die 23 Dienstnehmer nicht mit einem einheitlichen Datum zur Beschwerdeführerin gewechselt seien, sei der Übergang des Betriebes mit dem Tag nach der Beendigung des Beitragskontos des B., dem 13.07.2019, festgesetzt worden. Neben dem Schreiben der belangten Behörde vom 23.06.2020 sei der Beschwerdeführerin nach Einlangen ihrer Stellungnahme vom 07.08.2020 mit Schreiben der belangten Behörde vom 30.09.2020 über den Stand des Ermittlungsverfahrens informiert, zu ihren Ausführungen vom 07.08.2020 Stellung genommen und ihr die Möglichkeit zu einer weiteren Äußerung eingeräumt worden. Da weder eine Zahlung noch eine weitere Stellungnahme erfolgt sei, sei der bekämpfte Bescheid vom 06.05.2021 erlassen worden.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begrenzt sich abermals auf die Aufzählung von teils aktenkundigen, teils nicht aktenkundigen Beweismitteln sowie schlussendlich die „eigene Amtstätigkeit“.
In der rechtlichen Beurteilung wurde disloziert beweiswürdigend ausgeführt, es läge schon aufgrund der Mitteilung der Ermittlungsergebnisse im Schreiben vom 30.09.2020 kein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor. Den Ausführungen des Insolvenzverwalters sei jedenfalls zu folgen, wenn dieser davon ausgehe, dass es zu Verschiebungen von Gegenständen gekommen sei. Zusätzlich zum Studium seiner Berichte hätten auch Telefonate mit dem Insolvenzverwalter stattgefunden. Weitere Erhebungen seien nicht notwendig gewesen, da die erhaltenen Informationen die bereits durchgeführten Erhebungen zur Betriebsnachfolge nur abgerundet hätten. Eine weitere Befragung der Dienstnehmer sei nicht erforderlich gewesen, da die Dienstnehmerstromanalyse für sich spreche.
Rechtlich wurde sodann noch ausgeführt, dass durch den Übergang von 23 bzw. später 27 Dienstnehmern an derselben Betriebsadresse im Transportgewerbe und den Übergang von Fahrnissen im Wert von EUR 28.400,00 die Betriebsfortführung erst möglich gemacht habe. Es sei daher die Haftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG festzustellen gewesen.
Der Beschwerdevorentscheidung war eine Rückstandsaufstellung sowie die Dienstnehmerstromanalyse beigelegt und wurde der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin nachweislich am 06.08.2021 zugestellt.
9. Mit am 23.08.2021 (Datum des Poststempels nicht aktenkundig) bei der belangten Behörde einlangenden Schriftsatz der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 18.08.2021 wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ohne weitere Begründung beantragt.
10. Der gegenständliche Vorlageantrag wurde samt Beschwerde und maßgeblichem Verwaltungsakt von der belangten Behörde am 15.10.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Im Vorlagebericht der belangten Behörde vom 13.10.2021 wurde im Wesentlichen nur die Verfahrenschronologie ein weiteres Mal dargelegt und zudem ausgeführt, der Vorlageantrag sei rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebracht worden. Es werde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde abweisen.
11. Die belangte Behörde hat abgesehen davon, dass ohne weitere Begründung oder entsprechende Beweismittel festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin, wie zuvor auch B. als Einzelunternehmer, ein Transportunternehmen führen würde bzw. im Bereich „Güterverkehr“ tätig wäre, keinerlei näheren Ermittlungen oder Feststellungen zur konkreten und tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit des Einzelunternehmens B. und auch nicht der Beschwerdeführerin getroffen.
Weiters hat die belangte Behörde auch keine Ermittlungen dazu getroffen,
- welche Betriebsmittel für die Unternehmen basierend auf der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Geschäftstätigkeit jeweils als wesentlich anzusehen sind,
- konkret welche Betriebsmittel die Beschwerdeführerin selbst angeschafft hat (und zu welchem Preis),
- welche Betriebsmittel vom Einzelunternehmen B. zu konkret welchem Preis und Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin aufgrund welches Rechtsgeschäftes (wie etwa Kauf, Eintritt in einen vorhandenen Miet- oder Leasingvertrag etc.) übernommen wurden (arg: „Eine Verschiebung von Unternehmensgegenständen in die neue Gesellschaft“),
- welche der Betriebsmittel allenfalls schon beim Einzelunternehmen B. in Fremdeigentum standen und aufgrund welcher vertraglichen Ausgestaltung (Leasing, Miete, Pacht etc.),
- ob eine vertragliche Vereinbarung zwischen B. und der Beschwerdeführerin betreffend den Kundenstock des B. („Verzicht der Übernahme“) bestand und wenn ja, welche Vereinbarung konkret getroffen wurde; dies im Hinblick darauf, ob eine Weiterbetreuung bestehender Kunden tatsächlich ausgeschlossen wurde oder unter welchen konkreten Gegebenheiten möglich gewesen ist;
- ob die nach Ansicht der belangten Behörde von der Beschwerdeführerin von B. übernommenen Dienstnehmer über besondere Kenntnisse, Fertigkeiten oder Ausbildungen verfügen, die sie im Unternehmen schwer ersetzbar machen bzw. die Fortführung des Unternehmens erst ermöglichen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. getroffenen Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Der für die Zurückverweisung relevante Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien grundsätzlich nicht beanstandeten Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zurückverweisung
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit. nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (und in weiterer Folge auch mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa, weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zum Verhältnis zwischen Ausgangsbescheid und Beschwerdevorentscheidung derogiert die Beschwerdevorentscheidung dem Ausgangsbescheid. Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nämlich (nur) darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss, bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht; durch das Verwaltungsgericht im Sinn des § 14 Abs. 1 VwGVG aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann freilich nur die – außer Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde – an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH vom 09.09.2019, Ro 2016/08/0009, mwN). Will das Verwaltungsgericht die Sache an die Verwaltungsbehörde zurückverweisen, so ist die in der Sache ergangene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz oder Abs. 4 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen (vgl. VwGH vom 25.05.2021, Ra 2020/08/0046, mit Verweis auf VwGH vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mit weiteren Hinweisen und näheren Ausführungen zu den Entscheidungsmöglichkeiten des Verwaltungsgerichtes).
Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2017, Ra 2015/11/0089 betonte dieser weiters das Interesse der Rechtsunterworfenen an einer raschen Entscheidung und führte dazu aus, dass es nicht zu erkennen sei, weshalb es nicht im Interesse der Raschheit gelegen sein sollte, wenn das Verwaltungsgericht – ausgehend freilich von einer zutreffenden Beurteilung der entscheidenden Rechtsfrage – selbst die notwendige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens veranlasst und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellt.
Gemäß § 37 AVG iVm § 17 VwGVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Die "Feststellung" des maßgebenden Sachverhaltes erstreckt sich auf die Ermittlung aller unter diesem Gesichtspunkt in Betracht kommenden Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise (VwGH 21.12.1978, 1240/77; VwSlg 13.635 A/1992; VwGH 20.10.1992, Zl. 91/08/0096). Die Sachverhaltsfeststellung durch ein ordnungsgemäß (vgl. §§ 39 bis 55 AVG) durchgeführtes Ermittlungsverfahren ist unerlässliche Voraussetzung für die mängelfreie Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit (vgl. VwGH 01.07.1993, Zl. 93/09/0051), und zwar auch und gerade dann, wenn die Entscheidung im Ermessen der Behörde steht. Diesfalls ist der Sachverhalt in allen jenen Punkten zu klären (und in der Begründung darzulegen [§ 60 AVG]), auf welche die Behörde bei ihrer Ermessensausübung iSd Gesetzes Bedacht zu nehmen hat (vgl. VwSlg 82 A/1947; VwGH 28.03.1963, 2063/61; VwSlg 7932 A/1970; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 37 Rz 4).
Die Behörde kann ohne weiteres das Beweis- und Erhebungsmaterial anderer Verfahren zu Beweiszwecken heranziehen, ohne neuerlich ein Ermittlungsverfahren durchführen zu müssen, allerdings unter Wahrung des Parteiengehörs im Sinn der §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG (vgl. VwGH vom 28.02.2017, Ro 2014/06/027, RS 1, mit Verweis auf Hinweis VwGH vom 26.09.2009, 2008/04/0117).
Wenn der Aufnahme eines unmittelbaren Beweises kein tatsächliches Hindernis entgegensteht, darf sich die Behörde/das VwG nicht mit einem mittelbaren Beweis zufrieden geben. Unmittelbarkeit im Hinblick auf die Aussage eines Zeugen bedeutet die Einvernahme vor der/m erkennenden Behörde/VwG (VwGH vom 30.01.2019, Ra 2018/03/0131, RS 9; mit Verweis auf VwGH 31.01.2014, 2013/02/0227).
Daneben dient das Ermittlungsverfahren gemäß § 37 AVG aber auch dazu, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Das Recht auf Parteiengehör bezieht sich auf den von der Behörde gemäß § 37 AVG festzustellenden maßgebenden Sachverhalt und stellt einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Den Parteien ist daher gemäß § 37 iVm § 45 Abs. 3 AVG das bisherige Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vorzuhalten, das sind insbesondere all jene rechtserheblichen Tatsachen, die das zuständige Organ als erwiesen erachtet (vgl. VwGH 08.04.2014, Zl. 2012/05/0004; 29.01.2014, Zl. 2012/08/0283 mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45 Rz 23 ff).
Das Recht auf Parteiengehör bezieht sich auf den von der Behörde festzustellenden maßgebenden Sachverhalt. Die Beweiswürdigung iSd § 45 Abs. 2 AVG, also die Frage, aus welchen Gründen die Behörde welchen Beweismitteln zu folgen gedenkt, zählt aber nicht zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens. Die Behörde ist auch nicht gehalten, die Partei zu der von ihr vertretenen Rechtsansicht anzuhören, ihr also mitzuteilen, welche Vorgangsweise sie in rechtlicher Hinsicht auf Grund des als maßgeblich festgestellten Sachverhaltes ins Auge fasst (VwGH vom 04.03.2019, Ra 2018/14/0273, RS 1).
Der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde dürfen daher nur jene – der Partei bekannt gemachten (Rz 27) – Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Partei auch äußern konnte (AB 1925, 16; VwGH 16.01.1992, 91/09/0177; 18.10.2001, 2000/07/0003; 22.01.2003, 2002/08/0034). Das betrifft nicht nur, wie in § 45 Abs. 3 AVG ausdrücklich vorgesehen, das Recht, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung nehmen, also sich zum Beweiswert einzelner Beweismittel zu äußern (VwGH 18.01.1971, 1180/70; 18.10.2001, 2000/07/0003). (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 30 (Stand 01.07.2005, rdb.at)).
In welcher Form die Behörde der Partei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in concreto zur Kenntnis bringen und Gelegenheit zur Stellungnahme dazu geben kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, dass die Partei dadurch in die Lage versetzt wird, ihre Rechte geltend zu machen (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090), dass also die gewählte Form den genannten allgemeinen Voraussetzungen (Rz 32f) entspricht. Dem in § 45 Abs. 3 AVG verankerten Recht der Partei auf Gehör kann daher beispielsweise durch die Aufforderung zur Akteneinsicht Genüge getan werden (VwSlg 1287 A/1950; 4557 A/1958; VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Dies setzt aber voraus, dass aus der Aufforderung für die Partei erkennbar ist, dass ihr damit Gelegenheit gegeben werden soll, von durchgeführten Beweisaufnahmen Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, und ihr andererseits auch die Möglichkeit der Überlegung und einer entsprechenden Formulierung ihrer Stellungnahmen geboten wird (VwGH 12.04.1983, 82/11/0252; 17.02.1992, 90/10/0169). Von einer solchen ausdrücklichen Aufforderung ist aber die bloße Möglichkeit jeder Partei, Akteneinsicht zu nehmen, zu unterscheiden. Das bedeutet, dass die Verletzung des Parteiengehörs, das von Amts wegen zu gewähren ist, durch die bloße Nichtgebrauchnahme vom Recht auf Akteneinsicht nicht heilen kann (VwGH 27.04.1995, 95/11/0041; 23.12.1999, 99/06/0066; siehe auch § 17 Rz 6; vgl. aber auch VwGH 20.07.2001, 99/02/0259). (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 34 (Stand 01.07.2005, rdb.at)).
In der Begründung des Bescheides sind grundsätzlich die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186, Slg. Nr. 13.520/A; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029). Zu einer lückenlosen Begründung gehört nicht nur die Feststellung des Sachverhalts, sondern auch die Anführung der Beweismittel (im Einzelnen), auf die die Feststellungen gegründet werden (vgl. VwGH 28.03.2007, Zl. 2006/12/0115).
3.2.2. Für den gegenständlichen Fall relevante Rechtsgrundlagen und Judikatur:
Der mit „Haftung für Beitragsschuldigkeiten“ betitelte § 67 ASVG idgF BGBl. I Nr. 86/2013 lautet auszugsweise:
„[…]
(4) Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 38 des Unternehmensgesetzbuches (UGB), dRGBl. S. 219/1897, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.
(5) Abs. 4 gilt nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Insolvenzmasse oder im Wege der Überwachung der SchuldnerInnen durch TreuhänderInnen der GläubigerInnen.
(6) Geht der Betrieb auf
1. einen Angehörigen des Betriebsvorgängers gemäß Abs. 7,
2. eine am Betrieb des Vorgängers wesentlich beteiligte Person gemäß Abs. 8 oder
3. eine Person mit wesentlichem Einfluß auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers (zB Geschäftsführer, leitender Angestellter, Prokurist) über, so haftet dieser Betriebsnachfolger ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft wie ein Erwerber gemäß Abs. 4, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb des Vorgängers nicht kennen konnte.
(7) Angehörige gemäß Abs. 6 Z 1 sind:
1. der Ehegatte/die Ehegattin oder der/die eingetragene PartnerIn;
[…]“
Als „Betriebsnachfolger“ gemäß § 67 Abs. 4 (unter dem Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) ist jene Person zu verstehen, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) aufgrund eines Veräußerungsgeschäfts (von mehreren, allenfalls auch aufeinanderfolgenden Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben hat; die bloße Bestandnahme eines Betriebs (eines Teilbetriebs) begründet daher keine Haftung nach dieser Gesetzesstelle (VwGH 95/08/0348, ZfVB 1999/612 = SVSlg 45.012). Wesentlich ist der rechtsgeschäftliche Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 45 (Stand 01.01.2020, rdb.at)).
Zum Betrieb zählen nicht nur körperliche Wirtschaftsgüter und Arbeitskräfte, sondern auch die vorhandenen Geschäftsbeziehungen (Bezugsquellen usw.) sowie geschäftliche Chancen (Erfahrung, Kundenkreis, Absatzgelegenheit usw. – VwGH 1194/74, VwSlg 8790 A). Zum Betriebserwerb ist es aber nicht erforderlich, dass alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben werden; es genügt vielmehr der Erwerb jener Betriebsmittel, die die (nach Betriebsart und Betriebsgegenstand) wesentliche Grundlage des Betriebs des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebs darstellenden Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird, und ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleibt (VwGH 96/08/0047, SVSlg 42.166 = SVSlg 45.009 = ARD 4812/10/97). Die Möglichkeit der Fortführung eines Betriebs ist unabhängig von den im Zeitpunkt des Erwerbs gegebenen Gewinnchancen oder Verlustgefahren; es kommt vielmehr darauf an, ob mit dem übernommenen Betriebsgegenständen wirtschaftlich werthafte Leistungen ermöglicht waren (so schon VwGH 82/08/0021, VwSlg 11.241 A und 86/08/0217, ZfVB 1988/1931) (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 46 ff (Stand 01.01.2020, rdb.at)).
Der Erwerbsvorgang gemäß § 67 Abs. 4 muss sich auf einen lebenden bzw. lebensfähigen (aktivierbaren oder reaktivierbaren) Betrieb (Unternehmen), dh auf eine organisierte Erwerbsgelegenheit als Objekt im Rechtsverkehr, in der die durch die Betriebsart und der Betriebsgegenstand bestimmten personellen, sachlichen und ideellen Werte (Betriebsmittel) zusammengefasst sind, beziehen. Der Erwerb bloßer (nicht zur Organisationseinheit Betrieb aktivierbarer oder reaktivierbarer) Betriebsmittel genügt nicht (VwGH 94/08/0187, SVSlg 42.149 = ARD 4778/8/96). Zentraler Gesichtspunkt der Betriebsnachfolge iSd § 67 Abs. 4 ist – nicht anders als etwa in den Fällen des § 14 BAO – der Erwerb einer funktionsfähigen Einheit und daher derjenigen Betriebsmittel, durch die der Erwerber in die Lage versetzt wird, den Betrieb fortzuführen, wobei unerheblich ist, ob auch tatsächlich eine solche Fortführung erfolgt (stRsp vgl. verstärkter Senat VwGH 82/08/0021, VwSlg 11.241 A; zuletzt VwGH 2012/08/0208 und 2009/08/0223, jusIT 2012/109, 230 [Löschnigg] = ARD 6263/3/2012). Welche Betriebsmittel idS wesentlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und hängt im Besonderen von Art und Gegenstand des Betriebs ab (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 52 f (Stand 01.01.2020, rdb.at)).
Die Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsnachfolge stattgefunden hat, setzt ausreichende Feststellungen über die tatsächliche Tätigkeit eines Betriebes vor dem Erwerb voraus (VwGH 2007/08/0039, VwSlG 17.735 A = ZfVB 2010/468). Der Umfang der nach dem Erwerb hinzugekommenen oder entfernten Betriebseinrichtungen oder eine nachfolgende Änderung des Betriebszwecks hat auf die Haftung keinen Einfluss mehr (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 61 (Stand 01.01.2020, rdb.at)).
Der sozialversicherungsrechtliche Senat des VwGH stützt sich bei der Beurteilung der Betriebstypen und der Bedeutung von Betriebsmitteln auf Judikatur und Literatur zu § 14 BAO (vgl. Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG Kommentar9 (2018) § 67 Rz 43 mit Verweis auf VwGH 95/08/0248).
Arbeitskräfte gehören grundsätzlich nur dann zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebes, wenn es sich um besonders befähigte Beschäftigte, um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche Fachleute oder um Leitpersonal handelt (vgl. Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG Kommentar9 (2018) § 67 Rz 43 mit Verweis auf VwGH 95/08/0248, 2009/08/0223).
Als wesentliche Grundlage eines Transportunternehmens ist der Fuhrpark anzusehen, der dem Betriebsübernehmer die Fortführung des Betriebes ermöglicht, sofern er daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht durch ein entsprechendes Übereignungsgeschäft erlangt (vgl. VwGH vom 24.10.2000, 2000/14/0091, mit Verweis auf VwGH vom 20.06.1995, 93/13/0088; VwGH vom 03.08.2000, 98/15/0102; vom 30.09.1999, 97/15/0016).
Der Kundenstock ist bei Dienstleistungsunternehmen als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Anzahl der vom Betriebsnachfolger "mitgenommenen Kunden" an, sondern darauf, ob bei Fortführung des veräußerten Betriebs die Kunden weiter hätten betreut werden können (vgl. VwGH vom 28.03.2012, 2009/08/0223, mit Verweis auf VwGH vom 29.03.2006, Zl. 2004/08/0122).
3.2.3. Im Vorliegenden Fall liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht des Bundesverwaltungsgerichtes führen, aus nachfolgenden Gründen nicht vor:
Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall schon von unzutreffenden Prämissen bezogen auf die grundsätzlichen rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer – zur Beurteilung einer allenfalls vorliegenden Haftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG – erfolgten Betriebsübernahme der Beschwerdeführerin vom Einzelunternehmen des B. ausgegangen ist.
Die belangte Behörde geht im gegenständlichen Fall, in welchem sie (unsubstanziiert und ohne nachvollziehbarer Erhebungen oder Beweismittel) feststellte, dass B. als Einzelunternehmer ein Transportunternehmen betrieben habe bzw. in der Güterbeförderung tätig gewesen sei, davon aus, dass das wesentliche Betriebsmittel im gegenständlichen Fall die Mitarbeiter des B. sind, die zum Großteil in weiterer Folge bei der Beschwerdeführerin angestellt wurden.
Wie sich aus der unter Punkt 3.2.2. dargelegten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ergibt, ist das wesentliche Betriebsmittel eines Transportunternehmens dessen Fuhrpark, das wesentliche Betriebsmittel eines Dienstleistungsunternehmens (unter anderem) der Kundenstock. Auf die Arbeitnehmer kommt es hingegen nur an, wenn es sich um besonders befähigte Beschäftigte, um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche Fachleute oder um Leitpersonal handelt.
Die belangte Behörde hat bezogen auf die Übernahme der Beschwerdeführerin von Betriebsmitteln des B. lediglich mit dem Insolvenzverwalter des B. ein Telefonat geführt (siehe Aktenvermerk vom 31.08.2020) und die drei Berichte des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren bzw. Schuldenregulierungsverfahren des B. vom 14.02.2020, vom 15.05.2020, vom 13.08.2020 sowie die Stellungnahme zum Sanierungsplanantrag vom 30.03.2021 eingeholt.
Dabei wird im Bericht des Insolvenzverwalters vom 14.02.2020 lediglich ausgeführt, dass das Unternehmen der Beschwerdeführerin im zeitlichen Konnex zur Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit des B. gegründet worden sei und der Insolvenzverwalter allfällige Vermögensverschiebungen zu prüfen habe. Im Bericht des Insolvenzverwalters vom 15.05.2020 wird diesbezüglich nur ausgeführt es sei „offensichtlich“ zu „Verschiebungen von Unternehmensgegenständen in die neue Gesellschaft“ gekommen und scheine eine Anfechtbarkeit jedenfalls als gegeben.
Im dritten Bericht des Insolvenzverwalters wurde kein Bezug auf die gegenständlich relevante Problematik einer allfälligen Betriebsübernahme des B. durch die Beschwerdeführerin genommen. Erst in der Stellungnahme zum Sanierungsplanantrag vom 30.03.2021 wird vom Insolvenzverwalter ausgeführt, anfechtungsrelevant sei noch der Kaufpreis in Höhe von EUR 28.400,00, den B. (Schuldner) für die Übertragung von „verschiedenen Fahrnissen“ von der Beschwerdeführerin erhalten habe.
Es ergibt sich aus diesen Berichten weder, um konkret welche „Fahrnisse“ es sich handelt, noch um welchen Wert diese jeweils erworben wurden. Es ist basierend auf diesem Ermittlungsergebnis der belangten Behörde nicht ansatzweise möglich, eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob es sich bei den „verschiedenen Fahrnissen“ im Gesamtwert von EUR 28.400,00 um wesentliche Betriebsmittel des B. gehandelt hat.
Zum Kundenstock des B. bzw. der allfällig (faktisch oder rechtlich) möglichen Weiterbetreuung des Kundenstockes durch die Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde überhaupt keine Ermittlungen durchgeführt und im Ausgangsbescheid vom 06.05.2021 diesbezüglich nur in der rechtlichen Beurteilung disloziert festgehalten, dass selbst die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 07.08.2020 nicht gänzlich ausgeschlossen habe, dass Kunden des B. nach der Schließung seines Unternehmens Aufträge an die Beschwerdeführerin übertragen hätten. In der Beschwerdevorentscheidung wird dazu überhaupt keine Feststellung getroffen.
Die belangte Behörde erblickt im gegenständlichen Fall die Dienstnehmer des B. als dessen wesentliche Betriebsmittel, hat jedoch auch diesbezüglich – abgesehen von der sogenannten „Dienstnehmerstromanalyse“ – auch keine weiteren Ermittlungen durchgeführt. Die belangte Behörde hat es insbesondere unterlassen festzustellen, ob es sich bei diesen im Sinne der oben dargelegten Judikatur um besonders befähigte Beschäftigte, um hochspezialisierte, für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrliche Fachleute oder um Leitpersonal handelt.
Ausgehend von der soeben dargelegten – insgesamt unzutreffenden – Rechtsansicht der belangten Behörde, hat diese im gegenständlichen Fall auch den zugrundeliegenden, maßgeblichen Sachverhalt mangelhaft ermittelt, indem die belangte Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterließ bzw. nur völlig ungeeignete Ermittlungsschritte setzte bzw. auch nur ansatzweise ermittelt.
Basierend darauf sind auch die Feststellungen bzw. die beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde in diese – gegenständlich relevanten – Punkten nicht nachvollziehbar.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch das Recht der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör verletzt:
Die von der belangten Behörde immer wieder herangezogene „Dienstnehmerstromanalyse“ wurde der Beschwerdeführerin erstmals als Beilage zur Beschwerdevorentscheidung, die laut Begründung der Beschwerdevorentscheidung einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden soll, übermittelt. Darauf, dass der Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde herangezogenen Berichte des Insolvenzverwalters jemals im gegenständlichen Verfahren übermittelt worden wären, findet sich im vorliegenden Verwaltungsakt überhaupt kein Hinweis.
Wenn die belangte Behörde zudem darauf verweist, der Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 30.09.2020 das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt worden, so ergeben sich aus diesem Schreiben eine Zusammenfassung des – nach Ansicht der belangten Behörde vorliegenden Sachverhalts – und der entsprechenden rechtlichen Beurteilung. Das Schreiben bietet lediglich selektiv von der belangten Behörde ausgewählte und in stark komprimierter Form dargestellte Informationen, deren Nachprüfbarkeit der Beschwerdeführerin somit verwehrt wurde.
Es fehlt auch ein Hinweis im Schreiben vom 30.09.2020, dass die Beschwerdeführerin ihr Recht auf Parteiengehör bezüglich der von der belangten Behörde zitierten Beweismittel durch Akteneinsicht bei der belangten Behörde wahrzunehmen habe. Wenn die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung auch darauf verweist, dass Fragen der Beschwerdeführerin zum Schreiben vom 30.09.2020 oder einem Wunsch nach Einsichtnahme in die Dienstnehmerstromanalyse selbstverständlich nachgekommen worden wäre, kann sie damit nicht die Verletzung des Rechts auf Parteiengehör sanieren.
Aus dem aktenkundigen Schreiben vom 30.09.2020 ergibt sich nach Zusammenfassung der – von der belangten Behörde als relevant erachteten – Sachverhaltselemente bzw. Ermittlungsergebnisse ferner nur, dass seitens der belangten Behörde nochmals um Bezahlung des aushaftenden Beitragsrückstandes laut Rückstandsausweis bis 15.10.2020 ersucht werde, widrigenfalls ein Haftungsbescheid aufgrund der bislang vorliegenden Ermittlungsergebnisse erlassen werde. Dem Schreiben ist weder die Einladung zu einer Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs noch die Möglichkeit bzw. Aufforderung zur Übermittlung von Beweismitteln oder Unterlagen durch die Beschwerdeführerin enthalten. Die diesbezügliche Argumentation der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung geht somit ebenfalls ins Leere.
Die belangte Behörde hat es daher im angefochtenen Bescheid diesbezüglich unterlassen, in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise hinreichend ihre Gründe darzutun, woraus sich die Feststellung der Nachverrechnungsbeträge ergibt. Im gegenständlichen Fall ist der Bescheid der belangten Behörde und das, diesem zugrunde liegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen in wesentlichen Punkten bzw. deren Nachweis in der Bescheidbegründung im Ergebnis somit als mangelhaft zu bewerten.
Im gegenständlichen Fall ist eine ausreichende Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung und daraus resultierende Begründung ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Dem Bundesverwaltungsgericht ist daher eine diesbezüglich nachfolgende Überprüfung verwehrt. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst ist nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden.
Wenn man vom prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte ausgeht, würde dies konkret bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Erhebungen im konkreten Fall, welche grundsätzlich bereits von der belangten Behörde durchzuführen gewesen wären, selbst zu tätigen hätte. Dies hat dann durch das Verwaltungsgericht zu erfolgen, wenn der Sachverhalt noch ergänzungsbedürftig ist und eine eigene Sachverhaltsermittlung die raschere Verfahrenserledigung erlaubt oder wenn sie erheblich zur Kostenersparnis beiträgt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG Anm 8).
Davon kann hier nicht gesprochen werden. Zum einen handelt es sich im verfahrensgegenständlichen Fall nicht um bloße Ergänzungen des Sachverhalts, da grundlegende Feststellungen und Unterlagen zum Verfahren fehlen. Zum anderen ist es, angesichts der personellen und fachlichen Ressourcen der belangten Behörde eindeutig im Interesse der Raschheit gelegen, wenn diese Erhebungen von der belangten Behörde durchgeführt werden.
Im vorliegenden Fall würde somit eine meritorische Entscheidung nach Durchführung der erforderlichen geeigneten Ermittlungsschritte durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, sofern überhaupt möglich, keinesfalls zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen.
Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich daher in wesentlichen Punkten als grob mangelhaft, weswegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vorliegen.
3.2.4. Im gegenständlichen Fall wird die belangte Behörde zu ermitteln haben,
- welche konkrete Tätigkeit B. mit seinem Einzelunternehmen ausgeübt hat und deren tatsächliche Ausgestaltung,
- welche Betriebsmittel für die Unternehmen basierend auf der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Geschäftstätigkeit jeweils als wesentlich anzusehen sind,
- konkret welche Betriebsmittel die Beschwerdeführerin selbst angeschafft hat (und zu welchem Preis),
- konkret welche Betriebsmittel vom Einzelunternehmen B. zu konkret welchem Preis und Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin aufgrund welches Rechtsgeschäftes (wie etwa Kauf, Eintritt in einen vorhandenen Miet- oder Leasingvertrag etc.) übernommen wurden (arg: „Eine Verschiebung von Unternehmensgegenständen in die neue Gesellschaft“),
- welche der Betriebsmittel allenfalls schon beim Einzelunternehmen B. in Fremdeigentum standen und aufgrund welcher vertraglichen Ausgestaltung (Leasing, Miete, Pacht etc.),
- ob eine vertragliche Vereinbarung zwischen B. und der Beschwerdeführerin betreffend den Kundenstock des B. („Verzicht der Übernahme“) bestand und wenn ja, welche Vereinbarung konkret getroffen wurde; dies im Hinblick darauf, ob eine Weiterbetreuung bestehender Kunden tatsächlich ausgeschlossen wurde oder unter welchen konkreten Gegebenheiten möglich gewesen ist;
- ob die nach Ansicht der belangten Behörde von der Beschwerdeführerin von B. übernommenen Dienstnehmer über besondere Kenntnisse, Fertigkeiten oder Ausbildungen verfügen, die sie im Unternehmen schwer ersetzbar machen bzw. die Fortführung des Unternehmens erst ermöglichen.
Dazu wird sie entsprechende Einsicht in die Unterlagen von B. und der Beschwerdeführerin, insbesondere entsprechende vertragliche Vereinbarungen, Rechnungen, Anlageverzeichnisse oder dergleichen einzuholen haben und allenfalls auch B. und die Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin (L.B.) ergänzend niederschriftlich einzuvernehmen haben.
In Bezug auf die von der belangten Behörde für die Beurteilung des gegenständlichen Falles in den Mittelpunkt gestellten Dienstnehmer des B., die fast alle von der Beschwerdeführerin übernommen worden sind, wird die belangte Behörde für den Fall, dass sie an ihrer diesbezüglichen Beurteilung festhalten will, jedenfalls eine repräsentative Anzahl der Dienstnehmer zu ihrer konkreten Tätigkeit und den bei ihnen allenfalls vorliegenden besonderen Qualifikationen, die sie im Unternehmen schwer ersetzbar machen, einzuvernehmen haben.
Allenfalls wären auch Ermittlungen bei der Gewerbebehörde in Bezug auf die für den Güterverkehr benötigten Konzessionen einzuholen.
Die belangte Behörde wird zu allen relevanten Themenbereichen Feststellungen zu treffen und diese auch nachvollziehbar zu begründen haben.
Zusammengefasst und in einer Gesamtschau vermochte es die belangte Behörd