Entscheidungsdatum
09.12.2021Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W254 2246293-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA als Einzelrichterin über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 29.07.2021, Zl. Präs/3a-408-12/0002-allg/2021, den Beschluss:
A)
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in Folge kurz: BF) besuchte im Schuljahr 2020/21 die sechste Klasse (10. Schulstufe) des Bundesrealgymnasiums und Bundes-Oberstufenrealgymnasium in XXXX .
Am 05.07.2021 entschied die Klassenkonferenz, dass der BF zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe nicht berechtigt sei, da er in den Gegenständen „Biologie und Umweltkunde“, „Chemie“, „Deutsch“, „Englisch“, „Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ und „Latein“ nicht beurteilt wurde und in den Gegenständen „Geographie und Wirtschaftskunde“, „Mathematik“ und „Sport(Praxis)“ mit „Nicht genügend“ beurteilt wurde.
Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht am 09.07.2021 Widerspruch und begründete den Widerspruch damit, dass die Entscheidung der Klassenkonferenz nicht gerechtfertigt sei. Der BF brachte unter anderem vor, dass er nicht genug unterstützt worden sei und dass die Beurteilungen nicht nachvollziehbar seien. In einem „Fazit“ führte er unter anderem aus, dass eine Testpflicht rechtswidrig sei für Personen, die nicht krank, krankheitsverdächtig oder ansteckungsverdächtig seien. Eltern und Kinder sollten offenbar zum Präsenzunterricht samt Testpflicht gezwungen und damit diskriminiert werden.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens erstellte der zuständige Schulqualitätsmanager am 20.07.2021 eine Stellungnahme zur Klärung der Frage, ob die Beurteilung mit „Nicht beurteilt“ in den verschiedenen Gegenständen zu Recht erfolgt sei.
Mit im Spruch genannten Bescheid vom 29.07.2021 wurde der Widerspruch des BF abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF zwar im ortsungebundenen Unterricht anwesend war und einzelne Arbeitsaufträge erbracht habe, jedoch im ganzen Sommersemester weder die Schularbeiten mitgeschrieben habe noch zu den rechtmäßig festgesetzten Feststellungsprüfungen erschienen sei.
Am 15.08.2021 erhob die gesetzliche Vertreterin des BF Beschwerde gegen den Bescheid mittels E-Mail. Der Wortlaut des E-Mails stellt sich wie folgt dar: „Guten Morgen, wir reichen hiermit die Beschwerde ein. Außer dass uns die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht gegeben würde und Bescheid ohne Kontaktaufnahme ausgestellt ist stimmen einige
Behauptungen/Stellungnahmen nicht. Mit freundlichen Grüßen“. Der E-Mail wurde der Bescheid im PDF Format angehängt.
Am 13.09.2021 legte die belangte Behörde den Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
Mit Schreiben vom 16.09.2021 wurde ein Mängelbehebungsauftrag erteilt, in dem darauf hingewiesen wurde, dass eine Beschwerde gemäß § 9 VwGVG zwingend bestimmte Inhalte aufzuweisen hat. Es wurde mitgeteilt, dass die Beschwerde nicht die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, nicht die Bezeichnung der belangten Behörde und auch nicht Angaben über die Rechtzeitigkeit aufweise. Darüber hinaus fehlten Ausführungen zu den behaupteten Beschwerdegründen sowie fehlte ein konkretes Begehren. Es wurde aufgetragen, die Mängel binnen zehn Tagen ab Zustellung des Schreibens zu beheben. Unter einem wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGGVG zurückgewiesen werde.
Das Schreiben wurde mit dem Vermerk „unbekannt“ dem Bundesverwaltungsgericht von der Post am 24.09.2021 retourniert.
Am 06.10.2021 wurde die gesetzliche Vertreterin per E-Mail von den Zustellproblemen in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, eine zustellfähige Adresse bekannt zu geben.
Am 08.10.2021 antwortete die gesetzliche Vertreterin „Adresse ist richtig. Einen Brief haben wir (genau auf diese Adresse) bekommen. Unbekannt kann nicht sein. Es ist ein Einfamilienhaus.“
Daraufhin wurde der weiter oben beschriebene Mängelbehebungsauftrag mit Schreiben vom 11.10.2021 nochmals an die Meldeadresse zugestellt mit dem Auftrag, die Mängel der Beschwerde binnen fünf Tagen ab Zustellung des Schreibens zu beheben.
Das Schriftstück wurde durch Hinterlegung mit Abholfrist ab 14.10.2021 zugestellt und vom minderjährigen BF am 29.10.2021 behoben.
Daraufhin erfolgte eine dritte Zustellung des Mängelbehebungsauftrages, in welchem als Empfängerin einzig die gesetzliche Vertreterin genannt wurde, die das Schriftstück schließlich am 03.12.2021 behoben hat.
Die gesetzliche Vertreterin vom BF übermittelte mit E-Mail vom 6.12.2021 folgendes Schreiben: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben Mangelbehebungsauftrag erhalten. Leider sind die Zeiten so schwierig und Vertrauen in die Justiz ist nicht mehr ganz da. Energie, die man dafür aufwendet, scheint umsonst zu sein. Gutachten ist schon mit falschen Tatsachen erstellt – ohne mit uns Rücksprache zu halten… XXXX würde Zutritt zu Schule verwehrt. Kinder sind heute wahre Verlierer und keiner interessiert sich dafür. Lehrer, Schule, Ministerium – haben alle Ressourcen und Rechte hinter sich. Unsere Energie ist aufgebraucht. Es bleibt ein bitterer Beigeschmack. Sogar Grundrechte sind schon negativ besetzt. Vielen Dank! Freundliche Grüße XXXX “.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht erteilte mit Schreiben vom 16.09.2021 und 11.10.2021 einen Mängelbehebungsauftrag. Das Schreiben wurde letztlich von der gesetzlichen Vertreterin am 03.12.2021 behoben. Der BF ist dem Mängelbehebungsauftrag nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Die im Auftrag festgehaltenen Mängel wurden nicht behoben.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den elektronischen Zustellnachweisen der Schreiben mit denen der Mängelbehebungsauftrag erteilt wurde.
Der Sachverhalt ist aktenkundig und unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.1. § 9 Abs. 1 VwGVG legt die Anforderungen an eine Beschwerde fest. Eine solche hat demnach zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.
Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).
3.2. Die Eingaben des BF per E-Mail enthalten nur ansatzweise die Anforderungen, die in § 9 VwGVG normiert sind. Über die fehlende Bezeichnung des Bescheides, der Geschäftszahl und der belangten Behörde kann wohl noch aufgrund der gleichzeitigen Übermittlung des betreffenden Bescheides als Anhang zum E-Mail hinweggesehen werden.
Es ist aber insbesondere nicht klar ersichtlich, welches Begehren der BF stellt. Die Begründung der Beschwerde muss aber erkennen lassen, was die Partei anstrebt (VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0037).
Dem BF wurde sohin mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zehn Tagen mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt. Da dieses Schreiben aus unbekannten Gründen nicht zugestellt werden konnte und retourniert wurde, wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts Kontakt mit der gesetzlichen Vertreterin aufgenommen und mit Schreiben vom 11.10.2021 abermals ein Mängelbehebungsauftrag binnen fünf Tagen erteilt. Die Frist von fünf Tagen wurde unter Bedachtnahme auf die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes von vier Wochen (gemäß § 73 Abs. 5 SchUG) und den vorangegangenen Zustellproblemen festgesetzt. Der Mängelbehebungsauftrag wurde am 14.10.2021 durch Hinterlegung zugestellt, jedoch vom minderjährigen Beschwerdeführer am 29.10.2021 behoben.
Da das Schreiben vom minderjährigen Beschwerdeführer behoben wurde, erfolgte schließlich am 23.11.2021 abermals eine Zustellung durch Hinterlegung. Der Mängelbehebungsauftrag wurde schließlich am 03.12.2021 von der gesetzlichen Vertreterin behoben.
Aus dem Wortlaut des E-Mails vom 06.12.2021 ist ersichtlich, dass dem Mängelbehebungsauftrag jedoch nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde, da weiterhin wesentliche Anforderungen des § 9 VwGVG auf die ausdrücklich im Mängelbehebungsauftrag hingewiesen wurde, nicht erfüllt wurden. Insbesondere fehlte ein konkretes Begehren Die Begründung der Beschwerde muss aber erkennen lassen, was die Partei anstrebt (VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0037).
Daher ist die Beschwerde bereits aus diesem Grund zurückzuweisen und ist nicht weiter darauf einzugehen, dass gemäß § 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten, BGBl. II Nr. 515/2013 E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung ist.
3.3. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus der Sicht des Art. 6 EMRK keine (inhaltliche) Entscheidung "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen" darstellt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Begehren Beschwerdemängel Verbesserungsauftrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W254.2246293.1.00Im RIS seit
10.01.2022Zuletzt aktualisiert am
10.01.2022