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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Oktober 1995, Zl. 4.347.314/1-III/13/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste am 11. September 1995 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 12. September 1995 Asyl. Nach seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, bestätigte er noch am 12. September 1995 vor dieser Behörde die Übernahme des seinen Asylantrag abweisenden Bescheides einschließlich der schriftlichen Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung sowie eines Merkblattes in arabischer Sprache, die dem Bescheid auch nach dem Vorbringen in der Beschwerde angeschlossen waren.
Die Rechtsmittelbelehrung hatte folgenden Wortlaut:
"Gegen diesen Bescheid kann binnen zwei Wochen ab Zustellung die Berufung schriftlich oder telegraphisch beim Bundesasylamt eingebracht werden. Diese Berufung hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Die Berufung kann auch in einer der Amtssprachen der Organisation der Vereinten Nationen eingebracht werden."
Am 28. September 1995 verfaßte der Beschwerdeführer zusammen mit einem zweiten Asylwerber ein in arabischer Schrift gehaltenes Schreiben, daß in einem "an das Bundesasylamt ... Eisenstadt" adressierten Briefkuvert in K zur Post gegeben wurde. Der Postaufgabestempel ist unleserlich. Nach einer im Verwaltungsakt erliegenden Übersetzung des schon der Einvernahme am 12. September 1995 in Eisenstadt beigezogenen Dolmetschers hatte das Schreiben folgenden Inhalt:
"K
am 28.9.1995
Im Namen Allah
An die Uno und Amnesty International
Betr.: Ansuchen um irak. Flüchtlinge in Österreich zu helfen.
Wir sind irak. Staatsbürger, die aus der Hölle des Iraks sowie aus dem Massengrab flüchteten. Wir flüchteten auch von der Unterdrückung des Saddams und von dem Bürgerkrieg dort. Wir bitten Sie im Namen der internat. Menschlichkeit Barmherzigkeit mit uns zu haben, da unser Volk im Irak unterdrückt wird.
Derzeit befinden wir uns in einem Gefängnis (K) in Österreich. Nun möchten wir fragen, warum sind wir in einem Gefängnis gemeinsam mit Verbrechern, obwohl wir nichts angestellt haben. Wir haben einfach nur um politisches Asyl in Österreich angesucht, aber danach befanden wir uns in einem Gefängnis, warum wissen wir nicht.
Hiemit bringen wir eine Berufung ein und wir fechten die Entscheidung an. Wir bitten Sie, so schnell wie möglich zu intervenieren, da es um unser Schicksal geht.
Die Demokratie und die Menschlichkeit gegenüber allen Menschen gab uns die Kraft, dieses Schreiben zu verfassen. Alles was wir von Ihnen erwarten, ist eine kleine Sache im Vergleich zu Ihrem großen Herzen. Wir möchten auch Sie informieren, daß wir seit dem 11.9.1995 bis zum heutigen Tage (28.9.1995) in dem Gefängnis in K sind. Bis heute hatten wir keine Einvernahme und wir wissen nicht was mit uns geschehen wird.
PS.: Die Nummer ihres Bescheides ist: Asylgesetz 1991,
veröffentlicht BGBl. Nr. 8/1992.
Unterschrift: Der Gefangene K
Der Gefangene M"
Das Bundesasylamt legte dieses Schreiben als verspätete Berufung vor. Der Vorlagebericht enthielt den Hinweis, der Beschwerdeführer sei "seit 13.9.1995" in Haft.
Am 11. Oktober 1995 richtete die belangte Behörde an den Beschwerdeführer ein Schreiben, worin sie ihn darauf hinwies, daß der 26. September 1995 der letzte Tag der Berufungsfrist gewesen, die Berufung aber erst am 28. September 1995 eingebracht worden sei. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1991 werde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, binnen einer Woche ab Erhalt des Schreibens dazu Stellung zu nehmen. Auf dieses Schreiben, das er am 13. Oktober 1995 im Polizeigefangenenhaus W übernahm, reagierte der Beschwerdeführer nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als verspätet zurück.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Schreiben vom 28. September 1995 habe "genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Wiedereinsetzungstatbestandes" enthalten und die belangte Behörde wäre daher gemäß § 13a AVG 1991 verpflichtet gewesen, ihm vor Bescheiderlassung Rechtsbelehrung über die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages zu erteilen und Gelegenheit zur Stellung eines solchen Antrages zu geben. Einen solchen jedenfalls nicht aussichtslosen Antrag würde der Beschwerdeführer bei entsprechender Rechtsbelehrung eingebracht haben. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Dem steht der im angefochtenen Bescheid hervorgehobene Umstand entgegen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einräumte, zur Verspätung seiner Berufung Stellung zu nehmen, und daß der Beschwerdeführer diese Gelegenheit nicht nützte. Die Beschwerde geht darauf mit keinem Wort ein. Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung enthält das Schreiben vom 28. September 1995 aber auch keinen Hinweis darauf, aus welchen von ihm nicht oder zumindest nicht im Sinne grober Fahrlässigkeit zu vertretenden Gründen der Beschwerdeführer die Berufungsfrist, über die er in einer für ihn verständlichen Sprache aufgeklärt worden war, nicht eingehalten hatte. Zu besonderen Belehrungen über die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages bestand schon deshalb kein Anlaß.
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen und eines darauf gestützten Antrages stünde der im vorliegenden Fall angefochtenen Zurückweisung des verspäteten Rechtsmittels aber auch nicht entgegen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 682 f, wiedergegebene Rechtsprechung). Der behauptete Verfahrensmangel wäre aus diesem Grund auch nicht wesentlich.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996200255.X00Im RIS seit
20.11.2000