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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/20/0495Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bachler, Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerden 1.) des A R und 2.) des M R, mit den mj. Kindern A R, M R, S R, T R und F R, alle in L, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in O, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres, jeweils vom 20. März 1995, Zl. 4.345.404/2-III/13/94 (betreffend den Erstbeschwerdeführer, protokolliert zur hg. Zl. 95/20/0494), und Zl. 4.345.404/1-III/13/94 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer und die minderjährigen Kinder, protokolliert zur
hg. Zl. 95/20/0495), jeweils betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Beide angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige (Vater =
Zweitbeschwerdeführer, mit einem volljährigen Sohn =
Erstbeschwerdeführer, und fünf minderjährigen Söhnen), die am 4. Oktober 1994 in das Bundesgebiet eingereist sind und am darauffolgenden Tag Asylanträge gestellt haben. Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung durch das Bundesasylamt gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, er habe Afghanistan verlassen, weil in diesem Land derzeit Bürgerkrieg herrsche und aus diesem Grunde ein geordnetes Leben nicht möglich sei. Er gehöre seit dem Jahre 1985 der kommunistischen Jugendorganisation Afghanistans an und sei im Jahr 1987 Mitglied dieser Partei geworden. Im Jahre 1990 sei er Berufssoldat geworden und habe einer Nachrichteneinheit bis zum Jahr 1992 angehört. Nachdem die Mudjaheddin die Macht in Afghanistan übernommen hätten, habe er noch einen Monat lang als Soldat gedient, habe jedoch anschließend vor den Mudjaheddins fliehen müssen, weil er während seiner Militärdienstzeit gegen sie gekämpft habe. Bis zu seiner Ausreise habe er im Untergrund gelebt. Auf die Frage, weshalb er nicht bereits im Jahr 1992 sein Heimatland verlassen habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, er habe nicht über genügend Geldmittel verfügt und keinen Schlepper gekannt, weshalb ihm ein vorheriges Verlassen seines Heimatlandes nicht möglich gewesen sei. Bis zum Jahre 1992 und auch danach sei er keinen Verfolgungen aus politischen, religiösen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetzt gewesen, er sei niemals in Haft gewesen oder festgenommen worden. Er habe lediglich Angst vor den Mudjaheddin gehabt, weil er gegen diese bis zum Jahre 1992 gekämpft habe. Auf die Frage, wo er sich seit dem Jahr 1992 in Afghanistan aufgehalten und wovon er gelebt habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, er habe in Kabul bei seiner Mutter gelebt und sein Vater habe ihn mit Lebensmitteln versorgt.
Der Zweitbeschwerdeführer gab bei seiner am selben Tag vom Bundesasylamt durchgeführten niederschriftlichen Befragung zu seinen Personalien zunächst an, von 1934 bis 1940 die Grundschule in Nagarhar, von 1940 bis 1946 die Militärschule in Kabul, von 1946 bis 1949 die Militärakademie in Kabul besucht zu haben; in der Zeit von 1949 bis 1956 Mathematikprofessor an der Militärschule in Kabul gewesen zu sein und von 1956 bis 1960 an der Universität in Kabul. Als Beruf gab er "General der Armee und Mathematikprofessor" an sowie des weiteren, daß er in der Zeit von 1982 bis 1989 (dem Jahr seiner Pensionierung) Leiter der Einberufungsstelle der Militärbehörde in Kabul gewesen sei. Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung führte der Zweitbeschwerdeführer aus, er habe vom 1960 bis 1973 als Mathematikprofessor an der Militärschule in Kabul gearbeitet. Im Jahr 1973 habe die "Davoud" die Regierungsgeschäfte in Afghanistan übernommen und er sei verhaftet worden. Nach einer Haftzeit von mehr als einem Jahr sei er entlassen worden und habe das Land verlassen müssen. Er sei in den Iran gegangen, wo er von 1974 bis 1979 gelebt habe. Als die Kommunisten, zu denen er gehöre, wieder an die Regierung gekommen seien, sei auch er nach Afghanistan zurückgekehrt und habe von 1982 bis 1989 als Leiter der Einberufungsstelle bei der Militärbehörde in Kabul gearbeitet. Er sei in diesem Jahr (1989) in Pension gegangen. Im April 1992 seien die Mudjaheddin wiederum an die Regierung gekommen. Im Mai oder Juni 1992 sei er von diesen "angehalten" worden, man habe ihn an die Universität in Kabul gebracht, wo er mit Ausgangsverbot belegt worden sei. Ca. 1 Woche nach seiner Anhaltung sei er von einem ehemaligen Schüler, der als Bewacher an der Universität gearbeitet habe, freigelassen worden. Ab diesem Zeitpunkt habe er sich an verschiedenen Orten in Afghanistan und Pakistan versteckt aufhalten müssen. Im Besitz von ausreichend Barmittel habe er dann die Flucht nach Österreich mitsamt seinen Söhnen organisiert. Auf die Frage, weshalb er nicht bereits früher Afghanistan verlassen habe, gab der Zweitbeschwerdeführer an, er habe nicht über genügend Barmittel im Jahr 1992 oder 1993 verfügt, um mit seinen Söhnen das Land zu verlassen. Auf die Frage, was er getan hätte, wenn er nicht über genügend Barmittel hätte verfügen können, gab der Zweitbeschwerdeführer an, "wenn ich nicht genügend Barmittel gehabt hätte, hätte ich nur meinen Söhnen die Flucht aus Afghanistan ermöglicht und wäre in diesem Land geblieben." Auf die Frage, was er zu befürchten gehabt hätte, wenn die Mudjaheddins ihn aufgegriffen hätten, antwortete der Zweitbeschwerdeführer "ich wäre sicher von den Mudjaheddins ermordet worden". Auf die Frage, ob er außer dem geschilderten Vorfall im Jahr 1992 Verfolgung aus politischen, religiösen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetzt gewesen, jemals verhaftet oder festgenommen worden sei, antwortete der Zweitbeschwerdeführer: "Nein, außer diesem einen Mal wurde ich nicht mehr festgenommen. Ich hatte vor diesem Vorfall, seit meiner Rückkehr aus dem Iran, keine Schwierigkeiten mit der Polizei bzw. mit den Behörden.
Seit dem Umsturz durch die Mudjaheddin wäre ich sehr wohl Verfolgungen aus den vorangeführten Gründen ausgesetzt gewesen."
Mit Bescheiden jeweils vom 30. November 1994 wurden die Asylanträge der Beschwerdeführer abgewiesen. Nach zusammengefaßter Wiedergabe der Angaben der Beschwerdeführer anläßlich ihrer Ersteinvernahme vor dem Bundesasylamt kam die Erstbehörde zum Schluß, aus den Angaben der Beschwerdeführer ließe sich Verfolgung aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe nicht ableiten. Insbesondere hielt sie dem Erstbeschwerdeführer entgegen, soweit dieser eine Gefahr vor politischer Verfolgung in seinem Heimatland damit begründet habe, daß er sich vor seiner Ausreise aktiv für seine Heimat und seine (kommunistische) Partei eingesetzt habe, stelle dies keinen Umstand dar, der eine Feststellung der Flüchtlingseigenschaft begründen könne. Sollte es entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz tatsächlich zu einer Bedrohung durch Mitglieder der regierenden Partei in Afghanistan gekommen sein, so könne dies nicht als asylbegründende mittelbare staatliche Verfolgung gewertet werden, da "derartige Übergriffe selbstständige Handlungen von Einzelpersonen der Mudjaheddins" seien. Der Erstbeschwerdeführer habe vielmehr generell und durch die auch von ihm im einzelnen vorgebrachten Sachverhalte deutlich gemacht, daß der Grund für das Verlassen seines Heimatlandes in dem dort derzeit herrschenden Ausnahmezustand gelegen sei. Die Tatsache allein, daß es in seinem Heimatland zu Auseinandersetzungen komme, stelle jedoch keine gegen ihn selbst gerichtete Verfolgungshandlung im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 dar. Ebensowenig könne der Wunsch nach einer hier aufzunehmenden Beschäftigung als lediglich wirtschaftlicher Grund Flüchtlingseigenschaft indizieren.
Dem Zweitbeschwerdeführer hielt die erstinstanzliche Behörde im wesentlichen Gleichlautendes entgegen, ergänzte jedoch darüber hinaus, auch der vom Zweitbeschwerdeführer gewünschte Schulbesuch seiner Kinder in einem westlichen Land bilde keinen Asylgrund.
Beide Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide Berufungen, wobei der Erstbeschwerdeführer darauf verwies, daß im Falle der Mitgliedschaft eines Familienangehörigen bei einer mißliebigen politischen Gruppierung die ganze Familie verfolgt werde und "mit Konsequenzen rechnen" müsse, und es insbesondere auch nicht berücksichtigt worden sei, daß er selbst Offizier gewesen sei, in dieser Eigenschaft gegen die Mudjaheddins gekämpft habe und nicht nur freiwillig Mitglied der Jugendorganisation der kommunistischen Partei, sondern auch Informant - Chad - innerhalb und außerhalb des Militärs gewesen sei. Wenn es im bekämpften Bescheid heiße, er habe "nichts zu befürchten gehabt", könne dies nur auf Grund einer unrichtigen Übersetzung angenommen worden sein, im Gegenteil habe er mit Auftauchen der Mudjaheddins fliehen und sich verstecken müssen wie sein Vater. Auch der Zweitbeschwerdeführer wies in seiner Berufung im wesentlichen auf seine durch seine berufliche Position bedingte Sonderstellung hin sowie darauf, daß auch er sich nach einer glückhaften Befreiung (gemeint: 1992) bis zu seiner Ausreise versteckt gehalten habe.
Mit den nunmehr bekämpften Bescheiden wies die belangte Behörde diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und begründete ihre Entscheidung, ausgehend von den von den Beschwerdeführern bei der niederschriftlichen Vernehmung getätigten Aussagen vor dem Bundesasylamt gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz in - begründungsloser - Verneinung des Vorliegens einer der Fälle des § 20 Abs. 2 leg. cit., dieses habe nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes seien, da asylrechtlich relevante Verfolgung von ihnen nicht habe glaubhaft gemacht werden können. Dem Erstbeschwerdeführer hielt sie insbesondere entgegen:
"Sie führten zwar an, vor den Mudjaheddins flüchten haben zu müssen, weil Sie während Ihres Militärdienstes gegen sie gekämpft hätten, konnten diese pauschale Behauptung jedoch durch keine konkreten Angaben untermauern. Sie konnten in keiner Weise dartun, warum gerade Ihnen, einem unter vielen Soldaten, die damals ihren Wehrdienst ableisteten, Gefahr einer Verfolgung durch die Mudjaheddins drohen sollte.
Denn erfahrungsgemäß gehorcht eine Verfolgung einem rationalen Kosten-Nutzen-Kalkül.
Überdies führten Sie bei Ihrer niederschriftlichen Befragung ausdrücklich aus, weder vor dem Jahre 1992, noch danach Verfolgungen aus politischen, religiösen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetzt gewesen zu sein, weshalb Sie nicht glaubhaft machen konnten, sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Ihres Heimatlandes zu befinden."
Auf den in der Berufung des Erstbeschwerdeführers enthaltenen Vorwurf einer möglicherweise mangelhaften oder unrichtigen Übersetzung seiner Angaben ging die belangte Behörde mit keinem Wort ein.
Dem Zweitbeschwerdeführer hielt die belangte Behörde in der Sache lediglich entgegen:
Die von Ihnen geltend gemachte Anhaltung durch die Mudjaheddins fand im Mai oder Juni 1992 statt und steht somit in keinem zeitlichen Naheverhältnis zu Ihrer Ausreise aus Afghanistan. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, Ihre Flüchtlingseigenschaft zu begründen.
Überdies stellt dieser Vorfall auf Grund seiner Eingriffsintensität keinen ernsthaften Nachteil im Sinne des Asylgesetzes 1991 dar, welchem Sie sich nur durch die Ausreise hätten entziehen können. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Tatsache, daß Ihnen in der Folge aus diesem Ereignis keine weiteren Nachteile erwuchsen.
Es ist auch nicht einzusehen, weshalb die Mudjaheddins gerade an Ihrer Person ein derartiges Interesse gehabt haben sollen, wo Sie bereits im Jahre 1989 von Ihrem Posten als Leiter der Einberufungsstelle bei der Militärbehörde in Kabul in Pension gegangen sind. Außer diesem Vorfall, der wie bereits dargelegt, keine asylrelevante Verfolgung darstellt, sind Sie, wie Sie selbst ausdrücklich angaben, keinen Verfolgungen aus politischen, religiösen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetzt gewesen.
Ihr Wunsch nach einem Leben in Sicherheit, Unterkunft und Verpflegung in Österreich, den Sie durch die Beantragung von Asyl zu verwirklichen gedachten, kann die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigen."
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach ihrer Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen hat:
Mit der sich aus der Begründung der angefochtenen Bescheide ergebenden Argumentation geht die belangte Behörde auf die spezielle Situation der Beschwerdeführer mit keinem Wort ein. So übersieht die belangte Behörde beim Erstbeschwerdeführer - und dies wird auch in der nur bruchstückhaften Wiedergabe seines Vorbringens offenkundig -, daß dieser nicht einer unter vielen anderen Soldaten gewesen ist, "die damals ihren Wehrdienst ableisteten", sondern vor der Machtübernahme durch die Mudjaheddins Angehöriger der Berufsarmee Afghanistans, nämlich Unteroffizier im Nachrichtendienst und Angehöriger der kommunistischen Partei. Daß die von ihm geltend gemachte Gefahr einer Verfolgung durch die nun zur Macht gekommenen ehemaligen Kriegsgegner auch aus diesem Blickwinkel lediglich eine "pauschale Behauptung" wäre, kann ebensowenig nachvollzogen werden wie die von der belangten Behörde angenommene Handlungsweise der Mudjaheddins nach einem "rationalen Kosten-Nutzen-Kalkül" (ganz davon abgesehen, daß die Annahme einer Verfolgung des Erstbeschwerdeführers auch bei Vorliegen eines solchen in Anbetracht seiner innegehabten Position nicht ganz von der Hand zu weisen gewesen wäre). Unverständlich erscheint, daß dem Erstbeschwerdeführer vorgehalten wird, er habe Verfolgung aus einem der in der Genfer Konvention genannten Gründe VOR dem Jahr 1992 nicht einmal behauptet, was ja geradezu widersinnig gewesen wäre, gehörte er doch bis zur Übernahme der Regierungsmacht durch die Mudjaheddins in diesem Jahre der damals herrschenden politischen Gruppierung an. Der weitere Vorhalt, der Erstbeschwerdeführer habe auch ausdrücklich ausgeführt, NACH dem Jahr 1992 Verfolgungen aus den genannten Konventionsgründen nicht ausgesetzt gewesen zu sein, ist unzutreffend, weil unrichtig bzw. lückenhaft wiedergegeben. Damit wurde nicht zur Entscheidungsgrundlage gemacht, daß der Erstbeschwerdeführer bereits anläßlich seiner Ersteinvernahme und auch in der Berufung darauf hingewiesen hat, daß er nach der Machtergreifung durch die Mudjaheddins noch etwa einen Monat lang als Soldat gedient, habe anschließend jedoch vor den Mudjaheddins habe flüchten müssen, und sich bis zu seiner Ausreise "im Untergrund aufgehalten" habe, weshalb das Nichtvorliegen asylrelevanter Verfolgung kein Indiz gegen eine wohlbegründete Furcht vor einer solchen sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß das Vorliegen einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung nicht notwendigerweise an bereits erlittene Verfolgung knüpft, es daher einem Asylwerber nicht zugemutet werden kann, die von ihm befürchtete Verfolgung selbst erst zu erleiden. Was unter dem Begriff der "begründeten Furcht vor Verfolgung" zu verstehen ist, hat die belangte Behörde zutreffend selbst ausgeführt. Da sie jedoch unter Außerachtlassung der den vorliegenden Fall wesentlich charakterisierenden Einzelmerkmale des Erstbeschwerdeführers vom Nichtvorliegen der Flüchtlingseigenschaft desselben ausgegangen ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß näher darauf eingegangen werden muß, daß die belangte Behörde in Verneinung einer der im § 20 Abs. 2 AsylG 1991 angeführten Fälle begründungslos darüber hinweggegangen ist, daß der Erstbeschwerdeführer u.a. auch eine mangelhafte Übersetzung seiner Einvernahme in seiner Berufung geltend gemacht hatte.
Der Vorwurf der mangelnden Auseinandersetzung mit den Spezifika des Einzelfalles ist auch hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers zu wiederholen. Auch hier läßt die belangte Behörde ein Eingehen auf das - von ihr im übrigen nicht wiederholte - erstinstanzliche Vernehmungsergebnis vermissen, daß nämlich der Zweitbeschwerdeführer einen hohen militärischen Rang der Berufsarmee Afghanistans vor dem Machtwechsel innegehabt hat und seine hohe Stellung als Leiter der Einberufungsstelle bei der Militärbehörde in Kabul bis zum Jahr 1989 offensichtlich für die Mudjaheddin noch immer Grund genug darstellte, ihn 1992 (nämlich nach deren Machtergreifung) unter Hausarrest zu stellen, aus dem er nur durch die Hilfe eines Schülers entkam. Auch in diesem Fall läßt die belangte Behörde den Umstand unberücksichtigt, daß die Asylgewährung nicht voraussetzt, daß ein asylrelevanter Eingriff bereits stattgefunden hat. Es genügt, wenn ein solcher mit erheblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar droht. Sie übersieht weiters, daß sich der Zweitbeschwerdeführer ebenfalls ab der Machtergreifung der Mudjaheddins versteckt, d.h. bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan im Untergrund aufgehalten hat, wodurch nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein mangelndes zeitliches Naheverhältnis zur Ausreise nicht mehr ohne weiteres angenommen werden kann. Auch dieser Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200494.X00Im RIS seit
03.04.2001