Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers M*, vertreten durch Mag. Roland Herbst, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ * KG *, vertreten durch die Leissner Kovaricek Rechtsanwälte OG, Wien, wegen § 16 Abs 2 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. September 2020, GZ 40 R 226/20m-18, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 21. April 2020, GZ 4 MSch 21/19i-9, bestätigt wurde, den
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 335,64 EUR (darin 55,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Der Antragsteller ist aufgrund des Mietvertrags vom 19. 7. 2013 Mieter der Wohnung Top Nr 5, die sich in einem Gebäude befindet, das auf einer Liegenschaft errichtet ist, an der im Jahr 1996 (teilweise) Wohnungseigentum begründet wurde. Vermieterin dieser Wohnung ist nach dem Inhalt des Mietvertrags eine Immobilien GmbH, die zu 809/1662 Anteilen (schlichte) Miteigentümerin dieser Liegenschaft ist. Dass dieser GmbH das ausschließliche Benützungsrecht an der vom Antragsteller gemieteten Wohnung zukommt, ist in dem vom Antragsteller zur Überprüfung der von ihm abgeschlossenen Hauptmietzinsvereinbarung und der ihm vorgeschriebenen Hauptmietzinse eingeleiteten Verfahren nicht strittig.
[2] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, ob die vom Antragsteller in Anspruch genommene Eigentümergemeinschaft durch den Abschluss des Mietvertrags vom 19. 7. 2013, bei dem die Immobilien GmbH auf Vermieterseite aufgetreten ist, Vertragspartner des Antragstellers wurde und daher für einen Mietzinsüberprüfungsantrag passiv legitimiert ist.
[3] Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es verneinte die Passivlegitimation der Eigentümergemeinschaft, weil der Mietvertrag mit allen Miteigentümern der Liegenschaft zustande gekommen sei.
[4] Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge. Im Fall schlichten Miteigentums werde das Auftreten des vermietenden Miteigentümers dahin verstanden, dass er die anderen Eigentümer verpflichten wolle. Das gelte selbst dann, wenn im Mietvertrag explizit nur der kontrahierende Miteigentümer angeführt werde. Wenn die Bestandsache durch eine Benützungsvereinbarung oder -regelung einem Miteigentümer allein zugewiesen sei, werde eine Verwaltungsvollmacht zur Vertretung im Namen sämtlicher Miteigentümer angenommen, sodass der vermietende Miteigentümer bei Abschluss eines Mietvertrags grundsätzlich alle übrigen Miteigentümer verpflichte. Das werde auch für Bestandverhältnisse in Mischhäusern vertreten. Der gegenteiligen Auffassung, wonach aufgrund des zumindest teilweise begründeten Wohnungseigentums zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses mit einem durch eine Benützungsvereinbarung oder -regelung nutzungsberechtigten Miteigentümer die Vermieterstellung der Eigentümergemeinschaft begründet werde, könne nicht beigetreten werden. Diese Auffassung stünde in Widerspruch zu § 2 Abs 1 MRG, wonach der Wohnungseigentumsbewerber einen Mietvertrag mit sämtlichen Miteigentümern begründe. Dass der Gesetzgeber mit dem in dieser Bestimmung verwendeten Begriff „Eigentümer“ auch die Eigentümergemeinschaft gemeint haben könnte, sei auszuschließen. Auch die Konzeption der Eigentümergemeinschaft, deren Rechtspersönlichkeit auf Angelegenheiten der Verwaltung des Gemeinschaftsguts beschränkt sei, spreche gegen die Annahme, dass der nutzungsberechtigte Miteigentümer eine Vermieterstellung der Eigentümergemeinschaft begründe. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, für wen ein nutzungsberechtigter Miteigentümer in einem „Mischhaus“ bei Abschluss eines Mietvertrags auftrete, in Rechtsprechung und Lehre uneinheitlich beantwortet werde.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der von der Antragsgegnerin beantwortete Revisionsrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
[6] 1.1 Gegenstand des Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 16 MRG ist die Frage nach der Zulässigkeit einer Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand. Aktiv- und passivlegitimiert in einem solchen Verfahren sind die jeweiligen Parteien des (Haupt-)Mietvertrags (Kulhanek in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 37 MRG Rz 60). Der Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG ist gegen denjenigen zu richten, der zur Zeit der geltend gemachten Mietzinsperiode Vermieter war (RIS-Justiz RS0108811).
[7] Hauptmiete liegt vor, wenn der Mietvertrag mit dem Eigentümer oder dem dinglich oder obligatorisch berechtigten Fruchtnießer der Liegenschaft oder mit dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses geschlossen wird (§ 2 Abs 1 erster Satz MRG).
[8] Schließt der Alleineigentümer einer Liegenschaft einen Bestandvertrag ab, liegt Hauptmiete vor. Vermieter und damit passivlegitimiert in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG ist der Eigentümer. Ähnlich unproblematisch ist der Fall, dass nach Begründung von Wohnungseigentum der Wohnungseigentümer einen Mietvertrag über das seiner ausschließlichen Nutzung zugewiesene Objekt abschließt. Nach der gesetzlichen Anordnung des § 2 Abs 1 Satz 2 MRG, idF WEGBeglG 2002, BGBl I 2002/71, wird dadurch ein Hauptmietverhältnis begründet. Vermieter und damit passivlegitimiert ist der Wohnungseigentümer. Zu den übrigen Wohnungseigentümern oder der Eigentümergemeinschaft steht der Mieter in keiner vertraglichen Beziehung (H. Böhm/Prader in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 2 MRG Rz 14; A. Fenyves in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 2 MRG Rz 15). Wenn am Mietgegenstand Wohnungseigentum erst begründet werden soll, kommt durch den mit dem Wohnungseigentumsbewerber geschlossenen Mietvertrag Hauptmiete mit dem Eigentümer oder den Eigentümern der Liegenschaft zustande, doch geht mit der Begründung von Wohnungseigentum am Mietgegenstand die Rechtsstellung des Vermieters auf den Wohnungseigentümer über (§ 2 Abs 1 dritter Satz MRG).
[9] 1.2 Auf der gegenständlichen Liegenschaft wurde nach den Feststellungen im Jahr 1996 teilweise Wohnungseigentum begründet. Zum damaligen Zeitpunkt stand das WEG 1975 in Geltung, nach dem die Begründung von Wohnungseigentum auch nur an Teilen einer Liegenschaft zulässig war (sogenannte Mischhäuser). Zur Wohnungeigentümergemeinschaft nach § 13c WEG 1975 gehörten nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in einem solchen Fall nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch die schlichten Miteigentümer (RS0110530).
[10] 1.3 Seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 mit 1. 7. 2002 ist die Schaffung neuer Mischhäuser nicht mehr möglich. Dazu ordnet § 3 Abs 2 WEG 2002 an, dass die Begründung von Wohnungseigentum nur zulässig ist, wenn sie sich auf alle wohnungseigentumstauglichen Objekte bezieht. Vor dem 1. 7. 2002 begründete Mischhäuser blieben jedoch weiter bestehen. Für einen solchen Fall normiert die Übergangsbestimmung des § 56 Abs 12 WEG 2002, dass die sich auf einen Wohnungseigentümer beziehenden Bestimmungen des neuen Rechts sinngemäß auch für die schlichten Miteigentümer gelten, soweit die ihnen entsprechenden Bestimmungen des WEG 1975 auch für schlichte Miteigentümer galten. Aus der Einleitungsformulierung dieser Übergangsbestimmung („besteht die Eigentümergemeinschaft auf Grund einer vor dem 1. Juli 2002 durchgeführten […] Wohnungseigentumsbegründung zum Teil auch aus schlichten Miteigentümern […]“) folgt, dass der Eigentümergemeinschaft in Mischhäusern – trotz der engeren Definition des § 2 Abs 5 WEG 2002 – weiterhin auch die schlichten Miteigentümer angehören (H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG 2002 Rz 19; ebenso Painsi in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 2).
[11] 1.4 Die Eigentümergemeinschaft (§ 18 WEG 2002) der Liegenschaft besteht damit nicht nur aus Wohnungseigentümern, sondern auch aus den schlichten Miteigentümern, die den Mietvertrag über das Objekt, an dem Wohnungseigentum nicht besteht, abgeschlossen haben. Daran knüpft sich die Frage, wer auf Vermieterseite Vertragspartner des Antragstellers ist.
2. Ausgangssituation im schlichten Miteigentum:
[12] 2.1 Das zur Vermietung berechtigende Verfügungsrecht leitet sich aus dem Benützungsrecht an der Sache ab, weil dieses im Regelfall auch zur Überlassung des Gebrauchs berechtigt (Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1094 Rz 33). Im Miteigentum bedarf der Mietvertrag in der Regel der Zustimmung durch die Anteilsmehrheit, weil die Vermietung an Dritte zu üblichen Bedingungen zur ordentlichen Verwaltung gehört. Die Mehrheit der Eigentümer schließt Bestandverträge mit Dritten, soweit zu ortsüblichen Bedingungen abgeschlossen wird, mit Wirkung für alle Miteigentümer ab.
[13] 2.2 Eine Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern bewirkt die Umgestaltung allgemeiner Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers in Sondernutzungsrechte an bestimmten Sachteilen (vgl nur RS0029352). Sie gibt ihm das alleinige Nutzungs- und Verfügungsrecht darüber. Sofern nicht ein entgegenstehendes Verbot vereinbart wurde, ist der Miteigentümer auch berechtigt, über die ihm zur ausschließlichen Benützung überlassenen allgemeinen Teile der Sache Bestandverträge abzuschließen (RS0042537; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4 § 834 Rz 5 mwN), ohne dass er dazu die Zustimmung der Mehrheit einholen müsste. Er besitzt insoweit Verwaltungsvollmacht und nimmt seine Verfügung als Vertreter der anderen Miteigentümer vor.
[14] 2.3 Nach der Rechtsprechung schließt der zur ausschließlichen Nutzung bestimmter Räumlichkeiten der gemeinsamen Liegenschaft berechtigte Miteigentümer den Bestandvertrag im Namen aller Miteigentümer gleich einem Verwalter ab. Er handelt, auch wenn er dies nicht zum Ausdruck bringt, im Zweifel als Vertreter sämtlicher Miteigentümer und begründet durch Vermietung des ihm zur Benutzung zugewiesenen Objekts ein Mietverhältnis mit allen Miteigentümern (RS0107642; RS0013398; abl mangels Offenlegung der Vertretungsmacht H. Böhm/Palma in Klete?ka/Schauer, in ABGB-ON1.02 § 833 Rz 37 sowie H. Böhm/Prader in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 2 MRG Rz 12). Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn im schriftlichen Vertrag (fälschlich) als Vermieter nur der benützungsberechtigte Miteigentümer angeführt wird.
[15] 2.4 Die Durchsetzung seiner mietvertraglichen Rechte steht einem Hauptmieter gegenüber allen (Mit-)Vermietern zu. Dem Mieter stehen in einem solchen Fall alle Miteigentümer als Träger der ihm gegenüber zu erfüllenden Pflichten gegenüber. Er muss sich deshalb auch an alle Miteigentümer halten (vgl nur RS0106931 [T3] ua).
3. Vermietung bei teilweiser Begründung von Wohnungseigentum (Mischhaus):
[16] 3.1 Mit dem am 1. 1. 1993 in Kraft getretenen 3. WÄG, BGBl 800/1993, wurde die Wohnungseigentümergemeinschaft erstmals mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Ihr kam gemäß § 13c Abs 1 WEG 1975 in allen Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft eigene Rechtspersönlichkeit zu, sodass sie in diesem Rechtsbereich Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen konnte (vgl etwa RS0110933). Auch nach dem WEG 2002 ist die Eigentümergemeinschaft als juristische Person mit Teilrechtsfähigkeit konzipiert. Ihre Rechtsfähigkeit ist auf die Verwaltung der Liegenschaft beschränkt (§ 18 WEG 2002).
[17] 3.2 Nach dem WEG 1975 führte die Begründung von Wohnungseigentum an einem vermieteten Objekt („übergestülptes Wohnungseigentum“) nicht zu einem gesetzlichen Vertragsübergang auf den Wohnungseigentümer als Einzelrechtsnachfolger der bisherigen Eigentümer (anders ausdrücklich § 4 Abs 1 WEG 2002). Für die Passivlegitimation bei Mieteransprüchen wurde in solchen Fällen in der Rechtsprechung allgemein vertreten, dass sich durch die nachträgliche Wohnungseigentumsbegründung die Rechtsposition des Mieters nicht verschlechtern dürfe (vgl dazu Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 4 WEG Rz 3 mwN). Dem Mieter standen weiterhin alle Mit- und Wohnungseigentümer als Träger der ihm gegenüber zu erfüllenden Vertragspflichten gegenüber. Ihm hafteten alle Teilhaber als Vermieter für Ansprüche aus dem Mietverhältnis (RS0106931; RS0021201). Das galt auch für Bestandverträge, die vor erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum über Objekte, die im schlichten Miteigentum verblieben, abgeschlossen worden waren („Altmietvertrag“).
[18] Für die Aktivlegitimation (insbesondere) zur Aufkündigung wurden zunächst (sowohl für „Altmietverträge“ als auch für das „übergestülpte Wohnungseigentum“) unterschiedliche Positionen vertreten. Vereinzelt wurde dabei auch die Aktivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft angenommen.
[19] In der Entscheidung zu 6 Ob 52/97h referierte der Oberste Gerichtshof zunächst, dass der Minderheitseigentümer einen ihm durch Benützungsregelung überlassenen Teil der gemeinschaftlichen Sache an Dritte vermieten kann und diese Verfügung materiell-rechtlich als Vertreter der übrigen Miteigentümer (bzw Wohnungseigentümer im Fall gemischten Miteigentums) treffe, und daher auch berechtigt sei, das Bestandverhältnis allein aufzukündigen, was aber nichts daran ändere, dass als Partei des Kündigungsstreits alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen seien. Wenn jedoch hinsichtlich einzelner Objekte Wohnungseigentum begründet worden sei, sei Partei des Kündigungsstreits auf Aktivseite materiell-rechtlich die Wohnungseigentümergemeinschaft. Letztlich setzte sich in der Rechtsprechung aber die Ansicht durch, dass materiell zwar sämtliche Eigentümer die Vermieterstellung inne hatten, der Wohnungseigentümer, dem das vermietete Objekt zugeordnet war, war danach jedoch allein zur Kündigung berechtigt. Zur Begründung dieser Ansicht wurde die schlüssige Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer zur Abtretung des Gestaltungsrechts angenommen (näheres zur Entwicklung dieser Rechtsprechung bei Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 4 WEG Rz 2; Call, Mietrecht im Wohnungseigentum im MRG-Althaus, wobl 1998, 161 ff). Die in der Entscheidung zu 6 Ob 52/97h vertretene Auffassung wurde in der Folge ausdrücklich als überholt bezeichnet (5 Ob 146/99b).
[20] In der Lehre sind insbesondere Löcker („Altmietwohnung“ und Passivlegitimation im Verfahren zur Feststellung des vereinbarten Mietzinses, immolex 2000, 85 [88], ders in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 42) und H. Böhm/Faber (Vermietung im Miteigentums- bzw Mischhaus, wobl 2001, 189 ff) dafür eingetreten, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft kraft Gesetzes in die Rechtsstellung des Vermieters eintritt.
[21] 3.3 Die Frage nach der Vermieterstellung, wenn ein nicht im Wohnungseigentum stehender Mietgegenstand nach Begründung von Wohnungseigentum durch den allein nutzungsberechtigten (schlichten) Miteigentümer vermietet wird, wurde in der Rechtsprechung bislang nur vereinzelt angesprochen. In der einen Kündigungsstreit über einen nach dem Inkrafttreten des WEG 2002 abgeschlossenen Vertrag betreffenden Entscheidung zu 2 Ob 109/14i referierte der Oberste Gerichtshof zunächst die in der Rechtsprechung vorherrschende Ansicht, dass bei Vermietung von Teilen der Liegenschaft, seien es allgemeine Teile im herkömmlichen Sinn, seien es Objekte im Mischhaus, die einem einzelnen (meist schlichten) Miteigentümer durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen worden sind, im Zweifel die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Mietvertrags auf eigene Rechnung, aber namens sämtlicher Miteigentümer anzunehmen sei. Die Übertragung dieser Wertung, nach der keineswegs nur einzelne Miteigentümer berührt seien, sondern vielmehr die Gemeinschaft betroffen sei, auf die Regelung nach § 18 WEG 2002 ergebe aber, dass der Benützungsberechtigte im Anwendungsbereich dieser Bestimmung (bzw davor § 13c WEG 1975) namens der Eigentümergemeinschaft vermiete. Sei also auch nur hinsichtlich einzelner Miteigentumsobjekte Wohnungseigentum begründet, sei Partei des Kündigungsstreits auf Aktivseite materiell-rechtlich die Eigentümergemeinschaft. Dazu berief sich der 2. Senat auf die Entscheidung zu 6 Ob 52/97h und die Lehrmeinung H. Löckers. Davon rückte der Oberste Gerichtshof in weiterer Folge, jedenfalls was das Erfordernis der Mitwirkung sämtlicher Miteigentümer an der Kündigung anlangt, ausdrücklich wieder ab (4 Ob 100/18m: Übergabsauftrag).
3.4 Meinungsstand in der Literatur:
[22] Werden Teile der Liegenschaft, seien es allgemeine Teile im herkömmlichen Sinn, seien es Objekte im Mischhaus, einem einzelnen (meist schlichten) Miteigentümer durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen, liegt nach H. Löcker (in Hausmann/Vonkilch aaO § 18 WEG Rz 44) im Zweifel die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Mietvertrags auf eigene Rechnung, aber namens sämtlicher Miteigentümer vor. Die Übertragung der Wertung, nach der keineswegs nur einzelne Miteigentümer berührt seien, sondern vielmehr die Gemeinschaft betroffen sei, auf die Rechtslage nach § 18 WEG 2002 (bzw § 13c WEG 1975) ergebe aber auch seiner Ansicht nach, dass der Benützungsberechtigte namens der Eigentümergemeinschaft vermiete. Dazu bezieht er sich auf die Entscheidungen zu 6 Ob 52/97h und 2 Ob 109/14i. Teile man die Ansicht, dass „Eigentümer der Liegenschaft“ im Sinn des § 2 Abs 1 MRG (auch) als Eigentümergemeinschaft gelesen werden könne, finde diese Auffassung auch im dritten Satz dieser Bestimmung Stütze, wonach Hauptmiete auch dann vorliege, wenn Mietgegenstand eine Wohnung sei, an der Wohnungseigentum erst begründet werden solle. Allgemein folgt nach seiner Ansicht die Vermieterstellung der Eigentümergemeinschaft im Mischhaus im Wesentlichen daraus, dass Gegenstand der Liegenschaftsverwaltung die gesamte Liegenschaft mit Ausnahme der Wohnungseigentumsobjekte sei, sodass auch die Vermietung von wohnungseigentumstauglichen Objekten, die noch nicht in das Wohnungseigentum übertragen wurden, in die Liegenschaftsverwaltung falle.
[23] Abweichend dazu beurteilt H. Löcker offensichtlich den Fall der Vermietung sogenannter Substandardwohnungen im Sinn des § 1 Abs 3 WEG idF des 3. WÄG: Diese seien im behandelten Kontext mit den von vornherein wohnungseigentumstauglichen Objekten im Mischhaus zwar vergleichbar, sodass – sei an ihnen nach Inkrafttreten des WEG 2002 mit 1. 7. 2002 kein Wohnungseigentum begründet worden – bei Neuvermietung die Eigentümergemeinschaft Vermieterstellung erlange, es sei denn die Vermietung erfolge durch einen Benützungsberechtigten, der dann Vermieter werde (H. Löcker in Hausmann/Vonkilch aaO § 18 WEG Rz 47, 48).
[24] H. Böhm/Faber (Vermietung im Miteigentums- bzw Mischhaus aaO) sprechen sich ebenfalls für die Vermieterstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft aus, haben den (Sonder-)Fall des im eigenen Namen vermietenden, kraft Benützungsvereinbarung hierzu berechtigten einzelnen Miteigentümers von ihren Überlegungen zur Vermietung der nicht im Wohnungseigentum stehenden Mietgegenstände nach Begründung von Wohnungseigentum jedoch ausdrücklich ausgeklammert.
[25] Nach H. Böhm/Prader (in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 2 Rz 12, 15) solle im Fall der fehlenden Offenlegung der Vertretung der Vertrag nur zwischen dem Miteigentümer und dem Mieter zustande kommen; zwar stehe dem Mieter dann kein erweiterter Haftungsfonds zur Verfügung, allerdings habe der Mieter darauf auch gar nicht vertraut. Der Begriff des Eigentümers in § 2 Abs 1 MRG umfasse aus teleologischen Erwägungen auch den Miteigentümer, weshalb auch dieser Hauptmieterstellung vermitteln könne. Im Fall der Neuvermietung nach teilweiser Wohnungseigentumsbegründung und Offenlegung der Vertretungsmacht komme der Mietvertrag mit der Eigentümergemeinschaft zustande. Auf den Fall, dass der vermietende Miteigentümer aufgrund einer Benützungsvereinbarung hierzu berechtigt ist, wird dabei nicht ausdrücklich Bezug genommen.
[26] Würth/Zingher/Kovanyi (aaO § 18 WEG Rz 8) bejahen die Vermieterstellung der Eigentümergemeinschaft bei Vermietung von allgemeinen Teilen im Mischhaus an Dritte durch den benützungsberechtigten Miteigentümer ohne eigene Stellungnahme unter Verweis auf die Entscheidung zu 2 Ob 109/14i.
4. Stellungnahme:
[27] 4.1 § 18 Abs 1 Satz 1 WEG 2002 beschränkt die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft auf Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft. Die Rechtspersönlichkeit bedingt die ausschließliche Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft in diesem Bereich und kann von ihr nicht getrennt werden (RS0110079 [T1]; 5 Ob 272/09z mwN).
[28] 4.2 Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Teilhaber geht (RS0109188 [T3]). Bloße Besitz- und Gebrauchshandlungen einzelner Miteigentümer sowie Verfügungen, die in die Gemeinschaftsrechte oder in die Anteilsrechte der Miteigentümer eingreifen, zählen nicht zur Verwaltung der Liegenschaft. In diesen Belangen kommt der Eigentümergemeinschaft auch keine Rechtspersönlichkeit zu (vgl nur 5 Ob 88/16a mwN).
[29] 4.3 § 28 WEG 2002 nennt Maßnahmen der ordentlichen Liegenschaftsverwaltung, regelt diesen Bereich aber nicht abschließend. Wie im schlichten Miteigentum (dazu § 833 ABGB) gilt grundsätzlich auch im WEG, dass eine Vermietung zu ortsüblichen Bedingungen an Dritte unter die ordentliche Verwaltung fällt (H. Löcker aaO § 28 WEG Rz 90).
[30] 4.4 Nach § 28 Abs 1 Z 8 WEG gehört die Vermietung allgemeiner Teile der Liegenschaft an eine Person, die nicht Wohnungseigentümer ist, zu den Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Liegenschaftsteile verfügbar und einer abgesonderten Benützung zugänglich sind. Ist das der Fall, können die Mit- und Wohnungseigentümer über diese Liegenschaftsteile im eigenen Namen keine Mietverträge abschließen. Die Sachlegitimation kommt insoweit ausschließlich der Eigentümergemeinschaft zu, die in diesem Umfang auch rechtsfähig ist. So ist etwa die Vermietung der vormaligen Hausbesorgerwohnung, die mangels Widmungsänderung weiterhin allgemeiner Teil der Liegenschaft ist, eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, bei der der Eigentümergemeinschaft die Vermieterstellung zukommt (5 Ob 205/10y).
[31] 4.5 Verfügbar sind allgemeine Teile einer Liegenschaft, wenn sie nicht durch eine Benützungsvereinbarung in Sondernutzung stehen (Spruzina in GeKo Wohnrecht II § 28 WEG Rz 69; H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 28 WEG Rz 98). Der Abschluss einer Benützungsvereinbarung zugunsten eines (schlichten) Miteigentümers fällt als Verfügungshandlung in die Kompetenz aller Mit- und Wohnungseigentümer (vgl RS0104508; Painsi in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 12), die dem Teilhaber damit das alleinige Nutzungs- und Verfügungsrecht über einen bestimmten Sachteil übertragen.
[32] 4.6 Ein allgemeiner Liegenschaftsteil, an dem einem (schlichten) Mit- oder Wohnungseigentümer aufgrund einer Benützungsvereinbarung das ausschließliche Nutzungsrecht zukommt, ist rechtlich nicht verfügbar im Sinn des § 28 Abs 1 Z 8 WEG 2002 und damit der Vermietung durch die Eigentümergemeinschaft entzogen. In der Vermietung eines solchen Liegenschaftsteils liegt keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 28 Abs 1 WEG 2002. Ein Handeln des Benützungsberechtigten namens der Eigentümergemeinschaft, um dieser die Vermieterstellung zu verschaffen (so etwa H. Löcker aaO § 18 Rz 44), scheitert schon deshalb, weil die Kraft einer Benützungsvereinbarung in Sondernutzung stehenden Liegenschaftsteile gleich einem Wohnungseigentumsobjekt von der Vermietung (und insofern von der Verwaltung) durch die Eigentümergemeinschaft ausgenommen sind. Der dadurch begünstigte Teilhaber leitet sein Recht zur Vermietung von allen Miteigentümern ab, das damit von der Rechtsfähigkeit und Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft ausgenommen ist.
5. Ergebnis:
[33] 5.1 Auf der Liegenschaft wurde teilweise Wohnungseigentum begründet. Die Teilhaber, gleich ob ihnen ein Wohnungseigentumsobjekt zugeordnet ist oder nicht, stehen zueinander als Miteigentümer in einem Gemeinschaftsverhältnis, auf das subsidiär die Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB anzuwenden sind. Da die Eigentümergemeinschaft im Sinn von § 18 WEG schon mangels Rechtsfähigkeit in diesem Punkt als Vermieterin nicht in Betracht kommt, ist zur Klärung der Frage, wer auf Vermieterseite für den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch passiv legitimiert ist, auf die Regeln zum schlichten Miteigentum zurückzugreifen.
[34] 5.2 Der Minderheitseigentümer, der den Vertrag auf Vermieterseite unterschrieben hat, ist aufgrund einer Benützungsvereinbarung zur Vermietung berechtigt, sodass nach den von der Rechtsprechung zur Vermietung im schlichten Miteigentum vertretenen Grundsätzen das Mietverhältnis mit allen Miteigentümern zustandegekommen ist (vgl RS0020276) und Hauptmiete gemäß § 2 Abs 1 MRG vorliegt. Der Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG kann nur gegen alle Miteigentümer des Hauses als Vermieter gestellt werden, weil der Antragsinhalt gegen alle diese Personen notwendigerweise ein- und derselbe sein muss (RS0083777). Die Durchsetzung der mietvertraglichen Rechte des Antragstellers als Hauptmieter hat daher gegenüber allen Mit- und Wohnungseigentümern zu erfolgen, die im Überprüfungszeitraum die (Mit-)Vermieterstellung inne hatten (RS0108811 [T9]). Soweit den oben wiedergegebenen Lehrmeinungen und der in einem Kündigungsstreit ergangenen Entscheidung zu 2 Ob 109/14i die durch den Mietvertragabschluss eines benützungsberechtigten (Minderheits-)Eigentümers vermittelte Vermieterstellung der Eigentümergemeinschaft zugrunde liegt, ist ihnen nicht zu folgen. Auf die Frage, ob die Eigentümergemeinschaft im Anwendungsbereich des § 28 Abs 1 Z 8 WEG 2002 nach § 2 Abs 1 MRG Hauptmietrechte vermittelt, muss damit nicht mehr eingegangen werden.
[35] 5.3 Eine allfällige nachträgliche Richtigstellung der Parteienbezeichnung scheidet schon deshalb aus, weil der Antragsteller trotz Erörterung auf der von ihm gewählten Bezeichnung beharrte (RS0107428; zum außerstreitigen Wohnrecht: 5 Ob 108/09g). Dem Revisionsrekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.
[36] 6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Es entspricht der Billigkeit, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Kosten des Revisionsrekursverfahrens ersetzt.
Textnummer
E133458European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:E133458Im RIS seit
12.01.2022Zuletzt aktualisiert am
16.02.2022