TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W136 2236741-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

BDG 1979 §104
BDG 1979 §117
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W136 2236741-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Dkfm XXXX , vertreten durch STÖGERER-PREISINGER Rechtsanwälte OG, gegen die mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I, vom 21.08.2020, Zl. 01 094/7-DK/19, ausgesprochene Verpflichtung zum Kostenersatz und mit Kostenbeschluss vom 28.09.2020, Zl. 01 094/8-DK/19, festgesetzten Kosten zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war zum Zeitpunkt der angelasteten Pflichtverletzungen Leiter XXXX .

2. Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 21.08.2020 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig gesprochen, näher ausgeführte Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben und die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 6.700,00 verhängt. Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens (Reiseaufwand der Senatsmitglieder zur mündlichen Verhandlung am 21.08.2020) verpflichtet, wobei, die Kosten in einem gesonderten Bescheid festgesetzt wurden.

3. Mit Kostenbeschluss der belangten Behörde vom 28.09.2020 wurden die vom Beschwerdeführer zu ersetzenden Kosten näher aufgeschlüsselt mit € 227,80 bestimmt und ausgeführt, dass es sich hierbei um die Reisegebühren der Senatsvorsitzenden und eines Senatsmitgliedes zur mündlichen Verhandlung des Disziplinarsenates handle.

4. Mit Schriftsatz vom 30.09.2020 brachte der BF über seinen rechtlichen Vertreter rechtzeitig eine Beschwerde gegen den Kostenbeschluss ein und führte aus, dass eine Kostenbestimmung erst zulässig sei, wenn das Disziplinarerkenntnis rechtskräftig sei. Da Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis eingebracht worden sei, könnten auch die Kosten des Verfahrens erst festgesetzt werden, wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2021, GZ W136 2236740-1/6E wurde der Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I, vom 21.08.2020, Zl. 01 094/7-DK/19, insoweit stattgegeben, als die Disziplinarstrafe der Geldbuße verhängt wurde.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen und Sachverhalt:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt.

2.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Ungeachtet des Umstandes, dass das Bundesverwaltungsgericht den Schuldspruch des bekämpften Disziplinarerkenntnisses bestätigt hat und die verhängte Disziplinarstrafe gemildert hat, weshalb eine Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers dem Grunde nach besteht, erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als zutreffend.

2.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, in der bis zur2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019 geltenden und hier anzuwendenden Fassung lauten:

„Personal- und Sachaufwand

§ 104. (1) Für die Sacherfordernisse der Kommission und für die Besorgung ihrer Kanzleigeschäfte haben die Zentralstellen aufzukommen, bei denen sie eingerichtet sind.

(2) Der Leiter der Zentralstelle hat für die Verhandlungen vor der Disziplinarkommission geeignete Schriftführer beizustellen.

Kosten

§ 117. (1) Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Reisegebühren und der Gebühren für Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher sind vom Bund zu tragen, wenn

1. das Verfahren eingestellt,

2. der Beamte freigesprochen oder

3. gegen den Beamten eine Disziplinarverfügung erlassen

wird.

(2) Wird über den Beamten von der Disziplinarkommission eine Disziplinarstrafe verhängt, so ist im Erkenntnis auszusprechen, ob und inwieweit er mit Rücksicht auf den von ihm verursachten Verfahrensaufwand, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit die Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat; dasselbe gilt, wenn im Schuldspruch von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wird. Die aus der Beiziehung eines Verteidigers erwachsenden Kosten hat in allen Fällen der Beamte zu tragen.

(3) Hinsichtlich der Gebühren der Zeugen, Sachverständigen und Dolmetscher ist das Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136, sinngemäß anzuwenden.“

In der Erläuterung RV 500 BlgNR 14.GP wird zu §104 BDG 1979 Folgendes ausgeführt:

„Die Disziplinarkommissionen waren schon nach der bisherigen Rechtsprechung eigene Behörden und sollen dies auch bleiben. Der Sach- und Personalaufwand wird daher von der Zentralstelle bei denen sie eingerichtet wird, gesondert zu budgetieren sein. […]“

2.2. Wie ausgeführt, haben für den Sach- und Personalaufwand der Kommissionen die Zentralstellen aufzukommen. Allerdings können nach Maßgabe des § 117 Abs. 2 leg.cit. dem Disziplinarbeschuldigten mit Rücksicht auf den von ihm verursachten Verfahrensaufwand, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Kosten des Verfahrens auferlegt werden.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Reisekosten von Mitgliedern des Disziplinarsenates an den Ort der mündlichen Verhandlung auferlegt. Dass Reisegebühren und Gebühren für Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher dem Disziplinarbeschuldigten als Verfahrenskosten auferlegt werden können, ergibt sich unzweifelhaft aus der Regelung des § 117 BDG 1979. Da diese Kosten ausdrücklich bei einer Verfahrenseinstellung, einem Freispruch oder einer Disziplinarverfügung vom Bund getragen werde, ist im Umkehrschluss davon auszugehen, dass bei Verhängung einer Disziplinarstrafe diese Kosten nach Maßgabe des § 117 Abs. 2 BDG 1979 jedenfalls dem Disziplinarbeschuldigten auferlegt werden können.

Zur Frage, ob und welche anderen Kosten des Verfahrens dem Disziplinarbeschuldigte nach dieser Bestimmung auferlegt werden können wird in der Literatur wie folgt ausgeführt: „Als „verursachter Verfahrensaufwand“ können nicht schlechthin alle für das Disziplinarverfahren gemachten Aufwendungen verstanden werden – zu diesen gehören nämlich auch solche, die nicht vom Beschuldigten „verursacht“ sind (zB Bezahlung der Organwalter, Raumkosten der Behörde, Büromaterial, Drucksorten). Gemeint kann mit der Wendung daher nur ein „außerordentlicher“ Verfahrensaufwand sein, der die Behörde über den allgemeinen Aufwand (zB Bezahlung der Organwalter) hinaus – aus Anlass konkreter Amtshandlungen erwächst (zB Reisegebühren für Senatsmitglieder, Gutachten nichtamtlicher Sachverständiger) (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht 4 Seite 503).

Entsprechend diesen Ausführungen erscheint es prima vista zulässig, dem Beamten den Ersatz der in der zitierten Literatur ausdrücklich angeführten Reisegebühren für Senatsmitglieder aufzuerlegen. Allerdings wird im gegebenen Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass nur ein „außerordentlicher“ Verfahrensaufwand, der vom Disziplinarbeschuldigte verursacht wurde von der Kostenersatzpflicht umfasst sein kann.

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer die Reisegebühren (Tagesgebühr, Hotel, Beförderungszuschuss) der Senatsvorsitzenden sowie die Tagesgebühr für ein weiteres Senatsmitglied für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung auferlegt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich jedoch bei der gemäß § 124 BDG 1979 im Disziplinarverfahren zwingend durchzuführenden Disziplinarverhandlung nicht um einen außerordentlichen Verfahrensaufwand, der vom Disziplinarbeschuldigten verursacht wird, sondern um eine regelmäßig in jedem Disziplinarverfahren gänzlich unabhängig von einem allfälligen Parteienantrag durchzuführende Amtshandlung. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts handelt es sich bei diesen Kosten also nicht um außerordentliche Aufwendungen im Disziplinarverfahren, sondern um solche, die nach § 104 BDG 1979 zum Personal- und Sachaufwand der Disziplinarkommissionen zu zählen sind und daher von der jeweiligen Zentralstelle zu tragen sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass sich allein daraus, wo bzw. in welcher Weise die Disziplinarkommission bzw deren Senate jeweils bei den obersten Dienstbehörden eingerichtet wurden sowie davon, welche Beamte zu deren Mitgliedern bestellt wurden, völlig unterschiedliche Reisegebühren iZm der Tätigkeit der Disziplinarkommission ergeben können. Ebenso wenig wie die Kosten der Organwalter für deren Verwendung als Mitglieder der Disziplinarkommission, dem Beamten als Verfahrenskosten auferlegt werden können, können ihm nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die von Dienstgeber zu zahlenden Reisegebühren der Mitglieder der Disziplinarkommission auferlegt werde. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ausschließlich für eine Reisetätigkeit der Mitglieder der Disziplinarkommissionen zur Disziplinarverhandlung selbst gilt und nicht auf andere Reisekosten von Senatsmitgliedern die in einem Disziplinarverfahren entstehen können, zB Lokalaugenschein, übertragbar ist.

Nach dem Gesagten, erweist sich die dem Beschwerdeführer konkret auferlegte Kostenersatzpflicht der Reisegebühren der Senatsmitglieder zur Disziplinarverhandlung als rechtswidrig, weshalb der Kostenbescheid ersatzlos zu beheben war.

2.3.    Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, zu der eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Zwar ist mit 01.10.2020 die Bundesdisziplinarbehörde an die Stelle der aufgelösten Disziplinarkommissionen getreten, allerdings ist der anzuwendende § 117 BDG 1979 betreffend die Kosten des Verfahrens unverändert weiterhin nunmehr von der Bundesdisziplinarbehörde anzuwenden. Aus diesem Grund erweist sich die gegenständliche Rechtsfrage auch für die Zukunft als durchaus relevant, weshalb die Revision zuzulassen war.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Disziplinarkommission Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren ersatzlose Behebung Kostenersatz öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Reisekosten Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2236741.1.00

Im RIS seit

07.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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